Rechtswörterbuch

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Gebührenstreitwert - einzelne Rechtsgebiete

 Normen 

§§ 39 ff. GKG

§§ 2 - 9 ZPO

§ 3 GNotKG

§§ 22 ff. RVG

§ 83b AsylG

§ 182 InsO

§ 12 UWG

§ 247 AktG

 Information 

1. Allgemeines Prozessrecht

Bei einer Zahlungsklage entspricht der Gebührenstreitwert dem Wert der geltend gemachten Forderung. Nebenforderungen, insbesondere der Zinsanspruch, sind nicht zu berücksichtigen. Wird eine Nebenforderung ohne die Hauptforderung geltend gemacht, so bildet sie allein den Gegenstandswert.

Werden mit einem Rechtsmittel selbstständig Zinsforderungen geltend gemacht, so sind diese nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, wenn und soweit die dazugehörige Hauptforderung Gegenstand eines Rechtsmittels des Prozessgegners ist (BGH 04.09.2013 - III ZR 191/12).

Bei einer Herausgabeklage entspricht der Gegenstandswert dem Verkehrswert der Sache oder des Grundstücks (§§ 3, 6 ZPO).

In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden gemäß § 45 GKG zusammengerechnet.

Dies gilt dann nicht, wenn mit Klage und Widerklage lediglich Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis hergeleitet werden, die sich rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden, sondern unterschiedliche Vermögenspositionen betreffen, z.B. voneinander abgrenzbare Teile der Gesamtvergütung des Leasinggebers aus dem Leasingverhältnis (BGH 11.03.2014 - VIII ZR 261/12).

Die Streitwerte von Haupt- und Hilfsantrag werden addiert, soweit über den Hilfsantrag entschieden worden ist. Der Hilfsantrag erhöht auch den Wert des gerichtlichen Vergleichs nicht. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn eine Vorinstanz über den Hilfsantrag positiv entschieden hätte, wurde durch das Gericht nicht entschieden (BAG 13.08.2014 - 2 AZR 871/12).

Ebenfalls nicht hinzugerechnet wird eine hilfsweise Aufrechnung, wenn über die bestrittene Aufrechnung eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht (BGH 25.09.2008 - VII ZB 99/07).

Für eine gesonderte, vom Streitwert der Hauptsache abweichende Festsetzung des Werts der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten eines Streithelfers der Hauptpartei im Rechtsmittelverfahren ist auch dann kein Raum, wenn der Streithelfer im betreffenden Rechtszug keine Anträge gestellt hat (BGH 12.01.2016 - X ZR 109/12).

2. Miet- und Pachtrecht

Bei einer Klage auf Mietzinszahlung zählt nur die Höhe des rückständigen Mietzinses.

Für die Kündigungsklage eines Miet- oder Pachtverhältnisses ist gemäß § 41 Abs. 1 GKG der Jahresnettomietzins zugrunde zu legen. Dies gilt auch für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts durch die Beratung des Vermieters über sein Kündigungsrecht sowie den Ausspruch der Kündigung (BGH 14.03.2007 - VIII ZR 184/06).

Bei dem bei der Räumungsklage zu berücksichtigenden Streitwert (§ 41 Abs. 2 GKG) ist eine bereits vereinbarte Erhöhung des Mietzinses (Staffelmiete) zu berücksichtigen. Wird gleichzeitig rückständiger Mietzins mit eingeklagt, so ist dieser zum Jahresmietzins hinzuzuaddieren.

Bei einer Klage auf Mieterhöhung bestimmt sich der Gegenstandswert bei Wohnraum nach dem Jahreswert der Mieterhöhung (nicht nach dem gesamten erhöhten Mietzins) und bei Geschäftsräumen nach dem 3 1/2-fachen Jahreswert.

Bei einer Klage auf Feststellung einer Minderung des Mietzinses bemisst sich der Streitwert nach dem dreieinhalbfachen Jahresmietzins gemäß § 48 GKG i.V.m. §§ 3 und 9 ZPO. Eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG ist abzulehnen (OLG Frankfurt am Main 10.09.2014 - 2 W 61/14).

Macht der gewerbliche Mieter gegen seinen Vermieter einen auf ein vereinbartes Konkurrenzverbot gestützten Unterlassungsanspruch geltend, so bestimmt sich nach der Entscheidung BGH 09.08.2006 - XII ZR 165/05 der Streitwert wie folgt:

  • Bei einem befristeten Gewerbemietvertrag beträgt der Gebührenstreitwert pauschal das 42-fache des möglicherweise entgangenen Reingewinns.

  • Bei einem ordentlich kündbarenMietvertrag bemisst sich der Gebührenstreitwert auf den möglicherweise entgangenen Reingewinn, den der Mieter bis zu dem auf die Klageerhebung folgenden nächstmöglichen Kündigungstermin des Vermieters erleidet.

3. Arbeitsrecht

Siehe den Beitrag "Gebührenstreitwert - Arbeitsrecht".

4. Familienrecht

Siehe den Beitrag "Gebührenstreitwert - Familienrecht".

5. Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen

Bei einem Rechtsstreit auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen ist der Streitwert gemäß § 9 ZPO auf das 3,5-fache des Jahresbetrages begrenzt.

6. Vergütung des Insolvenzverwalters

Bei einem Streit über die Höhe der Insolvenzverwaltervergütung richtet sich der Gegenstandswert auch für die Gebühren der Verfahrensbevollmächtigten eines beteiligten Gläubigers nach der streitigen Vergütung und nicht nach der vom Gläubiger erstrebten Verbesserung seiner Befriedigung (BGH 30.07.2012 - IX ZB 165/10).

7. Verwaltungsgerichtsbarkeit

Der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit kann unter der folgenden Adresse eingesehen werden: https://www.justiz.nrw.de/BS/broschueren_hilfen/streitwertkatalog_vg.pdf.

8. Sozialgerichtsbarkeit

Der Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit kann unter der folgenden Adresse eingesehen werden: http://www.lsg.nrw.de/infos/Streitwertkatalog/.

9. Finanzgerichtsbarkeit

Der Streitwertkatalog für die Finanzgerichtsbarkeit kann unter der folgenden Adresse eingesehen werden: https://www.justiz.nrw.de/BS/broschueren_hilfen/streitwertkatalog_fg.pdf.

10. Unlauterer Wettbewerb

Mit § 12 UWG wurde eine Regelung zur Streitwertbegünstigung geschaffen. Nach der Regelung wird nicht der Streitwert gemindert, sondern das Gericht kann in einem Rechtsstreit anordnen, dass die Gerichtskosten einschließlich der Rechtsanwaltsvergütung von einer Partei nur aus einem geringeren Streitwert zu erheben sind, wenn bei der Berechnung der Prozesskosten nach dem vollen Streitwert die wirtschaftliche Lage dieser Partei erheblich gefährdet würde. Hierfür bedarf es eines entsprechenden Antrags dieser Partei.

Der Antrag auf Streitwertbegünstigung kann auch zur Niederschrift vor der Geschäftsstelle des Gerichts erfolgen. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache zu stellen, es sei denn, der angenommene oder festgesetzte Streitwert wird später durch das Gericht heraufgesetzt.

Der Streitwert einer Klage eines Unternehmers auf Unterlassung der Zusendung unverlangter Werbe-E-Mails (Unlauterer Wettbewerb - Unzumutbare Belästigung) richtet sich nach dem klägerischen Unterlassungsinteresse, das maßgeblich an den zu schätzenden zukünftigen betriebswirtschaftlichen Kosten, die bei Fortsetzung zu erwarten wären, zu orientieren ist. Im Falle einer Übersendung von ca. 1,5 unverlangten Werbe-E-Mails pro Woche, die auf den ersten Blick als Werbung erkennbar sind, ist ein Streitwert von nicht mehr als 500,00 EUR anzusetzen (AG Mülheim 17.05.2011 - 27 C 2550/10).

Die weitere Rechtsprechung geht sogar von weitaus niedrigeren Streitwerten aus: Der Streitwert einer Klage auf Unterlassen der Zusendung von E-Mails mit Werbeinhalten kann u.U. nur 100,00 EUR betragen. Wurde die Mail zudem von einem Gewerbetreibenden irrtümlich mit Werbeinhalten unverlangt an eine Privatperson versendet hat, kann u.U. mit nur 50,00 EUR zu bewerten sein (OLG Hamm 17.10.2013 - 6 U 95/13).

11. Darlehensrecht

Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Widerrufs sowie der Rückabwicklung eines Darlehensvertrags entspricht dem Nettodarlehensbetrag abzüglich eines 20%-igen Abschlags für das Feststellungsbegehren (OLG Hamburg 17.07.2015 - 6 W 25/15).

12. Gewerblicher Rechtsschutz

Rechtsgrundlage für das Rechtsmittelverfahren ist § 51 GKG.

13. Rechtsschutzversicherung

Der Streitwert einer Klage über das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung ist der 3,5-fache Wert der Jahresprämie abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 %.

Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Gewährung von Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung richtet sich gemäß § 3 ZPO grundsätzlich nach den voraussichtlichen durch die gerichtliche oder außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers entstehenden Kosten, deren Übernahme durch den Versicherer erstrebt, ebenfalls abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 % (BGH 26.10.2011 - IV ZR 141/10).

14. Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung

§ 25 RVG stellt klar, dass die Wertvorschriften für die Zwangsvollstreckung auch für die Vollstreckung, für Verfahren des Verwaltungszwangs und für die Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung anzuwenden sind. Der Streitwert ermäßigt sich bei der Zwangsvollstreckung in künftiges Arbeitseinkommen entsprechend.

Der Höchstwert für die Vertretung in Verfahren über die Erteilung der Vermögensauskunft beträgt 2.000, EUR.

15. Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylverfahrensgesetz

Da der Verwaltungsrechtsstreit in Asylsachen gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei ist, das GKG somit keine Streitwertregelung enthält, findet sich die Regelung zum Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren in § 30 RVG.

In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5.000,00 EUR, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2.500,00 EUR. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1.000,00 EUR und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500,00 EUR. Für besonders einfach gelagerte und für die Betroffenen weniger bedeutsame Verfahren einerseits und für besonders umfangreiche und schwierige Verfahren andererseits bietet Absatz 2 eine Korrekturmöglichkeit.

16. Verfahren vor den Verfassungsgerichten

Der in § 37 Abs. 2 RVG geregelte Mindestwert in Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (Verfassungsbeschwerde) oder dem Verfassungsgericht eines Landes beträgt 5.000,00 EUR.

17. Berufsunfähigkeitsleistungen

Der Gebührenstreitwert für Klagen auf die Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung bzw. Berufsunfähigkeitsleistungen der Versorgungswerke beträgt das 36-fache des dreifachen Jahresbetrages der begehrten Leistung:

"Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert, sofern wie hier nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend, § 52 Abs. 3 GKG. Die Festsetzung auf den dreifachen Jahresbetrag der begehrten Rente steht im Einklang mit Nr. 14.3 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (s.o., ...), dem zwar keine normative Wirkung zukommt, der den Gerichten aber als Orientierungshilfe dienen kann (....). Sie erfolgt in Anlehnung an die Regelung des § 42 Abs. 1 GKG, nach der bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen der dort im Einzelnen bezeichneten, hier nicht einschlägigen Art der dreifache Jahresbetrag der Leistung in Ansatz zu bringen ist."

Streitig ist die Berücksichtigung von rückständigen Leistungen bei der Berechnung:

OLG Karlsruhe 07.07.2016 - 12 W 3/16: Der Gebührenstreitwert einer Klage auf Leistungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (Berufsunfähigkeitsrente) setzt sich aus den nach klägerischer Auffassung bis zur Klageeinreichung fällig gewordenen Beträgen und den nach § 9 ZPO zu bewertenden künftigen Ansprüchen zusammen. Dies gilt auch, wenn auf Freistellung von der Beitragszahlungspflicht geklagt wird; der Freistellungsantrag ist als Leistungsantrag anzusehen.

OVG Berlin-Brandenburg 14.06.2018 - 12 L 36/18: "Bei Klageerhebung fällige rückständige Renten sind dem dreifachen Jahresbetrag nicht streitwerterhöhend hinzuzurechnen."

18. Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Im Rahmen der Verfahren vor den Anwaltsgerichtshöfen beträgt der Regel-Streitwert gemäß § 194 Abs. 2 BRAO 50.000,00 EUR. Dies gilt auch für die Verfahren über die Zulassung von Syndikusanwälten (BGH 01.08.2017 - AnwZ (Brfg) 14/17).

 Siehe auch 

Kostenfestsetzung

Rechtsanwaltsvergütung

Rechtsanwaltsvergütung - außergerichtlich

Rechtsanwaltsvergütung - Beratung

Rechtsanwaltsvergütung - Gerichtliche Tätigkeit

Rechtsmittelstreitwert

Streitgegenstand

Zuständigkeitsstreitwert

BGH 22.01.2009 - IX ZR 235/08 (Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung)

BGH 13.10.2004 - XII ZR 110/02 (Keine Bindung des BGH an vorheriger Streitwertfestsetzung)

BGH 16.09.2004 - III ZB 33/04 (Streitwert selbstständiges Beweisverfahren)

BFH 01.12.2004 - I E 3/04 (Streitwert bei Berücksichtigung eines Verlustvortrags)

OLG Nürnberg 08.12.2010 - 2 W 2145/10 (Streitwert einer Auflassungsklage)

OLG Düsseldorf 14.09.2006 - II-3 WF 139/06 (Streitwert bei der Auseinandersetzung einer Gütergemeinschaft)

Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Klüsener/Uher: RVG-Kommentar; 8. Auflage 2018

Bohlen: Der Streitwert im Rahmen der urheberrechtlichen Abmahnung; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2017, 777

Brinkmann: Der Streitwert bei Kündigungen; Das Juristische Büro - JurBüro 2005, 119

Kroiß: Die Entwicklung des Gerichtskostenrechts im Jahr 2018; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2019, 407

Maier-Reimer: Grenzen für Streitwert und Gebühren bei mehreren Auftraggebern; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2009, 3550

Meyer: Gegenstandswert für die Abwehr der Anlage eines öffentlichen Weges durch ein Jagdrevier; Das Juristische Büro - JurBüro 2010, 352

Oestreich/Hellstab/Trenkle: GKG - FamGKG; Loseblattwerke

Rehberg/Schons u.a.: RVG. Kommentar; 7. Auflage 2018

Rieck/Lange: Die Verfahrenswerte in Familiensachen nach dem FamGKG; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2009, 3334

Schneider: Streitwert der Räumungsklage bei Staffelmiete; NJW-Spezial 2008, 763

Eicken/Hellstab/Madert/Dörndorfer/Asperger: Die Kostenfestsetzung; 23. Auflage 2018