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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 20.03.2013, Az.: 2 BvR 2941/12
Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 20.03.2013
Referenz: JurionRS 2013, 41862
Aktenzeichen: 2 BvR 2941/12
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Leipzig - 07.12.2012 - AZ: TG IIb StVK 41/12

Fundstelle:

StV 2014, 351

BVerfG, 20.03.2013 - 2 BvR 2941/12

Redaktioneller Leitsatz:

Trotz der substantiierten Geltendmachung einer Grundrechtsverletzung muss eine Verfassungsbeschwerde, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, nicht zur Entscheidung angenommen werden, wenn dem Beschwerdeführer durch die Nichtannahme jedenfalls kein besonders schwerer Nachteil entsteht.

In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn T...
gegen
den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Leipzig mit Sitz in Torgau vom 7. Dezember 2012 - TG IIb StVK 41/12 -
und
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Lübbe-Wolff,
den Richter Landau
und die Richterin Kessal-Wulf
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 20. März 2013 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird - ohne dass es einer Entscheidung über den ursprünglich gestellten Eilantrag bedürfte - nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

1. Einer Entscheidung über den ursprünglich gestellten Eilantrag bedarf es nicht, weil er sich mit dem Ergehen der angegriffenen Entscheidung erledigt hat und der Beschwerdeführer ihn nicht aufrechterhält.

2

2. Die Verfassungsbeschwerde, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil dem Beschwerdeführer durch die Nichtannahme jedenfalls kein besonders schwerer Nachteil entsteht.

3

a) Zwar hat der Beschwerdeführer substantiiert geltend gemacht, der angegriffene Beschluss verletze ihn in Grundrechten.

4

Unabhängig von der Frage, ob die Strafvollstreckungskammer ohne Willkür davon ausgehen konnte, dass die Verlegung des Beschwerdeführers auf die Station C4 ohne Ermessensfehler zum Belastungsausgleich angeordnet worden war, ist fraglich, ob die Strafvollstreckungskammer hinreichend geprüft hat, ob in der "Verweigerung" seitens des Beschwerdeführers ein Pflichtverstoß lag. Denn weder aus dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer noch aus den ihr vorliegenden Unterlagen ging eindeutig hervor, welchem Ansinnen der Beschwerdeführer sich verweigert hatte. Der Beschwerdeführer hatte geltend gemacht, er habe seine Zustimmung zu der Verlegung verweigert. Sollte seine Weigerung nicht weiter als bis hierher gegangen sein, könnte darin ein Pflichtverstoß von vornherein nicht gesehen werden, denn auch soweit der Gefangene verpflichtet ist, Anweisungen der Justizvollzugsanstalt Folge zu leisten, ist er nicht verpflichtet, ihnen im Sinne der Herstellung eines Einvernehmens "zuzustimmen" und sich damit der Möglichkeit zu begeben, die Anweisung gerichtlich überprüfen zu lassen. Es ist vielmehr Sache der Strafvollstreckungskammer, Gefangene davor zu schützen, dass eine Justizvollzugsanstalt Gefangene mit Nachteilen wegen der Verweigerung einer solchen Zustimmung überzieht und auf diese Weise Druck in Richtung auf einen Verzicht auf das Geltendmachen von Rechten ausübt.

5

Bedenken weckt auch, dass die Strafvollstreckungskammer die anschließend mit der Konsequenz des Ausbildungsabbruchs erfolgte Verlegung des Beschwerdeführers auf die Sicherheitsstation A1 - unter Verweis auf die vom Beschwerdeführer gezeigte "Renitenz", sein Leiden an ADHS und seine vor der Inhaftierung begangenen Straftaten - wegen einer Gefährdung von Sicherheit und Ordnung der Anstalt gerechtfertigt angesehen hat. Denn die "Renitenz" des Beschwerdeführers bestand - auch nach dem Vortrag der Justizvollzugsanstalt - allein darin, dass er erklärt hatte, der Verlegung nicht zuzustimmen, und die Justizvollzugsanstalt hatte sich für ihre Entscheidung, den Beschwerdeführer auf die Station A1 zu verlegen, weder auf die ADHS-Störung des Beschwerdeführers noch auf dessen Vorleben berufen (vgl. zur Ersetzung der Gründe einer vollzugsbehördlichen Ermessensentscheidung durch die Strafvollstreckungskammer BVerfGK 8, 36 <45>; 9, 390 <397>).

6

b) Einer abschließenden Beurteilung in der Sache bedarf es jedoch nicht. Auch die Frage eines fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses und die Frage, ob der Beschwerdeführer gehalten gewesen wäre, vor Anrufung des Bundesverfassungsgerichts mit einer Anhörungsrüge gegen den angegriffenen Beschluss vorzugehen, können offenbleiben. Denn nachdem der Beschwerdeführer - der bereits im September 2012 erklärt hatte, die Ausbildung, an deren Fortsetzung er durch die anstaltsinterne Verlegung gehindert wurde, nicht fortsetzen, sondern lieber "etwas mit Computern" machen zu wollen - kurze Zeit nach Ergehen des angegriffenen Beschlusses wunschgemäß in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt worden ist, um eine Ausbildung zum Betriebsinformatiker zu absolvieren, entsteht ihm durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde jedenfalls kein schwerer Nachteil (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Lübbe-Wolff

Landau

Kessal-Wulf

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