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Naturschutz

 Normen 

BNatSchG

Naturschutzgesetze der Länder

BT-Drs. 20/2354 (zu den §§ 45b - 45d BNatSchG)

 Information 

1. Allgemein

Der Naturschutz umfasst einen zentralen Bereich des Umweltschutzes. Er bezweckt gemäß § 1 BNatSchG den Schutz von Natur und Landschaft aufgrund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich.

2. Rechtsgrundlagen

Das Bundesverfassungsgericht hat den Anwendungsbereich der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Naturschutz wie folgt bestimmt (BVerfG 27.09.2022 - 1 BvR 2661/21):

"Die Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG für Naturschutz und Landschaftspflege umfasst sowohl den Schutz durch Abwehr von Gefahren für Natur und Landschaft als auch die Pflege durch gestaltende Tätigkeit des Staates, die darauf abzielt, den Zustand von Natur und Landschaft zu verbessern. Gegenständlich an Bodenflächen ansetzende Regelungen im Bereich von Naturschutz und Landschaftspflege unterscheiden sich von bodenrechtlichen Regelungen durch ihre spezifischere Ausrichtung an den Schutzgütern Natur und Landschaft. Sie weisen nicht bestimmte Nutzungsarten oder -funktionen dem Grunde nach flächenhaft zu, sondern setzen an der Eigenart oder der besonderen Lage konkreter Teile der Natur und Landschaft an, die wegen ihrer ökologischen oder auch ästhetischen Funktionen besonders schutz- oder entwicklungsbedürftig sind."

Neben dem Bundesnaturschutzgesetz und den Landesnaturschutzgesetzen bestehen im Wesentlichen folgende gesetzliche Grundlagen:

  • das Forstrecht (geregelt im BWaldG sowie in den Landesforst- bzw. Landeswaldgesetzen bzw. in untergesetzlichen forstrechtlichen Landesvorschriften)

  • das Jagdrecht (vgl. das BJagdG und die Landesjagdgesetze)

  • das Fischereirecht (geregelt in den Vorschriften der Fischereigesetze der Länder)

  • das Tierschutzgesetz

  • das Pflanzenschutzgesetz

Die naturschutzrechtlichen Regelungen des Bundes unterliegen der Abweichungsbefugnis der Länder. Gemäß Art. 72 Absatz 3 Satz 3 GG hat abweichendes Landesrecht aber nur Vorrang, wenn es später als die Bundesregelung erlassen worden ist.

Hinweis:

Dies ist in Niedersachsen mit dem NNatSchG geschehen, das von den §§ 14, 15, 17, 22, 27, 28, 29, 30, 63, 67 und 69 BNatSchG zum Teil inhaltlich abweicht.

Auch Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in ihren Naturschutzgesetzen bzw. Naturschutzausführungsgesetzen (Mecklenburg-Vorpommern) Abweichungen festgelegt (Baden-Württemberg: BGBl 2018, Seite 533 - Heft 15; Bayern: BGBl 2011, Seite 365 - Heft 9; BGBl 2020, Seiten 319 ff. - Heft 9 sowie Seite 423 - Heft 10); Berlin: BGBL 2013, Seite 2829 - Heft 43; Hessen: BGBl 2011, Seite 663; Niedersachsen: BGBl 2010, Seite 1621 - Heft 58; Rheinland-Pfalz: BGBl 2015, Seite 1423 sowie BGBl 2016, Seite 158; Sachsen: BGBl 2011, Seite 842; Saarland: BGBl 2015, 1424; Sachsen-Anhalt: BGBl 2011, Seite 30 - Heft 1 und BGBl 2015, Seiten 183 ff. - Heft 7; Hamburg: BGBl 2011, Seite 93 - Heft 4; Schleswig-Holstein: BGBl 2014, Seiten 1646, 1648 und 1656; Thüringen: BGBl 2020, Seiten 160 ff. - Heft 6).

3. Instrumente des Naturschutzes

Instrumente des Naturschutzes sind insbesondere

4. Insektenschutz

Insekten sind integraler Bestandteil der biologischen Vielfalt und spielen in Ökosystemen eine wichtige Rolle. Doch sowohl die Gesamtmasse der Insekten als auch die Artenvielfalt bei Insekten ist in Deutschland in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen.

Insofern hat der Gesetzgeber mit den im Wesentlichen am 01.01.2022 in Kraft getretenen Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) versucht, den Insektenschutz etwas mehr Raum zu geben.

Die Änderungen des BNatSchG betreffen nach der (BT-Drs. 19/28182) neue Regelungen und an den Verordnungsgeber adressierte Ermächtigungsgrundlagen zur Verminderung von Lichtverschmutzung, zur Beschränkung des Betriebs so genannter "Skybeamer" sowie der Verwendung von Insektenfallen außerhalb geschlossener Räume im allgemeinen Artenschutzrecht. Des Weiteren werden Ergänzungen der Vorschriften zu Naturschutzgebieten und Nationalparken (§§ 23, 24 BNatSchG) Lichtimmissionen betreffend vorgenommen und eine Regelung zu Bioziden mit schutzgebietsbezogenen Anwendungsverboten zu zwei Produktarten (Holzschutzmittel und Biozidprodukte zur Bekämpfung von Arthropoden) aufgenommen. Außerdem wird der gesetzliche Biotopschutz auf "artenreiches Grünland, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern" ausgeweitet. Schließlich zielt der Entwurf auf eine Stärkung von "Natur auf Zeit" und der Landschaftsplanung ab.

Hinweis:

Siehe zu der Bedeutung der Insektenvielfalt und die dringende Notwendigkeit eines flächenwirksamen Insektenschutzes die Ausführungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen:

https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2016_2020/2018_10_AS_Insektenschutz.pdf?__blob=publicationFile&v=19

5. Windenergieanlagen

Zum 29.07.2022 sind mit den neuen §§ 45b - 45d BNatSchG neue Vorgaben bzw. Erleichterungen für die Zulässigkeit von Windenergieanlagen geschaffen:

§ 45b BNatSchG: Artenschutzrechtliche Prüfung:

Der neue § 45b BNatSchG enthält Regelungen, die bei der artenschutzrechtlichen Prüfung mit Blick auf den Betrieb von Windenergieanlagen an Land zu beachten sind. Diesbezüglich werden zum einen bundeseinheitliche Vorgaben für die fachliche Beurteilung festgelegt, ob sich das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Brutvögel beim Betrieb von Windenergieanlagen im Umfeld ihrer Brutplätze signifikant erhöht, und zum anderen konkretisierende Maßgaben für die artenschutzrechtliche Ausnahmenerteilung im Rahmen der Genehmigung von Windenergieanlagen an Land vorgegeben. § 45b Abs. 1 bis 5 BNatSchG enthält Konkretisierungen für die Prüfung des Signifikanzkriteriums nach § 44 Abs. 5 S. 2 BNatSchG für den Betrieb von Windenergieanlagen an Land in Bezug auf den gegebenen Abstand zwischen Anlagenstandort und Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvögel.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 23. Oktober 2018 (BVerfGE 149, 407-421, Rn. 24) darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber unter bestimmten Umständen gehalten sein kann, hinsichtlich des Umgangs mit auf naturschutzrechtliche Zusammenhänge verweisenden Tatbestandsmerkmalen für eine zumindest untergesetzliche Maßstabsbildung zu sorgen. Unter anderem vor diesem Hintergrund werden mit diesem Gesetz bundeseinheitliche Anforderungen an die Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungs- und Verletzungsrisikos für Brutvögel geregelt. Die Regelungen dienen nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/2354) des Weiteren den Vorgaben zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Betrieb von Windenergieanlagen an Land, wie sie sich aus dem Koalitionsvertrag vom Dezember 2021 und dem Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vom 4. April 2022 zur Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land ergeben. Zentraler Bezugspunkt der hier enthaltenen Regelungen ist dabei die in Abschnitt 1 der neuen Anlage 1 zum BNatSchG enthaltene Tabelle mit einer abschließenden Auflistung kollisionsgefährdeter und daher insoweit prüfungsrelevanter Brutvogelarten (Anlage 1 Abschnitt 1 Tabelle Spalte 1) sowie hierauf bezogener artspezifischer Prüfabstände (Anlage 1 Tabelle Spalten 2, 3 und 4).

§ 45c BNatSchG: Repowering:

Der neue § 45c BNatSchG trifft Regelungen für das Repowering von Windenergieanlagen an Land und überführt die Regelungen des bisherigen § 16b Abs. 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes im Hinblick auf Windenergieanlagen an Land in das Bundesnaturschutzgesetz.

§ 45d BNatSchG: Nationale Artenhilfsprogramme:

Der neue § 45d BNatSchG trifft Aussagen zur Aufstellung nationaler Artenhilfsprogramme zum dauerhaften Schutz insbesondere der durch den Ausbau der erneuerbaren Energien betroffenen Arten und eine Regelung zur Beteiligung von Vorhabenträgern an der Finanzierung solcher Programme, soweit diese dem Schutz der durch den Betrieb von Windenergieanlagen betroffenen Arten dienen.

Absatz 1 enthält eine Aufgabenzuweisung an das Bundesamt für Naturschutz. Dieses stellt Artenhilfsprogramme (AHP) zum dauerhaften Schutz von Arten auf, die vom Ausbau der erneuerbaren Energien in besonderer Weise betroffen sind. Die AHP sollen u. a. dazu beitragen, dass sich der Erhaltungszustand der betroffenen lokalen, regionalen und überregionalen Populationen u.a. durch Bau, Betrieb, Wartung, Transport, Rückbau, Repowering, Umbau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien nicht verschlechtert. Gegenstand der AHP sind insbesondere Maßnahmen, die langfristig die Qualität und die Vernetzung der Lebensräume der Arten sowie deren Erhaltungszustand nachhaltig verbessern.

Übergangszeit:

Durch die dem § 74 BNatSchG neu angefügten Absätze 4 und 5 wird sichergestellt, dass bereits laufende Windenergievorhaben durch die Neuregelungen zur Signifikanz in § 45b Absatz 1 bis 6 BNatSchG nicht erschwert werden und eine angemessene Übergangszeit vorgesehen wird. Eine Anwendung ist danach ausgeschlossen bei bereits genehmigten Vorhaben sowie Vorhaben, die vor dem 01.09.2025 beantragt wurden sowie Vorhaben, bei denen vor dem 01.09.2015 die Unterrichtung über die voraussichtlich beizubringenden Unterlagen erfolgt ist.

 Siehe auch 

Artenschutz

Bodenschutz

Gewässerschutz

Grundsatz der Nachhaltigkeit

Landschaftsplanung

Naturschutz - Eingriffsregelung

Schutzgebiete

Schutzgebiete - Natura 2000

Tierschutz

Umweltschutz

Verbandsklage

Wölfe

Becker: Bundes-Bodenschutzgesetz; Loseblattwerk

Berghoff/Steg: Das neue Bundesnaturschutzgesetz und seine Auswirkungen auf die Naturschutzgesetze der Länder; Natur und Recht - NuR 2010, 17

Grzeszick: Eigentum und Naturschutz. Ausgleichsleistungen für naturschutzrechtliche Beschränkungen der Land- und Forstwirtschaft; Zeitschrift für Agrar- und Umweltrecht - AuUR 2003, 165

Hönes: Zum Verhältnis von Gartendenkmalpflege und Naturschutzrecht; Natur und Recht - NuR 2003, 257

Hösch: Vom generellen Vorrang des Straßenbaus vor dem Naturschutz in der Rechtsprechung; Natur und Recht - NuR 572

Kube: Planung in die materielle Befreiungslage - Vorausschauender Ausgleich zwischen Bauleitplanung und Naturschutz; Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ 2005, 515

Müggenborg/Hentschel: Neues Wasser- und Naturschutzrecht; Neue Juristische Wochenschrift 2010, 961

Storost: Rechtsprechung zum Verkehrswegeplanungsrecht; Deutsches Verwaltungsblatt - DVBl. 2012, 457

Wemdzio: Der unbestimmte Rechtsbegriff "erhebliche Beeinträchtigungen" im Spannungsverhältnis Windenergieanlagen und Naturschutz - unter besonderer Berücksichtigung des Rotmilans; Natur und Recht - NuR 2012, 459