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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 01.03.2011, Az.: BVerwG 1 B 2.11
Vereinbarkeit eines erhöhten Ausweisungsschutzes für Ausländer der zweiten Generation i.S.d. § 56 Abs. 1 Nr. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) mit Art. 3 GG
Gericht: BVerwG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 01.03.2011
Referenz: JurionRS 2011, 12955
Aktenzeichen: BVerwG 1 B 2.11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

VGH Bayern - 23.11.2010 - AZ: 10 B 09.731

VG Darmstadt - 13.12.2010 - AZ: 1 L 1148/10.DA

nachgehend:

VGH Hessen - 28.04.2011 - AZ: 1 B 508/11.R

BVerfG - 28.11.2011 - AZ: 2 BvR 1181/11

Rechtsgrundlagen:

Art. 3 GG

§ 56 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG

Art. 8 EMRK

BVerwG, 01.03.2011 - BVerwG 1 B 2.11

In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. März 2011
durch
die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und Prof. Dr. Kraft
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. November 2010 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie Abweichungen von näher bezeichneten Entscheidungen verschiedener Gerichte (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend gemacht werden, bleibt ohne Erfolg.

2

1.

Wird die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begehrt, setzt die hinreichende Darlegung dieses Zulassungsgrundes gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und sowohl für das Berufungsurteil als auch die angefochtene Revisionsentscheidung entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus und verlangt außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr, vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 m.w.N.). Diesen Darlegungsanforderungen genügt das Vorbringen der Beschwerde nicht.

3

Die Beschwerde macht geltend, die Auffassung des Beklagten, der erhöhte Ausweisungsschutz gelte nur für Ausländer der zweiten Generation, verstoße gegen Art. 3 GG. Diese Auslegung sei von grundsätzlicher Bedeutung, denn die Trennung nach Ausländern erster und zweiter Generation und das Abstellen auf den Geburtsort erwiesen sich als willkürlich. Mit diesem und dem weiteren Vorbringen legt die Beschwerde keine klärungsbedürftige Rechtsfrage zur Auslegung des § 56 AufenthG dar, die sich für das Berufungsgericht in entscheidungserheblicher Weise gestellt hat. Eine solche ist mit Blick auf die Unterscheidung zwischen Ausländern erster und zweiter Generation auch nicht ansatzweise ersichtlich, da der Kläger zu keiner Zeit im Besitz eines der in den verschiedenen Tatbeständen des § 56 AufenthG genannten Aufenthaltstitel gewesen, sondern seit dem erfolglosen Abschluss seines Asylverfahrens lediglich geduldet worden ist.

4

2.

Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat; für die behauptete Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes) gilt Entsprechendes. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. m.w.N.).

5

a)

Soweit die Beschwerde eine Abweichung von näher bezeichneten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte rügt, ist die Divergenzrüge bereits deshalb unzulässig, weil der Gerichtshof nicht zu den in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichten zählt. Im Übrigen hat sich das Berufungsgericht bei Überprüfung des von dem Beklagten ausgeübten Ausweisungsermessen an den Kriterien orientiert, die in den von der Beschwerde benannten Entscheidungen im Hinblick auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu Art. 8 EMRK entwickelt worden sind. Schließlich entspricht es auch der Rechtsprechung des beschließenden Senats, dass ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt (Urteile vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 3.08 - Buchholz 402.242 § 5 AufenthG Nr. 5 Rn. 20 und vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 1 C 18.09 - [...] Rn. 14).

6

b)

Die behauptete Abweichung von dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2003 - 2 BvR 397/02 - (NVwZ 2003, 1250) ist nicht ordnungsgemäß dargelegt. Die Beschwerde übersieht, dass diese Entscheidung die Auslegung der Strafvorschrift des § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG 1990 wegen unerlaubten Aufenthalts betrifft. Der Kläger ist jedoch nicht wegen unerlaubten Aufenthalts, sondern gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG wegen unterlassener Angaben verurteilt worden.

7

c)

Die Rüge einer Abweichung von der "Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, hier 1 C 32.06" verfehlt die Darlegungsanforderungen. Unter diesem Aktenzeichen hat der Senat mit Beschluss vom 25. Oktober 2006 die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, um den Anwendungsbereich des § 25 Abs. 5 AufenthG und des Art. 8 EMRK weiter zu klären und hat dem damaligen Kläger Prozesskostenhilfe gewährt. Mit Beschluss vom 25. Januar 2007 wurde der Wert des Streitgegendstands für das Revisionsverfahren vorläufig auf 5 000 € festgesetzt und mit Beschluss vom 24. Mai 2007 das Revisionsverfahren nach Rücknahme der Revision eingestellt. Alle genannten Beschlüsse enthalten keine divergenzfähigen Rechtssätze.

8

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Eckertz-Höfer
Richter
Prof. Dr. Kraft

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