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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 29.06.2015, Az.: BVerwG 5 PB 11.15
Verstoß der Einsichtnahme in die Gehaltslisten der Professoren durch den Personalrat gegen die geschützte Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsbetriebs
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 29.06.2015
Referenz: JurionRS 2015, 20222
Aktenzeichen: BVerwG 5 PB 11.15
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Hamburg - 12.01.2015 - AZ: OVG 8 Bf 277/13.PVL

Rechtsgrundlagen:

Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG

§ 99 Abs. 2 HmbPersVG

BVerwG, 29.06.2015 - BVerwG 5 PB 11.15

In der Personalvertretungssache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Juni 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fleuß
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. Januar 2015 wird verworfen.

Gründe

1

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage gestützte Beschwerde nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 12. Januar 2015 ist unzulässig.

2

1. Die Beschwerde zeigt nicht in einer den Darlegungsanforderungen gerecht werdenden Weise auf, dass die Rechtsbeschwerde wegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist.

3

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 99 Abs. 2 HmbPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann.

4

Nach § 99 Abs. 2 HmbPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss die Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit sich die Vorinstanz mit der von der Beschwerde als grundsätzlich angesehenen Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, zu folgen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - Rn. 4). Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Beschwerde nicht.

5

Die Beschwerde wirft als rechtsgrundsätzlich die Frage auf,

ob "die von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsbetriebs der Einsichtnahme in die Gehaltslisten der Professoren durch den Personalrat entgegen[steht]".

6

Das Oberverwaltungsgericht hat das aus § 78 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 und 2 HmbPersVG abgeleitete Recht des Antragstellers auf Einsichtnahme in die nicht anonymisierten Gehaltslisten der nach den Besoldungsordnungen W und C besoldeten Beschäftigten seines Vertretungsbereichs als mit der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre im Sinne des Art. 5 Abs. 3 GG vereinbar angesehen. Zur Begründung führt es aus, der Schutzbereich der Norm sei durch eine Einsichtnahme nicht betroffen, da diese ebenso wie die gesetzlichen Regelungen über die Besoldung der Juniorprofessoren und Professoren die Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsbetriebs nicht berühre. Die Einsichtnahme zum Zwecke des Diskriminierungsschutzes diene dazu, die Gewährung von Leistungsbezügen aus sachfremden Motiven zu verhindern. Durch die Wahrnehmung des Überwachungsrechts des Personalrats werde die Entscheidungsfreiheit der Universität keiner nennenswerten Beeinflussung oder gar Behinderung unterworfen. Die Besorgnis des Beteiligten, Personalratsmitglieder könnten ihr Wissen missbrauchen, um eigene Bleibeverhandlungen finanziell zu ihren Gunsten zu beeinflussen, rechtfertige keine abweichende Sichtweise. Ebenso wenig ermächtige das Besoldungsrecht die Hochschule, sachlich nicht gerechtfertigten Forderungen nachzugeben und unangemessene Bleibe-Leistungsbezüge oder sonstige Leistungsbezüge zu gewähren. Inhalt und Schranken des ihr eingeräumten Ermessens seien in jedem Einzelfall zu beachten. Durch die Einsichtnahme des Antragstellers in die Gehaltslisten werde jene nicht gehindert, innerhalb dieser gesetzlichen Bindungen diejenige Entscheidung über die Zahlung von variablen Vergütungsbestandteilen zu treffen, die sie für richtig halte (BA S. 13 f.).

7

Die Beschwerde war gehalten, sich mit dieser Würdigung des Oberverwaltungsgerichts substantiiert auseinanderzusetzen. An einer solchen Auseinandersetzung fehlt es. Die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung erschöpft sich darin auszuführen, es widerstreite dem Schutzzweck des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, wenn die Universität gehalten sei, die Höhe individuell ausgehandelter Zusatzvergütungsbestandteile offenzulegen. Zudem stehe der Gewährung der Einsichtnahme in die Gehaltslisten die - mehr als nur theoretische - Gefahr eines Missbrauchs dieser Informationen entgegen. Das von dem Einsichtnahmeverlangen betroffene Personal umfasse den Kreis der Professoren, zu dem die Mitglieder des Beschwerdegegners selbst zählten. Daher sei es durchaus realistisch, dass die Mitglieder des Beschwerdegegners die bei einer Einsichtnahme gewonnenen Informationen im Rahmen ihrer individuellen Gehaltsverhandlungen nutzten (S. 2 f. der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung). Mit diesen der Sachverhaltsdarstellung entnommenen Ausführungen wendet sich die Beschwerde der Sache nach im Stil einer Rechtsbeschwerdebegründung gegen das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts, ohne dessen Rechtsauffassung inhaltlich im Einzelnen einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Stattdessen setzt sie der vermeintlich unzutreffenden rechtlichen Bewertung durch das Oberverwaltungsgericht ihre eigene, zu einem anderen Ergebnis führende Würdigung entgegen.

8

2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 99 Abs. 2 HmbPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.

Vormeier

Stengelhofen

Dr. Fleuß

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