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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 24.06.2010, Az.: BVerwG 3 B 93.09
Anspruch auf Rehabilitierung wegen einer ärztlichen Falschbehandlung in einem Krankenhaus in der ehemaligen DDR; Qualifizierung einer unterlassenen medizinischen Versorgung in der ehemaligen DDR als "andere Maßnahme" i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 24.06.2010
Referenz: JurionRS 2010, 19399
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 93.09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Chemnitz - 09.09.2009 - AZ: VG 3 K 760/08

nachgehend:

BVerwG - 28.07.2010 - AZ: BVerwG 3 B 62.10

BVerwG, 24.06.2010 - BVerwG 3 B 93.09

Redaktioneller Leitsatz:

Hält das Verwaltungsgericht nach einer Falschbehandlung das Vorliegen eines ärztlichen Kunstfehlers oder einer unzureichenden Behandlungsmethode für wahrscheinlich, so schließt dies die Annahme einer auf berufliche Benachteiligung zielenden Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG aus.

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Juni 2010
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Dr. Wysk
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 9. September 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Der Kläger begehrt seine Rehabilitierung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) wegen einer ärztlichen Falschbehandlung in einem Krankenhaus der DDR nach einem Unfall im Mai 1976. Antrag, Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat nach Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin eine hoheitlich-willkürliche Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerRehaG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwRehaG verneint. Der Kläger habe nicht gemäß § 25 Abs. 2 BerRehaG glaubhaft gemacht, dass das privatrechtliche Handeln der Ärzte auf einem übergeordneten leitenden Plan staatlicher Stellen der DDR mit dem Ziel beruht habe, ihn zu schädigen.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf noch liegt der nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügte Verfahrensfehler vor.

3

1.

Die aufgeworfenen Fragen:

  1. (a)

    Stellt die unterlassene medizinische Versorgung in der DDR eine "andere Maßnahme" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG dar?

  2. (b)

    Kann in einer unterlassenen medizinischen Versorgung sodann eine "politische Verfolgung" gesehen werden, wenn der Betroffene Geheimnisträger war und Indizien die Annahme rechtfertigen, dass die Geheimnisträgerschaft zumindest mitursächlich für die Unterlassung war?

4

verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Beide Fragen lassen sich nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise bejahen oder verneinen. Außerdem bestehen nach den bindenden - vom Kläger nicht mit durchgreifenden Rügen infrage gestellten - Feststellungen im angefochtenen Urteil selbst unter Anwendung der Beweiserleichterung des § 25 Abs. 2 BerRehaG keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Opfer einer auf einen Willensentschluss staatlicher Stellen zurückgehenden gezielten Falschbehandlung geworden ist. Das Verwaltungsgericht hat es vielmehr als naheliegender angesehen, dass entweder ein ärztlicher Kunstfehler vorlag, der vertuscht werden sollte, oder der Kläger zwar nach den Regeln der ärztlichen Kunst behandelt worden ist, die Behandlungsmethoden wegen der Schwere des Krankheitsbildes aber objektiv unzureichend waren. Das schließt die Annahme einer auf berufliche Benachteiligung zielenden Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG aus, selbst wenn das Unterlassen medizinischer Versorgung als potenziell tatbestandserfüllend betrachtet wird.

5

Aus der Würdigung des Verwaltungsgerichts ergibt sich weiter, dass der Kläger mit der Frage zu (b) einen Sachverhalt unterstellt, der nach dem angefochtenen Urteil nicht vorliegt. Denn nach den dort getroffenen Feststellungen fehlen Indizien, die auf eine Mitursächlichkeit der Geheimnisträgerschaft des Klägers für eine (unterstellte) fehlerhafte medizinische Versorgung hinweisen. Wenn der Kläger solche Indizien sehen will, setzt er seine Würdigung an die Stelle derjenigen im angefochtenen Urteil, ohne insofern zugleich einen Zulassungsgrund aufzuzeigen.

6

2.

Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Beschwerde sieht einen Verstoß gegen die Anforderungen an die Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 VwGO darin, dass das Verwaltungsgericht nur Nr. 3, nicht aber Nr. 4 des § 1 Abs. 1 BerRehaG geprüft habe. Das trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat nach § 117 Abs. 5 VwGO "wegen der weiteren Einzelheiten" auf die für zutreffend befundenen Gründe des Widerspruchsbescheides Bezug genommen (UA S. 7). Dort ist auf S. 4 ausgeführt, dass eine Verfolgungsmaßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 4 BerRehaG nicht festgestellt werden könne.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Kley
Liebler
Dr. Wysk

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