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Bundesverfassungsgericht
Beschl. v. 02.03.2011, Az.: 2 BvR 194/11
Vorläufige Regelung durch einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts zur Abwehr schwerer Nachteile oder Gebotenheit aus anderen wichtigen Gründen
Gericht: BVerfG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 02.03.2011
Referenz: JurionRS 2011, 21138
Aktenzeichen: 2 BvR 194/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Halle - 22.09.2010 - AZ: 7 StVK 40/2010

OLG Naumburg - 29.12.2010 - AZ: 1 Ws 742/10

Rechtsgrundlage:

§ 32 Abs. 1 BVerfGG

Verfahrensgegenstand:

Verfassungsbeschwerde des Herrn P

  1. a)

    Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. Dezember 2010 - 1 Ws 742/10 - ,

  2. b)

    Beschluss des Landgerichts Halle vom 22. September 2010 - 7 StVK 40/2010 h i e r : Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

BVerfG, 02.03.2011 - 2 BvR 194/11

Redaktioneller Leitsatz:

Eine einstweilige Anordnung im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG kann nur ergehen, wenn nach der Abwägung zwischen den Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die zugehörige Verfassungsbeschwerde später aber Erfolg hätte, und den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde der Erfolg aber zu versagen wäre, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe deutlich überwiegen.

In dem Verfahren
...
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts
durch
den Richter Mellinghoff,
die Richterin Lübbe-Wolff und
den Richter Huber
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG
in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473)
am 2. März 2011
einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

2

Dabei haben die Gründe, die der Antragsteller für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts anführt, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Die besonderen Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfGE 88, 25 [BVerfG 15.12.1992 - 1 BvR 1534/92]<35>; stRspr), liegen hier nicht vor.

3

Es sind daher die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die zugehörige Verfassungsbeschwerde später aber Erfolg hätte, gegen die Nachteile abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde der Erfolg aber zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 91, 70 [BVerfG 03.05.1994 - 2 BvR 2760/93]<74 f.>; 92, 126 <129 f.>; 93, 181 <186 f.>; stRspr). Eine einstweilige Anordnung kann nur ergehen, wenn in dieser Abwägung die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe deutlich überwiegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Juli 2008 - 2 BvR 1198/08 -, [...]). Das ist hier nicht der Fall.

4

Der Antrag des Beschwerdeführers ist der Sache nach auf seine Rückverlegung in die Justizvollzugsanstalt V. gerichtet.

5

Ergeht die einstweilige Anordnung nicht, erweist sich die Verfassungsbeschwerde jedoch später als begründet, so muss der Antragsteller, der sich gegenwärtig in der Justizvollzugsanstalt B. befindet, vorerst weiter die geltend gemachte erhebliche verlegungsbedingte Erschwerung des Kontakts zu seinen Kindern hinnehmen. Darin liegt eine Belastung von erheblichem Gewicht.

6

Erginge dagegen die einstweilige Anordnung, bliebe aber die Verfassungsbeschwerde später ohne Erfolg, so würde die Freiheitsstrafe bis auf Weiteres in der Justizvollzugsanstalt V. vollstreckt, obwohl, wie in dieser Abwägungsvariante hypothetisch zu unterstellen ist, die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt B. - einschließlich der zugrundeliegenden Entscheidung über die Auswahl der zu verlegenden Gefangenen - durch vollzugsorganisatorische Belange, verbunden mit der notwendigen Rücksicht auf grundrechtliche Belange sowohl des Beschwerdeführers als auch anderer Gefangener, geboten war. Die hierdurch voraussetzungsgemäß berührten Belange, unter anderem Sicherheitsfragen und grundrechtlich geschützte Belange anderer Gefangener (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2006 - 2 BvR 1983/05 -, [...]), sind gleichfalls von erheblichem Gewicht, so dass ein deutliches Überwiegen der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gesichtspunkte nicht festgestellt werden kann.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Mellinghoff
Lübbe-Wolff
Huber

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