Rechtswörterbuch

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Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund - einzelne Sachgründe

 Normen 

§§ 14 ff. TzBfG

§§ 30 - 32 TVöD

§§ 30 - 32 TV-L

§ 21 BEEG

WissZeitVG

§ 1 BefrArbVtrÄG

§ 6 PflegeZG

 Information 

1. Die im TzBfG als Beispiele genannten Sachgründe

1.1 Sachgrund Vorübergehender Bedarf (Nr. 1)

Siehe den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Vorübergehender Bedarf".

1.2 Im Anschluss an eine Ausbildung oder Studium (Nr. 2)

Nach der Rechtsprechung des BAG folgt aus dem Tatbestandsmerkmal "Anschluss", dass es sich um die Befristung des ersten Arbeitsvertrags handeln muss, den der Arbeitnehmer nach dem Ende der Ausbildung oder des Studiums abschließt. Ein zwischenzeitliches Arbeitsverhältnis schließt daher eine derartige Befristung aus. Bestand nach der Ausbildung bereits ein Arbeitsverhältnis, erfolgt die Befristung nicht im Anschluss an die Ausbildung, sondern im Anschluss an die zwischenzeitliche Beschäftigung. Eine wiederholte Befristung ist deshalb nach dem Normzweck nicht zulässig. Das BAG hat noch ausdrücklich offengelassen, ob in Ausnahmefällen eine "Zwischenbeschäftigung" unbeachtlich sein mag, etwa wenn der Arbeitnehmer nach Ausbildung oder Studium einem kurzfristigen Gelegenheitsjob für wenige Stunden oder Tage nachgegangen ist (BAG 24.08.2011 - 7 AZR 368/10).

1.3 Vertretung (Nr. 3)

Siehe den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Vertretung".

1.4 Eigenart der Arbeitsleistung (Nr. 4)

Siehe den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Eigenart der Arbeitsleistung".

1.5 Zur Erprobung (Nr. 5)

Siehe den Beitrag "Probearbeitsverhältnis".

1.6 In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (Nr. 6)

Siehe den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe".

1.7 Haushaltsmittel (Nr. 7)

Siehe den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Haushaltsmittel".

1.8 Gerichtlicher Vergleich (Nr. 8)

Die Arbeitsvertragsparteien können im Rahmen eines Prozesses ein Arbeitsverhältnis mit einem Prozessvergleich befristen.

Aber:

Das Gericht muss die Möglichkeit gehabt haben, an dem Prozessvergleich mitzuwirken:

"Ein nach § 278 Abs. 6 ZPO zustande gekommener Vergleich erfüllt die Voraussetzungen eines gerichtlichen Vergleichs nur dann, wenn das Gericht an dem Vergleich verantwortlich mitwirkt. Das ist bei einem nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO zustande gekommenen Vergleich der Fall. Dagegen wird ein nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO geschlossener Vergleich den Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG in der Regel nicht gerecht" (BAG 21.03.2017 - 7 AZR 369/15).

2. In anderen Gesetzen genannte Sachgründe

In verschiedenen Spezialgesetzen ist die Befugnis zum Abschluss der Befristung eines Arbeitsvertrages durch die Nennung eines Sachgrunds aufgeführt:

3. Weitere, von der Rechtsprechung anerkannte Sachgründe

3.1 Geplante Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem Auszubildenden

Die geplante Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem Auszubildenden nach Abschluss der Ausbildung kann die Befristung eines Arbeitsvertrages mit einem anderen Arbeitnehmer bis zu diesem Zeitpunkt allerdings nur dann ohne Weiteres rechtfertigen, wenn der Auszubildende in ein unbefristetes Dauerarbeitsverhältnis übernommen werden soll. In diesem Fall besteht für die Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers auf dem für den Auszubildenden vorgesehenen Arbeitsplatz von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Kommt der Arbeitgeber hingegen einer tarifvertraglichen Verpflichtung nach, Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung für eine bestimmte Zeit in befristete Arbeitsverhältnisse zu übernehmen, kann allein die Prognose, zu einem künftigen Zeitpunkt zur Übernahme einer bestimmten Anzahl von Auszubildenden in befristete Arbeitsverhältnisse verpflichtet zu sein, die Befristung von Arbeitsverträgen mit anderen Arbeitnehmern bis zu diesem Zeitpunkt nicht rechtfertigen. Die Befristung wegen der geplanten anderweitigen Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem Auszubildenden nach Abschluss der Ausbildung erfordert nicht, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrags eine (namentliche) Zuordnung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers zu einem bestimmten Auszubildenden vorgenommen wird. Es muss allerdings gewährleistet sein, dass zwischen der Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers und der beabsichtigten Übernahme des Auszubildenden ein Kausalzusammenhang besteht. Hat der Arbeitgeber die Arbeitsverhältnisse mehrerer Arbeitnehmer im Hinblick auf die beabsichtigte Übernahme von mehreren Auszubildenden befristet, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang auch dann, wenn die Zahl der Arbeitnehmer, die er im Hinblick auf die Übernahme der Auszubildenden befristet beschäftigt, die Zahl der Auszubildenden, mit deren Übernahme zu rechnen ist, nicht übersteigt (BAG 18.03.2015 - 7 AZR 115/13).

Hinweis:

Gemäß § 16a TVAöD werden Auszubildende nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung bei dienstlichem bzw. betrieblichem Bedarf im unmittelbaren Anschluss an das Ausbildungsverhältnis für die Dauer von zwölf Monaten in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen, sofern nicht im Einzelfall personenbedingte, verhaltensbedingte, betriebsbedingte oder gesetzliche Gründe entgegenstehen. Im Anschluss daran werden diese Beschäftigten bei entsprechender Bewährung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen.

3.2 Aus- oder Weiterbildung des Arbeitnehmers

Die Zulässigkeit einer derartigen Befristung setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer durch die Tätigkeit zusätzliche Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt werden, die durch die übliche Berufstätigkeit nicht erworben werden können. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Ausbildung nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt, sondern hauptsächlich dazu dient, bereits erworbene theoretische Kenntnisse in die Praxis umzusetzen. Allerdings reicht die allgemeine Aus- und Weiterbildung, die mit nahezu jeder mehrjährigen Berufsausübung einhergeht, nicht aus, um die Befristung eines Arbeitsvertrags zu rechtfertigen. Erforderlich ist vielmehr, dass ein bestimmtes Ausbildungsziel systematisch verfolgt wird und die dem Arbeitnehmer vermittelten Kenntnisse, Erfahrungen oder Fähigkeiten auch außerhalb der Organisation des Arbeitgebers beruflich verwertbar sind. Da es für die Wirksamkeit der Befristung auf die Umstände bei Vertragsschluss ankommt, muss zu diesem Zeitpunkt feststehen, welches Ausbildungsziel die Parteien mit der Beschäftigung verfolgen (BAG 24.08.2011 - 7 AZR 368/10).

3.3 Stellenbesetzungsverfahren / Konkurrentenklage

Während eines Stellenbesetzungsverfahrens besteht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, die betroffene Stelle nur vorübergehend zu besetzen (LAG Berlin-Brandenburg 04.02.2016 - 5 Sa 1679/15).

Die Anhängigkeit einer Konkurrentenklage (Konkurrentenschutz öffentlicher Dienst) um eine dauerhaft zu besetzende Stelle kann die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem auf dieser Stelle beschäftigten Arbeitnehmer bis zum Abschluss des Rechtsstreits mit dem Konkurrenten sachlich rechtfertigen (BAG 16.03.2005 - 7 AZR 289/04).

3.4 Drittmittelfinanzierung

Drittmittel sind zweckgebundene Fördermittel.

Die Drittmittelfinanzierung kann als sonstiger, in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 8 TzBfG nicht genannter Sachgrund geeignet sein, die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zu rechtfertigen (BAG 29.07.2009 - 7 AZR 907/07 - Rn. 33).

Solche Förder- oder Drittmittel sind keine Haushaltsmittel.

Zur Zulässigkeit einer Drittmittelbefristung sind jedoch die an den Sachgrund "vorübergehender Bedarf" zu stellenden Anforderungen zu erfüllen (BAG 16.01.2018 - 7 AZR 22/16).

Hinweis:

Zur Drittmittelbefristung in der Wissenschaft siehe den Beitrag "Befristetes Arbeitsverhältnis - Hochschule - Zulässigkeitsgründe".

Zur Rechtsprechung bei einer drittmittelfinanzierten Projektarbeit:

  • Ist das Projekt drittmittelfinanziert, so ist die Befristung des projektbezogenen Arbeitsvertrags nur gerechtfertigt, wenn die drittmittelfinanzierte Arbeitsstelle nur für eine bestimmte Zeit bewilligt ist und die Finanzierung anschließend entfällt (BAG 07.04.2004 - 7 AZR 441/03).

  • Gehört die Durchführung von Projekten hingegen zu den Daueraufgaben des Arbeitgebers, so ist eine Befristung wegen der Drittmittelfinanzierung nur gerechtfertigt, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten war, dass anders als in der Vergangenheit nach dem Ende des Projekts nicht mehr mit Drittmitteln zu rechnen ist (BAG 07.04.2004 - 7 AZR 441/03).

3.5 Erzieherinnen

Kein Sachgrund ist die Befristung der Arbeitsverträge von Erzieherinnen in Kindertagesbetreuungseinrichtungen aufgrund der jährlich nach den angemeldeten Kindern neu festgesetzten Zuschüsse des Landes (§ 21 KiBiz,NW).

3.6 kw-Vermerk

Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist nicht allein deshalb nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 oder 7 TzBfG gerechtfertigt, weil der Arbeitnehmer auf einer Stelle beschäftigt wird, die im Haushaltsplan des öffentlichen Arbeitgebers mit einem kw (künftig wegfallend)-Vermerk versehen ist (BAG 23.05.2018 - 7 AZR 16/17; BAG 02.09.2009 - 7 AZR 162/08).

3.7 Personelle Kontinuität der Betriebsratsarbeit

Die Wahrung der personellen Kontinuität der Betriebsratstätigkeit kann die Befristung eines Arbeitsvertrags sachlich rechtfertigen. Allerdings muss die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Betriebsratsmitglieds geeignet und erforderlich sein, um die personelle Kontinuität des Betriebsrats zu wahren. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Arbeitsvertrag befristet bis zum Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats verlängert wird. Erfolgt die Verlängerung nur für einen kürzeren Zeitraum, bedarf es besonderer Darlegungen dazu, weshalb dies zur Wahrung der Kontinuität der Betriebsratstätigkeit geboten sein soll (BAG 20.01.2016 - 7 AZR 340/14).

 Siehe auch 

Befristetes Arbeitsverhältnis - Ältere Arbeitnehmer

Befristetes Arbeitsverhältnis - Form

Befristetes Arbeitsverhältnis - Hochschule

Befristetes Arbeitsverhältnis - Projektarbeit

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Vertretung

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Eigenart der Arbeitsleistung

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Haushaltsmittel

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe

Befristetes Arbeitsverhältnis - Sachgrund Vorübergehender Bedarf

Befristetes Arbeitsverhältnis - Zulässigkeit

Gleichbehandlungsgrundsatz

Kettenarbeitsverträge

Leitende Angestellte

Probearbeitsverhältnis

BAG 11.09.2013 - 7 AZR 107/12 (optionale Übernahme von SGB II-Aufgaben durch Kommune kein Sachgrund)

BAG 22.04.2009 - 7 AZR 96/08 (Förderung der Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers durch die Arbeitsagentur kein Sachgrund)

BAG 16.04.2003 - 7 AZR 187/02 (Befristung eines Abrufarbeitsverhältnisses)

BAG 05.06.2002 - 7 AZR 201/01 (Sachgrund der Vertretung bei Ausscheiden des Stelleninhabers)

Bauer/Gottschalk: Beschäftigung von Altersrentnern. Ein Überblick über rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten und eine Plädoyer für die Anerkennung als Sachgrund der Befristung; Betriebs-Berater BB 2013, 501

Groeger: Haushaltsrecht und Befristung von Arbeitsverträgen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2008, 465

Rudolf: Befristung: Vergleich im schriftlichen Verfahren als Sachgrund für eine Befristung (Zugleich Anmerkung zu LAG Niedersachsen, U. v. 05.11.2013 - 1 Sa 489/13 -); Arbeitsrecht aktiv - AA 2014, 66

Sievers: TzBfG - Kommentar zum Teilzeit- und Befristungsgesetz; 6. Auflage 2018