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Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 16.01.2014, Az.: BVerwG 2 WD 31.12
Disziplinarmaßnahme gegen einen Soldaten wegen Bestechlichkeit und Geheimnisverrat; Pfüfungspflichten eines Wehrdienstgerichtes bei vorheriger Verurteilung durch ein Strafgericht auf Grund eines bloßen inhaltsleeren Formalgeständnisses
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 16.01.2014
Referenz: JurionRS 2014, 14323
Aktenzeichen: BVerwG 2 WD 31.12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

TDiG Nord - 23.05.2012 - AZ: TDiG N 2 VL 11/11

Rechtsgrundlagen:

§ 19 S. 1 SG

§ 38 WDO

§ 84 Abs. 1 S. 2 WDO

§ 106 Abs. 1 WDO

Fundstellen:

JZ 2014, 369

NZWehrR 2015, 31-34

BVerwG, 16.01.2014 - BVerwG 2 WD 31.12

Amtlicher Leitsatz:

  1. 1.

    Beruhen die tatsächlichen Feststellungen eines sachgleichen rechtskräftigen Strafurteils auf einem inhaltsleeren Formalgeständnis, dessen Vereinbarkeit mit dem Ermittlungsergebnis das Strafgericht nicht geprüft hat, hat ein Wehrdienstgericht Anlass, nach § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO die nochmalige Prüfung der Feststellungen zu beschließen.

  2. 2.

    Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist bei einer Vorteilsannahme jedenfalls dann die Höchstmaßnahme, wenn ein Stabsoffizier und Dezernatsleiter einen fünfstelligen Euro-Betrag annimmt.

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren
g e g e n
Herrn Oberstleutnant a.D. ...,
...,
...,
zuletzt: ...,
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 16. Januar 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister, Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt, ehrenamtlicher Richter Oberst i.G. Kretzer und ehrenamtlicher Richter Oberfeldarzt Flemming,
Leitender Regierungsdirektor ...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt ... als Verteidiger,
Hauptsekretärin ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des früheren Soldaten gegen das Urteil der 2. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 23. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Der frühere Soldat trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen.

Gründe

I

1

Der 1948 geborene frühere Soldat trat 1968 den Dienst in der Bundeswehr als Offizieranwärter an. Er wurde 1971 in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten berufen. Zuletzt wurde er 1994 zum Oberstleutnant befördert und Anfang 2000 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seine Dienstzeit endete zum 30. September 2006.

2

Der frühere Soldat war nach zahlreichen Verwendungen ab Mai 2001 beim A als Dezernatsleiter ..., eingesetzt. In dieser Funktion war er - in Zusammenarbeit mit dem Einsatzunterstützungskommando - mitverantwortlich für das Erstellen von Leistungsbeschreibungen für Lufttransporte, auf deren Basis das Bundesamt für Wehrverwaltung (BAWV) die benötigten Leistungen ausschrieb und die entsprechenden Verträge mit Speditionsfirmen schloss. Ab Oktober 2002 übernahm das Logistikzentrum der Bundeswehr diese Aufgabe des vom früheren Soldaten geleiteten Dezernats.

3

Mit Verfügung des Befehlshabers A vom 20. Dezember 2004 wurde der frühere Soldat wegen des streitgegenständlichen Sachverhalts ab dem 23. Dezember 2004 bis zu seinem Dienstzeitende vorläufig des Dienstes enthoben. Ab dem 1. Februar 2005 wurde die Hälfte seiner Dienstbezüge einbehalten; die Einbehaltung eines Teils der Versorgungsbezüge wurde nicht angeordnet.

4

Die Leistungen des früheren Soldaten wurden in der letzten planmäßigen Beurteilung vom 22. August 2001 viermal mit der seinerzeit höchsten Wertungsstufe "7", einmal mit der Wertungsstufe "5" und im Übrigen mit der Wertungsstufe "6" bewertet. Ergänzend ist im Wesentlichen ausgeführt, der Soldat setze sich beispielhaft und überaus erfolgreich für die Erreichung gesetzter Ziele ein, gebe auch bei wachsenden Widerständen nicht auf und erreiche mit Tatkraft, Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit stets herausragende Ergebnisse. Seine stark ausgeprägte Expertise führe insbesondere bei der Planung von Verlegeoperationen zu allseitiger Anerkennung. Der Soldat überzeuge durch eine konstruktive, selbstständige und vorausschauende Aufgabenwahrnehmung. Er habe neben seiner unmittelbaren Zuständigkeit auch in "ad hoc"-Arbeitsgruppen beispielhaft und mit hohem zeitlichen Aufwand mitgewirkt. Unermüdlicher Fleiß und kreative Ideen seien seine herausragenden Merkmale. In der Eignungsund Befähigungsbeurteilung erhielt der frühere Soldat für das Merkmal "Verantwortungsbewusstsein" die höchste Wertung "E". Dazu heißt es, der Soldat sei ein Stabsoffizier mit sehr stark ausgeprägtem Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein sowie beispielhafter Loyalität. Er nehme seinen Aufgabenbereich eigenständig und professionell wahr, biete sich über den unmittelbaren Zuständigkeitsbereich hinaus in wohltuender Weise an und fühle sich für den Gesamtauftrag verantwortlich. Die weiteren Merkmale wurden mit "D" bewertet. Der Soldat sei ein selbstbewusster, tatkräftiger, durchsetzungsfähiger und ehrgeiziger Stabsoffizier. Seine erkennbare Freude an der beruflichen AufgabensteIlung strahle auf sein gesamtes Umfeld aus und wirke auf Mitarbeiter motivierend. Seine Expertise solle zukünftig durch herausgehobene Verwendungen auf der A 16-Ebene oder einem Dienstposten des Generalstabsdienstes gefördert werden.

5

Der nächsthöhere Vorgesetzte des früheren Soldaten und seinerzeitige Abteilungsleiter der Abteilung ... im A, Brigadegeneral a.D. Schw., hat dessen Förderungswürdigkeit mit der zweithöchsten Stufe "D" festgesetzt und hervorgehoben, der Soldat verstehe es durch sein ausgezeichnetes Planungsverhalten und sein hervorragendes organisatorisches Können in ganz außergewöhnlichem Maße, seine Mitarbeiter zu sehr guten Leistungen anzuhalten. Er schätze dessen Fähigkeiten als Verhandlungsführer und guter Motivator. Vor dem Truppendienstgericht hat der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. ergänzend ausgeführt, der frühere Soldat habe seinen Zuständigkeitsbereich perfekt beherrscht. Er sei hoch motiviert und aufgrund seiner Leistungen auch für eine Verwendung als Leiter der Abteilung "Verkehr- und Transport" geeignet gewesen. Allerdings hätte er vor Übernahme dieser Funktion an seinem Führungsverhalten arbeiten müssen. In der Berufungshauptverhandlung hat der Zeuge erläutert, der frühere Soldat sei ein Offizier gewesen, der auch kantige Seiten gehabt habe und gut habe verhandeln können. Es sei allerdings nicht immer einfach mit ihm gewesen. Auch wenn er selbst ein gutes Verhältnis zu ihm gehabt habe, habe er sich in Gespräche des früheren Soldaten mit anderen Institutionen gelegentlich einschalten müssen; dies habe auch das BAWV betroffen.

6

Dem früheren Soldaten wurden vier förmliche Anerkennungen erteilt. Die letzte erhielt er im April 2002 für sein beispielhaftes Engagement und seine außergewöhnliche Einsatzbereitschaft im Zusammenhang mit der in den streitbefangenen Zeitraum fallenden Planung und Sicherstellung des Deutschen Anteils am Lufttransport für Afghanistan. Nach der Auskunft aus dem Zentralregister vom 12. September 2013 ist der frühere Soldat, von der sachgleichen Verurteilung wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Geheimnisverrat und Geheimnisverrat in zwei Fällen abgesehen, strafrechtlich nicht vorbelastet.

7

Der verheiratete frühere Soldat erhält nach dem Stand September 2013 ein monatliches Ruhegehalt von 4 327,50 EUR brutto und 3 681,01 EUR netto. Seine erwachsenen Kinder sind finanziell unabhängig. Neben einem Einfamilienhaus in M. (Wohnsitz) und einem vermieteten Reihenhaus in S., deren Eigentümer er jeweils zur Hälfte ist, ist er Alleineigentümer eines Apartmenthauses auf Rügen ("..."). Sein Jahresgesamteinkommen beziffert er mit ca. 100 000 EUR netto. Die monatliche Belastung für die Finanzierung des Apartmenthauses liegt bei ca. 8 500 EUR.

II

8

1. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts ... (Strafgericht) vom 19. Oktober 2007 (Strafurteil) wurde der frühere Soldat wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Geheimnisverrat und Geheimnisverrat in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die von der Staatsanwaltschaft gegen das Strafurteil eingelegte Berufung wurde zurückgenommen. Der Zeuge Schm. wurde 2006 wegen Bestechung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

9

Vor der Verkündung des Strafurteils in der Hauptverhandlung am 19. Oktober 2007 hatten am 8. Dezember 2006 und am 27. Juni 2007 Hauptverhandlungen stattgefunden. Zu keiner der Hauptverhandlungen, in der der frühere Soldat von einem anderen Rechtsanwalt verteidigt worden war, waren Zeugen geladen worden, obwohl die Anklageschrift als Beweismittel 19 Zeugen benannt hatte. Im Protokoll zur Verhandlung vom 8. Dezember 2006 ist vermerkt, dass sich alle Verfahrensbeteiligten vor Verlesung der Anklageschrift zu einem Rechtsgespräch zurückgezogen hätten. Vor dem Vertagungsbeschluss ist die Feststellung, dass die Sache nicht zu Ende verhandelt werden könne, protokolliert. Im Protokoll zur Verhandlung vom 27. Juni 2007 findet sich vor einem weiteren Vertagungsbeschluss die Feststellung, dass die Akte noch beim Rentenamt sei.

10

Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung am 19. Oktober 2007 erklärte der Verteidiger des früheren Soldaten unter anderem, dass "der Anklage nicht entgegentreten werde". Die Anklagevorwürfe seien "voll umfänglich zutreffend". Sein Mandant habe einen Fehler gemacht, indem er 25 056 EUR angenommen habe; weitere ihm angelastete Beträge habe er aber zurückgewiesen. Das Gericht wies in der Sitzung darauf hin, dass eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Geheimnisverrat in Betracht komme, und stellte das Verfahren hinsichtlich des Anklagepunktes 4 ein. Zu einer förmlichen Beweisaufnahme kam es nicht. Der frühere Soldat erklärte abschließend, sich den Ausführungen seines Verteidigers anzuschließen.

11

In den Urteilsgründen, die wörtlich den in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ... (vom 8. November 2006) enthaltenen Formulierungen von den dem früheren Soldaten zur Last gelegten Taten entsprechen und sich auch zum Anklagepunkt 4 verhalten, heißt es ausschließlich, die tatsächlichen Feststellungen beruhten auf der umfänglichen geständigen Einlassung des früheren Soldaten. Hinsichtlich der Strafzumessung sei es deshalb vertretbar, bei der Bestechlichkeit die Mindeststrafe von 6 Monaten um lediglich 2 Monate zu erhöhen, weil der frühere Soldat dem Gericht durch sein Geständnis eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart habe.

12

Im Rahmen einer richterlichen Vernehmung nach einer Festnahme des früheren Soldaten im Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit hatte dieser bereits am 16. Dezember 2004 erklärt:

"Es ist richtig, dass ich die 25.000 Euro um die es hier geht von der Firma A. erhalten habe. Hintergrund dieser Zahlung war nicht die Bezahlung eines Mietzinses für Appartements auf Rügen. Die diesbezüglichen Verträge die man bei mir in der Küche gefunden hat, stimmen so nicht. Entgegen den Inhalt dieser Verträge war nie beabsichtigt das Mitarbeiter der Firma A. ein Appartement auf Rügen beziehen sollen. Mehr Geld als diese 25.000 Euro habe ich von der Firma A. nicht im Besitz. Es ist zwar versucht worden mir noch zweimal diese Summe zu überweisen, das habe ich aber zurück überwiesen. Das wollte ich nicht haben. Weder ich noch meine Frau, noch meine Kinder haben von der Firma A. bzw. der Firma M. oder einer Tochter oder Schwestergesellschaft der beiden weiteres Geld erhalten."

13

2. Der frühere Soldat wurde vor Einleitung des disziplinargerichtlichen Verfahrens am 17. Dezember 2004 angehört. Die Niederschrift über die Anhörung enthält den Hinweis, dass der frühere Soldat der Anhörung der Vertrauensperson widersprochen habe. Abschließendes Gehör wurde durch die Wehrdisziplinaranwaltschaft in der Form von Gelegenheit zu schriftlichen Stellungnahmen gewährt, die der Soldat mehrfach nutzte.

14

3. In dem durch den Befehlshaber A durch Verfügung vom 20. Dezember 2004 eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren legte die Wehrdisziplinaranwalt-

schaft in der dem früheren Soldaten am 7. März 2011 zugestellten Anschuldigungsschrift vom 28. Februar 2011 folgendes Dienstvergehen zur Last:

"1.

a) Der frühere Soldat übersandte dem Zeugen Schm. (damals Geschäftsführer des Speditionsunternehmens Firma M. [im weiteren nur: Firma M.]) am oder unmittelbar vor dem 18.01.2002 vorsätzlich den Entwurf seiner Bedarfsanforderung für den Auftrag ... (Stichworte: Bereitstellung von 10 Transportflügen mit Flugzeugen des Typs ... von ... nach ... im Zuge der Durchführung des Auslandseinsatzes 'Beteiligung der Bundeswehr an ISAF [International Security Assistance Force]' und 'Enduring Freedom [EF]'), der vom Zeugen Schm. überarbeitet wurde, mit der Folge, dass dessen Vorgaben zu den Ziffern 2. und 3. der 'Erläuterungen zum Leistungsinhalt' übernommen und zum Gegenstand der nachfolgenden Ausschreibung des Auftrags durch das Bundesamt für Wehrverwaltung (BAWV) gemacht wurden.

hilfsweise:

Nach Erhalt der Leistungsbeschreibung für den Auftrag ... des BAWV (Stichworte: Bereitstellung von 10 Transportflügen mit Flugzeugen des Typs ... von ... nach ... im Zuge der Durchführung des Auslandseinsatzes 'Beteiligung der Bundeswehr an ISAF und EF') - spätestens aufgrund der Übersendung per Fax am 18.01.2002 -11:12 Uhr durch das BAWV an die Firma M. -, wurde diese in den Ziffern 1. sowie 4. bis 6. der 'Erläuterungen zum Leistungsinhalt' vom Zeugen Schm. (damals Geschäftsführer des Speditionsunternehmens Firma M.) für 'ok' sowie in den Ziffern 2. und 3. für änderungswürdig befunden. Die vom Zeugen Schm. oder einem anderen Angehörigen der Firma M. auf nicht näher feststellbare Weise sodann an den früheren Soldaten herangetragenen, aus der Sicht des Zeugen Schm. im Interesse seines Unternehmens für änderungswürdig befundenen Passagen wurden seitens des früheren Soldaten vorsätzlich bei der von ihm als Dezernatsleiter A zu verantwortenden Bedarfsforderung des A gegenüber dem BAWV zum nachfolgenden weiteren Auftrag ... (Stichworte: bis zu 78 Flüge mit ... oder bis zu 160 Flüge mit ... im Zeitraum 23./24.01. bis 01.04.2002 für die Strecke ... oder ... und bei Bedarf retour) eingebracht, an das BAWV mit Fax vom 18.01.2002 - 22:59 Uhr übersandt (Absenderkennung: A) und durch das BAWV bei der Ausschreibung des Auftrags ... vom 21.01.2002 unter 'Leistungsbeschreibung' bzw. Ziffer 2. der 'Erläuterungen zum Leistungsinhalt' mitberücksichtigt. Mit seinem Verhalten eröffnete der frühere Soldat der Firma M. in Person des Zeugen Schm. vorsätzlich die Möglichkeit, in wettbewerbswidriger Weise auf die von ihm zu verantwortende Bedarfsforderung des A gegenüber dem BAWV und damit auf das Vergabeverfahren Einfluss zu nehmen.

b) Den als Verschlusssache (VS) 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuften Befehl des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr (EinsFüKdoBw) vom 18.01.2002 betreffend die Folgeverlegung von Truppen nach Afghanistan übermittelte der frühere Soldat noch am selben Tag per Telefax an die private Telefax-Nummer des Zeugen Schm. Die von dem Zeugen Schm. vertretene Firma M. war an den nachfolgenden Ausschreibungen des BAWV als Bieter beteiligt. Der frühere Soldat verschaffte der Firma M. durch sein Vorgehen Wettbewerbsvorteile zumindest in Form von Informationsvorsprüngen.

hilfsweise:

Der frühere Soldat übermittelte vorsätzlich eigenmächtig am 19.01.2002 - 13:02 Uhr per Telefax vom Faxgerät seines Dezernats

- aus (Absenderkennung: A) dem Zeugen Schm. (private Telefax-Nummer: ...) den als Verschlusssache 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuften Entwurf des Befehls des EinsFüKdoBw 'Befehl für die Folgeverlegung EinsKtgt AFG im Rahmen einer, International Security Assistance Force' in AFG (ISAF)' vom 18.01.2002 - in dem Art und Umfang des anstehenden Transportbedarfs detailliert dargestellt werden - bzw. ließ diesen vorsätzlich eigenmächtig übermitteln. Der frühere Soldat verschaffte damit der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu einem dienstinternen Dokument. Die Firma M. erlangte so als potentieller Bieter/Auftragnehmer für die im Weiteren zu vergebenden Lufttransportleistungen jedenfalls einen Informationsvorsprung gegenüber Mitbewerbern.

2. Der frühere Soldat kam im Laufe des Februar 2002 mit dem Zeugen Schm. überein, sich gegen Zahlung von Geld - getarnt als Mietzins für die Nutzung zweier im Eigentum des früheren Soldaten befindlicher Ferienappartements auf der Insel Rügen - für die Belange der Firma M. als potentiellem Auftragnehmer von durch die Bundeswehr zu vergebenden Aufträgen auf den Geschäftsfeldern der Firma M. so einzusetzen, dass der Firma M. hieraus Vorteile - zumindest in Form von Informationsvorsprüngen - gegenüber möglichen Wettbewerbern erwachsen sollten, und erhielt hierfür - veranlasst durch den Zeugen Schm. -einen Betrag in Höhe von EUR 25.056,-- auf sein Girokonto bei der ... Bank (Kontonummer: ...) überwiesen und am 24.05.2002 gutgeschrieben. In Erfüllung dieser Übereinkunft verhielt sich der frühere Soldat wie unter den nachfolgenden Ziffern 3. und 4. angeschuldigt.

hilfsweise:

Im Februar 2002 kamen der frühere Soldat und der Zeuge Schm. überein, dass der frühere Soldat vom Zeugen Schm. einen Geldbetrag - getarnt als Mietzins für die Nutzung zweier im Eigentum des früheren Soldaten befindlicher Ferienappartements auf der Insel Rügen - erhalten sollte. Der Zeuge Schm. verband mit der avisierten Zahlung tatsächlich allein die Erwartung, dass der frühere Soldat durch seine weitere Dienstausübung der Firma M. als potentiellem Auftragnehmer von durch die Bundeswehr zu vergebenden Aufträgen auf den Geschäftsfeldern der Firma M. Vorteile - zumindest in Form von Informationsvorsprüngen gegenüber möglichen Wettbewerbern verschaffen würde. Eine Nutzung der Ferienappartements war für den Zeugen Schm. zu keinem Zeitpunkt der Beweggrund für die später getätigte Zahlung. Dem früheren Soldaten war bewusst, dass die avisierte Zahlung - selbst wenn nicht ausschließlich, dann gleichwohl entscheidend -aufgrund der vorgenannten Erwartung erfolgen sollte. Er verhielt sich hiernach wie unter den nachfolgenden Ziffern 3. und 4. angeschuldigt und erhielt im Weiteren - veranlasst durch den Zeugen Schm. in Erfüllung der Übereinkunft - einen Betrag in Höhe von EUR 25.056,-- auf sein Girokonto bei der ... Bank (Kontonummer: ...) überwiesen und am 24.05.2002 gutgeschrieben. Der frühere Soldat nahm die Zahlung - mangels Remonstration/Rücküberweisung -zumindest konkludent an.

3.

a) Der frühere Soldat übersandte bereits am 13.03.2002 per Telefax vorsätzlich dem Zeugen Schm. die Entwürfe der Leistungsbeschreibungen für die beiden Lose des späteren Transportauftrags ... des BAWV (Stichworte Los 1: bis zu zehn Flüge pro Woche mit ... von ... nach ... und retour // Stichworte Los 2: bis zu zehn Flüge pro Woche mit ... von ... nach ... und retour - beide Lose ab spätestens 01.04.2002 für zunächst sechs Monate), wohingegen die Mitbewerber von diesem Auftrag erst über die Ausschreibung durch das BAWV am 19.03.2002 erfuhren.

hilfsweise:

Der frühere Soldat ließ der Firma M. auf nicht näher feststellbare Weise vorsätzlich eigenmächtig zwischen dem 11.03.2002 und vor dem 19.03.2002 eine(n) ihn als Bearbeiter ausweisende(n), vom A an das EinsFüKdoBw gerichtete(n) 'Begleitzettel/Kurzmitteilung' vom 11.03.2002 inklusive in den Anlagen 1 und 2 gemachter Vorschläge für Leistungsbeschreibungen für weitere Lufttransportleistungen für ISAF - die später in die Leistungsbeschreibungen für die beiden Lose des am 19.03.2002 ausgeschriebenen Auftrags ... des BAWV mündeten (Stichworte Los

1: bis zu zehn Flüge pro Woche mit ... von ... nach ... und retour // Stichworte Los 2: bis zu zehn Flüge pro Woche mit ... von ... nach ... und retour - beide Lose ab spätestens 01.04.2002 für zunächst sechs Monate) - zukommen und verschaffte so der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu dienstinternen Dokumenten. Die Firma M. erlangte so zumindest einen Informationsvorsprung gegenüber potentiellen Wettbewerbern.

b) Er übermittelte vorsätzlich eigenmächtig am 22.03.2002 - 19:18 Uhr per Telefax von seinem privaten Telefax-Anschluss an den Zeugen Schm. (private TelefaxNummer: ...) oder an die Firma M. ein den damals seinem Dezernat angehörenden Fregattenkapitän J. als Bearbeiter und Unterzeichner ausweisendes dienstinternes Schreiben (ohne Unterschrift) an das Vergabereferat des BAWV (BAWV ...) vom selben Tag betreffend die Vorbzw. Nachläufe von den Depots zum APOE (airport of embarkation) ... bzw. ließ dieses vorsätzlich eigenmächtig übersenden und verschaffte so der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu einem dienstinternen Dokument.

c) Er übersandte vorsätzlich eigenmächtig am 09.04.2002 ein von ihm gefertigtes als Verschlusssache 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuftes Schreiben des A an das EinsFüKdoBw vom selben Tag betreffend den Einsatz der Bundeswehr im Ausland (Vergabe von Transportleistungen - vertragliche Grundlagen/Leistungsabruf/Abrechnungsprobleme bei OEF) und einen Vermerk (Rechtliche Aspekte aus Sicht A) an den Zeugen Schm.

hilfsweise:

Er übersandte vorsätzlich eigenmächtig am 09.04.2002 -17:02 Uhr per Telefax vom Faxgerät seines Dezernats (Absenderkennung: A) ein ihn als Unterzeichner ausweisendes und als Verschlusssache 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuftes Schreiben des A an das EinsFüKdoBw vom 09.04.2002 betreffend den Einsatz der Bundeswehr im Ausland sowie einen ebenfalls als Verschlusssache 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuften Vermerk (Rechtliche Aspekte aus Sicht A) an die Firma M. (Telefax-Nummer: ...) bzw. ließ diese vorsätzlich eigenmächtig übersenden und verschaffte so der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu dienstinternen Dokumenten.

d) Er übersandte vorsätzlich eigenmächtig am 16.04.2002 - 17:42 Uhr per Telefax vom Faxgerät seines Dezernats (Absenderkennung: A) an die Firma M. (Telefax-Nummer: ...) u.a. eine von ihm unterzeichnete dienstliche 'Kurzmitteilung' des A an das EinsFüKdoBw ... vom 15.04.2002 betreffend die Sicherstellung der ISAF-Folgeversorgung -Destination Kabul, in der er ein diesbezügliches Angebot der Firma M. bewertet und eine Empfehlung gegenüber dem ... ausgesprochen hatte, bzw. ließ dieses vorsätzlich eigenmächtig übersenden und verschaffte so der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu einem dienstinternen Dokument.

4. Der frühere Soldat manipulierte Schriftverkehr zwischen der Firma M. und dem BAWV, indem er in Zusammenarbeit mit dem Zeugen Schm. und dem Zeugen H. - als Angehörigen der Firma M. - ein auf den 07.02.2002 datiertes Schreiben fingierte, nach dessen Inhalt eine Firma D. gegenüber der Firma M. über angeblich schlechte Erfahrungen mit der Fluglinie ... berichtete. Dieses Schreiben enthält eine von dem früheren Soldaten verfasste Passage, wonach die Firma D. gegenüber der Firma M. die Empfehlung ausspricht, '... für diese Operation nicht' anzubieten'. Dieses Schreiben ist anschließend von der Firma M. an die Bundeswehr als Beleg für die vermeintliche Unzuverlässigkeit der Firma ... weitergeleitet worden. Dem früheren Soldaten ging es hierbei darum, eine vermeintlich höhere Zuverlässigkeit der Fluglinie A. darzustellen und damit die Beschränkung in den Leistungsverzeichnissen auf den Subunternehmer A. zu rechtfertigen.

hilfsweise:

Am 06.08.2002 empfahl der frühere Soldat dem Zeugen H. (damals Angehöriger der Firma M.) zu einem ihm vom Zeugen H. gezeigten, auf den 07.02.2002 datierten Entwurfsschreiben, in dem unter dem Kopf der Firma M. an den Zeugen Schm. gerichtet zum 'Einsatz von ... bei Charteroperationen' negativ berichtet wird, das Entwurfsschreiben dahingehend zu ändern, dass ein Dritter als Absender sowie zumindest sinngemäß der Satz: 'Aufgrund dieses Sachverhalts haben wir uns dazu entschlossen, Ihnen ... für diese Operation nicht anzubieten.' eingefügt werden sollte."

15

4. Mit Urteil vom 23. Mai 2012 hat das Truppendienstgericht dem früheren Soldaten das Ruhegehalt aberkannt und die Gewährung des Unterhaltsbeitrags ausgeschlossen.

16

a) Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, es sehe sich an die strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen grundsätzlich gebunden. Dies gelte allerdings nicht hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 4, weil das Strafgericht das Verfahren insoweit eingestellt habe, und auch nicht hinsichtlich der Annahme in den Anschuldigungspunkten 1 a) und 1 b), die Übermittlung der Dokumente sei am oder vor dem 18. Januar 2002 erfolgt; insoweit handele es sich um einen offensichtlichen Fehler, sodass vom 19. Januar 2002 auszugehen sei. Außer zum Anschuldigungspunkt 4 fehle es auch hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 3 b) und 3 d) an bindenden strafgerichtlichen Feststellungen.

17

Hinsichtlich der sonstigen strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Lösungsbeschluss nicht vor. Es seien insbesondere keine offenkundigen Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen seien. Für die von dem früheren Soldaten behauptete rechtswidrige Urteilsabsprache ("Deal") ergäben sich weder aus den Urteilsgründen noch aus dem Protokoll Anhaltspunkte. Vor allem der Umstand, dass Staatsanwaltschaft und Verteidigung unterschiedliche Anträge gestellt und keinen Rechtsmittelverzicht erklärt hätten, spräche nicht dafür. Auch für ein sogenanntes "Formalgeständnis" ergäben sich keine Anhaltspunkte. Ein solches wäre grundsätzlich nur im Zusammenhang mit einem "Deal" sinnvoll. Vorliegend habe der frühere Soldat aber mangels eines "Deals" und wegen des Ziels der Staatsanwaltschaft, eine höhere Strafe zu erreichen, davon ausgehen müssen, dass das Urteil mit der Berufung angegriffen werde. Ebenso wenig ergäben sich aus dem Urteil und dem strafgerichtlichen Protokoll Hinweise, dass das Strafgericht seine Pflicht zur Würdigung der geständigen Einlassung verletzt habe. Es habe keinen Anlass gehabt, die Richtigkeit der Erklärung in Zweifel zu ziehen. Sie habe keinen plötzlichen Bruch in der Einlassung des früheren Soldaten dargestellt, sondern auf der Linie dessen gelegen, was er bereits am 16. Dezember 2004 vor dem Amtsgericht ... eingeräumt habe.

18

b) Auf der Grundlage der bindenden Tatsachenfeststellungen und im Übrigen der eigenen Beweiswürdigung stehe fest, dass der frühere Soldat vom Anschuldigungspunkt 3 d) freizustellen und hinsichtlich des sonstigen angeschuldigten Verhaltens bis auf den Anschuldigungspunkt 1 b), der von ihm in der Form des hilfsweise angeschuldigten Vorwurfs vorsätzlich verwirklicht worden sei, jeweils der vorsätzlichen Begehung der hauptsächlich angeschuldigten Vorwürfe überführt sei. Der frühere Soldat habe damit vorsätzlich gegen die Pflicht verstoßen, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen (§ 7 SG), über die ihm bei seiner dienstlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SG), keine Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit anzunehmen (§ 19 Satz 1 SG), und sich so zu verhalten, dass er dem Ansehen der Bundeswehr und der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Dienst als Soldat erfordere (§ 17 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative SG).

19

c) Das Dienstvergehen wiege außerordentlich schwer. Sein Schwerpunkt liege in der Entgegennahme der 25 056 EUR. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Beamter oder Soldat, der sich bestechen oder sich erhebliche Vorteile für eine Amtshandlung gewähren lasse, grundsätzlich die Höchstmaßnahme verwirkt habe. Erschwerend trete hinzu, dass der frühere Soldat als Gegenleistung für die Zahlung Dritte über dienstinterne Vorgänge unterrichtet habe. Milderungsgründe in der Tat lägen nicht vor. Der frühere Soldat habe insbesondere nicht aus einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage heraus gehandelt. Sein Verhalten stelle sich auch nicht als persönlichkeitsfremde Entgleisung eines ansonsten untadeligen Soldaten dar. Auch seine langjährig erbrachten, sehr guten dienstlichen Leistungen rechtfertigten nicht, von der Höchstmaßnahme abzusehen.

20

d) Der Gewährung eines Unterhaltsbeitrages bedürfe der frühere Soldat wirtschaftlich nicht.

21

5. Gegen das dem früheren Soldaten am 28. Juni 2012 zugestellte Urteil hat er am 16. Juli 2012 vollumfänglich Berufung einlegen und sie mit am Montag, dem 30. Juli 2012 beim Truppendienstgericht eingegangenen Schriftsatz im Wesentlichen wie folgt begründen lassen:

22

a) Das Truppendienstgericht hätte sich von den strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen in vollem Umfange lösen müssen. Die Urteilsgründe des Strafurteils enthielten keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite. Hinzu trete vor allem, dass das Strafgericht seine (sonstigen) Tatsachenfeststellungen auf die geständige Einlassung des früheren Soldaten gestützt habe, obwohl sie auf einem "gedealten" Geständnis beruhe. Soweit das Truppendienstgericht eine rechtswidrige Verständigung abgelehnt habe, sei dessen Deutung der scheinbar dagegen sprechenden Umstände sach- und lebensfremd. So hätte das Truppendienstgericht danach fragen müssen, warum schon in der ersten Verhandlung vor dem Strafgericht ein Rechtsgespräch geführt worden sei. Zusätzlich sei übersehen worden, dass zum Termin am 19. Oktober 2007 keine Zeugen geladen worden seien. Im Übrigen habe die Staatsanwaltschaft gegen das Strafurteil nur deshalb Berufung eingelegt, weil sich im Nachhinein neue Erkenntnisse ergeben hätten. Es sei zudem früher nicht unüblich gewesen, bei Urteilsabsprachen keinen Rechtsmittelverzicht zu erklären, um damit von ihnen abzulenken. Für eine rechtswidrige Urteilsabsprache spreche zudem, dass das Strafgericht in seine Urteilsgründe die Formulierungen der Anklageschrift wörtlich übernommen und Feststellungen zum Anklagepunkt 4 getroffen habe, obwohl insoweit das Verfahren eingestellt worden sei. Diese nachlässige Arbeitsweise erkläre sich nur mit der Erwartung des Strafgerichts, gegen das Urteil werde ohnehin kein Rechtsmittel eingelegt werden.

23

b) Ungeachtet formaler Mängel - so sei etwa der truppendienstgerichtliche Hinweis auf die Bindung an die sonstigen Feststellungen im Strafurteil zu pauschal - sei das erstinstanzliche Urteil auch aus anderen Gründen rechtsfehlerhaft. Zwar räume der frühere Soldat ein, dass die Übermittlung der Dokumente gemäß den Anschuldigungspunkten 3 a) und 3 b) durch ihn erfolgt sei. Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2013 erklärte er, bezüglich der Anschuldigungspunkte 1 a), 1 b) und 3 a - 3 c) die eigentlichen Tathandlungen nicht zu bestreiten.

24

c) Er habe aber schuldlos gehandelt. Das ergebe sich aus der Organisationsstruktur, der Aufgabenverteilung zwischen Bundesverteidigungsministerium (BMVg), Einsatzführungskommando (EinsFüKdo) und A, seinem ohne Entscheidungskompetenzen und erst auf der 5. (Durchführungs-)Ebene angesiedelten Verantwortungsbereich, dem zu einer engen Zusammenarbeit verpflichtenden Rahmenvertrag "Lufttransport" (aus dem Jahr 2000) sowie aus dem Verhalten seiner Vorgesetzten, die sein Verhalten gebilligt und damit gerechtfertigt hätten. Soweit es die Entgegennahme der 25 056 EUR betreffe, fehle es vor allem deshalb an einem schuldhaften Verhalten, weil es sich dabei um eine Mietzinszahlung für die Vermietung von zwei Apartments in der "..." ohne dienstlichen Zusammenhang gehandelt habe. Darüber hinaus sei die erstinstanzlich verhängte Disziplinarmaßnahme auch unverhältnismäßig.

III

25

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, ihre Förmlichkeiten sind gewahrt (§ 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 WDO).

26

2. Sie ist jedoch unbegründet.

27

Das Rechtsmittel ist in vollem Umfang eingelegt worden. Der Senat hat daher auf der Grundlage eines fehlerfrei durchgeführten Verfahrens im Rahmen der Anschuldigung (a) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen (b), sie rechtlich zu würdigen (c) und unter Zugrundelegung der in § 38 WDO festgelegten Bemessungsfaktoren die angemessene Disziplinarmaßnahme zu verhängen (d) sowie über einen Unterhaltsbeitrag zu befinden (e).

28

a) Die Anschuldigungsschrift ist für eine effektive Verteidigung hinreichend bestimmt. Der Senat interpretiert den Anschuldigungspunkt 2 trotz seines Satzes 2 nicht so, dass er Feststellungen nach den Anschuldigungspunkten 3 und 4 voraussetzt. Vielmehr ist eine Pflichtverletzung in der strafrechtlichen Form der Vorteilsannahme von Anschuldigungspunkt 2 erfasst und dieser ist nicht nur dann erfüllt, wenn sich die Unrechtsvereinbarung entsprechend den strafrechtlichen Anforderungen an Bestechlichkeit konkret auf rechtswidriges Tun entsprechend der Vorwürfe nach den Anschuldigungspunkten 3 und 4 bezieht.

29

b) Gemäß § 123 Satz 3 in Verbindung mit § 106 Abs. 1 WDO hat auch das Berufungsgericht im Falle einer uneingeschränkt eingelegten Berufung zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Diese Aufklärungspflicht wird jedoch durch § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO eingeschränkt (vgl. Beschluss vom 15. März 2013 - BVerwG 2 B 22.12 - NVwZ-RR 2013, 557 <558>; zur Reichweite: Beschluss vom 27. März 2012 - BVerwG 2 WD 16.11 - Buchholz 450.2 § 84 WDO 2002 Nr. 6 = NZWehrr 2012, 254 = [...] Rn. 19). Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Wehrdienstgericht grundsätzlich bindend. Etwas anderes gilt jedoch gem. § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO dann, wenn das Wehrdienstgericht die nochmalige Prüfung solcher strafgerichtlichen Feststellungen beschließt, deren Richtigkeit es bezweifelt. Ein solcher Fall liegt hier vor.

30

aa) Die Lösung von den tatsächlichen Feststellungen eines sachgleichen rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteils ist auf Fälle beschränkt, in denen das Wehrdienstgericht sonst gezwungen wäre, auf der Grundlage offenkundig unzureichender oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden. Die Wehrdienstgerichte sind nach ihrer Zuständigkeit und Funktion keine Überprüfungsinstanz für Strafurteile. Für einen Lösungsbeschluss ausreichende Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen bestehen dann, wenn die strafgerichtlichen Feststellungen in sich widersprüchlich oder sonst unschlüssig sind, im Widerspruch zu den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen oder aus vergleichbar gewichtigen Gründen offenkundig unzureichend sind.

31

Offenkundig unzureichend sind strafgerichtliche Feststellungen, wenn sie in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Dies kann der Fall sein, wenn der Soldat geltend macht, dem strafgerichtlichen Urteil liege ein "Deal" zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, der den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine Verfahrensabsprache nicht genüge (Urteil vom 14. März 2007 - BVerwG 2 WD 3.06 - BVerwGE 128, 189 <191> = NZWehrr 2007, 212 <213>; vgl. zum Deal allgemein: BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 - NJW 2013, 1058 ff. [BVerfG 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10][BVerfG 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10] sowie nachfolgend BGH, Urteile vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12 - NJW 2013, 3046 ff. [BGH 10.07.2013 - 2 StR 195/12] sowie 2 StR 47/13, NJW 2013, 3045 [BGH 10.07.2013 - 2 StR 47/13]) oder ein Formalgeständnis zugrunde (Beschluss vom 1. März 2013 - BVerwG 2 B 78.12 - NVwZ-RR 2013, 559 ff.). Dabei kommt ein Lösungsbeschluss nur in Betracht, wenn sich die Zweifel an der Richtigkeit aus dem Urteil selbst oder in Verbindung mit dem Protokoll der Hauptverhandlung ergeben (vgl. Urteile vom 7. Februar 2013 - BVerwG 2 WD 36.12 - Rn. 29 m.w.N. und vom 15. März 2013 - BVerwG 2 WD 15.11 - Rn. 24 m.w.N). Hiernach war vorliegend ein Lösungsbeschluss geboten.

32

Das Strafgericht hat vorliegend wesentliche Verfahrensvorschriften offenkundig verletzt, weil es seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten allein auf ein inhaltsleeres Formalgeständnis gestützt und nicht geprüft hat, ob dieses mit dem Ermittlungsergebnis zu vereinbaren, in sich stimmig ist und die getroffenen Feststellungen trägt.

33

Ein inhaltsleeres Formalgeständnis liegt vor, wenn die selbstbelastende Einlassung nicht wenigstens so konkret ist, dass geprüft werden kann, ob sie derart im Einklang mit der Aktenlage steht, dass sich hiernach keine weitergehende Sachaufklärung aufdrängt (BGH, Beschluss vom 3. März 2005 - GSSt 1/04 -BGHSt 50, 40 = [...] Rn. 42). Hiernach ist ein inhaltsleeres Formalgeständnis jedenfalls dann anzunehmen, wenn es nicht über eine formelhafte Wiederholung von Rudimenten des Anklagesatzes hinausgeht und nur pauschal dessen Richtigkeit zugesteht.

So liegt der Fall hier: Das Strafgericht hat seine Tatsachenfeststellungen auf die Erklärung des seinerzeitigen Verteidigers des früheren Soldaten gestützt, der Anklage werde "nicht entgegengetreten". Die Anklagevorwürfe "seien voll umfänglich zutreffend". Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Verteidiger des Weiteren vorgetragen, "dass sein Mandant einen Fehler gemacht (habe), indem er den hier in Rede stehenden Betrag angenommen habe (25.056 EUR)". Selbst wenn man Bedenken, ob damit überhaupt eine eigenständige Aussage des früheren Soldaten vorliegt, angesichts seiner abschließenden Erklärung, er schließe sich den Ausführungen seines Verteidigers an, in der Annahme einer dadurch nachträglich erteilten Genehmigung der Einlassung des Verteidigers zurückstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - 3 StR 176/05 - NStZ-RR 2005, 353; Stuckenberg in: Kleinknecht/Müller/Reitberger, Kommentar zur Strafprozessordnung (Stand: August 2013), § 261 Rn. 54 i.V.m. Rn. 51), fehlt es ihr weiterhin an Substanz. Dies ist offensichtlich, soweit sich die Erklärung des Verteidigers in der Aussage erschöpft, der Anklage werde nicht entgegengetreten; insoweit wird nicht einmal ein Geständnis im strafprozessualen Sinne vorgelegen haben (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 a.a.O. S. 1063 Rn. 70). Aber auch die Erklärung, die Anklagepunkte "seien voll umfänglich zutreffend" und der frühere Soldat habe durch die Annahme der 25 056 EUR einen Fehler gemacht, verleiht der geständigen Einlassung keinen originären Inhalt. Dies ist wiederum offensichtlich, soweit es die Anklagepunkte Dokumentenübermittlung betrifft, auf die völlig pauschal Bezug genommen wird; nichts anderes gilt aber auch für den Anklagepunkt, der die Entgegennahme des Geldes betrifft. Die schlichte Einlassung, durch die Annahme von 25 056 EUR einen Fehler gemacht zu haben, lässt insbesondere nicht ansatzweise Rückschlüsse auf den subjektiven Tatbestand, insbesondere auf eine Unrechtsvereinbarung zu.

34

Die Beschränkung der Beweiswürdigung auf den Hinweis auf das Geständnis genügt insbesondere dann nicht, wenn aufgrund der Komplexität und der zahlreichen Details des festgestellten Sachverhaltes Zweifel bestehen können, dass der Angeklagte an das Tatgeschehen eine auch in den Einzelheiten genügende Erinnerung hat (BGH, Beschluss vom 15. April 2013 - 3 StR 35/13 - [...] Rn. 7 m.w.N.).

Hier lag dem Strafverfahren eine inhaltsreiche Anklageschrift mit einer Vielzahl komplexer und sich über einen längeren Zeitraum hinziehender Tathandlungen zugrunde. Wegen dieser Komplexität der Vorwürfe genügt eine Beweiswürdigung, die - wie hier im Strafverfahren - allein auf eine pauschale geständige Einlassung gestützt wird, nicht den Mindestanforderungen an eine rechtsstaatlichen Grundsätzen genügende richterliche Überzeugungsbildung.

35

bb) Als Ergebnis der demnach vom Berufungsgericht durchzuführenden Beweiserhebung steht zur Überzeugung des Senats in tatsächlicher Hinsicht fest:

36

aaa) zum Anschuldigungspunkt 2:

37

α) Dem früheren Soldaten ist ausweislich der in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Unterlagen auf Veranlassung des Zeugen Schm., bei dem es sich um den Geschäftsführer der mit der Bundeswehr vertraglich verbundenen Firma M. handelt, auf seinem Konto ... bei der ... Bank am 24. Mai 2002 ein Betrag von 25 056 EUR gutgeschrieben worden. Dem früheren Soldat war die wirtschaftliche Urheberschaft der Zahlung auch bekannt.

38

Der frühere Soldat hat sich in der Berufungshauptverhandlung insoweit erneut geständig eingelassen. An der Richtigkeit dieser geständigen Einlassung bestehen keine Bedenken, da der frühere Soldat ausweislich des in die Berufungshauptverhandlung eingeführten, bei ihm im Rahmen der bei ihm im Strafverfahren durchgeführten Hausdurchsuchung beschlagnahmten E-Mail-Verkehrs zwischen einem Herrn K. und Herrn Schm. von der Transaktion und der wirtschaftlichen Urheberschaft wusste. Insbesondere der dortige, vom Zeugen Schm. in der Berufungshauptverhandlung als seine Handschrift und Paraphe bestätigte Zusatz auf dessen Fax vom 22. Mai 2002, 19:14, an den früheren Soldaten ("Lieber Herr ..., bedauere Verzögerung viele Grüße <Paraphe> Schm.") belegt, dass der frühere Soldat wusste, auf wessen Veranlassung ihm das als Absender die Firma A. ausweisende Geld bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zufloss.

39

β) Die 25 056 EUR sind dem früheren Soldaten nicht als Entgelt (Mietzins) für die Vermietung der in seinem Eigentum stehenden Appartements 8 und 10 in der Ferienanlage "..." an die Firma A. zugeflossen. Der frühere Soldat beruft sich insoweit zwar auf einen entsprechenden Mietvertrag, der durch die Vermittlung der Firma P. geschlossen worden sei; zur Überzeugung des Gerichts handelt es sich dabei jedoch um einen Scheinmietvertrag. Der Senat gründet seine Überzeugung auf eine Gesamtschau folgender Sachverhaltskomponenten:

40

Der frühere Soldat hat ausweislich seiner in die Berufungshauptverhandlung eingeführten richterlichen Vernehmung am 16. Dezember 2004 im strafgerichtlichen Ermittlungsverfahren dezidiert erklärt, Hintergrund für die Zahlung der 25 056 EUR sei nicht die Bezahlung eines Mietzinses für Appartements auf Rügen gewesen. Die bei ihm diesbezüglich gefundenen Verträge stimmten so nicht. Es sei nie beabsichtigt gewesen, dass Mitarbeiter der Firma A. ein Appartement beziehen sollten. Zwar hat der frühere Soldat diese richterlich protokollierte Aussage mit der Behauptung widerrufen, dass er sie seinerzeit angesichts des nahenden Weihnachtsfestes auf Anraten seines Rechtsanwalts abgegeben habe. Ob dem früheren Soldaten sein Verteidiger tatsächlich erklärt hat, er könne ein richterlich protokolliertes Geständnis durch eine einfache Erklärung später "wieder einfangen", mag dahingestellt bleiben; jedenfalls ist der Widerruf schon deshalb nicht plausibel, weil er ausweislich des ebenfalls in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Protokolls der Hauptverhandlung des Amtsgerichts ... vom 19. Oktober 2007 auch noch annähernd drei Jahre später und ohne sich der Gefahr einer Inhaftierung ausgesetzt zu sehen zumindest formal die Entgegennahme des Geldes erneut eingeräumt und als Fehler anerkannt hat. Soweit er auch dieses Verhalten auf ein entsprechendes Anraten seines Rechtsanwaltes stützt und erklärt, er habe in einer Verhandlung vor dem Strafgericht nichts Schlechtes über die Bundeswehr sagen, insbesondere nicht gegen einen so mächtigen Gegner antreten wollen, überzeugt dies den Senat nicht. Zum einen wiederholt sich damit ein bereits bekanntes Verteidigungsmuster ("Anraten des Verteidigers"); zum anderen befand sich der frühere Soldat im Jahre 2007 bereits im Ruhestand, sodass er durch die Bekanntgabe von für die Bundeswehr unangenehmen Umständen keine nachteiligen Auswirkungen im Dienst mehr zu befürchten gehabt hätte.

41

Darüber hinaus hat die in die Berufungshauptverhandlung eingeführte polizeiliche Asservatenauswertung des Polizeipräsidiums ... vom 14. Januar 2005 ergeben, dass zahlreiche im Zusammenhang mit der Anbahnung des (vermeintlichen) Mietvertrags stehende Schreiben (in das Jahr 2001) vordatiert wurden, um einen zeitlichen Bezug zur Dienstverrichtung des früheren Soldaten im Jahre 2002 zu verschleiern. Soweit er dem entgegenhält, die Speicherung der Schreiben im Jahr 2002 erkläre sich mit einem defekten Computer und deren Neuerstellung damit, dass er sie auch für das Finanzamt benötigt habe, nimmt dies der Auswertung nicht ihre Überzeugungskraft. Denn der Einwand des früheren Soldaten erklärt nicht, warum er für die Steuererklärung selbst augenscheinlich unwichtige Schreiben - wie angeblich die seines Vaters - wiederhergestellt hat. Die Ehefrau des früheren Soldaten schließlich hat zwar in der Berufungshauptverhandlung von einer defekten Festplatte berichtet, konnte sich an den Zeitpunkt jedoch nicht mehr erinnern, ebenso wenig wie daran, welche Unterlagen verlorengegangen seien. Da sie jedoch erklärte, sie habe wegen der Vermietung seinerzeit die Korrespondenz geführt, hätte es nahe gelegen, sich an einen Computerabsturz zu erinnern, wenn er es notwendig gemacht hätte, steuerlich relevante Dokumente wiederherzustellen. Unstimmig ist ferner, dass der frühere Soldat ein auf die Begründung eines Mietverhältnisses ausgerichtetes Schreiben aus dem Jahre 2001 wiederhergestellt haben will, obwohl sich ein in die Berufungshauptverhandlung eingeführtes Originalschreiben der P. (an den Vater des früheren Soldaten), mit dem sie sich nach Vermietungsobjekten erkundigt, erst vom 14. Februar 2002 datiert.

42

Fest steht des Weiteren, dass auch nach Aussage des früheren Soldaten und seiner in der Berufungshauptverhandlung als Zeugin vernommenen Ehefrau eine Nutzung der Appartements durch Angehörige der A. nicht stattgefunden hat. Darüber hinaus hat auch der Zeuge Schn. in der Berufungshauptverhandlung ausgeführt, ihm sei nicht bekannt, dass es im Jahre 2002 Dauermieter gegeben habe; dies hätte ihm gesagt werden müssen, weil er freie Appartements vor Ort vermieten durfte. Er könne sich auch nicht daran erinnern, dass die Appartements in den Jahren 2002/2003 für zwei Monate gesperrt gewesen seien. Soweit der frühere Soldat und dessen Ehefrau dem entgegenhalten, vertraglich sei es zulässig gewesen, die Appartements anderweitig zu vermieten, wenn sie von der A. nicht beansprucht würden, nimmt dies der gänzlich fehlenden Nutzung durch Angehörige der A. nicht die indizielle Bedeutung dafür, dass für den Zufluss der 25 056 EUR zu keinem Zeitpunkt eine Vermietung von Ferienwohnungen als Gegenleistung im Raum gestanden hat. Wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte es im Hinblick auf den erheblichen wirtschaftlichen Vorteil für die Eheleute nahegelegen, die in der Vereinbarung vorgesehene Verlängerungsoption zu nutzen. Warum dies nicht geschah, erschloss sich weder aus der Aussage des früheren Soldaten noch aus der seiner Ehefrau auch nur ansatzweise.

43

γ) Sowohl die Zahlung als auch die Entgegennahme der 25 056 EUR standen mit der dienstlichen Tätigkeit des früheren Soldaten in einem Zusammenhang der Gestalt, dass ein Klima allgemeinen Wohlwollens gegenüber der Firma M. im Rahmen der Amtsausübung geschaffen wurde. Sowohl der frühere Soldat als auch der Zeuge Schm. waren sich dessen bewusst.

44

Der frühere Soldat hat in der Berufungshauptverhandlung ausgesagt, ihm sei zwar bewusst gewesen, dass die Anweisung/Vermittlung durch Herrn Schm. erfolgt sei; nicht bewusst sei ihm allerdings eine Verbindung zwischen Geldzahlung und seinen dienstlichen Handlungen gewesen, er bestreite jede Verknüpfung zwischen der Geldzuwendung und seiner dienstlichen Tätigkeit. Zur Überzeugung des Senats handelt es sich dabei um eine Schutzbehauptung.

45

Da zwischen dem früheren Soldaten und dem Zeugen Schm. nach beider Aussage in der Berufungshauptverhandlung keinerlei private Beziehung bestand, die die Zuwendung des Geldes als freundschaftlichen Akt der Hilfeleistung erklären könnte, steht kein anderes Zuwendungsmotiv als der berufliche Kontakt zwischen beiden im Raum. Dem entspricht, dass der Zeuge Schm. in der Berufungshauptverhandlung trotz massiver Erinnerungslücken ausgesagt hat, es habe schon Dinge gegeben, die über die Dienstpflichten hinausgegangen seien.

46

Dass auch der frühere Soldat von einer unzulässigen Verknüpfung zwischen Dienstausübung und Entgegennahme des Geldes ausgegangen ist, wird daran deutlich, dass er durch die Erstellung eines fingierten Schriftverkehrs an der Vortäuschung eines Mietvertragsverhältnisses aktiv mitgewirkt und dabei nach eigener Einlassung in Kenntnis dessen gehandelt hat, dass der Geschäftsführer der den angeblichen Mietvertrag vermittelnden P. ebenfalls der Zeuge Schm. war, auf dessen Veranlassung ihm - wie ihm ebenfalls bekannt - der Geldbetrag zufloss.

47

Für eine Verknüpfung zwischen Geldzufluss und dienstlicher Tätigkeit spricht ferner, dass der frühere Soldat ausweislich des in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Aktenvermerks des Polizeipräsidiums ... vom 4./5. Oktober 2004 (einschließlich Anlage) und nach seiner in der Berufungshauptverhandlung, bereits aber auch anlässlich seiner richterlichen Vernehmung am 16. Dezember 2004 getätigten Aussage zwei weitere Zahlungen vom 20. November 2002 und 29. November 2002 am 25. November 2002 und am 5. Dezember 2002 jeweils rücküberwiesen hat. Dies erfolgte somit zu einem Zeitpunkt, zu dem er wegen des im Oktober 2002 erfolgten Übergangs der bislang seinem Dezernat obliegenden Aufgabe an das Logistikzentrum der Bundeswehr zur Firma M. sowie zu deren Geschäftsführer Schm. in keinem dienstlichen Kontakt mehr stand, der - jedenfalls aus der Warte des früheren Soldaten - weitere Zuwendungen "gerechtfertigt" hätte.

48

Dabei mag dahingestellt bleiben, ob der Zusammenhang zwischen Dienstausübung und Entgegennahme des Geldes zusätzlich durch die weitere Aussage des Zeugen Schm. bestätigt wird, der in der Berufungshauptverhandlung erklärt hat, keinen Anlass zu haben, an der Richtigkeit seiner - ihm in der Berufungshauptverhandlung vorgehaltenen - Aussage vom 20. Februar 2006 zu zweifeln; er hatte seinerzeit ausgesagt, der frühere Soldat habe zwei Überweisungen mit dem Bemerken zurückgehen lassen, er - der frühere Soldat - habe sich dieses Geld "nicht (Zusatz: mehr) verdient". Darüber hinaus hatte der Zeuge Schm. dort erklärt, aufgrund der Zahlung habe er von dem früheren Soldaten erwartet, dass die bisherige Zusammenarbeit auch in Zukunft entsprechend eng und vertraulich weitergeführt werde. Er habe insbesondere erwartet, dass der frühere Soldat Probleme im Sinne von der Firma M. lösen bzw. im Rahmen seiner Möglichkeiten Einfluss auf die Lösung solcher Probleme nehmen werde. Mit der Übersendung vertraulicher Unterlagen seien vom früheren Soldaten ebenfalls Erwartungen erfüllt worden, die er - der Zeuge - an die Leistung des Geldbetrages geknüpft habe. Aus seiner Sicht habe der frühere Soldat dies auch so verstanden.

49

δ) Auch ohne Zuständigkeit für die Ausschreibung und Vergabe konnte der frühere Soldat seine beschränkten Einflussmöglichkeiten vorteilhaft für die Firma M. nutzen.

50

Zwar traf die Entscheidung über die Vergabe der Aufträge an die Firma M. formal das BAWV; dies jedoch auf der Grundlage von Leistungsbeschreibungen, die das A nach den operativen Vorgaben des EinsFüKdo umgesetzt hatte. Dabei steht zum einen auf der Grundlage der Aussage des Zeugen Brigadegeneral a.D. Schw. fest, dass das BAWV - mangels militärfachlicher Expertise - von den Leistungsbeschreibungen des A faktisch nicht mehr abrückte: Gravierende Veränderungen durch das BAWV seien nicht erfolgt; in der praktischen Durchführung sei das Endprodukt in ihrer Abteilung gewesen, die inhaltlichen Vorgaben für das BAWV seien durch die Leistungsbeschreibungen gesetzt gewesen. Zum anderen folgt aus der Aussage des Zeugen Oberstleutnant S., dass die operativen Vorgaben des EinsFüKdo nicht bereits derart konkret waren, dass dem A bei ihrer Umsetzung kein Spielraum mehr verblieben wäre. Er hat ausgesagt, einen Spielraum habe es beispielsweise bei der Luftfrachtsicherheit gegeben.

51

Soweit es die Erstellung der Leistungsbeschreibungen innerhalb des A betrifft, steht als Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der frühere Soldat auf die Erstellung der Leistungsbeschreibungen durchaus Einfluss nehmen konnte, auch wenn ihm keine Letztentscheidungsbefugnis zustand und er nach seinen Angaben auf der 5. Durchführungsebene eingesetzt war. Der Zeuge Oberstleutnant S. hat dazu ausgesagt, selbstverständlich gebe es beim Erstellen einer Leistungsbeschreibung Spielräume. Zwar hat der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. ausgesagt, die Unterzeichnung der Leistungsbeschreibung sei nicht nur Sache der ... gewesen, es hätten mehrere darauf gesehen; allerdings hat er auch ausgeführt, er sehe, wenn auch geringe, Gestaltungsspielräume des früheren Soldaten; jeder habe Gestaltungsspielraum gehabt. Dem entspricht, dass auch der Zeuge Oberst a.D. K. ausgesagt hat, die Leistungsbeschreibung sei zwar kein alleiniges Produkt eines Soldaten oder eines Dezernats gewesen, jedoch habe der frühere Soldat im Rahmen seiner Fachexpertise bei der Erstellung der Leistungsbeschreibungen über Spielraum verfügt (wenn auch ohne direkte Auswirkungen auf die Auswahl). Es sei immer möglich gewesen, Kriterien in der Leistungsbeschreibung enger oder weiter zu fassen. Weichen hätten immer gestellt werden können. Damit rundet sich das Bild von einem Aufgabenbereich des früheren Soldaten ab, in dem dieser zwar nicht allein an der Erstellung einer Leistungsbeschreibung beteiligt war, ihm aber im Rahmen des Prozesses zur Herstellung der Leistungsbeschreibungen durchaus Einflussmöglichkeiten zustanden. Über die Einflussnahme auf den Inhalt von Leistungsbeschreibungen hinaus konnte der frühere Soldat der Firma M. frühzeitig Informationen verschaffen, die die Firma als Wettbewerbsvorteile oder zur Verbesserung ihrer Verhandlungsposition nutzen konnte.

52

bbb) zum Anschuldigungspunkt 3 a):

53

α) Auf der Grundlage der in der Berufungshauptverhandlung nun geständigen Einlassung des früheren Soldaten sowie des in die Berufungshauptverhandlung eingeführten E-Mail-Verkehrs zwischen dem Zeugen Schm. und seinem damaligen Mitarbeiter H. vom 12. bzw. 14. März 2002 steht fest, dass der frühere Soldat in diesem zeitlichen Zusammenhang, jedenfalls vor dem 19. März 2002, wissentlich und willentlich dem Zeugen Schm. den Entwurf einer Leistungsbeschreibung für den späteren Transportauftrag ... des BAWV übersandt hat, wohingegen die Mitbewerber von diesem Auftrag erst über die Ausschreibung durch das BAWV am 19. März 2002 erfuhren. An der Richtigkeit der geständigen Einlassung des früheren Soldaten zu zweifeln besteht kein Anlass, zumal sie mit den oben genannten Emails korrespondiert.

54

β) Des Weiteren steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Übermittlung weder durch eine vertragliche Regelung zwischen dem Bund und der Firma M. noch durch ein billigendes Verhalten von Vorgesetzten des früheren Soldaten abgedeckt war.

55

Soweit sich der frühere Soldat auf einen Rahmenvertrag aus dem Jahre 2000 stützt, bezieht er sich auf eine vertragliche Regelung mit dem Luftwaffenunterstützungskommando, die sich auf den Transport von Stückgut bezog, während es vorliegend - wie angeschuldigt und vom früheren Soldaten nicht in Zweifel gezogen - um Charterflüge ging. Dies folgt zum einen aus der in die Berufungshauptverhandlung eingeführten E-Mail vom 21. Januar 2002 (bzw. 17. Januar 2002) der Mitarbeiterin des BAWV U., der zu entnehmen ist, dass die damalige Zusammenarbeit mit der Firma M. jeglicher vertraglichen Grundlage deshalb entbehrt(e), weil der bestehende Rahmenvertrag lediglich eine Abrechnung nach den dort vereinbarten Stückgutpreisen zuließ, wozu die Firma M. seinerzeit aber nicht mehr bereit gewesen sei. Zum anderen aber auch aus gleichlautenden Zeugenaussagen: Der Zeuge Oberstleutnant S. konnte sich daran erinnern, dass der Rahmenvertrag auf Stückgut beschränkt war und er nur für die ersten zwei Flüge zugrunde gelegt worden sei. Auch der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. hat bestätigt, dass sich der Rahmenvertrag auf Stückguttransporte bezogen habe. Des Weiteren hat auch der Zeuge Oberst a.D. K. bestätigt, dass ein Rahmenvertrag zwischen M. und dem Luftwaffenunterstützungskommando bestand und dieser nur Stückgut betroffen habe. Von daher wäre der Vertrag bereits nicht einschlägig gewesen.

56

Ungeachtet dessen hätte er aber auch nicht das Verhalten des früheren Soldaten gerechtfertigt, der aus ihm die Übermittlung als im Rahmen der vertraglichen Zusammenarbeit erforderlich ableitet. Denn die Übermittlung des Entwurfs einer Leistungsbeschreibung für die Ausschreibung eines künftig erst zu vergebenden Auftrages an einen Mitbewerber vor den anderen Mitbewerbern kann nicht in einem bestehenden Vertrag mit einem Mitbewerber geregelt sein. Würde ein bestehender Vertrag den Auftrag abdecken, wäre eine Ausschreibung für den Abschluss eines neuen Vertrages mit dem günstigsten Bewerber überflüssig. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die öffentliche Hand mit einem Mitbewerber die Umgehung der elementaren Voraussetzungen des Vergaberechts zu Gunsten dieses Mitbewerbers und unter Verzerrung des Wettbewerbes durch eine exklusive Vorabinformation regeln würde. Soweit der frühere Soldat das Bestehen einer solchen Vertragsklausel behauptet, die nicht ermittelt werden konnte, stellt er eine Behauptung ins Blaue hinein auf, der der Senat nicht weiter nachgehen musste. Dem entspricht, dass der Zeuge Oberst a.D. K. ausgesagt hat, es habe etwa 5 oder 6 Unternehmen als Bewerber gegeben, jedenfalls mehr als ein Unternehmen. Dass der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung geäußert hat, ihm sei bis heute nicht klar, warum man die Ausschreibung habe abwarten sollen, weil doch klar gewesen sei, dass - wegen des präferierten Flugzeugtyps und damit der Fluggesellschaft - nur die Vergabe an die Firma M. in Frage komme, steht dem nicht entgegen. Die Äußerung belegt vielmehr, dass sich der frühere Soldat der rechtlichen Rahmenbedingungen durchaus bewusst, jedoch nicht bereit war, sie zu akzeptieren. Dem entspricht seine Aussage in der Berufungshauptverhandlung, es sei ihm darum gegangen, das Konzept des A dem BAWV gegenüber durchzusetzen, er habe die Firma M. nicht als Wettbewerber, sondern als Teammitglied gesehen.

57

Die Übersendung erklärt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass - wie von den Zeugen Oberstleutnant K. und Oberstleutnant S. angesprochen - noch im Vorfeld der Erstellung von Leistungsbeschreibungen der Markt danach abgefragt werden sollte, ob und in welcher Form die ausgeschriebene Leistung überhaupt erbringbar ist. Die Übersendung des Entwurfs der Leistungsbeschreibung erfolgte nur wenige Tage vor der Ausschreibung des BAWV vom 19. März 2002. Es musste sich deshalb zumindest um einen der Endfassung sehr nahe kommenden Entwurf handeln. Für die Annahme einer vorgeschalteten Marktabfrage war zu diesem Zeitpunkt kein Raum mehr.

58

Ebenso wenig erfolgte die Übersendung des Dokuments mit Billigung der dem früheren Soldaten Vorgesetzten. In diesem Sinne hat etwa der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. ausgeführt, es sei zwar nicht verwerflich, dass ein Entwurf vorab an die Firma M. gesandt würde; nicht üblich sei indes, einzelnen Wettbewerbern Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Gleich lautend hat der dem früheren Soldaten seinerzeit unmittelbar (fach-)vorgesetzte Zeuge Oberst a.D. K. zu dem streitgegenständlichen Schriftstück dezidiert ausgeführt, weder sei ihm dessen Übersendung bekannt noch habe es einer üblichen Verfahrensweise entsprochen, solche internen Schreiben an Dritte zu übermitteln. Der Zeuge Oberst a.D. B. hat ebenfalls ausgeführt, einem Anbieter das streitgegenständliche Schriftstück zur Kenntnis zu bringen, wäre eher ungewöhnlich. Ob eine derartige "Mitzeichnung" eines Anbieters korrekt bzw. legal wäre, könne man bezweifeln. Auch Oberstleutnant S. hat erklärt, er wisse keinen Grund dafür, warum eine fertige Leistungsbeschreibung an einen Dritten vorab übermittelt werden müsste. Die früheren Mitarbeiter im Dezernat des früheren Soldaten, die Zeugen Oberstleutnant Sch. und Oberstleutnant K., haben in Übereinstimmung damit ebenfalls erklärt, weder selbst Leistungsbeschreibungen vorab an zukünftige oder gegenwärtige Vertragspartner versendet zu haben noch von der Versendung durch andere Dezernatsmitarbeiter zu wissen. Dabei hat der Zeuge Oberstleutnant Sch. bestätigt, dass es nicht üblich gewesen sei, den Entwurf einer Leistungsbeschreibung an eine Firma zu geben.

59

ccc) zum Anschuldigungspunkt 3 b):

60

α) Auf der Grundlage der auch in der Berufungshauptverhandlung geständigen Einlassung des früheren Soldaten sowie des in die Berufungshauptverhandlung eingeführten streitgegenständlichen Dokuments steht fest, dass dieser wissentlich und willentlich am 22. März 2002 - 19:18 Uhr per Telefax von seinem privaten Telefax-Anschluss an den Zeugen Schm. (private Telefax-Nummer: ...) oder an die Firma M. ein den damals seinem Dezernat angehörenden Fregattenkapitän J. als Bearbeiter und Unterzeichner ausweisendes dienstinternes Schreiben (ohne Unterschrift) an das Vergabereferat des BAWV (...) vom selben Tag betreffend die Vor- bzw. Nachläufe von den Depots zum APOE (airport of embarkation) ... übermittelte und dadurch der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu einem dienstinternen Dokument verschaffte. An der Richtigkeit der geständigen Einlassung des früheren Soldaten zu zweifeln besteht kein Anlass, weil das fragliche Schreiben bei der Durchsuchung der Räume der Firma M. während des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sichergestellt worden war und eine Faxkennung des privaten Anschlusses des früheren Soldaten aufwies.

61

β) Zur Überzeugung des Senats steht entgegen den Erklärungen des früheren Soldaten fest, dass die Übermittlung weder durch eine vertragliche Reglung zwischen dem Bund und der Firma M. noch durch ein billigendes Verhalten von Vorgesetzten des früheren Soldaten gedeckt und sich der frühere Soldat dessen auch bewusst war.

62

Das Schreiben vom 22. März 2002 enthält keine Informationen, die die Firma M. gebraucht hätte, um einen bestehenden Auftrag umzusetzen. Nicht ersichtlich ist insbesondere, warum - so der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung - die Firma M. einen gleichen Informationsstand hätte haben müssen wie die Dienststellen der Bundeswehr. Das Schreiben enthielt zudem unter Ziffer 5 den Hinweis auf die "Möglichkeit der Nachverhandlung" mit der Firma M. wegen unklarer Rechnungsstellungen und es oblag nicht dem früheren Soldaten, der Firma M. vorab mitzuteilen, dass sie sich auf Forderungen einer anderen Dienststelle des Bundes vorbereiten müsse. Eine frühzeitige Information hierüber vor einem entsprechenden Anschreiben der zuständigen Dienststelle lag deshalb im Interesse allein der Firma M., weil ihr dies mehr Zeit verschaffte, ihre Argumentation gegen Nachforderungen vorzubereiten.

63

Darüber hinaus hat der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. auch hinsichtlich dieses Schriftstückes ausgeführt, er halte es nicht für üblich, Schriftstücke zwischen Bundeswehrdienststellen Firmen zur Kenntnis zu bringen. Ebenso hat der Zeuge Oberst a.D. K. erklärt, die Versendung dieses Dokuments erachte er nicht für notwendig und er halte dies auf gar keinen Fall für richtig, da es sich um internen Schriftverkehr handle. Es sei auch nicht üblich gewesen, dass solche internen Sachen übermittelt würden.

64

c) Das zu den Anschuldigungspunkten 2 sowie 3 a) und 3 b) festgestellte Verhalten begründet ein Dienstvergehen gemäß § 23 Abs. 1 SG.

65

aa) Die gemäß Anschuldigungspunkt 2 festgestellte Handlung bildet eine Pflichtverletzung.

66

aaa) Der frühere Soldat hat durch sie vorsätzlich gegen die nach § 7 SG bestehende Pflicht zum treuen Dienen verstoßen. Sie schließt insbesondere die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung, vor allem die Beachtung der Strafgesetze ein. Allerdings stellt nicht jede Verletzung einer Rechtsvorschrift bereits eine Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen dar. Es muss sich vielmehr um einen Rechtsverstoß von Gewicht handeln, der zudem in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 2 WD 19.07 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 42 Rn. 32 = NZWehrr 2009, 73 <75> = [...] Rn. 32 m.w.N.).

67

Ein disziplinarrechtlich relevanter Verstoß gegen Strafgesetze liegt vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich der frühere Soldat - wie vom Strafgericht angenommen - nach § 332 Abs. 1 StGB der Bestechlichkeit strafbar gemacht hat; jedenfalls hat er den Straftatbestand der Vorteilsannahme gem. § 331 Abs. 1 StGB verwirklicht, dessen auch dienstliche Relevanz schon daraus folgt, dass es sich um ein gemäß § 48 Abs. 1 WStG auch für einen Soldaten relevantes Amtsdelikt handelt.

68

Der frühere Soldat hat vorsätzlich einen Vorteil dadurch angenommen, dass er wissentlich und willentlich die ihm im Mai 2002 - wie ihm auch bekannt - auf Veranlassung des Geschäftsführers der Firma M. überwiesenen 25 056 EUR, auf die er keinen Anspruch hatte und die seine wirtschaftliche Situation verbesserten (BGH, Urteil vom 2. Februar 2005 - 5 StR 168/04 - NStZ 2005, 334 <335>), behalten hat.

69

Die Entgegennahme erfolgte "für" seine Dienstausübung im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB, wobei die beiden Seiten bewusste Verknüpfung von Dienstausübung und Vorteilsannahme (Unrechtsvereinbarung) sich nicht auf eine konkrete Dienstleistung zu beziehen brauchte; es reicht aus, wenn die Zuwendung dazu dient, ein allgemeines Wohlwollen zu schaffen. Nach den Feststellungen des Senats (unter bb), aaa), ß) und y) bestand zwischen dem Zeugen Schm. und dem früheren Soldaten Einverständnis darüber, dass der Vorteil für die Dienstausübung gewährt wurde. Dass die Dienstausübung - worauf der Einwand des früheren Soldaten abzielt - auch und gerade für den Vorteil vorgenommen wurde, ist hingegen nicht erforderlich. Nach der Neufassung des § 331 Abs. 1 StGB ist es ausreichend, dass der Vorteil von Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft wird, wodurch auch schon einem bewussten Handeln von Amtsträgern begegnet werden soll, mit dem ein böser Anschein möglicher "Käuflichkeit" erweckt wird. Nur darauf muss sich der Vorsatz des Vorteilnehmers auch beziehen (BGH, Urteil vom 2. Februar 2005 a.a.O. S. 335).

70

Der frühere Soldat befand sich nicht in einem entsprechend § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB den Vorsatz ausschließenden Irrtum über das Bestehen einer Unrechtsvereinbarung. Denn wer sich - wie der frühere Soldat - an der Vortäuschung eines Mietvertrages beteiligt, weiß um den zu verschleiernden wahren Hintergrund der Zahlungen.

71

bbb) Der frühere Soldat hat mit seinem Verhalten darüber hinaus vorsätzlich gegen § 19 Abs. 1 Satz 1 SG verstoßen, der ihm verbietet, in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit Belohnungen, Geschenke oder sonstige Vorteile anzunehmen. Eine Zustimmung durch die oberste Dienstbehörde, die die Annahme ausnahmsweise gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB gerechtfertigt hätte, liegt ersichtlich nicht vor. Vorsatzausschließende Umstände fehlen aus den bereits zuvor dargelegten Gründen ebenfalls.

72

ccc) Ferner hat der frühere Soldat gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen. Jeder Verstoß eines Soldaten gegen eine gesetzliche Dienstpflicht enthält zudem einen Verstoß gegen § 17 Abs. 2 SG, wenn dem festgestellten Verhalten unabhängig von den anderen Pflichtenverstößen die Eignung zur Ansehensminderung innewohnt. Dies ist schon dann der Fall, wenn es Zweifel an seiner Zuverlässigkeit weckt oder die Eignung des Soldaten für die jeweilige Verwendung in Frage stellt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (vgl. Urteil vom 17. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 25.11 - [...] Rn. 37 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind durch die Annahme der 25 056 EUR, durch die der frühere Soldat zumindest den bösen Anschein seiner Käuflichkeit erweckt hat, erfüllt.

73

bb) Durch die gemäß Anschuldigungspunkt 3 a) und 3 b) festgestellten Handlungen hat der frühere Soldat jeweils zusätzliche Pflichtverletzungen begangen.

74

aaa) Mit der Übersendung der Leistungsbeschreibung und der festgestellten Übersendung des dienstinternen Schreibens hat der frühere Soldat vorsätzlich gegen die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SG bestehende Pflicht verstoßen, über die ihm bei oder bei Gelegenheit seiner dienstlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dabei steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch fest, dass die Übermittlung der Leistungsbeschreibung und des Schreibens weder im dienstlichen Verkehr geboten war (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SG) noch damit Tatsachen mitgeteilt wurden, die offenkundig waren oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedurften (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SG).

75

Den Vorsatz des früheren Soldaten ausschließende Umstände liegen auch insoweit nicht vor, insbesondere fehlt es an einem Irrtum. Seine Äußerung in der Berufungshauptverhandlung, er verstehe bis heute nicht, warum auf das Ergebnis der Ausschreibung habe gewartet werden sollen, dokumentiert insbesondere keinen Irrtum über die Grenzen seines rechtlichen Tuns, sondern belegt vielmehr die fehlende Akzeptanz des früheren Soldaten über ihm durchaus bekannte, von ihm allerdings für unzweckmäßig erachtete rechtliche Grenzen. Dessen Äußerung in der Berufungshauptverhandlung, er habe einen gleichen Informationsstand für die Bundeswehr und die Firma M. herstellen wollen, und es sei ihm darum gegangen, das Konzept (des A) gegenüber dem BAWV durchzusetzen, dokumentiert ebenfalls keinen Irrtum über die Grenzen seines rechtlichen Tuns, sondern belegt erneut die fehlende Akzeptanz des Soldaten über ihm durchaus bekannte, von ihm jedoch für unzweckmäßig erachtete rechtliche Grenzen.

76

bbb) Ob der frühere Soldat darüber hinaus den Straftatbestand des Geheimnisverrats nach § 353 b Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen hat, kann deshalb dahingestellt bleiben, weil dies für den Ausgang des Rechtsmittels ohne Bedeutung ist (vgl. Urteil vom 18. Juli 2013 - BVerwG 2 WD 3.12 - Rn. 48).

77

ccc) Ferner hat der frühere Soldat aus den bereits im Zusammenhang mit Anschuldigungspunkt 2 dargelegten Gründen jeweils vorsätzlich gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen.

78

d) Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten (vgl. Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 m.w.N. = [...] jeweils Rn. 23). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen.

79

Hiernach ist die Aberkennung des Ruhegehalts geboten, weil der frühere Soldat aus dem Dienstverhältnis zu entfernen gewesen wäre, falls er sich noch im Dienst befände, § 65 Abs. 1 Satz 2 WDO. Da die disziplinarische Höchstmaßnahme damit bereits auf der Grundlage der zu den Anschuldigungspunkten 2 und 3 a) sowie 3 b) festgestellten Pflichtverletzungen zu verhängen ist, fielen die sonstigen angeschuldigten Pflichtverletzungen für die Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme nicht mehr ins Gewicht. Sie konnten deshalb ausgeklammert werden (§ 107 Abs. 2 Satz 1 WDO). Wenn die festgestellten Verfehlungen die Höchstmaßnahme rechtfertigen, kann das Bundesverwaltungsgericht von der erschöpfenden Überprüfung aller Anschuldigungspunkte absehen (Dau, WDO 6. Aufl., § 116 Rn. 12 m.w.N., stRspr).

80

aa) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt die Verfehlung äußerst schwer.

81

Der besondere Unrechtsgehalt des Dienstvergehens ergibt sich daraus, dass der frühere Soldat gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken gem. § 19 Abs. 1 SG und zugleich gegen seine Pflicht zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung, vor allem der Beachtung der Strafgesetze, massiv verstoßen hat. Mit dem Verstoß gegen § 331 Abs. 1 StGB hat der frühere Soldat den Tatbestand eines Amtsdelikts verwirklicht. Die uneigennützige, auf keinen privaten Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage nicht nur des Berufsbeamten-, sondern - wie aus § 48 Abs. 1, 5. Spiegelstrich WStG folgt - auch des Soldatentums dar. Zweck der Vorschrift ist, bereits den Anschein zu vermeiden, ein Beamter oder Soldat könne sich bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aus Eigennutz durch sachwidrige Erwägungen beeinflussen lassen und für Amtshandlungen allgemein käuflich sein. Einen solchen Eindruck erweckt ein Soldat, der in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit Vorteile annimmt, auch dann, wenn er hierfür nicht pflichtwidrig handelt. Dies kann im Interesse des allgemeinen Vertrauens in ein rechtsstaatliches Handeln staatlicher Institutionen nicht hingenommen werden. Der hohe Stellenwert, den der Gesetzgeber dem Verbot der Vorteilsannahme für die Dienstausübung beigemessen hat, wird durch den Straftatbestand des § 331 Abs. 1 StGB i.d.F. des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 13. August 1997 (BGBl. I S. 2038) verdeutlicht. Die Annahme eines Vorteils steht danach auch dann unter Strafe, wenn der Vorteilsgeber keine bestimmte Amtshandlung erkaufen, sondern den Soldaten wohlwollend stimmen will (Urteil vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 = [...] jeweils Rn. 29 m.w.N.).

82

Erschwerend tritt hinzu, dass der frühere Soldat mit 25 056 EUR einen Vorteil in erheblicher Höhe angenommen hat. Hinzu kommt, dass er es bei dieser Pflichtverletzung nicht hat bewenden lassen, sondern darüber hinaus in mindestens zwei weiteren Fällen - durch die Übermittlung von Dokumenten an die Firma M. - Pflichtverletzungen begangen hat.

83

Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden des Weiteren dadurch bestimmt, dass der frühere Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Oberstleutnant in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. Urteil vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - [...] Rn. 30 <insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 5>).

84

bb) Das Dienstvergehen hatte auch gravierende nachteilige Auswirkungen für den Dienstherrn. Neben dem Bekanntwerden der Geschehnisse in der Öffentlichkeit durch einschlägige Presseberichte gehört dazu vor allem die Suspendierung des früheren Soldaten bis zu seinem Dienstzeitende.

85

cc) Die Beweggründe des früheren Soldaten sind durch finanziellen Eigennutz geprägt, soweit es den Anschuldigungspunkt 2 betrifft, und im Übrigen durch die Vorstellung, sich aus - vermeintlichen - Praktikabilitätsgründen über rechtliche Vorgaben hinwegsetzen zu dürfen.

86

dd) Das Maß der Schuld wird durch das vorsätzliche Handeln des voll schuldfähigen früheren Soldaten bestimmt.

87

Auf Milderungsgründe in den Umständen der Tat hat sich der frühere Soldat nicht berufen; sie sind auch nicht ersichtlich. Angesichts der Mehrzahl der Einzelpflichtverletzungen handelte es sich insbesondere nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten. Auch eine wirtschaftliche Notsituation lag bei dem früheren Soldaten angesichts seines Immobilieneigentums und seiner Einkünfte nach der Besoldungsgruppe A 15 nicht vor.

88

ee) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen die besonders herausragende Beurteilung aus dem Jahr 2001, die Angaben des Leumundszeugen und die förmlichen Anerkennungen in besonderer Weise für den früheren Soldaten. Nachdem er bis zuletzt an seiner Einschätzung festgehalten hat, dass keine Verknüpfung zwischen Geldzuwendung und seiner dienstlichen Tätigkeit bestanden habe, und er auch im Zusammenhang mit der Übermittlung dienstlicher Dokumente erklärt hat, hier möge er einer Fehleinschätzung erlegen sein, konnte der Senat jedoch keine Unrechtseinsicht feststellen.

89

ff) Nach einer Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts die Aberkennung des Ruhegehalts nach § 58 Abs. 2 Nr. 4, § 65 WDO erforderlich. Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

90

aaa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".

91

Korruptives Fehlverhalten eines Soldaten ist in besonderer Weise geeignet, die Grundlage des Vertrauens des Dienstherrn in seine dienstliche Zuverlässigkeit und Integrität zu zerstören:

Die Unbestechlichkeit des Soldaten ist für die militärische Ordnung sowie für das Ansehen und die Integrität des Soldatentums von entscheidender Bedeutung. Ein Verstoß gegen diesen unabdingbaren Grundsatz erfordert schärfste disziplinare Reaktion. Der Senat hat daher dann, wenn die Gegenleistung des Soldaten in pflichtwidrigen Handlungen bestand, wegen der sich daraus ergebenden unheilbaren Zerstörung des Vertrauensverhältnisses in aller Regel die Entfernung aus dem Dienstverhältnis für geboten erachtet. Werden Belohnungen oder Geschenke für eine an sich nicht pflichtwidrige Handlung entgegengenommen, so mindert dies zwar die Eigenart der Verfehlung, aber es bleibt die Beeinträchtigung der Integrität des Soldaten und seiner Vertrauenswürdigkeit, sodass in solchen Fällen nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig eine Dienstgradherabsetzung gerechtfertigt ist (Urteil vom 2. Juni 1981 - BVerwG 2 WD 22.80 - [...] Rn. 35).

92

Nimmt ein Soldat allerdings im Rahmen einer Vorteilsannahme einen erheblichen Vorteil an, ist ebenso wie bei der Bestechlichkeit in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme geboten (Urteil vom 16. Juni 2011 - BVerwG 2 WD 11.10 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 32 Rn. 37 m.w.N. = NZWehrr 2012, 219 nur LS). Ein erheblicher Vorteil liegt jedenfalls dann vor, wenn - wie hier -ein fünfstelliger Euro-Betrag in Rede steht. Ob es darüber hinaus eines hervorgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung bedarf (so für das Beamtenrecht: Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 <106> = NVwZ 2013, 1087 [BVerwG 28.02.2013 - BVerwG 2 C 3.12] Rn. 31 [BVerwG 28.02.2013 - BVerwG 2 C 3.12]) kann hier dahinstehen. Denn als Oberstleutnant und Dezernatsleiter war der frühere Soldat Inhaber eines herausgehobenen Amtes.

93

bbb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet.

94

Nach Maßgabe dessen erreichen die für den Soldaten sprechenden Aspekte kein ausreichendes Gewicht, um von einem Rest an objektiv berechtigtem Vertrauen in den früheren Soldaten auszugehen. Dies gilt namentlich für die sehr guten Leistungen des früheren Soldaten. Von der Höchstmaßnahme ist nicht deshalb abzusehen, weil ein Soldat weit überdurchschnittliche Leistungen aufweist, er fachlich gleichsam unentbehrlich erscheint und auch nach dem Dienstvergehen außergewöhnliche Leistungen erbringt. Die persönliche Integrität eines Soldaten steht gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation, sodass gravierende Defizite an der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen müssen, auch nicht durch fachliche Kompetenz ausgeglichen werden können (Urteil vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - [...] Rn. 51 m.w.N).

95

Ebenso wenig ist es mit Rücksicht auf die - weitgehend - sachgleiche strafrechtliche Verurteilung des früheren Soldaten geboten, gegen ihn eine mildere Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Weder § 16 Abs. 1 WDO noch § 17 Abs. 2 bis 4 WDO stehen der Verhängung der Höchstmaßnahme entgegen. Steht im Einzelfall - wie hier - § 16 WDO der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer Kriminalstrafe oder sonstigen Strafsanktion für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, entweder durch eine erzieherische Maßnahme zu künftig pflichtgemäßem Verhalten mahnt oder die sonst gebotene Höchstmaßnahme ausspricht (vgl. Urteil vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - [...] Rn. 49 m.w.N.).

96

e) Der Unterhaltsbeitrag war gem. § 65 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 1 WDO vom Urteil der Vorinstanz rechtsfehlerfrei ausgeschlossen worden, da der frühere Soldat seiner nicht bedürftig ist. Auch wenn sich seine derzeit auf jährlich 100 000 EUR belaufenden Gesamteinkünfte angesichts der Aberkennung des Ruhegehalts - und einer sich daraus ergebenden Reduzierung der monatlichen Ruhestandseinkünfte von gut 3 600 EUR auf etwa 1 400 EUR - verringern, stehen ihm damit noch immer über 70 000 EUR jährlich zur Verfügung.

97

3. Da das Rechtsmittel des früheren Soldaten erfolglos geblieben ist, hat er die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen, § 139 Abs. 2 WDO. Die Ausklammerung mehrerer Anschuldigungspunkte begründet keinen Anlass, die ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen aus Billigkeitsgründen nach § 140 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 WDO dem Bund aufzuerlegen. Denn die Berufung war bereits so in vollem Umfang zurückzuweisen.

Dr. von Heimburg

Dr. Eppelt

Dr. Burmeister

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