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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 29.07.2011, Az.: BVerwG 2 B 36/11
An- und Ausziehen einer Polizeiuniform in der Dienststelle vor Beginn und nach Ende des Dienstes als dienstliche Verrichtung i.R.d. Arbeitszeit
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 29.07.2011
Referenz: JurionRS 2011, 21848
Aktenzeichen: BVerwG 2 B 36/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Nordrhein-Westfalen - 02.12.2010 - AZ: 6 A 983/09

BVerwG, 29.07.2011 - BVerwG 2 B 36/11

Redaktioneller Leitsatz:

Um den Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gerecht zu werden, muss der Beschwerdeführer regelmäßig auf die tragenden Gründe eingehen, auf die das Oberverwaltungsgericht für die Beantwortung der Rechtsfrage abgestellt hat.

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Juli 2011
durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der Rechtssache die behauptete grundsätzliche Bedeutung zukommt.

2

Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter im Wach- und Wechseldienst. Mit seiner Klage will er festgestellt wissen, dass es sich bei dem An- und Ausziehen der Polizeiuniform in der Dienststelle vor Beginn und nach Ende des Dienstes um dienstliche Verrichtungen handelt, sodass die dafür erforderliche Zeit Arbeitszeit im Sinne der Verordnung über die Arbeitszeit für Polizeivollzugsbeamte des Landes Nordrhein-Westfalen - AZVOPol - ist. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es, die mit der Klage aufgeworfene Rechtsfrage sei normativ nicht geregelt, sodass sie aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen beantwortet werden müsse. Die Abwägung führe zu dem Ergebnis, dass den Polizeivollzugsbeamten zugemutet werden könne, die Polizeiuniform zu Hause an- und auszuziehen, d.h. den Weg nach und von der Dienststelle in Uniform zurückzulegen. Dies stelle allenfalls eine geringfügige Beeinträchtigung der individuellen Lebensführung dar. Die Wegezeiten zwischen Wohnung und Dienststelle gehörten ungeachtet ihrer Dauer bei allen Beamten gleichermaßen nicht zur Arbeitszeit. Zudem seien Beamte aufgrund ihrer umfassenden Pflichtenbindung gehalten, dienstlichen Erfordernissen auch außerhalb der Regelarbeitszeit Rechnung zu tragen. So könne von Polizeivollzugsbeamten erwartet werden, auf dem Weg von der Wohnung zur Dienststelle und zurück in Gefahrensituationen einzugreifen. Die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Einzelverpflichtungen würden nicht nach dem Umfang der zeitlichen Inanspruchnahme vergütet, sondern generell durch die amtsangemessene Alimentation abgegolten.

3

Der Kläger begründet die Nichtzulassungsbeschwerde wie folgt: Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung, die Zeit für das An- und Ausziehen der Uniform sei nicht als Arbeitszeit anzurechnen, hänge davon ab, ob diese Zeiten zum Dienst eines Polizeivollzugsbeamten gehörten oder Vorbereitungshandlungen seien. Die Frage sei höchstrichterlich nicht geklärt. Ihre Beantwortung habe außerordentliche Auswirkungen auf den Personalschlüssel und den Landeshaushalt. In Rede stünden bei ungefähr 34 000 Uniform tragenden Polizeibeamten und 220 Arbeitstagen im Jahr 14 960 000 Be- und Entkleidungsvorgänge, die bei einer Dauer von jeweils drei Minuten insgesamt ungefähr 748 000 Stunden in Anspruch nähmen. Würden sie auf die Arbeitszeit angerechnet, so ergebe sich ein jährlicher zusätzlicher Finanzbedarf von 12 962 840 € und ein Personalmehrbedarf von 467,5 Stellen.

4

Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gem. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist gegeben, wenn die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310, § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.; stRspr).

5

Nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO muss der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darlegen. Hierfür reicht es nicht aus, dass er in der Beschwerdebegründung lediglich eine Rechtsfrage stellt und erklärt, ihre Beantwortung sei aus tatsächlichen Gründen, etwa wegen der Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder wegen der finanziellen Auswirkungen, von grundsätzlicher Bedeutung. Vielmehr ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer die Bedeutung der Frage in rechtlicher Hinsicht aufzeigt. Er muss darlegen, dass die Frage weder ausdrücklich bundesgerichtlich beantwortet ist noch auf der Grundlage der einschlägigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann (Beschluss vom 2. Oktober 1961 a.a.O. S. 91 f.; stRspr). Dies wiederum setzt regelmäßig voraus, dass der Beschwerdeführer auf die tragenden Gründe eingeht, auf die das Oberverwaltungsgericht für die Beantwortung der Rechtsfrage abgestellt hat (Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - [...] Rn. 4 <zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen>).

6

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht. Der Kläger hat lediglich dargestellt, welche Auswirkungen sich für den Polizeivollzugsdienst des Beklagten und den Landeshaushalt voraussichtlich ergäben, wenn die hier maßgebende Rechtsfrage in seinem Sinne beantwortet würde. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzulegen. Hierfür hätte der Kläger darlegen müssen, dass die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts aus rechtlichen Gründen einer revisionsgerichtlichen Nachprüfung bedarf. Darauf geht die Beschwerdebegründung jedoch mit keinem Wort ein. Der Kläger teilt bereits nicht mit, ob er den rechtlichen Ansatz des Oberverwaltungsgerichts, die Rechtsfrage müsse aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen Interessen beantwortet werden, oder lediglich dessen Gestaltung der Interessenabwägung, d.h. die generelle Bewertung der herangezogenen Gesichtspunkte, für weiter klärungsbedürftig hält.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dr. Heitz
Thomsen
Dr. Hartung

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