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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 21.03.2011, Az.: 2 BvR 301/11
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist im Falle einer Entscheidungsfällung ohne Möglichkeit einer Stellungnahme zu der Stellungnahme der Gegenseite verletzt
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 21.03.2011
Referenz: JurionRS 2011, 14712
Aktenzeichen: 2 BvR 301/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Nördlingen - 22.10.2010 - AZ: 2 NöStVK 565/10

OLG München - 21.12.2010 - AZ: 4 Ws 168/10 (R)

Rechtsgrundlage:

Art. 103 Abs. 1 GG

Verfahrensgegenstand:

Verfassungsbeschwerde
des Herrn M...
gegen

  1. a)

    den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 21. Dezember 2010 - 4 Ws 168/10 (R) -,

  2. b)

    den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungs- kammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen vom 22. Oktober 2010 - 2 NöStVK 565/10 -,

  3. c)

    den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungs- kammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Nördlingen vom 22. September 2010 - 2 NöStVK 565/10 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

BVerfG, 21.03.2011 - 2 BvR 301/11

In dem Verfahren
...
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts
durch
den Richter Mellinghoff,
die Richterin Lübbe-Wolff und
den Richter Huber
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG
in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473)
am 21. März 2011
einstimmig
beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

1.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Beschwerdeführer den Rechtsweg nicht erschöpft hat.

2

Zum Rechtsweg, der grundsätzlich vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde erschöpft sein muss (§ 90 Abs. 2 BVerfGG), gehört auch die Erhebung einer Anhörungsrüge (vgl. BVerfGE 122, 190 [BVerfG 25.11.2008 - 1 BvR 848/07]<198>; BVerfGK 5, 337 <338>). Der Beschwerdeführer trägt vor, das Oberlandesgericht habe entschieden, ohne ihm zuvor die Ausführungen des Generalstaatsanwalts im Verfahren zur Kenntnis gegeben zu haben. Damit macht er substantiiert eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend. Die Verfahrensbeteiligten müssen grundsätzlich Gelegenheit haben, sich zu Stellungnahmen der Gegenseite in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (vgl. BVerfGE 19, 32 [BVerfG 11.05.1965 - 2 BvR 242/63]<36>; 49, 325 <328>; BVerfGK 7, 438 <441>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. August 1992 - 2 BvR 628/92 -, [...]; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, S. 580; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2009 - 2 BvR 1575/09 -, [...]). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist daher verletzt, wenn das Gericht einem Verfahrensbeteiligten, bevor es eine für ihn ungünstige Entscheidung trifft, keine Gelegenheit gibt, zu der im Verfahren abgegebenen Stellungnahme der Gegenseite Stellung zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, [...]). Dies gilt - auch wenn der Gehörsverstoß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Aufhebung der ergangenen Entscheidung nur unter der Voraussetzung führt, dass sie auf dem Verstoß beruht (vgl. BVerfGE 7, 239 [BVerfG 23.01.1958 - 1 BvR 271/57]<241>; 13, 132 <145>; 52, 131 <152 f.>; 89, 381 <392 f.>; stRspr; s. aber auch EGMR, Urteil vom 21. Februar 2002, Ziegler v. Switzerland, Appl. no. 33499/96, Rn. 38; Urteil vom 19. Mai 2005, Steck-Risch et al. v. Liechtenstein, Appl. no. 63151/00, Rn. 57) - unabhängig davon, ob unter den gegebenen Umständen von der Möglichkeit auszugehen ist, dass eine mögliche Gegenstellungnahme Einfluss auf das Entscheidungsergebnis gewinnt, oder nicht, denn der grundrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör dient nicht nur der Gewährleistung sachrichtiger Entscheidungen, sondern auch der Wahrung der Subjektstellung der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 107, 395 [BVerfG 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02]<409>; EGMR, jew. a.a.O.).

3

Der Vortrag des Beschwerdeführers, von der Erhebung einer Anhörungsrüge habe er abgesehen, weil das Oberlandesgericht ihm die Stellungnahme trotz mehrfacher Rügen nicht übersandt habe, macht die Erschöpfung des Rechtswegs nicht entbehrlich.

4

2.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

5

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Mellinghoff
Lübbe-Wolff
Huber

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