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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 02.04.2013, Az.: BVerwG 4 BN 37.12
Klärungsbedürftigkeit der Frage der Wirksamkeit einer bauplanerischen Festsetzung ex nunc wegen Vollzugsunfähigkeit oder ex tunc wegen Funktionslosigkeit bzgl. Wirtschaftlichkeit der Höhenbegrenzung von Windkraftanlagen
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 02.04.2013
Referenz: JurionRS 2013, 34379
Aktenzeichen: BVerwG 4 BN 37.12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OVG Nordrhein-Westfalen - 04.07.2012 - AZ: 10 D 47/10.NE

Fundstellen:

BauR 2013, 1253-1254

ZfBR 2013, 571-572

BVerwG, 02.04.2013 - BVerwG 4 BN 37.12

Redaktioneller Leitsatz:

Es ist hinreichend geklärt, dass die Fläche, die der Errichtung von Windkraftanlagen vorbehalten ist, bauplanungsrechtlich nicht so beschaffen sein muss, dass sie wirtschaftlich eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht vielmehr aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben sind.

In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. April 2013
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Decker
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 80 000 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 VwGO gestützte Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Antragsteller beimessen.

3

1.1 Als grundsätzlich klärungsbedürftig werfen die Antragsteller die Frage auf, ob eine bauplanerische Festsetzung ex nunc wegen Vollzugsunfähigkeit oder ex tunc wegen Funktionslosigkeit unwirksam ist, wenn sich die zugelassene Nutzung auf unabsehbare Zeit als unwirtschaftlich erweise, und machen unter Benennung von Kriterien zur Bestimmung der Wirtschaftlichkeit geltend, die im Flächennutzungsplan dargestellte Höhenbegrenzung für Windenergieanlagen in der Konzentrationszone auf 100 m führe zur objektiven Unwirtschaftlichkeit der Windenergienutzung, weil sich der Betrieb entweder als komplett unwirtschaftlich erweise oder jedenfalls nur eine Kapitalrendite von unter 4% zulasse (Beschwerdebegründung S. 2 - 21).

4

Mit diesem Vortrag wird ein revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf nicht aufgezeigt. Die Antragsteller setzen lediglich ihre Einschätzung, dass die dargestellte Höhenbegrenzung einen wirtschaftlichen Betrieb von Windenergieanlagen nicht erlaube, der tatrichterlichen Würdigung des Oberverwaltungsgerichts entgegen. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht festgestellt, dass sich der Betrieb von Windenergieanlagen in der Konzentrationszone aufgrund der Höhenbegrenzung auf unabsehbare Zeit als unwirtschaftlich erweist. Es hat vielmehr dargelegt, dass sich in den in der 25. Änderung des Flächennutzungsplans dargestellten Windkonzentrationszonen derzeit durchaus nennenswerte Gewinne - etwa in der Größenordnung zwischen 3 bis 4% - erzielen lassen (UA S. 19) und im Hinblick auf den von den Antragstellern gestellten Beweisantrag ausgeführt, dass selbst wenn sich nach den tatsächlichen Umständen nur eine Eigenkapitalrendite von unter 4% erzielen lasse, gleichwohl kein grober und einigermaßen offensichtlicher, von keiner nachvollziehbaren Konzeption getragener planerischer Missgriff vorläge, der zur Verneinung der Planrechtfertigung führen würde (UA S. 19 f.). Darüber hinaus hat es bei der Prüfung des Abwägungsergebnisses (UA S. 28) festgestellt, dass im Gemeindegebiet mittlerweile eine Reihe von Windkraftanlagen mit einer das Maß von 100 m unterschreitenden Gesamthöhe betrieben würden, davon drei nach dem Inkrafttreten der 25. Änderung des Flächennutzungsplans, und aus dem Umstand, dass die Vorstellungen des Plangebers nach Inkrafttreten des Bauleitplans nicht nur vereinzelt, sondern an verschiedenen Standorten umgesetzt werden, geschlossen, dass die zugelassene Nutzung nicht an ihrer unzureichenden Wirtschaftlichkeit scheitere. Das Oberverwaltungsgericht hat dabei erkennbar die in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Maßstäbe zugrunde gelegt (Urteil vom 29. September 1978 - BVerwG 4 C 30.76 - BVerwGE 56, 283 <289 f.>; vgl. auch Urteil vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 <214> m.w.N.). Damit setzt sich die Beschwerde ungeachtet ihres ausführlichen Vortrags nicht auseinander, insbesondere zeigt sie nicht auf, dass die Rechtsprechung des Senats einer Weiterentwicklung bedürfte, sondern behauptet der Sache nach nur, die Annahme eines "nennenswerten" Gewinns und die Schlussfolgerungen des Oberverwaltungsgerichts, die es aus der (freiwilligen) Verwirklichung der planerischen Festsetzung zieht, seien verfehlt, weil eine betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise unter Berücksichtigung aktueller Kapitalmarktbedingungen geboten sei.

5

1.2 Die unter dem Stichwort "substantielle Chance" aufgeworfene Grundsatzrüge (Beschwerdebegründung S. 22 - 25) deckt sich ungeachtet der Anknüpfung an § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB und der im Wortlaut abweichend formulierten "These" im Wesentlichen mit dem Vortrag der Antragsteller zur ersten Grundsatzrüge. Soweit die Antragsteller "gesteigerte Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit der Windenergienutzung" geltend machen und meinen, aus § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB folge, dass die Flächen "in besonderer Weise wirtschaftlich effektiv genutzt werden können" (Beschwerdebegründung S. 24), verkennen sie, dass in der Rechtsprechung geklärt ist, dass die Fläche, die der Errichtung von Windkraftanlagen vorbehalten ist, nicht so beschaffen sein muss, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben sind (Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <290>).

6

2. Die Divergenzrüge (Beschwerdebegründung S. 25 - 29) genügt nicht den Darlegungsanforderungen i.S.d. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Beschwerde zitiert zwar Rechtssätze aus den in Bezug genommenen Entscheidungen des Senats. Es fehlt jedoch an der Benennung eines Rechtssatzes des Oberverwaltungsgerichts, der in Widerspruch zu diesen Rechtssätzen steht. Den Rechtssatz, "dass es für die Wirtschaftlichkeit eines Projekts ausreiche, wenn irgendeine Rendite erzielt werden könne", auf den die Beschwerde wohl auch in ihrem Schriftsatz vom 27. November 2012 verweist, hat das Oberverwaltungsgericht ebenso wenig aufgestellt wie den Satz "Auf deren Höhe käme es nicht an". Sollten sich die Ausführungen der Beschwerde auf den Rechtssatz beziehen "Ob sich hingegen mit dem Betrieb einer den Darstellungen der 25. Änderung des Flächennutzungsplans entsprechenden Windkraftanlage auch eine Eigenkapitalrendite bestimmter Höhe erzielen lässt, ist für die Frage der Erforderlichkeit der Planung ohne Belang" (UA S. 19), fehlt es wiederum an der Darlegung eines Rechtssatzes aus den in Bezug genommenen Entscheidungen, der hierzu im Widerspruch steht. Die zitierten Entscheidungen enthalten - entgegen der Auffassung der Antragsteller (Beschwerdebegründung S. 28) - keine Aussage dazu, dass die Vollzugsfähigkeit der Planung die Erzielung einer Eigenkapitalrendite bestimmter Höhe voraussetzt.

7

3. Die Verfahrensrüge, mit der die Antragsteller geltend machen, das Oberverwaltungsgericht habe ihre Beweisanträge zu.U.nrecht abgelehnt, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.

8

Nach der für die Beurteilung eines Verfahrensfehlers maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts betrifft die Frage nach einem angemessenen Verhältnis zwischen dem vom Betreiber einer Windenergieanlage eingesetzten Eigenkapital und dem für ihn erzielbaren Gewinn - solange überhaupt ein nennenswerter Gewinn erwartet werden könne, was das Oberverwaltungsgericht bejaht - nicht die grundsätzliche Durchführbarkeit der Planung, so dass es den Beweisantrag, soweit mit dem Beweisergebnis die Erforderlichkeit der Planung widerlegt werden sollte, wegen Unerheblichkeit abgelehnt hat (UA S. 20). Als unerheblich hat es den Beweisantrag auch mit Blick auf einen etwaigen Fehler des Abwägungsergebnisses angesehen (UA S. 28). Nur ergänzend ("darüber hinaus") hat es den Beweisantrag als unsubstantiiert abgelehnt. Das erkennt die Beschwerde zwar, beschränkt sich aber gleichwohl darauf, geltend zu machen, der Antrag sei hinreichend substantiiert gewesen. Da diese Begründung hinweggedacht werden kann, ohne dass damit der Ablehnungsgrund der Unerheblichkeit der beantragten Beweiserhebung entfiele, genügt die Verfahrensrüge nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Rügen, mit denen die Antragsteller die maßgebliche Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts versuchen in Frage zu stellen, bleiben - wie dargelegt - ohne Erfolg. Vor diesem Hintergrund hatte das Oberverwaltungsgericht - wie es selbst angemerkt hat (UA S. 28) - auch keinen Anlass auf den Gehalt der zur Stützung des Beweisantrags angegebenen Indiztatsachen und die insoweit formulierten Beweisangebote der Antragsteller einzugehen.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Prof. Dr. Rubel

Dr. Bumke

Dr. Decker

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