Beschl. v. 14.03.2012, Az.: 2 BvQ 14/12
BVerfG, 14.03.2012 - 2 BvQ 14/12
Redaktioneller Leitsatz:
Ein grundrechtlich geschütztes Recht, der Bundesversammlung sich selbst als Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl vorzuschlagen, steht jemandem, der nicht Mitglied der Bundesversammlung ist, offenkundig nicht zu.
In dem Verfahren
über den Antrag
im Wege der einstweiligen Anordnung
den Präsidenten der Bundesversammlung zu verpflichten, den Antragsteller ohne Vorschlag eines Mitgliedes der Bundesversammlung für die Bundespräsidentenwahl am 18. März 2012 zuzulassen, dem Antragsteller 20 Minuten Redezeit vor der Bundesversammlung einzuräumen und alle Mitglieder der Bundesversammlung eine Woche vor dem Zusammentreten der Bundesversammlung von der Kandidatur des Antragstellers zu unterrichten.
Antragsteller: S...
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Lübbe-Wolff,
den Richter Huber
und die Richterin Kessal-Wulf
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 14. März 2012 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Nach § 32 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes hat die einstweilige Anordnung auch im verfassungsgerichtlichen Verfahren die Aufgabe, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern; sie soll auf diese Weise dazu beitragen, Wirkung und Bedeutung einer erst noch zu erwartenden Entscheidung in der Hauptsache zu sichern und zu erhalten (vgl. BVerfGE 42, 103 <119>). Deshalb kann eine einstweilige Anordnung nicht erlassen werden, wenn in der Hauptsache eine Verfassungsbeschwerde unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist (vgl. BVerfGE 89, 91 [BVerfG 06.07.1993 - 1 BvR 1174/90] <94>; BVerfGK 1, 103 <105>; stRspr).
Dies ist hier der Fall. Eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde wäre jedenfalls offensichtlich unbegründet. Ein grundrechtlich geschütztes Recht, der Bundesversammlung sich selbst als Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl vorzuschlagen, aus dem sich die Verfassungswidrigkeit der entgegenstehenden Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung (BPräsWahlG) ergäbe, steht dem Beschwerdeführer, der nicht Mitglied der Bundesversammlung ist, offenkundig nicht zu. Zur von Art. 38 Abs. 1 GG gewährleisteten Wahlfreiheit gehört zwar auch ein grundsätzlich freies Wahlvorschlagsrecht für alle Wahlberechtigten, denn die Möglichkeit, Wahlvorschläge zu machen, ist ein Kernstück des Bürgerrechts auf aktive Teilhabe an der Wahl (vgl. BVerfGE 41, 399 [BVerfG 09.03.1976 - 2 BvR 89/74] <417>). Daraus folgt jedoch - unabhängig von der Frage, inwieweit die Grundsätze, die Art. 38 Abs. 1 GG für die Wahlen zum Deutschen Bundestag (vgl. BVerfGE 99, 1 [BVerfG 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95] <7>) aufstellt, als Ausprägungen des Demokratieprinzips und des allgemeinen Gleichheitsgrundrechts (Art. 3 Abs. 1 GG, vgl. etwa BVerfGE 51, 222 <234 f.>; 60, 162 <167>) auch auf andere Wahlen anzuwenden sind - das vom Beschwerdeführer beanspruchte Selbstvorschlagsrecht schon deshalb nicht, weil der Beschwerdeführer nicht zu den bei der Wahl des Bundespräsidenten aktiv Wahlberechtigten gehört. Der Bundespräsident wird gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG von der Bundesversammlung gewählt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Lübbe-Wolff
Huber
Kessal-Wulf
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