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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 30.08.2010, Az.: BVerwG 5 B 17.10
Anforderungen an die Darlegung eines revisionsrechtlichen Verfahrensmangels bei der Ablehung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.R.d. Berufungseinlegung
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.08.2010
Referenz: JurionRS 2010, 23220
Aktenzeichen: BVerwG 5 B 17.10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VGH Baden-Württemberg - 10.02.2010 - AZ: 12 S 2590/09

BVerwG, 30.08.2010 - BVerwG 5 B 17.10

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nur "bezeichnet", wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird.

  2. 2.

    Neue Wiedereinsetzungsgründe können mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht geltend gemacht werden.

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. August 2010
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. Februar 2010 wird verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

1.

Das Prozesskostenhilfeersuchen ist mangels hinreichender Erfolgsaussichten, wie sich aus den nachfolgenden Darlegungen ergibt, abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m §§ 114 ff. ZPO).

2

2.

Die Beschwerde ist unzulässig. Bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Klägerin wird der allein geltend gemachte Revisionszulassungsgrund eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht dem Begründungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt.

3

Zwar hat die Klägerin nicht ausdrücklich den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO benannt. Der Sache nach stellt ihr Vorbringen, der Verwaltungsgerichtshof habe die Berufung zu Unrecht unter Versagung von Wiedereinsetzung wegen fehlender ordnungsgemäßer Vertretung und Nichteinhaltung der gesetzlichen Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung als unzulässig verworfen (§ 125 Abs. 2 VwGO), jedoch eine entsprechende Rüge dar

 (vgl. etwa Beschlüsse vom 25. Juli 2008 - BVerwG 3 B 69.08 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 49, vom 28. Februar 2002 - BVerwG 5 B 44.01 - [...] und vom 29. Januar 1999 - BVerwG 1 B 4.99 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 221).

Das Beschwerdevorbringen genügt aber nicht den Anforderungen an die ordnungsgemäße Darlegung eines derartigen Verfahrensmangels.

4

Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nur "bezeichnet", wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird

 (vgl. dazu im Einzelnen Urteil vom 13. Januar 2009 - BVerwG 1 C 2.08 - Buchholz 402.242 § 54 AufenthG Nr. 7 Rn. 20 m.w.N.).
5

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Gewährung der Wiedereinsetzung mit der Begründung abgelehnt, "die Klägerin [hat] nicht substantiiert geltend gemacht, ohne eigenes Verschulden verhindert gewesen zu sein, die genannten Fristen einzuhalten, sodass sie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO nicht beanspruchen kann. Allein ihre Hinweise auf eine massive Belastung wegen einer drohenden Zwangsversteigerung des Alterswohnsitzes ihrer Mutter sowie auf die Pflegebedürftigkeit der Mutter führen nicht auf eine Hinderung im Sinne dieser Vorschrift" (vgl. BA S. 3).

6

Diese Bewertung des Verwaltungsgerichtshofs ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Dem Beschwerdevorbringen lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof die an die Darlegung eines Hindernisses im Sinne von § 60 VwGO zu stellenden Anforderungen überspannt hat. Ebenso wenig ist ihm zu entnehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof, unter Zugrundelegung der von der Klägerin bis zum Erlass des angefochtenen Beschlusses vorgetragenen Tatsachen, die substantiierte Geltendmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes zu Unrecht versagt hat. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren beauftragt hatte, dem Verwaltungsgerichtshof bestimmte Unterlagen zu übersenden, wären insbesondere nähere Angaben dazu erforderlich gewesen, weshalb sie aufgrund der behaupteten Belastung wegen einer drohenden Zwangsversteigerung und der Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter nicht auch imstande gewesen ist, diesen oder einen anderen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen und im gebotenen Umfang zu informieren. Im Übrigen wurden die drohende Zwangsversteigerung und Pflegebedürftigkeit im Berufungsverfahren nicht glaubhaft gemacht (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

7

Soweit die Klägerin im Rahmen der Beschwerde den Anspruch auf Wiedereinsetzung darüber hinaus erstmals mit eigenen psychischen Problemen infolge des ständigen finanziellen Drucks sowie ihrer wiederholten Krankschreibung wegen orthopädischer Schwierigkeiten begründet, kann damit ein Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichtshofs nicht dargelegt werden. Denn neue Wiedereinsetzungsgründe können mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht geltend gemacht werden

 (vgl. Beschluss vom 22. Oktober 1997 - BVerwG 1 B 198.97 -).
8

Unter diesen Umständen erweist sich die Verwerfung der Berufung als unzulässig im Ergebnis auch deshalb nicht als verfahrensfehlerhaft im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil dem Verwaltungsgerichtshof bis zum Zeitpunkt seiner Beschlussfassung kein wirksamer Wiedereinsetzungsantrag vorlag und ein solcher nach § 60 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Satz 3 und 1 VwGO wegen Nachholung der versäumten Rechtshandlung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist auch nicht entbehrlich war. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren persönlich verfassten und abgegebenen handschriftlichen Äußerungen (am 25. November 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangene undatierte 'Beschwerde' gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15. Oktober 2009, einschließlich des 'Antrags des Zurückversetzen in den vorigen Stand' sowie Schreiben vom 28. Januar 2010) genügen insoweit nicht. Denn die Klägerin gehört nicht zu den nach § 67 Abs. 4 Satz 1 bis 3, Satz 7 und 8 i.V.m. § 67 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3 bis 7 VwGO vor dem Verwaltungsgerichtshof postulationsfähigen Personen.

9

3.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

10

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

Hund
Stengelhofen
Dr. Störmer

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