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Innengesellschaft

Autor:
 Normen 

§§ 740 – 740c BGB

BT-Drs. 19/27635 (Gesetzesbegründung zum am 01.01.2024 in Kraft getretenen neuen Personengesellschaftsrecht)

 Information 

1. Allgemein

Unterform der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.

Mit der am 01.01.2024 in Kraft getretenen Reform des Personengesellschaftsrechts wurden die bereits zuvor bestehenden Formen der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts auch juristisch getrennt und gesondert neu geregelt:

  • Die rechtsfähige Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als sogenannte Außengesellschaft (§§ 705 – 739 BGB)

    und

  • die nicht rechtsfähige Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als sogenannte Innengesellschaft (§§ 740 – 740c BGB).

    Als Innengesellschaft wird eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts verstanden, die nicht nach außen im Rechtsverkehr in Erscheinung tritt. Die Rechtsbeziehungen bestehen nur innerhalb der Gesellschaft. Voraussetzung ist, dass sich die Beteiligten mit gesellschaftsrechtlicher Bindung zu einem gemeinsamen Zweck verpflichten und diesen durch vermögenswerte Leistungen fördern (BGH 12.11.2007 - II ZR 183/06).

Nicht rechtsfähige Gesellschaften existieren in einer Vielzahl von Arten und Formen. Die rechtstatsächliche Variationsbreite reicht von Beteiligungs- und Stimmrechtskonsortien über Ehegatteninnengesellschaften bis hin zu Tippgemeinschaften (BT-Drs. 19/27635).

Die neuen Regelungen zielen darauf ab, jenen Gesellschaftern einer nicht rechtsfähigen Gesellschaft eine gesetzliche Auffanglösung an die Hand zu geben, die typischerweise von einer vertraglichen Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses absehen. Die Vorschriften sind dabei nicht als eine abschließende Regelung konzipiert. Das ermöglicht bei vergleichbarer Interessenlage im Einzelfall eine entsprechende Anwendung.

2. Gesellschaftsvermögen

§ 705 Abs. 1 BGB stellt klar, dass die nicht rechtsfähige Gesellschaft kein Vermögen hat. Mangels Rechtsfähigkeit kann die Gesellschaft selbst nicht Trägerin eines Vermögens sein. Es kommt auch kein gesamthänderisch gebundenes Vermögen der Gesellschafter in Betracht. Für die Bildung eines solchen Vermögens eigener Art besteht aus Sicht der Gesellschafter kein durchgreifendes praktisches Bedürfnis: Der Gesellschaftszweck kann ohne Weiteres mit Bruchteilsrechten verfolgt werden, die im Hinblick auf diesen Zweck schuldrechtlich gebunden sind. Alternativ kann ein Gesellschafter die Vermögensgegenstände zugleich treuhänderisch für die anderen Gesellschafter halten und verwalten. In diesem Fall tritt zum Gesellschaftsvertrag noch eine Treuhandabrede hinsichtlich der betreffenden Vermögensgegenstände hinzu. Dies dürfte – sofern keine Formerfordernisse zu beachten sind – regelmäßig keine Probleme bereiten. Demgegenüber sprechen die schutzwürdigen Belange der Privatgläubiger eines Gesellschafters entscheidend dagegen, bei nicht rechtsfähigen Gesellschaften die Bildung von Gesamthandsvermögen zuzulassen: Brächte ein Gesellschafter einzelne Vermögensgegenstände in ein Gesamthandvermögen aller Gesellschafter ein, so könnte ein Privatgläubiger nur unter erschwerten Bedingungen in dieses Vermögen vollstrecken, weil er gemäß § 740a Abs. 2 BGB i.V.m. § 726 BGB zur Pfändung des Gesellschaftsanteils und Kündigung der Mitgliedschaft angehalten wäre.

3. Rechtsgrundlagen

Das Recht der nicht rechtsfähigen GbR ist in folgenden Rechtsgrundlagen geregelt:

  • §§ 740 – 740c BGB

  • In den Rechtsnormen der rechtsfähigen GbR, die in § 740 Abs. 2 BGB für entsprechend anwendbar erklärt werden.

    Entsprechende Anwendung bedeutet, dass die betreffenden Vorschriften nicht die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft voraussetzen. Daher tritt an die Stelle des in § 716 Absatz 1, 2, 3 und § 718 BGB vorgesehenen Vermögensausgleichs zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter ein Vermögensausgleich der Gesellschafter untereinander und richtet sich das individuelle Informationsrecht nach § 717 Absatz 1 BGB nicht gegen die Gesellschaft, sondern gegen denjenigen Gesellschafter, der über die Information verfügt.

  • Regelungen in einem Gesellschaftervertrag:

    Daraus, dass § 708 BGB in die Verweisung mit einbezogen wird, ergibt sich, dass es den Gesellschaftern freisteht, ihr Rechtsverhältnis abweichend von den gesetzlichen Vorschriften durch den Gesellschaftsvertrag zu regeln.

4. Ausscheiden eines Gesellschafters

§ 740c BGB sieht vor, dass die Gesellschafter anstelle einer Beendigung der Gesellschaft bei Eintritt eines der in § 740a Abs. 1 Nr. 4 bis 7 BGB genannten Beendigungsgründe das Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters vereinbaren können. Das entspricht in der Sache dem § 736 BGB.

Absatz 2 erklärt auf das Ausscheiden eines Gesellschafters die hierzu passenden Vorschriften des Untertitels 5 für entsprechend anwendbar. Das gilt insbesondere hinsichtlich § 727 BGB, der die Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund ermöglicht. Es entspricht auch bei der nicht rechtsfähigen Gesellschaft dem mutmaßlichen Interesse der Beteiligten, die Gesellschaft dann ohne den betreffenden Gesellschafter fortsetzen zu können. Die Aufnahme der Verweisung auf § 727 BGB in § 740c Abs. 2 BGB und nicht als weiterer Beendigungsgrund in § 740a Abs. 2 BGB gewährleistet, dass es in diesem Fall auch bei der nicht rechtsfähigen Gesellschaft keiner Fortsetzungsklausel bedarf.

5. Beendigung der Gesellschaft

  1. § 740a Abs. 1 BGB regelt die Gründe, die zur Beendigung der nicht rechtsfähigen Gesellschaft führen. Eingedenk des gesetzlichen Leitbilds der nicht rechtsfähigen Gesellschaft als Gelegenheitsgesellschaft ohne besondere vertragliche Vorsorge können die für die rechtsfähige Gesellschaft geltenden Auflösungsgründe nicht ohne Weiteres auf die nicht rechtsfähige Gesellschaft übertragen werden.

  2. Daneben endet gemäß § 740a Abs. 2 BGB die Gesellschaft durch Erreichung oder Unmöglichwerden der Erreichung des Zwecks, zu dem die Gesellschaft gegründet worden ist.

Absatz 3 erklärt auf die Beendigung der nicht rechtsfähigen Gesellschaft die für sie passenden Vorschriften der Kapitel 5 und 6 BGB für entsprechend anwendbar. Entsprechende Anwendung bedeutet, dass anstelle des Ausscheidens eines Gesellschafters oder der Auflösung der Gesellschaft deren Beendigung tritt.

Was die Beendigung wegen Kündigung der Gesellschaft durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters anbelangt, ist die Verweisung auf § 726 BGB nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27635) dahin zu verstehen, dass sich die Pfändung im Sinne dieser Vorschrift nicht auf den Anteil des Gesellschafters an der Gesellschaft bezieht, da diese über kein Vermögen verfügt, sondern auf den Auseinandersetzungsanspruch als dem nach § 857 Absatz 1 ZPO pfändbaren Vermögensrecht.

6. Auseinandersetzung

§ 740b BGB regelt die Auseinandersetzung nach Beendigung der nicht rechtsfähigen Gesellschaft:

Absatz 1 stellt klar, dass die Gesellschafter untereinander die Auseinandersetzung schulden.

Absatz 2 erklärt auf die Auseinandersetzung nach Beendigung der nicht rechtsfähigen Gesellschaft die für sie passenden Vorschriften des Kapitels 6 für entsprechend anwendbar. Die entsprechende Anwendung von § 736d Absatz 2, 4, 5 und 6 sowie § 737 BGB belässt der Rechtsprechung den nötigen Spielraum, auf die jeweiligen Vermögensverhältnisse der nicht rechtsfähigen Gesellschaft angemessen einzugehen. So kann es nicht rechtsfähige Gesellschaften geben, bei denen Bruchteilsrechte an einzelnen Vermögensgegenstände aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zustehen oder bei denen einer der Gesellschafter das der Gesellschaft dienende Vermögen treuhänderisch für die anderen Gesellschafter hält und verwaltet. Ebenso kann es nicht rechtsfähige Gesellschaften geben, bei denen kein der Gesellschaft dienendes Vermögen existiert, aber gleichwohl eine Auseinandersetzung zu erfolgen hat. Hiernach richtet sich, wer Gläubiger und Schuldner des Auseinandersetzungsanspruchs ist.

Im Allgemeinen ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27635) davon auszugehen, dass die Einzelansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis grundsätzlich unselbständige Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung werden und daher nicht mehr selbständig geltend gemacht werden können (vergleiche BGH 28.01.1991 – II ZR 48/90). Bis zur vollständigen Durchführung des internen Ausgleichs sind die Gesellschafter wie die Parteien anderer beendeter Dauerschuldverhältnisse auch aufgrund nachvertraglicher Pflichten gehalten, einen ordnungsgemäßen Ausgleich untereinander durchzuführen. Hieraus können insbesondere nachvertragliche Rechenschafts- und Auskunftspflichten erwachsen, was keiner gesetzlichen Klarstellung bedarf.

 Siehe auch 

Ehegatteninnengesellschaft

Gesellschaft des bürgerlichen Rechts

Gütertrennung

BGH 20.10.2008 - II ZR 207/07 (Voraussetzungen der Innengesellschaft)

BGH 30.06.1999 - XII ZR 230/96 (Bildung einer Ehegatteninnengesellschaft und Ausgleich bei Beendigung)

BGH 28.01.1991 - II ZR 48/90 (Auseinandersetzung der Innengesellschaft)

Damas: Gestaltungsmodell: Die typische Innengesellschaft an einer (Zahn-)Arztpraxis im Sinne des Familiensplittungs; Praxis Freiberufler-Beratung – PFB 2022, 235

Eckhardt/Hermanns: Kölner Handbuch Gesellschaftsrecht; 5. Auflage 2024