Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 21.08.2013, Az.: BVerwG 2 B 21.13
Aufklärungspflichtverletzung hinsichtlich des Werts des i.R.e. Bestechung als Gegenleistung bekommenen Gegenstands
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 21.08.2013
Referenz: JurionRS 2013, 45236
Aktenzeichen: BVerwG 2 B 21.13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Berlin-Brandenburg - 10.12.2012 - AZ: 80 D 6.12

BVerwG, 21.08.2013 - BVerwG 2 B 21.13

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. August 2013
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und Dr. Kenntner
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 41 Disziplinargesetz des Landes Berlin - DiszG - und § 69 BDG) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg.

2

1. Der Beklagte steht als Justizvollzugshauptsekretär im Dienst des Klägers. Im April 2008 wurde er wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils hatte der Beklagte fünf Kilogramm Kaffee unkontrolliert in die Justizvollzugsanstalt eingebracht, diese einem Strafgefangenen übergeben und hierfür als Gegenleistung eine CD mit einem pornografischen Film erhalten. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten im gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte vor dem März 2005 zehn Pakete Kaffee (zu je 500 g) entgegengenommen, diese unter Verletzung seiner Dienstpflichten in die Vollzugsanstalt eingebracht und unkontrolliert einem Strafgefangenen ausgehändigt hat. Als Gegenleistung habe er eine CD mit pornografischen Bilddateien erhalten. Auf Veranlassung des Strafgefangenen habe er ferner ein ihm außerhalb der Vollzugsanstalt ausgehändigtes, in Papier gewickeltes Paket Hackfleisch (ca. 1 kg) unkontrolliert in die Anstalt eingebracht und dem Strafgefangenen übergeben. An zwei Tagen habe er private Post dieses Strafgefangenen auf dessen Veranlassung unter Umgehung der offiziellen Postkontrolle aus der Anstalt mitgenommen und außerhalb der Vollzugsanstalt auf den Postweg gebracht. Die ihm jeweils unverschlossen ausgehändigten Umschläge habe er nur von außen und innen auf Einlagen kontrolliert; eine inhaltliche Kontrolle der darin befindlichen Schreiben habe der Beklagte nicht vorgenommen. Auf Veranlassung des Strafgefangenen habe der Beklagte schließlich eine von diesem gepackte und ihm in der Gärtnerei der Anstalt übergebene Tasche mit zwei Pflanzen in den Haftraum des Strafgefangenen gebracht. Er habe zwar einen Blick in die Tasche geworfen, sie aber nicht näher kontrolliert. Er habe sich auch nicht vergewissert, ob in Bezug auf die Pflanzen eine Genehmigung vorliege.

3

2. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts leidet nicht an den vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 41 DiszG und § 69 BDG).

4

a) Zu Unrecht rügt die Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe den Sachverhalt hinsichtlich des Wertes der vom Beklagten erlangten CD mit pornografischen Inhalten nicht ausreichend erforscht.

5

Nach § 41 DiszG und § 58 Abs. 1 BDG sowie § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. Urteile vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> = Buchholz 303 § 414 ZPO Nr. 1 S. 2 und vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 -Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 1). Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen.

6

Hinsichtlich der Dienstpflichtverletzung, Anfang 2005 zehn Pakete Kaffee zu je 500 Gramm in die Justizvollzugsanstalt eingebracht, diese ohne vorherige Kontrolle einem Strafgefangenen übergeben und als Belohnung hierfür eine CD mit pornografischen Inhalten erhalten zu haben, liegt ein rechtskräftiges Strafurteil vor. Gemäß § 41 DiszG sowie § 57 Abs. 1 Satz 1 und § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend.

7

Danach musste das Oberverwaltungsgericht davon ausgehen, dass sich auf der vom Beklagten erlangten CD die Kopie eines Pornofilms befindet, den der Beklagte anlässlich seines Besuchs bei einem Bekannten des Strafgefangenen aus einer größeren Zahl von vergleichbaren Filmen ausgewählt hatte.

8

Ausweislich der Niederschrift über die erneute Berufungsverhandlung hat der Vorsitzende die Beteiligten darauf hingewiesen, dass nach Internetrecherchen des Senats erotische bzw. pornografische Filme durchschnittlich zu einem Preis von unter 10 € (Preisspanne 5 bis 10 €) verkauft werden, und hat den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Soweit der Beklagte mit dieser Einschätzung des Wertes der CD durch das Oberverwaltungsgericht nicht einverstanden war, hätte er in der Verhandlung einen entsprechenden Beweisantrag stellen müssen. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts musste sich dem Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung sowie der Bindung an das Strafurteil nicht aufdrängen.

9

b) Soweit dem Beschwerdevorbringen des Beklagten zur Unrechtsvereinbarung die Geltendmachung eines Verfahrensmangels zu entnehmen ist, ist die Beschwerde unbegründet. Denn auch hinsichtlich der Verknüpfung von pflichtwidriger Dienstausübung und Vorteilszuwendung im Sinne einer ausdrücklichen oder konkludenten Übereinkunft zwischen Amtsträger und Vorteilsgeber ist das Oberverwaltungsgericht nach § 41 DiszG sowie § 57 Abs. 1 Satz 1 und § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG an das Strafurteil gebunden. Im Strafurteil hat das Landgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass der oben erwähnte Bekannte des Strafgefangenen den Beklagten im Interesse des Strafgefangenen für das Überbringen der fünf Pakete Kaffee unter Umgehung der Kontrollen in der Justizvollzugsanstalt mit einer Porno-CD belohnen sollte und dies auch dem Beklagten bewusst war. Dass sich das Oberverwaltungsgericht von diesen tatsächlichen Feststellungen nach § 41 DiszG sowie § 57 Abs. 1 Satz 1 und § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG hätte lösen müssen, legt die Beschwerde nicht dar.

10

c) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe dadurch gegen § 41 DiszG und § 58 Abs. 1 BDG sowie § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen, dass es den Sachverhalt hinsichtlich der persönlichen Beweggründe des Beklagten unzureichend aufgeklärt habe.

11

Das Oberverwaltungsgericht hat den Beklagten in der Berufungsverhandlung zu den Motiven für seine Dienstpflichtverletzungen angehört. Welchen Aspekt der Motivation des Beklagten das Oberverwaltungsgericht noch hätte aufklären müssen, wird in der Beschwerdebegründung nicht im Einzelnen dargelegt.

12

d) Soweit die Beschwerde meint, die Schlussfolgerungen des Oberverwaltungsgerichts seien nicht nachvollziehbar, wird lediglich die Richtigkeit der Würdigung der konkreten Umstände durch das Oberverwaltungsgericht angegriffen. Mit der Verfahrensrüge ist aber nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur der Verfahrensgang auf dem Weg dorthin rügefähig. Die Würdigung eines Sachverhalts durch das Berufungsgericht ist nur dann fehlerhaft, wenn Beweiswürdigungsgrundsätze wie etwa Auslegungsregeln, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - ZBR 2008, 257 <260> insoweit nicht in Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 2 abgedruckt und vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 4.11 -[...] Rn. 12). Dies wird in der Beschwerde nicht dargelegt.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil die Gebühren gemäß § 41 DiszG nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden.

Domgörgen

Dr. Kenntner

Dr. Hartung

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.