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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 13.12.2012, Az.: BVerwG 3 B 46.12
Erfolg einer Konkurrentenverdrängungsklage auf Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung für den Betrieb einer Buslinie im öffentlichen Personennahverkehr; Notwendigkeit der Beachtung der wesentlichen Verbesserung der Verkehrsbedienung i.S.d. § 13 Abs. 2 Buchst. b) PBefG i.R.e. Konkurrentenverdrängungsklage auf Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung für den Betrieb einer Buslinie
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 13.12.2012
Referenz: JurionRS 2012, 31920
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 46.12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VGH Bayern - 15.03.2012 - AZ: 11 B 09.1113

BVerwG, 13.12.2012 - BVerwG 3 B 46.12

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Dezember 2012
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beigeladenen zu 6 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. März 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beigeladene zu 6 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 bis 5, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 20.000 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf; ebenso wenig liegt der geltend gemachte Verfahrensfehler vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

2

Der Kläger, der ein Busunternehmen mit Sitz im Regierungsbezirk Mittelfranken betreibt, begehrt die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung für den Betrieb einer Buslinie im öffentlichen Personennahverkehr. Zugleich wendet er sich gegen die Erteilung einer solchen Genehmigung im gleichen Bereich an den Beigeladenen zu 1; diese Genehmigung wurde später auf den Beigeladenen zu 6 übertragen.

3

Der Kläger beantragte am 20. Juli 2005 die Erteilung einer Genehmigung für die Durchführung eines Linienverkehrs mit Bussen von Oettingen nach Harburg über Hainsfarth/Amerbach/Wemding (Linie 1). Dieses Angebot erfasse auch den Berufsverkehr, während das vorhandene Angebot auf den Schülerverkehr ausgerichtet sei. Sein Angebot sei zudem besser an den Bahnverkehr angebunden. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2005 ab; den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er mit Bescheid vom 2. Mai 2006 zurück. Der beantragte Linienverkehr führe zu Überlagerungen und Parallelverkehr mit bereits vorhandenen Linien. Die bestehende Nachfrage könne mit den vorhandenen Verkehrsmitteln ausreichend befriedigt werden; das Verkehrsangebot des Klägers stelle keine solche Verbesserung des Angebots dar, dass es den bestehenden Linien vorzuziehen sei. Es würden keine neuen Ortschaften angebunden. Gegen diese Bescheide hat der Kläger Verpflichtungsklage erhoben. Der Beklagte hat dem Beigeladenen zu 1 mit Bescheid vom 18. September 2006 eine Genehmigung für die Buslinie 730 (Wemding über Amerbach nach Oettingen) erteilt. Den vom Kläger hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 27. November 2006 zurück. Der Kläger hat seine Verpflichtungsklage um die Anfechtung dieser Bescheide erweitert.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungs- und Anfechtungsklage mit Urteil vom 3. Juli 2007 insgesamt abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung mit Urteil vom 15. März 2012 insoweit aufgehoben, als die Klage auf Erteilung der beantragten Linienverkehrsgenehmigung mit Bussen abgewiesen wurde; außerdem hat er die Bescheide des Beklagten vom 19. Dezember 2005 und vom 2. Mai 2006 aufgehoben und ihn verpflichtet, über den Genehmigungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das Verfahren um die Anfechtung der Linienverkehrsgenehmigung, die dem Beigeladenen zu 1 erteilt worden war, wurde abgetrennt. Zur Begründung des Berufungsurteils heißt es im Wesentlichen: Der Beklagte sei bei der Ablehnung des Antrags von einem unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen. Für seine Folgerung, der vom Kläger behauptete Verkehrsbedarf von Fahrgästen, die nicht Schüler seien, bestehe nicht, hätte es des Nachweises bedurft, dass Berufstätige vorhandene Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs nicht nutzten und für den Fall ihres Vorhandenseins auch nicht nutzen würden. Soweit der Beklagte sich für die Verneinung eines solchen Verkehrsbedarfs auf die Angaben der Beigeladenen zu 4 beziehe, hätte er diese Angaben vor dem Hintergrund des zum Kläger bestehenden Konkurrenzverhältnisses überprüfen müssen; es sei nicht ersichtlich, dass dies geschehen sei. Die Beteiligten hätten in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass der Fahrgastanteil der Schüler auf den bestehenden Linien zwischen 95% und 75% betrage; dass ein Fahrgastanteil von Nichtschülern von bis zu 25% vorhanden sei, sei aber ein deutliches Indiz für einen entsprechenden Verkehrsbedarf. Der Beklagte habe sich auch nicht hinreichend mit der Frage auseinander gesetzt, ob hinsichtlich der Ortschaften Amerbach und Megesheim an Wochenenden und Feiertagen eine ausreichende Mindestbedienung im Sinne des Nahverkehrsplans bestehe. Schließlich gingen die angegriffenen Bescheide nicht auf die Frage ein, ob die in Konkurrenz zur vom Kläger beantragten Linie stehenden und bereits genehmigten Linien des Beigeladenen zu 6 auf die Ankunfts- und Abfahrtzeiten der Bahn abgestimmt seien und ob durch das Angebot des Klägers insoweit eine Verbesserung erzielt werde.

5

1. Der Rechtssache kommt nicht die vom Beigeladenen zu 6 geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

6

a) Er hält zum einen die Fragen für klärungsbedürftig,

ob die Genehmigungsbehörde bei Ablehnung eines Konkurrenzantrags den Nachweis führen müsse, dass die angestrebte Nachfrage außerhalb der Hauptnutzergruppe der Schüler nicht besteht,

ob die Genehmigungsbehörde auf Grund einer landesrechtlichen Vorrangregelung zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs bei Ablehnung eines Konkurrenzantrags den Nachweis führen müsse, dass die angestrebte Nachfrage außerhalb der Hauptnutzergruppe der Schüler nicht besteht.

7

In der vom Beschwerdeführer gestellten Form nehmen diese Fragen auf die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls Bezug, was einer Revisionszulassung auf der Grundlage von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO entgegensteht. Soweit die Fragen so zu verstehen sein sollen, dass sie allgemein auf den Umfang der Ermittlungspflicht der Genehmigungsbehörde abzielen, sind sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits in dem Umfang geklärt, in dem sie einer allgemeinen und fallübergreifenden Beantwortung zugänglich sind. Danach hat die Genehmigungsbehörde bei der Bewertung von Verkehrsbedürfnissen der unterschiedlichsten Art und ihrer befriedigenden Bedienung sowie einer wesentlichen Verbesserung der Verkehrsbedienung im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und b PBefG, bei der ihr ein Beurteilungsspielraum zukommt, die Verkehrsbedürfnisse zu ermitteln und zu bewerten, um dann entscheiden zu können, ob und in welchem Umfang sie befriedigt werden können und sollen. Diese Entscheidung setzt nicht nur prognostische, sondern auch verkehrs- und raumplanerische Wertungen voraus (vgl. auch § 8 Abs. 4 PBefG); sie ist deshalb ähnlich wie andere planerische Entscheidungen der gerichtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich (stRspr; vgl. dazu nur Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 3 C 14.09 - BVerwGE 137, 199 Rn. 13 m.w.N.). Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung bleibt aber auch dann, ob die von der Genehmigungsbehörde angestellten Prognosen und Wertungen sowie die darauf gestützte Entscheidung auf einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage beruhen. Welche Erhebungen das im konkreten Fall bedingt, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. Es gelten die allgemeinen Anforderungen und Grenzen, denen der Amtsermittlungsgrundsatz auch ansonsten unterliegt. Die Genehmigungsbehörde kann in diesem Zusammenhang die ihr in § 12 Abs. 3 Satz 1 PBefG eingeräumte Befugnis nutzen, weitere Angaben und Unterlagen zu verlangen. Im Ergebnis muss die Behörde im Falle einer gerichtlichen Überprüfung ihrer Entscheidung freilich belegen können, dass sie die erforderlichen tatsächlichen Ermittlungen angestellt hat und diese ihre auf die gesetzlichen Versagungsgründe des § 13 Abs. 2 PBefG gestützte ablehnende Entscheidung tragen.

8

Insoweit kann nicht fraglich sein, dass die Genehmigungsbehörde, was die Frage eines noch offenen Verkehrsbedarfes angeht, nicht nur die Angaben des Antragstellers, sondern auch die Stellungnahmen bereits mit Linienverkehrsgenehmigungen ausgestatteter Konkurrenten, eines Verkehrsverbundes oder einer Verkehrsgemeinschaft und die des Aufgabenträgers für die Sicherstellung des öffentlichen Personennahverkehrs zu berücksichtigen hat. Außer Frage steht allerdings auch, dass sie diese Angaben, vor allem dann, wenn sie sich -wie nicht selten - widersprechen sollten, nicht ungeprüft übernehmen darf, damit sie eine eigene fundierte Entscheidung über die Erteilung einer zusätzlichen Linienverkehrsgenehmigung treffen kann.

9

b) Der Beigeladene zu 6 sieht außerdem revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,

ob die Unterschreitung einer im Nahverkehrsplan vorgesehenen Mindestbedienung ein für die Entscheidung nach § 13 PBefG zwingend zu berücksichtigendes Kriterium ist.

10

Diese Frage lässt sich, ohne dass hierfür erst die Durchführung eines Revisionsverfahrens erforderlich wäre, bereits anhand der gesetzlichen Regelungen beantworten. Gemäß § 13 Abs. 2a PBefG kann die Genehmigung im öffentlichen Personennahverkehr versagt werden, wenn der beantragte Verkehr mit einem Nahverkehrsplan im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 PBefG nicht im Einklang steht. Daraus ergibt sich zugleich, dass die in einem Nahverkehrsplan enthaltenen Vorgaben für den öffentlichen Personennahverkehr auch für die Wertung von Bedeutung sind, ob eine vorhandene Verkehrsbedienung gemessen an den öffentlichen Verkehrsinteressen im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a PBefG bereits befriedigend ist und ob ein zusätzliches Verkehrsangebot zu einer wesentlichen Verbesserung der Verkehrsbedienung im Sinne von § 13 Abs. 2 Buchst. b PBefG führt. § 8 Abs. 3 Satz 2 PBefG bestätigt das; danach hat die Genehmigungsbehörde bei der Wahrnehmung der in § 8 Abs. 3 Satz 1 PBefG beschriebenen Aufgaben einen vom Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs beschlossenen Nahverkehrsplan zu berücksichtigen. Mit welchem Gewicht ein solcher Nahverkehrsplan bei der Entscheidung über die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung zu berücksichtigen ist, ist eine Frage der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Auch das Berufungsurteil enthält hierzu keine über den konkreten Fall hinausgehenden Aussagen (UA Rn. 55). Die weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung zu Besonderheiten der bayerischen Nahverkehrsrichtlinien, aufgrund derer der Nahverkehrsplan des Beigeladenen zu 5 überholt sei, sind ebenso einzelfallbezogen; sie bieten keinen Ansatzpunkt für die Klärung fallübergreifender Rechtsfragen im Zusammenhang mit der vom Kläger aufgeführten Ausgangsfrage.

11

c) Schließlich führt auch die Frage,

ob die Frage, inwieweit die Verknüpfung zwischen Bus und Bahn sinnvoll sei oder im Einzelfall nicht, nur konkret geprüft werden könne, wenn klar sei, inwieweit die Abstimmung gewährleistet sei,

nicht auf eine Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

12

Diese Frage zielt offensichtlich auf die Rüge des Berufungsgerichts, der Beklagte habe es rechtsfehlerhaft unterlassen zu überprüfen, inwieweit die bereits vorhandenen Buslinien auf die Ankunfts- und Abfahrtzeiten der Bahn abgestimmt seien und ob durch das Angebot des Klägers insoweit eine Verbesserung zu erzielen sei; das könne der Beklagte nicht durch die Behauptung ersetzen, die Hauptnutzer der Buslinien seien Schüler, die keine Anbindung an die Bahn brauchten (UA Rn. 56). Um die Frage, ob die Abstimmung von Bahn und Bus sinnvoll sei, auf einer tragfähigen Grundlage zu erörtern, hätte zunächst geprüft werden müssen, inwieweit sie mit den vorhandenen oder beantragten Linien überhaupt gewährleistet oder durch Anpassungen zu gewährleisten sei. Die von dem Beklagten gegebenen Begründungen reichten nicht aus um darzulegen, weshalb eine Anbindung von Schienen- und Busverkehr im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht sinnvoll sei (UA Rn. 57).

13

Die Ausführungen in den Entscheidungsgründen einerseits und in der Beschwerdebegründung andererseits zeigen, dass sich dieser Teil der Beschwerde im Kern gegen die auf konkrete Umstände des Falles gestützte Bewertung durch das Berufungsgericht richtet, die der Beigeladene zu 6 für unzutreffend hält. Es fehlt jedoch an schlüssigen Ausführungen dazu, weshalb sich die daraus abgeleitete und davon abstrahierende Frage in gleicher Weise auch in anderen Fällen stellen würde; erst dadurch gewänne diese Frage eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

14

2. Auch der vom Beigeladenen zu 6 gerügte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Er sieht § 108 Abs. 1 VwGO verletzt, weil das Berufungsgericht einen aktenwidrigen Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Es habe die Bedeutung der vom Kläger beantragten Buslinie für den zentralen Knotenpunkt Nördlingen verkannt; allen Beteiligten sei bekannt, dass mit dieser Buslinie die anderen Linien geschwächt würden, die den Bahnhof Nördlingen bedienten. Allein damit sind aber aktenwidrige Feststellungen nicht dargetan, wie sie der Beigeladene zu 6 behauptet. Das setzt nämlich voraus, dass zwischen den in der Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt zweifelsfrei ein Widerspruch besteht. Das ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht geht im hier maßgeblichen Zusammenhang vielmehr lediglich davon aus, dass in den angegriffenen Bescheiden Darlegungen dazu fehlten, warum und unter welchem Gesichtspunkt Nördlingen für jede Buslinie einen zentralen Knotenpunkt darstellen solle (UA Rn. 58). Abgesehen davon nimmt auch der Beigeladene zu 6 selbst an, dass diese Beanstandung des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich ist; ein Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, kann aber - selbst wenn er vorliegen sollte - nur dann zur Revisionszulassung führen, wenn die angegriffene Entscheidung darauf beruhen kann.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Kley

Buchheister

Liebler

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