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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 05.06.2012, Az.: BVerwG 4 B 28.11
Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf Erteilung einer Baugenehmigung als Teil eines Antrags auf Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf Bekanntgabe der Baugenehmigung zu den geltend gemachten Zeitpunkten
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 05.06.2012
Referenz: JurionRS 2012, 18136
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 28.11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Hamburg - 25.05.2011 - AZ: OVG 2 Bf 389/05

BVerwG, 05.06.2012 - BVerwG 4 B 28.11

In der Verwaltungsstreitsache
des Herrn ...,
...,
Klägers, Berufungsklägers und Beschwerdeführers,
- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Klemm & Partner,
Reetwerder 23 A, 21029 Hamburg -
gegen
die Freie und Hansestadt Hamburg,
vertreten durch das Bezirksamt Bergedorf,
Wentorfer Straße 38, 21029 Hamburg,
Beklagte, Berufungsbeklagte und Beschwerdegegnerin,
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Juni 2012
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und Dr. Gatz
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 369 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler, dass das Oberverwaltungsgericht das (verbliebene) Feststellungsbegehren nicht im Wege der Klageänderung als zulässig angesehen hat. Sie meint, das Oberverwaltungsgericht habe die Bindungswirkung der vom Verwaltungsgericht bejahten Sachdienlichkeit der Klageänderung verkannt.

3

Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Das Oberverwaltungsgericht hat sich nicht über eine mögliche Bindung hinweggesetzt.

4

Das Verwaltungsgericht hat zu Gunsten des Klägers festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 19. April 2004, mit dem der Antrag des Klägers auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Einbau einer Wohnung in das Betriebsgebäude auf dem Grundstück Süderquerweg 402 in Hamburg abgelehnt worden ist, rechtswidrig war. Dagegen hat es die Klage abgewiesen, soweit sie auf die Feststellung gerichtet war, dass der Kläger ab 1. März 2004, hilfsweise zu näher bezeichneten Zeitpunkten im April/Mai 2004 einen Anspruch auf Bekanntgabe des Baugenehmigungsbescheids gehabt habe. Der entsprechende Antrag stelle eine Klageerweiterung dar, der die Beklagte nicht zugestimmt habe und die auch nicht sachdienlich sei. Sie könne daher nicht nach § 91 Abs. 1 VwGO als Klageänderung zugelassen werden.

5

Im Berufungsverfahren hat der Kläger beantragt,

das vorinstanzliche Urteil insoweit zu ändern, als die Klage abgewiesen worden ist, und festzustellen, dass er seit dem 1. März 2004, hilfsweise zu näher bezeichneten Zeitpunkten im April/ Mai 2004 einen Anspruch auf Bekanntgabe des Baugenehmigungsbescheids hatte (Berufungsbeschluss S. 11).

Mithin war nur noch der Teil des Prozessstoffs im Berufungsverfahren anhängig, hinsichtlich dessen bereits das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit der Klageänderung verneint hatte. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht deshalb darauf hingewiesen, dass sich der Kläger für die Begründung seiner Rechtsauffassung, dass die Klageänderung sachdienlich sei, nicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 1999 - BVerwG 4 C 4.98 - (BVerwGE 109, 74) berufen könne; denn die Besonderheit jenes Verfahrens, dass die Vorinstanz die Sachdienlichkeit schon bejaht hatte, sei hier nicht gegeben (BA S. 18).

6

2. Auch die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe das rechtliche Gehör verletzt, da es wesentlichen Sachvortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen habe, bleibt ohne Erfolg.

7

Zu Unrecht hält der Kläger dem Oberverwaltungsgericht vor, seinen Vortrag, die Begriffe "Erteilung" und "Bekanntgabe" seien deckungsgleich, nicht zur Kenntnis genommen haben. Das Oberverwaltungsgericht hat erwogen ("Aber auch dann, wenn ...", BA S. 18), das Feststellungsbegehren als Antrag auf Feststellung auszulegen, dass dem Kläger zu bestimmten Zeitpunkten ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Einbau einer Wohnung zugestanden habe. Diese Auslegung hat es aber letztlich nicht für geboten erachtet. Es ist der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt, in dem - nicht sachdienlichen - Antrag auf Feststellung, dass dem Kläger zu den geltend gemachten Zeitpunkten ein Anspruch auf Bekanntgabe der Baugenehmigung zugestanden habe, sei der - sachdienliche - Antrag enthalten, dass wenigstens ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung bestanden habe. Denn es hat einen Sachverhalt verneint, der durch die Besonderheit gekennzeichnet sei, dass die Vorinstanz die Sachdienlichkeit schon bejaht habe.

8

Auch in Bezug auf den Vortrag des Klägers, nach seiner Auffassung seien die Bauvorlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt vollständig gewesen (und dies sei überdies unstreitig), ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, auf der der angegriffene Beschluss beruhen könnte, nicht erkennbar. Denn das Oberverwaltungsgericht gelangt aus Rechtsgründen zu dem Ergebnis, der Streitstoff des ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens sei nicht identisch mit dem Streitstoff, der dem jetzigen Feststellungsbegehren zugrunde liege (BA S. 17). Vor diesem Hintergrund benennt es zur Verdeutlichung des unterschiedlichen Entscheidungsgegenstands verschiedene mögliche Umstände, die weiterer Aufklärung bedürften, wenn die Klageänderung als sachdienlich angesehen würde (BA S. 18). Dabei ist erneut zu beachten, dass das Oberverwaltungsgericht als entscheidungserheblichen Zeitpunkt für das ursprüngliche Verpflichtungsbegehren auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abstellt (BA S. 15/16). Sachverhalte, die sich auf einen früheren Zeitpunkt beziehen, waren nach seiner Auffassung nicht entscheidungserheblich und bedurften folgerichtig keiner Ermittlung oder vertieften Darstellung. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs scheidet daher aus.

9

Soweit das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf mögliche (nicht festgestellte) Auswirkungen des Verfahrens über die Baueinstellungsverfügung eingeht (BA S. 18), konnte der Kläger über eine derartige - ohnehin nicht tragende - Argumentation entgegen der Beschwerdebegründung (S. 14 f.) auch nicht überrascht sein.

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3. Der Kläger rügt ferner als verfahrensfehlerhaft, dass das Oberverwaltungsgericht - unabhängig von der Bindungswirkung (hierzu oben 1.) - die Sachdienlichkeit der Klageänderung verneint hat. Auch insoweit bleibt die Rüge ohne Erfolg, weil sie ins Leere geht. Sie ist darauf gemünzt, ob das Oberverwaltungsgericht den Antrag auf Feststellung, dass der Kläger zu bestimmten Zeitpunkten die Erteilung einer Baugenehmigung habe beanspruchen können, als sachdienliche Klageänderung hätte behandeln müssen. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Antrag aber nicht als gestellt erachtet (s. oben).

11

4. Das Beschwerdevorbringen ergibt auch nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen wäre.

12

Der Antragsteller wirft die Frage auf, ob aus § 91 Abs. 3 VwGO die Bindung des Rechtsmittelgerichts an die vom Vorgericht bejahte Sachdienlichkeit einer Klageänderung folgt, wenn die Beklagtenseite dieselbe nicht anficht.

13

Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn aus den unter 1. dargelegten Gründen hat das Oberverwaltungsgericht nicht gegen eine - mögliche - Bindungswirkung verstoßen.

14

5. Auch die Divergenzrüge bleibt erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat dem vom Kläger in Bezug genommenen Rechtssatz aus dem Urteil vom 28. April 1999 - BVerwG 4 C 4.98 - (BVerwGE 109, 74 <78>), mit der Feststellungsklage könne auch die Rechtslage vor Klageerhebung erfasst werden, keinen abweichenden Rechtssatz gegenübergestellt. Es hat die Sachdienlichkeit der Klageänderung nicht deshalb verneint, weil die Feststellung der Rechtslage vor Einleitung des Klageverfahrens aus Rechtsgründen ausgeschlossen wäre, sondern mit der Begründung, dass eine Klageänderung im vorliegenden Verfahren zu weiteren erforderlichen Ermittlungen führen würde, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits vor der Antragsumstellung nicht angekommen sei (BA S. 19).

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Prof. Dr. Rubel

Dr. Jannasch

Dr. Gatz

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