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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 25.03.2010, Az.: BVerwG 1 WB 27.09
Konkurrentenstreit um die Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens eines Abteilungsleiters beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr; Anforderungen an die ausreichende Dokumentierung einer Auswahlentscheidung über die Besetzung eines Dienstpostens
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 25.03.2010
Referenz: JurionRS 2010, 13877
Aktenzeichen: BVerwG 1 WB 27.09
ECLI: [keine Angabe]

Fundstellen:

BVerwGE 136, 198 - 204

DÖV 2010, 663

JZ 2010, 341

PersV 2010, 437

ZBR 2010, 394

ZfPR online 2010, 18 (red. Leitsatz)

BVerwG, 25.03.2010 - BVerwG 1 WB 27.09

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung verfestigt sich auch nach einer der Bewertung des Dienstpostens entsprechenden Beförderung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können.
    Er müsste es vielmehr hinnehmen, von seinem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn ein anderer Bewerber bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre.

  2. 2.

    Im Falle einer beamtenrechtlichen Konkurrenz um Beförderungsämter oder eine höhere militärische Verwendung muss der Dienstherr die seiner Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederlegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und gegebenenfalls durch das Gericht zu ermöglichen.

  3. 3.

    Werden mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht, ist zur qualitativen Abstufung im Rahmen der Auswahlentscheidung in erster Linie auf die aktuellsten dienstlichen Beurteilungen abzustellen. Zu einer abgerundeten Bewertung ist es darüber hinaus zulässig, in die Entscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen.

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
...
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Wienbreier und
den ehrenamtlichen Richter Major Dressel
am 25. März 2010
beschlossen:

Tenor:

Die Entscheidung des Abteilungsleiters Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten im Bundesministerium der Verteidigung vom 6. November 2008, den Dienstposten des Abteilungsleiters ... ... - ... - beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr K... mit Frau Oberfeldarzt Dr. B... zu besetzen, und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 16. März 2009 werden aufgehoben.

Der Bundesminister der Verteidigung wird verpflichtet, über die Besetzung dieses Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die der Antragstellerin im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens eines Abteilungsleiters beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr.

2

Die 1959 geborene Antragstellerin ist Berufssoldatin; ihre Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Januar 2021. Zuletzt wurde sie mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 zum Oberfeldarzt befördert. Die Antragstellerin wird derzeit als Sanitätsstabsoffizier/Ärztin für ... beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr K...verwendet.

3

Am 29. Oktober 2008 beriet der Personalberaterausschuss beim Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (unter anderem) über die Nachbesetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Leiters der Abteilung ... - ... - beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr K... (Teileinheit/Zeile ...) zum 1. Juni 2009. In der Beratung wurden drei Kandidatinnen, nämlich die Oberfeldärzte Dr. B..., Dipl.-Med. T... und die Antragstellerin, betrachtet. Der Beratung lagen eine tabellarische Übersicht über die Personalien, Qualifikationen und Werdegänge der drei Bewerberinnen sowie ein Sprechzettel des Referatsleiters PSZ I 3 vom 14. Oktober 2008 zugrunde. Nach dem Sitzungsprotokoll vom 29. Oktober 2008 empfahl der Personalberaterausschuss (mit 11 Ja-Stimmen, ohne Nein-Stimme und Enthaltung) für die Nachbesetzung des Dienstpostens die Bewerberin Oberfeldarzt Dr. B.... Mit Schreiben an den Abteilungsleiter PSZ im Bundesministerium der Verteidigung vom 29. Oktober 2008 erklärte sich der Inspekteur des Sanitätsdienstes mit den Empfehlungen des Personalberaterausschusses einverstanden und bat den Abteilungsleiter PSZ, diesen zu entsprechen. Mit Schreiben vom 6. November 2008 erklärte sich der Abteilungsleiter PSZ seinerseits mit den Empfehlungen des Personalberaterausschusses einverstanden.

4

In einem Telefongespräch am 11. November 2008 informierte das Personalamt der Bundeswehr die Antragstellerin, dass sie für den Dienstposten nicht ausgewählt worden sei. Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 25. November 2008 legte die Antragstellerin hiergegen Beschwerde ein.

5

Mit Bescheid vom 16. März 2009 wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde zurück. Für die Wahrnehmung der Aufgaben des Leiters der Abteilung ... des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes, die im Beschwerdebescheid im Einzelnen aufgeführt werden, sei bei einer Gesamtbetrachtung nach Eignung, Leistung und Befähigung die ausgewählte Bewerberin Dr. B... am besten geeignet. Maßgeblich für die Feststellung der Leistung sei eine Betrachtung der letzten drei planmäßigen Beurteilungen, nach der Dr. Bohnen gegenüber der Antragstellerin einen Leistungsvorsprung aufweise. Zwar sei Dr. B... 2007 mit einem Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 4,6, die Antragstellerin dagegen zum selben Termin mit einem Durchschnittswert von 5,3 bewertet worden. Dr. B... habe jedoch in der vorletzten und vorvorletzten Beurteilung jeweils deutlich bessere Durchschnittswerte erzielt als die Antragstellerin. Der zunächst bestehende Leistungsvorsprung der Antragstellerin werde deshalb unter Zugrundelegung der vorletzten und vorvorletzten Beurteilung, die zur Abrundung des Leistungsbildes herangezogen werden könnten und müssten, deutlich relativiert. Den sich danach bei einer Gesamtbetrachtung ergebenden Leistungsvorsprung von Dr. B... könne die Antragstellerin nicht durch eine bessere fachliche oder persönliche Eignung für den Dienstposten wettmachen. Die Antragstellerin und Dr. B... seien für den Dienstposten gleichermaßen gut befähigt, da sie beide Fachärztinnen für Transfusionsmedizin seien. Dr. B... verfüge darüber hinaus über die Zusatzbezeichnung Chirotherapie sowie die Fachkunden Rettungsdienst und Neuraltherapie. Hinsichtlich der persönlichen Eignung für den Dienstposten seien Dr. B... und die Antragstellerin ebenfalls gleich gut geeignet. Sie hätten auch beide die Eignung für den Dienstposten dadurch nachgewiesen, dass sie jeweils bereits einen nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten eines Abteilungsleiters erfolgreich vertreten hätten.

6

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. April 2009 beantragte die Antragstellerin hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - legte den Antrag zusammen mit seiner Stellungnahme vom 15. Mai 2009 dem Senat vor.

7

Zur Begründung trägt die Antragstellerin insbesondere vor:

Die Auswahlentscheidung zugunsten von Dr. B... sei rechtswidrig. Sie, die Antragstellerin, sei von ihrer dienstlichen Leistung, beruflichen Ausbildung und ihrer seit 1990 in der Bundeswehr ausgeübten Tätigkeit besser qualifiziert als die für die Stelle vorgesehene Konkurrentin. Dr. B... sei weder erfahrener bei der Herstellung von Blut und Blutprodukten noch verfüge sie über eine vergleichbare Leitungserfahrung wie sie, die Antragstellerin. Soweit der Bundesminister der Verteidigung bei Dr. B... einen Leistungsvorsprung feststelle, könne dem nicht gefolgt werden. Eine echte Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen bestehe nur bei denen von 2007. Dort sei Dr. B... deutlich schlechter bewertet worden als sie, die Antragstellerin, und auch schlechter als die weitere Bewerberin Dipl.-Med. T.... Bemerkenswert sei ferner, dass bei der ausgewählten Kandidatin drei weitere Beurteilungen, nämlich die aus 2001, 2003 und 2005, zugrundegelegt worden seien, wohingegen bei ihr und Dipl.-Med. T... neben der Beurteilung von 2007 nur die Beurteilungen von 2001 und 2003 berücksichtigt worden seien, weil weder sie noch Dipl.-Med. T... im Jahre 2005 zu beurteilen gewesen wären. Für das Jahr 2005 sei daher eine direkte Vergleichbarkeit nicht gegeben. Insgesamt sei festzustellen, dass gerade nicht die letzte dienstliche Beurteilung für die Besetzung des Dienstpostens den Ausschlag gegeben habe. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass sie, die Antragstellerin, bereits eine Stehzeit von bald 13 Jahren auf einem A 15-Dienstposten aufweise, die Mitbewerberin Dipl.-Med. T... eine solche von etwas mehr als zehn Jahren, die ausgewählte Kandidatin Dr. B... dagegen nur eine solche von etwas mehr als fünf Jahren.

8

Die Antragstellerin beantragt,

den Antragsgegner unter Aufhebung der Verwendungsentscheidung zugunsten von Frau Oberfeldarzt Dr. B... zu verpflichten, den zum 1. Juni 2009 freiwerdenden Dienstposten (A 16) "Abteilungsleiter ... ..., ..., beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in K..." mit ihr, der Antragstellerin, zu besetzen,

hilfsweise,

den Antragsgegner unter Aufhebung der Verwendungsentscheidung zugunsten von Frau Oberfeldarzt Dr. B... zu verpflichten, über die Besetzung dieses Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

9

Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

10

Bei der Auswahlentscheidung seien die jeweils bestandskräftigen letzten drei planmäßigen Beurteilungen der Kandidatinnen in rechtmäßiger Weise berücksichtigt und untereinander gewichtet worden. Die Antragstellerin und Oberfeldarzt Dipl.-Med. T... seien nach der damals gültigen ZDv 20/6 nicht alle zwei, sondern nur alle vier Jahre planmäßig zu beurteilen gewesen und hätten deshalb beide im Jahre 2005 keine planmäßige Beurteilung erhalten. Ungeachtet dessen hätten die jeweils vorletzten und vorvorletzten Beurteilungen miteinander verglichen werden können, auch wenn sie zu unterschiedlichen Terminen erstellt worden seien. Hinsichtlich der Gewichtung der Beurteilungen sei die letzte planmäßige Beurteilung mit dem Faktor 3, die vorletzte mit dem Faktor 2 und die vorvorletzte mit dem Faktor 1 gewichtet worden. Zu berücksichtigen sei ferner gewesen, dass die Beurteilungen aus früheren Jahren nicht ohne Weiteres mit denjenigen aus dem seit 2007 geltenden System verglichen werden könnten; Differenzen in der Leistungsbewertung aus dem alten System seien daher zur Herstellung der Vergleichbarkeit mit dem neuen System mit dem Faktor 9/7 multipliziert worden. Zugunsten der Antragstellerin sei schließlich wegen ihres teilweise höheren Statusamts im Zeitpunkt der Beurteilung ein Leistungszuschlag von 0,25 eingesetzt worden. In der Leistungsdifferenz ergebe sich bei der Gesamtbetrachtung aller drei Beurteilungen auf diese Weise ein Plus von 1,13 zugunsten von Oberfeldarzt Dr. B... gegenüber der Antragstellerin.

11

Die ausgewählte Bewerberin Dr. B... wurde inzwischen auf den hier strittigen Dienstposten versetzt und mit Wirkung vom 1. März 2010 zum Oberstarzt befördert.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: ... -, die Personalgrundakte der Antragstellerin, Hauptteile A bis C, und die Akten des Parallelverfahrens der Mitbewerberin Dipl.-Med. T... - BVerwG 1 WB 28.09 - haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

13

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat im Hilfsantrag Erfolg.

14

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Der Rechtsstreit hat sich insbesondere nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten inzwischen mit der ausgewählten Bewerberin Dr. B... besetzt und diese zum Oberstarzt befördert worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung - auch nach einer der Bewertung des Dienstpostens entsprechenden Beförderung - nicht dahin, dass die durch sie begünstigte Soldatin eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihr zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; sie müsste es vielmehr hinnehmen, von ihrem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn die Antragstellerin bei der Stellenbesetzung ihr gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl. Beschlüsse vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - Rn. 29 m.w.N. <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50> sowie zuletzt vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 -).

15

Das Verpflichtungsbegehren hat Erfolg, soweit es auf eine erneute Entscheidung gerichtet ist. Die Entscheidung des Abteilungsleiters Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten (PSZ) im Bundesministerium der Verteidigung vom 6. November 2008, den nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten des Leiters der Abteilung ... - ... - beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr K... (Teileinheit/Zeile ...) zum 1. Juni 2009 mit Oberfeldarzt Dr. B... zu besetzen, und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 16. März 2009 sind rechtswidrig und deshalb aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO). Da die Sache nicht spruchreif ist, kann eine Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, den Dienstposten mit der Antragstellerin zu besetzen, nicht ausgesprochen werden; der Bundesminister der Verteidigung ist jedoch verpflichtet, über die Besetzung des Dienstpostens unter Beachtung der nachfolgenden Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).

16

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Auswahlentscheidung über die Besetzung des Dienstpostens von der zuständigen Stelle hinreichend dokumentiert ist (dazu 1.). Jedenfalls ist die Entscheidung materiell rechtswidrig, weil sie gegen die für einen Leistungsvergleich auf der Basis dienstlicher Beurteilungen geltenden Grundsätze verstößt (dazu 2.).

17

1.

a)

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die - wie im vorliegenden Fall - ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <335 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 <14 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50 sowie zuletzt vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>).

18

Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist. Im Hinblick auf die in § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 WBO verankerte umfassende Kontroll- und Abänderungskompetenz kann die Dokumentationspflicht aber auch von der gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständigen Beschwerdestelle erfüllt werden, wenn und soweit sie eine eigene Sachentscheidung trifft; bestätigt die Beschwerdestelle die Ausgangsentscheidung und weist sie die Beschwerde zurück (§ 13 Abs. 3 WBO), kann sie, falls eine Dokumentation bis dahin fehlt, in dem Beschwerdebescheid die wesentlichen Auswahlerwägungen niederlegen oder eine vorhandene Dokumentation der Ausgangsentscheidung ergänzen oder inhaltlich fortschreiben (vgl. zum Ganzen Beschluss vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 - <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>).

19

b)

Nach diesen Maßstäben ist zweifelhaft, ob die zu der Auswahlentscheidung vorliegenden Unterlagen eine hinreichende Dokumentation durch die zuständige Stelle darstellen.

20

aa)

Zur Dokumentation verpflichtet war primär der Abteilungsleiter PSZ, weil dieser für die abschließende Auswahlentscheidung über den nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten zuständig ist (Nr. 3.5 der "Bestimmungen über die Personal-Beraterausschüsse" vom 7. August 2003; Nr. 4.2 Abs. 4 2. Spiegelstrich der "Richtlinie für die langfristige Verwendungsplanung der Berufsoffiziere des Truppendienstes, des Sanitätsdienstes, des Militärmusikdienstes und des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr" vom 7. August 2003). Dessen Schreiben vom 6. November 2008 lassen sich jedoch keine eigenständigen Auswahlerwägungen, sondern lediglich die pauschale Erklärung des Einverständnisses mit allen Empfehlungen des Personalberaterausschusses beim Inspekteur des Sanitätsdienstes entnehmen. Es fehlt aber auch an einer Dokumentation der Erwägungen des Personalberaterausschusses, die sich der Abteilungsleiter PSZ mit seiner Einverständniserklärung ggf. hätte zu eigen machen können. Das Protokoll der Sitzung des Personalberaterausschusses benennt lediglich das Ergebnis der Abstimmung (ausgewählte Kandidaten und Stimmenverhältnis), nicht aber die für die jeweilige Entscheidung maßgeblichen Gründe. Die für die Besetzung des hier strittigen Dienstposten erstellte tabellarische Übersicht über die drei Kandidatinnen Dipl.-Med. Tucek, die Antragstellerin und Dr. B... enthält in neutraler Form wesentliche Entscheidungsgrundlagen, lässt aber nicht erkennen, welche Gesichtspunkte letztlich den Ausschlag zugunsten von Dr. B... gegeben haben. Der Sprechzettel des Referatsleiters PSZ I 3 vom 14. Oktober 2008 wiederum schließt zwar mit einer zusammenfassenden Würdigung der drei Kandidatinnen und einer begründeten Empfehlung zugunsten von Dr. B...; es ist jedoch nicht ersichtlich, ob und in welcher Hinsicht der Personalberaterausschuss dieser Empfehlung gefolgt ist und sie in seine, dem Abteilungsleiter PSZ unterbreitete Empfehlung aufgenommen hat.

21

bb)

Eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen ist dagegen in dem Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 16. März 2009 enthalten. Danach wurden alle drei Bewerberinnen als grundsätzlich geeignet für den Dienstposten angesehen; ebenso wurde allen drei Bewerberinnen die erforderliche Befähigung zugesprochen. Ausschlaggebend für die Entscheidung, den Dienstposten des Leiters der Abteilung ... mit Oberfeldarzt Dr. B... zu besetzen, war ein Leistungsvergleich, der in einer - im Einzelnen aufgeschlüsselten - quantifizierenden "Gesamtbetrachtung der letzten drei planmäßigen Beurteilungen" in Verbindung mit einer Gewichtung der Bewertungen und einer "Transformation" zwischen verschiedenen Beurteilungssystemen vorgenommen wurde. Die Darlegungen des Beschwerdebescheids sind hinreichend bestimmt und substantiiert, um die Auswahlentscheidung für die unterlegenen Mitbewerberinnen und für das Gericht nachvollziehbar und kontrollierbar zu machen.

22

Ob mit ihnen die Dokumentationspflicht erfüllt ist, ist jedoch aus einem anderen Grund zweifelhaft. Zwar ist nach dem oben Gesagten im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens auch die für die Beschwerdeentscheidung zuständige Stelle im Rahmen der auf sie übergegangenen Sachentscheidungskompetenz befugt, die wesentlichen Auswahlerwägungen niederzulegen oder zu ergänzen. Der Beschwerdebescheid vom 16. März 2009 hätte jedoch nicht ergehen dürfen, weil die Auswahlentscheidung durch den Abteilungsleiter PSZ im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO dem Bundesminister der Verteidigung zuzurechnen ist; die Beschwerde der Antragstellerin wäre deshalb unmittelbar als Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig und zu behandeln gewesen (vgl. Beschluss vom 15. Februar 1990 - BVerwG 1 WB 36.88 - <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 86, 244 und NZWehrr 1990, 252>). Der Grund, warum gleichwohl ein Beschwerdebescheid ergangen ist, dürfte wohl darin liegen, dass die Antragstellerin über die für sie negative Entscheidung nicht durch das Bundesministerium, sondern durch das Personalamt der Bundeswehr informiert worden ist; für die Anfechtung im Wehrbeschwerdeverfahren kommt es jedoch nicht darauf an, wer die Entscheidung übermittelt oder eröffnet, sondern wer sie materiell getroffen hat.

23

Es bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung, ob Auswahlerwägungen, die in einem irrtümlich ergangenen Beschwerdebescheid niedergelegt sind, die Dokumentationspflicht erfüllen können oder ob es sich dabei um einen verspäteten "nachgeschobenen" Sachvortrag handelt, der nicht mehr zu berücksichtigen ist, so dass die Auswahlentscheidung bereits aus diesem Grund aufzuheben wäre (vgl. hierzu Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 <18 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50). Denn auch unter Berücksichtigung der Darlegungen in dem Beschwerdebescheid ist die Auswahlentscheidung aufzuheben, weil sie auf der Grundlage dieser Auswahlerwägungen materiell rechtswidrig ist.

24

2.

Die auf eine "Gesamtbetrachtung der letzten drei planmäßigen Beurteilungen" gestützte Auswahlentscheidung zugunsten von Dr. B... ist rechtswidrig, weil der Vergleich zwischen den Bewerberinnen - in der durchgeführten Form - gegen den aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG folgenden Leistungsgrundsatz bzw. Grundsatz der Bestenauslese verstößt.

25

Wenn, wie im vorliegenden Fall, mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht werden, haben - in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene - Abstufungen der Qualifikation Bedeutung (Beschluss vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <338> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41; für das Beamtenrecht Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54). Zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerundeten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität ist es darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen (vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2007 - BVerwG 1 WB 6.07 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 9 m.w.N. und vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 <7> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49).

26

Nach diesen Maßstäben ist der im vorliegenden Fall vorgenommene Leistungsvergleich rechtswidrig. Der Leistungsstand nach den jeweils letzten Beurteilungen rechtfertigt nicht die Auswahl von Dr. B.... Auch die Art und Weise, in der frühere Beurteilungen in den Vergleich einbezogen wurden, ist fehlerhaft und nicht geeignet, einen Leistungsvorsprung von Dr. B... gegenüber der Antragstellerin zu begründen.

27

a)

In der zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen planmäßigen Beurteilung, die für alle drei Bewerberinnen zum Termin 30. September 2007 erstellt wurden, wurde die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten (auf einer neunstufigen Skala mit dem höchsten Wert 9) bei der Antragstellerin mit einem Durchschnittswert von 5,3, bei der Mitbewerberin Dipl.-Med. T... mit 5,7 und bei der ausgewählten Bewerberin Dr. B... mit 4,6 bewertet. Die ausgewählte Bewerberin erzielte damit in der aktuellen Beurteilung, der regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, einen eindeutig geringeren Durchschnittswert als die Mitbewerberinnen und weist keinen Leistungsvorsprung, sondern einen nicht bloß unwesentlichen Rückstand gegenüber der Antragstellerin (und erst recht gegenüber der Mitbewerberin Dipl.-Med. T...) auf. Das Leistungsbild der aktuellen Beurteilungen rechtfertigt deshalb nicht die Auswahl von Dr. B....

28

Deren Rückstand lässt sich auch nicht mit der vom Bundesminister der Verteidigung angeführten Erwägung relativieren, Dr. B... sei 2007 vom Erstbeurteiler besonders streng beurteilt worden. Zum einen ist die dienstliche Beurteilung von Dr. B... - wie auch die der Mitbewerberinnen - unanfechtbar geworden und deshalb mit dem Inhalt, mit dem sie in Bestandskraft erwachsen ist, der Auswahlentscheidung zugrundezulegen (vgl. hierzu zuletzt ausführlich Beschluss vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>). Unabhängig davon ist dem Aspekt der "besonders strengen" Beurteilung bereits innerhalb der Beurteilung 2007 dadurch Rechnung getragen worden, dass der nächsthöhere Vorgesetzte für Dr. B... im Abschnitt "Verwendung" die Bewertung im Punkt "Führungsverwendungen" auf "gut geeignet" und die Bewertung im Punkt "Fachverwendungen" auf "besonders gut geeignet" angehoben hat; im Übrigen hat der nächsthöhere Vorgesetzte der Beurteilung von Dr. B... im Abschnitt "Aufgabenerfüllung" ausdrücklich zugestimmt sowie die im Abschnitt "Persönlichkeitsprofil" getroffene Darstellung in allen Punkten uneingeschränkt mitgetragen und als maßgeblich bei einer Betrachtung für weitere Verwendungsentscheidungen bezeichnet. Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass Dr. B... und die Antragstellerin zum Termin 30. September 2007 von denselben Vorgesetzten beurteilt wurden; beurteilender, nächsthöherer und weiterer höherer Vorgesetzter sind jeweils identisch. Unabhängig von absoluten Zahlenwerten ist deshalb festzustellen, dass alle beteiligten Vorgesetzten in der Relation zwischen den beiden Bewerberinnen den Vorrang bei der Antragstellerin und nicht bei Dr. B... gesehen haben.

29

b)

Die Auswahlentscheidung zugunsten von Dr. B... ist auch nicht durch die Berücksichtigung früherer Beurteilungen gerechtfertigt.

30

aa)

Nach dem oben Gesagten können zur abgerundeten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität auch die jeweils vorletzten und vorvorletzten planmäßigen Beurteilungen der betrachteten Bewerberinnen einbezogen werden. Dabei darf allerdings nicht aus dem Blick geraten, dass für die Auswahlentscheidung der aktuelle und nicht ein in der Vergangenheit liegender Leistungsstand maßgeblich ist. Die vorletzten und vorvorletzten Beurteilungen sind deshalb nicht isoliert, sondern in Bezug auf das durch die letzte Beurteilung dokumentierte aktuelle Leistungsbild zu sehen. Dementsprechend hat der Senat hinsichtlich der früheren Beurteilungen stets betont, dass es sich hierbei um Erkenntnisse handelt, die bei einem Bewerbervergleich bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung ermöglichen; das kommt namentlich dann in Betracht, wenn frühere Beurteilungen positive oder negative Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten (vgl. insb. Beschluss vom 18. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 23 m.w.N.).

31

Mit dieser Funktion und Legitimation des Einbezugs früherer Beurteilungen, nämlich aus diesen ggf. ergänzende Rückschlüsse für den aktuellen Leistungsstand der Bewerber und dessen künftige Entwicklung zu ziehen, steht das vom Bundesminister der Verteidigung angewandte "Rechenmodell" nicht in Einklang. Der Bundesminister der Verteidigung hat für die letzte, vorletzte und vorvorletzte Bewertung jeweils die "Leistungsdifferenz" zwischen der Antragstellerin und Dr. B... (Differenz der jeweiligen Durchschnittswerte) ermittelt und diese miteinander verrechnet, wobei sich trotz besserer aktueller Beurteilung der Antragstellerin wegen der besseren früheren Beurteilungen von Dr. B... in der rechnerischen Gesamtbilanz ein Leistungsvorsprung von Dr. B... ergab (zu Problemen der Vergleichbarkeit der Beurteilungen noch nachfolgend bb und cc). Ungeachtet der Tatsache, dass der Bundesminister der Verteidigung in seinem Schriftsatz vom 16. Juli 2009 eine degressive Gewichtung vorgenommen hat (Multiplikation des Durchschnittswerts in der letzten Beurteilung mit dem Faktor 3, in der vorletzten Beurteilung mit dem Faktor 2 und in der vorvorletzten Beurteilung mit dem Faktor 1), wird auf diese Weise mit einer rein rechnerischen Operation das aktuelle Leistungsverhältnis zwischen den Bewerberinnen überspielt und in sein Gegenteil verkehrt. Dabei wird in keiner Weise begründet oder erkennbar, warum der in der Vergangenheit bestehende Leistungsvorsprung von Dr. B... den - maßgeblichen - aktuellen Leistungsvorsprung der Antragstellerin in Frage stellen sollte bzw. worin die aus den früheren Beurteilungen entnommenen Erkenntnisse bestehen, die - entgegen dem Leistungsbild der aktuellen Beurteilung - erwarten lassen, dass sich Dr. B... auf dem strittigen Dienstposten besser bewähren und entwickeln wird als die Antragstellerin. Die früheren Beurteilungen werden also nicht etwa hinsichtlich ihrer Aussagekraft für den aktuellen Leistungsstand oder für das Potenzial und die Entwicklungsprognose ausgewertet; vielmehr wird dem relativ größeren Leistungsvorsprung der ausgewählten Kandidatin in der Vergangenheit die entscheidende Bedeutung im aktuellen Leistungsvergleich zugemessen. Dies widerspricht dem Grundsatz, dass der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung für die Auswahlentscheidung zukommt.

32

bb)

Der Leistungsvergleich ist ferner auch deshalb fehlerhaft, weil zum Teil Beurteilungen aus unterschiedlichen Beurteilungszeiträumen zueinander in Beziehung gesetzt wurden.

33

Die Funktion einer planmäßigen Beurteilung in einer Auswahlentscheidung als Instrument der "Klärung einer Wettbewerbssituation" erfordert die Gewährleistung einer Vergleichbarkeit der Beurteilungen. Deshalb muss schon im Beurteilungsverfahren soweit wie möglich gleichmäßig verfahren werden; die Beurteilungsmaßstäbe müssen gleich sein und gleich angewendet werden. Insbesondere der gemeinsame Beurteilungsstichtag und der jeweils gleiche Beurteilungszeitraum garantieren eine höchstmögliche Vergleichbarkeit (vgl. Beschluss vom 18. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 24 m.w.N., Urteil vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10). Für das Auswahlverfahren folgt hieraus, dass zur Wahrung der Chancengleichheit der Bewerber ein inhaltlicher Vergleich von planmäßigen Beurteilungen nur zulässig ist, wenn er sich im Wesentlichen auf die gleichen Beurteilungszeiträume und die gleichen Beurteilungsstichtage erstreckt.

34

Ausweislich der tabellarischen Übersicht über die drei Bewerberinnen wurden für die ausgewählte Bewerberin Dr. B... planmäßige Beurteilungen aus den Jahren 2007, 2005, 2003 und 2001 berücksichtigt, für die Antragstellerin und die Mitbewerberin Dipl.-Med. T... dagegen nur Beurteilungen aus den Jahren 2007, 2003 und 2001, nicht aber aus 2005. Anders als Dr. B... waren die Antragstellerin und Dipl.-Med. T... gemäß Nr. 203 Buchst. a ZDv 20/6 in der damals gültigen Fassung nur alle vier Jahre zu beurteilen und haben deshalb im Jahre 2005 keine planmäßige Beurteilung erhalten. Der Bundesminister der Verteidigung hat in dem Leistungsvergleich als vorletzte Beurteilung für Dr. B... diejenige aus dem Jahre 2005, für die Antragstellerin dagegen diejenige aus dem Jahre 2003 eingestellt; entsprechend wurde als vorvorletzte Beurteilung für Dr. B... diejenige aus dem Jahre 2003, für die Antragstellerin dagegen diejenige aus dem Jahre 2001 herangezogen. Ein solcher "Quervergleich" über unterschiedliche Beurteilungszeiträume ist nicht zulässig. Er verstößt gegen den Grundsatz, dass ein Vergleich eine gemeinsame - hier zeitliche - Vergleichsgrundlage voraussetzt, und führt zu einer Verzerrung des Leistungsbildes der Bewerberinnen.

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cc)

Nicht statthaft ist schließlich die von dem Bundesminister der Verteidigung vorgenommene "Transformation", indem die Bewertungen aus den vorletzten und vorvorletzten Beurteilungen bzw. die entsprechenden "Leistungsdifferenzen" zwischen den Bewerberinnen mit dem Faktor 9/7 multipliziert wurden. Zwar erfolgte vor den zum Termin 30. September 2007 erstellten Beurteilungen die Umstellung des Bewertungsmaßstabs von einer zuvor sieben- auf eine dann neunstufige Skala (Nr. 609 Buchst. b mit Anlage 4 der ZDv 20/6 i.d.F. vom 17. Januar 2007). Eine "Umrechnung" der Durchschnittswerte bzw. "Leistungsdifferenzen" setzt jedoch voraus, dass außer der Streckung des Bewertungsmaßstabs von sieben auf neun Stufen das Beurteilungssystem im Übrigen unverändert geblieben ist. Die Beurteilungsbestimmungen vom 17. Januar 2007 haben indes insbesondere durch die Einführung von Richtwertvorgaben sowie durch Regelungen zur Vergleichsgruppenbildung und zu Abstimmungsgesprächen zu einer gegenüber der vorherigen Konzeption grundlegenden Umgestaltung des Beurteilungssystems geführt (vgl. im Einzelnen Beschluss vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 = Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 14). Die vorletzten und vorvorletzten Beurteilungen einerseits und die aktuellen Beurteilungen zum Termin 30. September 2007 andererseits wurden deshalb unter völlig unterschiedlichen Bedingungen erstellt, so dass eine einfache, allein an der Skalenerweiterung (von sieben auf neun Stufen) orientierte "Umrechnung" der Leistungsbewertungen nicht in Betracht kommt.

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3.

Da die Auswahl für die Besetzung des Dienstpostens des Leiters der Abteilung ... beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr rechtswidrig ist, sind die entsprechende Entscheidung des Abteilungsleiters PSZ vom 6. November 2008 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 16. März 2009 aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO). Die im Hauptantrag begehrte Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, den Dienstposten mit der Antragstellerin zu besetzen, kann nicht ausgesprochen werden, weil - schon mit Blick auf die Mitbewerberin Dipl.-Med. T... - nicht feststeht, dass der Dienstposten gerade mit der Antragstellerin besetzt werden muss; insoweit war der Antrag auf gerichtliche Entscheidung daher zurückzuweisen. Der Bundesminister der Verteidigung ist jedoch gemäß dem Hilfsantrag verpflichtet, über die Besetzung des Dienstpostens unter Beachtung der vorstehenden Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).

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4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO. Da die Antragstellerin mit ihrem Rechtsschutzbegehren im Wesentlichen Erfolg hatte, wurden dem Bund die Kosten des Verfahrens ganz auferlegt (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Golze
Dr. Frentz
Dr. Langer

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