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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 05.09.2012, Az.: BVerwG 3 B 19.12
Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Aufhebung von begünstigenden Bescheiden über die Bewilligung von Flächenzahlungen und Ausgleichszahlungen für die Jahre 1993 bis 2000
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 05.09.2012
Referenz: JurionRS 2012, 24107
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 19.12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Niedersachsen - 17.01.2012 - AZ: 10 LC 189/07

BVerwG, 05.09.2012 - BVerwG 3 B 19.12

Redaktioneller Leitsatz:

Die Rüge einer fehlerhaften Anwendung materiellen Rechts ist im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. September 2012
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wysk und Rothfuß
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 794,74 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Bremerhaven vom 9. April 2003, mit dem zu seinen Gunsten ergangene Bescheide über die Bewilligung von Flächen- und Ausgleichszahlungen für die Jahre 1993 bis 2000 zurückgenommen und die gewährte Förderung nebst Zinsen in Höhe von 34 080,18 € zurückgefordert sowie zugleich Förderanträge für die Jahre 2001 und 2002 abgelehnt werden. Der Bescheid wird damit begründet, dass der Betrieb des Klägers nicht eigenständig im Sinne des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems sei, sondern ein Betriebsteil, der eine organisatorische und wirtschaftliche Einheit mit dem von seinen Eltern in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Landwirtschaftsbetrieb bilde. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht den angegriffenen Bescheid aufgehoben, soweit die Bewilligungsbescheide für 1993 bis 1998 zurückgenommen und die damit gewährten Ausgleichszahlungen in Höhe von 17 386,66 € nebst Zinsen hierauf zurückgefordert worden sind; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Teilstattgabe der Klage hat das Berufungsgericht damit begründet, dass hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Förderung mangels Eindeutigkeit der für und gegen eine Eigenständigkeit des Betriebs sprechenden Umstände eine Beweislastentscheidung zu treffen sei. Dabei trage der Kläger nach § 11 des Marktorganisationsgesetzes - MOG - nur bis zum Ablauf des vierten Jahres nach Empfang der Begünstigung die Beweislast für die Beihilfevoraussetzungen, so dass bei Erlass des Rückforderungsbescheides die Beweislast für die Antragsjahre bis 1998 bereits auf die Beklagte übergegangen gewesen sei. Dies habe zur Folge, dass der Kläger für die Jahre 1993 bis 1998 als Erzeuger anzusehen sei, nicht jedoch für die Antragsjahre 1999 bis 2002.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision, die er auf den Teil des Berufungsurteils beschränkt, mit dem die Abweisung der Klage hinsichtlich der für das Jahr 2002 beantragten Flächenzahlungen bestätigt worden ist, bleibt ohne Erfolg. Der nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügte Verfahrensfehler ist nicht feststellbar.

3

Nach Auffassung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht seine Pflicht zur ordnungsgemäßen richterlichen Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Hinblick auf die Ablehnung der Förderung für das Jahr 2002 dadurch verletzt, dass es sich nicht mit der Frage befasst habe, ob er nach Durchführung der letzten Vor-Ort-Kontrolle im November 2001 sein Verhalten im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts seiner Eltern geändert habe; Feststellungen der Beklagten für das Antragsjahr 2002 lägen nicht vor. Insoweit habe Veranlassung zur Klärung bestanden, weil das Oberverwaltungsgericht selbst anführe, dass er die in der Vor-Ort-Kontrolle geäußerte Kritik der Prüfer aufgegriffen und die zunächst nur mündlich abgeschlossenen Verträge hinsichtlich der Nutzung von Ställen schriftlich fixiert habe. Deshalb könne ihm auch nicht entgegengehalten werden, dass bezogen auf das Antragsjahr 2002 dieselben Gründe gegen seine Erzeugereigenschaft sprächen, die bereits für die Jahre 1993 bis 2000 aufgezeigt worden seien. Die verbleibenden - im Einzelnen aufgeführten - Umstände, die Bedeutung für das Antragsjahr 2002 haben könnten, hätten kein so starkes Gewicht, dass sie die mangelnde Selbständigkeit seines Betriebes belegen könnten, und seien vom Gericht sogar widersprüchlich bewertet worden.

4

Die Rüge ist nicht berechtigt. Das Vorbringen des Klägers genügt schon überwiegend nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; denn der Sache nach beanstandet er, dass das Oberverwaltungsgericht den angeführten Umständen zur Beurteilung der wirtschaftlichen Eigenständigkeit seines Betriebes eine Bedeutung zugemessen hat, die ihnen seiner Ansicht nach für das Antragsjahr 2002 nicht zukommt. Damit rügt er eine fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts und keinen Mangel des Verfahrens. Ein solcher Mangel steht allenfalls in Rede, soweit er dem Oberverwaltungsgericht vorwirft, es habe gegen die Denkgesetze verstoßen, indem es

- einerseits auf Seite 37 seiner Entscheidung die gegenseitige Verrechnung ausgetauschter Leistungen mit der Folge, dass Geldflüsse zwischen den Betrieben nur im Hinblick auf die Restbeträge aufgetreten seien, nicht als ausreichend für die Annahme angesehen habe, zwei selbständige Betriebe lägen nicht vor,

- andererseits aber als gegen eine Erzeugereigenschaft sprechenden Umstand aufgeführt habe, dass über den wechselseitigen Verkauf von Getreide im Jahre 2002 kein schriftlicher Vertrag vorliege (Seite 50 des Urteilsabdrucks), obwohl auch diese Rechtsgeschäfte zu den vom Oberverwaltungsgericht für zulässig erachteten Verrechnungen geführt hätten.

5

Der vermeintliche Widerspruch in der Argumentation des Berufungsgerichts ist jedoch nicht erkennbar. Das Berufungsgericht hat auf Seite 37 seiner Entscheidung lediglich als für die Annahme einer gemeinschaftlichen Betriebsführung nicht ausreichend angesehen, dass infolge von Verrechnungen nur Restbeträge zwischen den Betrieben geflossen sind; zu der Notwendigkeit schriftlicher Verträge und ihrer Bedeutung für die zu entscheidende Frage hat es an dieser Stelle nichts ausgeführt. Deshalb stehen diese Ausführungen auch nicht im Gegensatz zu der Bemerkung auf Seite 50 des Urteils, wonach für die dortigen Rechtsgeschäfte kein schriftlicher Vertrag vorliege, obwohl dies in Anbetracht des Umfangs der Getreideverkäufe üblich gewesen wäre, und dies ein erheblicher Anhaltspunkt für eine nicht in hinreichendem Maße nach außen hin erkennbare Trennung der Betriebe sei.

6

Selbst wenn man davon absieht, dass die Beschwerde sich im Übrigen ausschließlich mit der dem materiellen Recht zuzuordnenden Bewertung der für und gegen eine Selbständigkeit des Betriebes des Klägers im Jahre 2002 sprechenden Umstände auseinandersetzt, sind auch die insoweit erhobenen Einwände gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht stichhaltig.

7

Bereits der Ausgangspunkt der vermeintlichen Verfahrensrüge, die letzte Vor-Ort-Kontrolle des Hofes habe am 26. November 2001 stattgefunden, ist unzutreffend; denn nach den nicht angegriffenen und den Senat bindenden Feststellungen der Vorinstanz fanden weitere Kontrollen am 21. und 30. Januar 2002 statt, also in dem Jahr, für das der Kläger ausreichende Feststellungen der Beklagten vermisst.

8

Soweit der Kläger meint, die nachträglich schriftlich abgefassten Verträge seien ein Umstand, der das Berufungsgericht zu einer gesonderten und im Ergebnis anderen Beurteilung der Verhältnisse im Antragsjahr 2002 hätte veranlassen müssen, geht sein Vortrag daran vorbei, dass das Berufungsgericht den - in Anbetracht der übrigen festgestellten Umstände - nicht fernliegenden Verdacht geäußert hat, dass diese schriftlichen Verträge den bei den Vor-Ort-Kontrollen vorgefundenen Verhältnissen angepasst worden seien, es diese Vertragsabfassungen also nicht nur zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen eingestellt, sondern auch in einer durchaus nachvollziehbaren Weise gewürdigt hat. Ausgehend davon liegt es auf der Hand, dass das nachträgliche Verfertigen dieser Verträge allein keinen ernstlichen Ansatzpunkt dafür bieten musste, einer durchgreifenden Änderung der durch eine Vielzahl von Tatsachen belegten bisherigen betrieblichen Verhältnissen nachzugehen.

9

Schließlich trifft es auch nicht zu, dass außer den vom Kläger in seiner Beschwerdeschrift angeführten Umständen alle übrigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu seiner Erzeugereigenschaft vorangegangene Jahre beträfen und keinen Bezug zum Jahr 2002 hätten. Dabei blendet er aus, dass das Oberverwaltungsgericht gerade für jenes Jahr nicht nur schriftliche Verträge für Getreidekäufe und die Verpachtung von Ställen vermisst hat, sondern auch für den Verkauf von Tieren (Seite 52 des Urteilsabdrucks) und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es unüblich sei, Verträge in dieser Größenordnung nicht schriftlich abzufassen und Viehhandel ohne Aufstellung der einzelnen Tiere mit Ohrmarkennummern und Gewichtsangaben zu betreiben.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG.

Kley

Dr. Wysk

Rothfuß

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