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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 08.06.2011, Az.: BVerwG 5 B 55.10
Der durch konkrete Tatsachen begründete Verdacht einer Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen ist für § 11 S. 1 Nr. 1 StAG erforderlich und zugleich ausreichend; Ausschluss einer Einbürgerung aufgrund eines durch konkrete Tatsachen begründeten Verdachts der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.06.2011
Referenz: JurionRS 2011, 19318
Aktenzeichen: BVerwG 5 B 55.10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VG Karlsruhe - 19.11.2009 - AZ: 2 K 32/09

VGH Baden-Württemberg - 29.09.2010 - AZ: 11 S 597/10

BVerwG, 08.06.2011 - BVerwG 5 B 55.10

In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Juni 2011
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler und Dr. Fleuß
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. September 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. Beschluss vom 21. Juni 2010 - BVerwG 5 B 48.09 - [...]).

2

Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Einbürgerungsrechtsstreit nicht vor. Der Beklagte hält es im Zusammenhang mit dem Ausschlussgrund der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen (§ 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. = § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG n.F.) zu Unrecht für klärungsbedürftig, welcher Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinsichtlich des Vorliegens einer Unterstützungshandlung anzulegen ist. Diese Rechtsfrage umschreibt er mit Blick auf den von ihm erlassenen Ablehnungsbescheid wie folgt:

"Die angefochtene Verfügung ist rechtmäßig (und die dazu ergangenen anderslautenden Urteile können keinen Bestand haben), wenn bei den bezeichneten Tatbestandsmerkmalen bereits auch Taten und Verhalten, denen der Ausländer (nur, zumindest) verdächtig ist, ausreichen, wenn also der begründete Verdacht einer solchen Unterstützung, ein 'Unterstützungsverdacht' mit einem entsprechend geminderten Wahrscheinlichkeitsmaßstab ausreicht, um in der Beweiswürdigung überzeugende 'tatsächliche Anhaltspunkte' zu begründen.

Die angefochtene Verfügung wäre rechtswidrig, wenn damit - wie beim Verwaltungsgerichtshof zuvor - der volle Beweis, die volle Überzeugung darüber, dass die Unterstützungshandlung tatsächlich stattgefunden hat, gefordert wird, mit den Worten des Gerichts (S. 19 f. und 22 des Urteils) 'Tatsachen' gefordert wären, für die dann folgerichtig - wie sonst auch - das Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugung nach § 108 Abs. 1 VwGO gelten würde."

3

Die Frage des im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. (= § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG n.F.) anzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabs ist jedoch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Der Senat hat bereits entschieden, dass der durch konkrete Tatsachen begründete Verdacht einer Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen erforderlich, aber auch ausreichend ist (Urteile vom 22. Februar 2007 - BVerwG 5 C 20.05 - BVerwGE 128, 140 <142> und vom 2. Dezember 2009 - BVerwG 5 C 24.08 - BVerwGE 135, 302 Rn. 15, 18).

4

Einen erneuten oder darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde auch mit ihren weiteren Ausführungen nicht auf. Dass die vom Gesetz geforderten "tatsächlichen Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen, d.h. die verdachtsbegründenden Umstände, nicht nur möglicherweise, sondern tatsächlich vorliegen müssen, ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes und bedarf keiner revisionsgerichtlichen Klärung. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die verdachtsbegründenden Tatsachen (z.B. die behauptete Teilnahme an Demonstrationen der PKK) zur vollen Überzeugung des Gerichts vorliegen müssen.

5

Soweit der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung der erforderlichen Beweisaufnahme und Würdigung der vorgelegten Beweismittel zu der Überzeugung gelangt ist, dass die von dem Beklagten behaupteten verdachtsbegründenden Tatsachen teilweise nicht vorliegen und teilweise nicht bewiesen sind, sind diese tatrichterlichen Feststellungen nicht mit der Grundsatzrüge angreifbar. Es ist auch folgerichtig und begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, wenn der Verwaltungsgerichtshof nicht bewiesene Indiztatsachen auch nicht im Rahmen einer Gesamtschau zu Lasten des Klägers berücksichtigt hat. Dass die demnach als Indiz verbleibende PKK-Selbsterklärung aus dem Jahr 2001 für sich genommen keinen hinreichenden Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen begründen kann, ist ebenfalls bereits geklärt (Urteil vom 22. Februar 2007 a.a.O.).

6

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG (vgl. Ziff. 42.1 des Streitwertkatalogs 2004 <NVwZ 2004, 1327>).

Hund
Dr. Häußler
Dr. Fleuß

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