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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 07.04.2011, Az.: BVerwG 2 WNB 2.11
Die Frist des § 17 Abs. 2 WDO beginnt bei einem Dauerdelikt (hier: Speicherung privater Daten auf dienstlichem PC) erst mit der Beendigung des rechtswidrigen Zustandes
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 07.04.2011
Referenz: JurionRS 2011, 15855
Aktenzeichen: BVerwG 2 WNB 2.11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

TDiG Nord - 10.11.2010 - AZ: N 4 BLc 4/10; N 4 RL 2/10

Rechtsgrundlage:

§ 17 Abs. 2 WDO

Fundstelle:

NZWehrR 2011, 215-216

BVerwG, 07.04.2011 - BVerwG 2 WNB 2.11

Amtlicher Leitsatz:

Bei einem Dauerdelikt - hier: Speicherung privater Daten auf dienstlichem PC - beginnt die Frist des § 17 Abs. 2 WDO erst mit der Beendigung des rechtswidrigen Zustandes.

In der Disziplinarsache
...
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister
am 7. April 2011
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des früheren Soldaten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss der 4. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 10. November 2010 wird zurückgewiesen.

Der frühere Soldat trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die statthafte, fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Sache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO) nicht zu.

2

Nach der Rechtsprechung der Wehrdienstsenate des Bundesverwaltungsgerichts sind an die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 22a Abs. 2 WBO dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie von den Revisionssenaten des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO gestellt werden (vgl. Beschlüsse vom 1. Juli 2009 - BVerwG 1 WNB 1.09 - Buchholz 450.1 § 22a WBO Nr. 1 = NZWehrr 2009, 258 und zuletzt vom 31. März 2011 - BVerwG 2 WNB 1.11 -). Danach ist eine Rechtssache nur dann grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO und des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn in dem angestrebten Rechtsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage zu erwarten ist. Dabei ist eine Rechtsfrage auch dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich auch ohne Durchführung eines Rechtsbeschwerde- oder Revisionsverfahrens auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Interpretation und auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und der vorliegenden Literatur ohne Weiteres beantworten lässt (vgl. Beschlüsse vom 21. Dezember 1994 - BVerwG 4 B 266.94 - Buchholz 406.401 § 8a BNatSchG Nr. 2, vom 22. Dezember 1994 - BVerwG 4 B 114.94 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 102 und vom 26. Januar 2011 - BVerwG 2 WNB 9.10 - <zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen>; Pietzner/Buchheister, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Mai 2010, § 132 Rn. 37).

3

Die Beschwerde bezeichnet die Frage als grundsätzlich bedeutsam, ob

 sich bei unzulässigem Speichern privater Dateien auf dienstlichen Rechnern die Fristbestimmung gemäß § 17 Abs. 2 WDO nach dem Zeitpunkt des Aufspielens oder nach dem späteren Zeitpunkt, zu dem die Speicherung entdeckt wurde, richtet.
4

Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es nicht der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens. Vielmehr lässt sie sich anhand der Auslegung des Gesetzestextes und der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur ohne Weiteres beantworten.

5

Nach § 17 Abs. 2 WDO darf eine einfache Disziplinarmaßnahme nicht mehr verhängt werden, wenn seit einem Dienstvergehen sechs Monate verstrichen sind. Die Frist beginnt mit der Beendigung des Dienstvergehens (Dau, WDO, 5. Aufl. 2009, § 17 Rn. 10). Die im vorliegenden Verfahren angegriffene Disziplinarbuße, die der Kommandeur des ...bataillons ... am 16. Februar 2010 verhängt hat, beruht auf dem Vorwurf, der frühere Soldat habe entgegen den IT-Sicherheitsbestimmungen in der Bundeswehr und entgegen dem IT-Sicherheitskonzept des ...bataillons ... eine größere Zahl privater Dateien auf zwei dienstlichen Arbeitsplatzrechnern in der ...Kaserne gespeichert gehabt, wobei dies bei einer IT-Sicherheitsinspektion am 19. August 2009 entdeckt worden sei.

6

Das dem früheren Soldaten zur Last gelegte Dienstvergehen besteht demnach nicht nur darin, dass er die privaten Dateien - nach seinen Angaben am 10. August 2009 - auf die dienstlichen Rechner geladen hat, sondern (auch), dass er diese Dateien dort gespeichert hat. Die Speicherung der Daten auf dem dienstlichen Rechner stellt ein Dauerdelikt dar, das erst mit der Löschung der Daten beendet wird (vgl. Dau a.a.O.; LG Mosbach, Beschluss vom 26. Juni 1973 - Qs 100/73 - NZWehrr 1973, 237 und zur Verjährung von Straftaten: Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 78a Rn. 12 m.w.N.). Die Ansicht der Beschwerde, es liege kein Dauerdelikt vor, wird nicht weiter begründet. Sie vermag auch nicht zu überzeugen.

7

Im Unterschied zu einem sogenannten Zustandsdelikt (z.B. Körperverletzung; vgl. Fischer a.a.O. Rn. 58 vor § 52), bei dem der vom Täter geschaffene Zustand möglicherweise über einen längeren Zeitraum andauert, von ihm aber nicht mehr beseitigt werden kann, kann bei einem Dauerdelikt (z.B. unerlaubte Abwesenheit vom Dienst, Freiheitsberaubung) der rechtswidrige Zustand regelmäßig durch den Täter selbst beendet werden (Rückkehr zum Dienst, Freilassung der festgehaltenen Person; vgl. Urteil vom 27. November 1969 - BVerwG 3 D 26.68 - BVerwGE 43, 30; OLG München, Urteil vom 22. Februar 2006 - 5St RR 012/06 - [...] Rn. 14). Dies gilt auch für die rechtswidrige Speicherung von Daten in einem PC. Der frühere Soldat hätte den Zustand durch Löschung der Daten jederzeit beenden können. Dass er im vorliegenden Fall möglicherweise durch Ortsabwesenheit (Urlaub) tatsächlich keinen Zugriff auf die gespeicherten Daten mehr hatte, vermag an der Einordnung der Pflichtverletzung als Dauerdelikt nichts zu ändern.

8

Die Frist des § 17 Abs. 2 WDO begann daher erst mit der Beendigung der Speicherung, hier also mit der Entdeckung der gespeicherten Daten bei der IT-Inspektion am 19. August 2009 zu laufen. Im Übrigen wäre es für den Fristbeginn auf die Entdeckung des Dienstvergehens nicht angekommen, wenn die Speicherung bereits früher, z.B. durch den früheren Soldaten, beendet worden wäre (vgl. auch Dau, a.a.O.).

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 42 Satz 1 WDO i.V.m. § 23a Abs. 2 WBO und § 154 Abs. 2 VwGO.

Golze
Dr. Frentz
Dr. Burmeister

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