Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 27.09.2012, Az.: BVerwG 8 B 22.12
Anforderungen an die Rückübertragung eines im Besitz der BRD befindlichen Rittergutes an die Erben des ursprünglichen Eigentümers
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 27.09.2012
Referenz: JurionRS 2012, 25801
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 22.12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Frankfurt an der Oder - 05.10.2011 - AZ: VG 8 K 109/11

BVerwG, 27.09.2012 - BVerwG 8 B 22.12

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. September 2012
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rudolph
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2011 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) wird verworfen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 34 160 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Kläger begehren als Erben nach Friedrich J. die Rückübertragung des Eigentums an dem Flurstück ..., Flur ..., Gemarkung N. Eigentümerin dieses Grundstücks ist die Bundesrepublik Deutschland. Bei dem im Streit stehenden Grundstück handelt es sich um eine Teilfläche des ehemaligen Rittergutes B. Den Antrag der Kläger auf Rückübertragung u.a. dieses Grundstücks lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Dezember 1997 ab, weil die Enteignung auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG beruht habe. Der hiergegen gerichteten Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben.

2

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts bleibt ohne Erfolg. Sie ist unzulässig. Die Beklagte beruft sich zwar auf den Zulassungsgrund der Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Hiernach ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird aber nicht schlüssig dargelegt, obwohl dies erforderlich gewesen wäre (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

3

Die Beklagte behauptet zwar, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Rechtsvorgänger der Kläger habe als "Mischling ersten Grades" zur Zeit der NS-Herrschaft zum Personenkreis der Kollektivverfolgten im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO gehört, von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2007 - BVerwG 8 C 8.06 -(BVerwGE 129, 76 [BVerwG 21.06.2007 - BVerwG 8 C 8.06]) abweiche. Sie legt aber schon nicht dar, inwiefern das Urteil auf der behaupteten Abweichung beruht. Im Gegenteil weist sie selbst darauf hin, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung - selbstständig tragend - auch auf die Hilfserwägung gestützt habe, der Rechtsvorgänger der Kläger habe den umstrittenen Vermögensgegenstand jedenfalls aufgrund einer Individualverfolgung im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG verloren (UA S. 41 f.). Hiergegen macht sie Zulassungsgründe nicht geltend. Namentlich behauptet sie nicht, das Verwaltungsgericht habe seine Überzeugung insofern unter Verletzung von Verfahrensrecht gebildet (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Sie kritisiert diese Ausführungen zwar im Stile einer Berufungsschrift, doch lässt dies keine Verfahrensrügen erkennen.

4

Auch abgesehen hiervon ist der Zulassungsgrund der Abweichung nicht dargetan. Hierzu wäre erforderlich gewesen, einen Rechtssatz zu bezeichnen, den das Verwaltungsgericht aufgestellt hat und der sein Urteil trägt, und diesem einen inhaltlich abweichenden Rechtssatz aus einer Entscheidung eines Divergenzgerichts gegenüberzustellen. Das leistet die Beklagte nicht. Sie bezeichnet zwar (auf S. 2 ihrer Beschwerdeschrift) den Rechtssatz aus dem genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2007, dass es in Zweifelsfällen, ob jemand zum Personenkreis der Kollektivverfolgten im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO gehörte, darauf ankomme, ob nach den Erkenntnissen zur Zeit des Nationalsozialismus der Nachweis erbracht war, dass er Jude oder "Mischling ersten Grades" war, oder ob er unabhängig davon als solcher behandelt wurde. Sie stellt dem aber keinen abweichenden Rechtssatz des angefochtenen Urteils gegenüber. Sie legt zwar - zutreffend - dar, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Kollektivverfolgung des Rechtsvorgängers der Kläger, um die es auch in dem dem genannten Urteil des Senats zugrundeliegenden Rechtsstreit ging, anders beurteilt hat als der Senat. Sie legt aber nicht dar, dass dieser Unterschied auf einer Abweichung in dem angesprochenen rechtlichen Obersatz beruht. Vielmehr setzt sie sich ausschließlich mit der konkreten Sachwürdigung des Verwaltungsgerichts auseinander. Damit ist eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargetan.

5

Soweit in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 21. Juni 2007 (a.a.O.) entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts "eine Rechtskraftwirkung gemäß § 121 VwGO" entfalte, ist ebenfalls kein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO bezeichnet und dargelegt worden. Im Übrigen besteht die Rechtskraft auch nur zwischen den Beteiligten des damaligen Verfahrens und auch nur im Rahmen des Streitgegenstandes, also der Entscheidung über die Rückgabe eines bestimmten Vermögenswertes, um den es hier nicht geht. Die Vorfrage, ob der Alteigentümer zum Kreis der Kollektivverfolgten gehörte, nimmt nicht an der Rechtskraft der damaligen Entscheidung teil.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

7

Die Streitwertfestsetzung ergib sich aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert

Dr. Deiseroth

Dr. Rudolph

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.