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Bundessozialgericht
Beschl. v. 31.03.2015, Az.: B 5 R 438/14 B
Rente wegen Erwerbsminderung; Verfahrensverstöße im unmittelbar vorangehenden Rechtszug; Aufrechterhalten eines Beweisantrages; Gerichtliche Hinweispflichten
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 31.03.2015
Referenz: JurionRS 2015, 14998
Aktenzeichen: B 5 R 438/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Thüringen - 08.10.2014 - AZ: L 12 R 145/11

SG Meiningen - S 8 R 1858/08

BSG, 31.03.2015 - B 5 R 438/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Verfahrensmängel i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG sind Verstöße des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug; deshalb kann ein Verfahrensmangel, der dem SG unterlaufen ist, grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision rechtfertigen.

2. Ein Kläger muss auch im Berufungsverfahren zur Erreichung einer sachgerechten Entscheidung seines Rechtsstreits zunächst keine Beweisanträge stellen, weil das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat; vertraut er aber darauf und unterlässt er deshalb Beweisanträge, so kann er später im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geltend machen, das LSG habe nicht gesetzmäßig gehandelt.

3. Das Erfordernis, einen Beweisantrag zu stellen und bis zum Schluss des Berufungsverfahrens aufrechtzuerhalten, kann indes nicht mit der Rüge umgangen werden, das LSG habe Hinweispflichten aus den genannten Normen verletzt, weil es von Amts wegen nicht auf die Stellung angemessener und sachdienlicher Anträge hingewirkt habe.

4. Hinweispflichten, die nicht gestellten Beweisanträgen über den Umweg der §§ 106, 112 SGG zum Erfolg verhelfen könnten, existieren nicht.

in dem Rechtsstreit

Az: B 5 R 438/14 B

L 12 R 145/11 (Thüringer LSG)

S 8 R 1858/08 (SG Meiningen)

.....................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigte: ........................................,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland,

Kranichfelder Straße 3, 99097 Erfurt,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat am 31. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. B e r c h t o l d , die Richterin Dr. G ü n n i k e r und den Richter Dr. K o l o c z e k

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 8. Oktober 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 8.10.2014 hat das Thüringer LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG und Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

7

Die Klägerin misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,

"ob im Falle eines offensichtlichen, auf eine mangelnde Sachbearbeitung bzw. auf eine im Verantwortungsbereich der Rentenversicherung zurückzuführenden Lücke/Mangel im Rentenversicherungsverlauf es zu einer Beweislastumkehr in der Gestalt kommt, dass nunmehr dem Rentenversicherungsträger aufzuerlegen ist, nachzuweisen, dass die Lücken, wie im Versicherungsverlauf vermerkt, tatsächlich vorhanden sind".

8

Mit dieser Formulierung wird die Beschwerdebegründung schon dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Die Klägerin hat keine abstrakt generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG) gestellt (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag darauf zu analysieren, ob sich ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

9

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

10

Die Klägerin rügt unter mehreren Gesichtspunkten einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht iS von § 103 SGG. Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor:

11

Weder das SG Meiningen noch das LSG hätten ermittelt, ob der Arbeitsmarkt tatsächlich für sie im gesamten Bundesgebiet verschlossen sei. Erstinstanzlich habe sie vorgetragen, dass der Arbeitsmarkt für sie verschlossen sei, und insoweit den Sachbearbeiter der Bundesagentur für Arbeit, Herrn H., als Zeugen angeboten. Dem sei weder das erst- noch das zweitinstanzliche Gericht nachgekommen. Das LSG habe keinerlei Feststellungen dazu erhoben, ob sie, die Klägerin, noch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes im zeitlichen Rahmen erwerbstätig sein könne bzw ob bei ihr eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung ab Oktober 2007 vorliege, sodass eine Verweisungstätigkeit zu benennen wäre. Insoweit habe sie vorgetragen, dass sie aufgrund ihrer multiplen Allergien, ihrer Morbus-Crohn-Erkrankung sowie ihrer depressiven Erkrankung nicht mehr sämtliche Arbeiten ausführen könne. Hierzu habe das LSG keinerlei Ermittlungen durchgeführt. Insoweit wäre eine Untersuchung erforderlich gewesen, um zu klären, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen seien. Auch die sachverständigen Gutachter wären diesbezüglich nicht befragt worden. Nach dem Urteil des BSG vom 19.10.2011 (B 13 R 79/09 R [richtig B 13 R 78/09 R] BSGE 109, 189 = SozR 4-2600 § 43 Nr 16) hätte in der ersten Prüfungsstufe festgestellt werden müssen, ob ihr Restleistungsvermögen Verrichtungen oder Tätigkeiten erlaube, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert würden. Es hätten hierfür Arbeitsfelder oder Tätigkeiten der Art nach oder geeignete Tätigkeitsfelder, die sie ausführen könnte, benannt werden müssen. Hierzu seien keine Ermittlungen angestellt worden.

12

Des Weiteren habe das LSG den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, weil es davon ausgegangen sei, dass der sie, die Klägerin, betreffende, im Kontenklärungsbescheid der Beklagten vom 9.1.2014 für die Zeit bis 31.12.2007 festgestellte Versicherungsverlauf verbindlich sei. Das Berufungsgericht habe übersehen, dass gegen den Widerspruchsbescheid vom 28.8.2014 das Klageverfahren S 8 2176/14 vor dem SG Meiningen anhängig sei. Damit seien die Zeiten nicht verbindlich festgestellt. Das LSG hätte insoweit entweder die Kontenklärung innerhalb dieses Verfahrens vornehmen müssen oder dieses Verfahren bis zum Abschluss der Entscheidung über den Kontenklärungsbescheid aussetzen müssen.

13

Ein weiterer Verstoß gegen § 103 SGG liege in der Annahme des LSG, dass eine lückenlose Arbeitsunfähigkeit ab dem 12.8.2008 nicht nachgewiesen sei, obwohl sie, die Klägerin, die behandelnden Ärzte, ihren Ehemann und AU-Bescheinigungen als Beweis angeboten habe. Das LSG hätte eigene Ermittlungen anstellen müssen, insbesondere den Beweisanträgen der Klägerin folge leisten und die Zeugen vernehmen müssen. Zudem hätte das Berufungsgericht das beantragte ergänzende orthopädische Sachverständigengutachten durch Dr. M. einholen müssen. Darüber hinaus habe das LSG gegen § 103 SGG verstoßen, weil es nicht geprüft habe, ob ihre Erkrankung bzw Erwerbsminderung auf eine Berufskrankheit zurückzuführen sei. Ebenso habe das Berufungsgericht keine Ermittlungen zum Berufsschutz und damit zu einer Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit angestellt.

14

Mit diesem Vorbringen ist eine Verletzung des § 103 SGG nicht ordnungsgemäß bezeichnet.

15

Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG sind Verstöße des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug. Deshalb kann ein Verfahrensmangel, der dem SG unterlaufen ist, grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision rechtfertigen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 16a).

16

Soweit die Klägerin Verstöße des LSG gegen § 103 SGG rügt, hat sie zum Teil noch nicht einmal aufgezeigt, im Berufungsverfahren (prozessordnungsgemäße) Beweisanträge gestellt zu haben. Zwar muss ein Kläger auch im Berufungsverfahren zur Erreichung einer sachgerechten Entscheidung seines Rechtsstreits zunächst keine Beweisanträge stellen, weil das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat. Vertraut er aber darauf und unterlässt er deshalb Beweisanträge, so kann er später im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geltend machen, das LSG habe nicht gesetzmäßig gehandelt (vgl Krasney/Udsching, aaO, Kap IX RdNr 127). § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG bestimmt - wie bereits oben ausgeführt - ausdrücklich, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann auf eine Verletzung des § 103 SGG gestützt werden kann, wenn ein Beweisantrag vor dem LSG gestellt worden ist, dem das Berufungsgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

17

Im Übrigen ist die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie jedenfalls versäumt hat darzulegen, im Berufungsverfahren gestellte Beweisanträge bis zuletzt aufrechterhalten zu haben.

18

Ein Beweisantrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung vor Augen führen, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht von einem Beteiligten noch nicht als erfüllt angesehen wird. Wird ein Beweisantrag in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt, so ist er dann nicht iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG übergangen worden, wenn den näheren Umständen zu entnehmen ist, dass er in der maßgebenden mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt wurde. Dies ist bei rechtskundig vertretenen Beteiligten - wie der Klägerin - regelmäßig anzunehmen, wenn in der letzten mündlichen Verhandlung nur noch ein Sachantrag gestellt und der Beweisantrag nicht wenigstens hilfsweise wiederholt wird (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 35 S 73 mwN). Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen.

19

Ein für die Klägerin günstigeres Ergebnis der Beurteilung ihrer Aufklärungsrüge ergibt sich auch nicht aus dem von der Beschwerdebegründung zitierten Urteil des BSG vom 19.10.2011 (aaO). Die Rüge der Verletzung des § 103 SGG ist im Rahmen der Revisionsbegründung nicht in gleicher Weise wie bei der Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG beschränkt; insbesondere besteht keine Begrenzung auf Fälle, in denen im Berufungsverfahren ein Beweisantrag gestellt und aufrechterhalten wird (vgl Leitherer, aaO, § 164 RdNr 12a mwN).

20

Mit ihrem Vorbringen, das LSG habe keinen richterlichen Hinweis zu ggf noch erforderlichen Ermittlungen bezüglich der Frage der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes erteilt, rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung des § 106 Abs 1, § 112 Abs 2 S 2 SGG.

21

Das Erfordernis, einen Beweisantrag zu stellen und bis zum Schluss des Berufungsverfahrens aufrechtzuerhalten, kann indes nicht mit der Rüge umgangen werden, das LSG habe Hinweispflichten aus den genannten Normen verletzt, weil es von Amts wegen nicht auf die Stellung angemessener und sachdienlicher Anträge hingewirkt habe (BSG SozR 1500 § 160 Nr 13; BSG Beschluss vom 28.5.1997 - 9 BV 144/96 - NZS 1997, 592; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, vor § 60 RdNr 1h und Leitherer, aaO, § 160 RdNr 18c mwN). Hinweispflichten, die nicht gestellten Beweisanträgen über den Umweg der §§ 106, 112 SGG zum Erfolg verhelfen könnten, existieren nicht (vgl Senatsbeschlüsse vom 15.5.2012 - B 5 R 94/12 B - BeckRS 2012, 70292 RdNr 8 und vom 5.5.2010 - B 5 R 26/10 B - Juris RdNr 10 sowie BSG Beschluss vom 24.7.2002 - B 7 AL 228/01 B - Juris RdNr 6). Hält das Tatsachengericht eine Beweisaufnahme für notwendig, so hat es keinen entsprechenden Beweisantrag herbeizuführen, sondern den Beweis von Amts wegen auch ohne Antrag zu erheben. Lehnt es die Beweiserhebung dagegen ab, so muss es nicht kompensatorisch auf einen Beweisantrag hinwirken und damit helfen, eine Nichtzulassungsbeschwerde vorzubereiten (BSG SozR 1500 § 160 Nr 13; Becker, SGb 2007, 328, 331; Krasney/Udsching, aaO, Kap IX RdNr 132).

22

Auf eine Verletzung des § 109 SGG, die die Klägerin ebenfalls geltend macht, kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.

23

Mit ihrem - bereits oben im Rahmen der Sachaufklärungsrüge wiedergegebenen - Vortrag, das LSG hätte das Verfahren wegen des vor dem SG Meiningen unter dem Aktenzeichen S 8 2176/14 anhängigen Rechtsstreit gegen den Kontenklärungsbescheid der Beklagten aussetzen müssen, rügt die Klägerin schließlich sinngemäß eine Verletzung des § 114 Abs 2 S 1 SGG.

24

Nach dieser Vorschrift kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits ausgesetzt wird. Die Aussetzung steht im Ermessen des Gerichts. Wird die unterbliebene Aussetzung im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt, muss der Beschwerdeführer dartun, dass das Gericht wegen einer Ermessensreduzierung auf Null zur Aussetzung verpflichtet war (Keller, aaO, § 114 RdNr 9 mwN). Eine Entscheidung des LSG, dass im konkreten Rechtsstreit eine Aussetzung geboten ist, setzt voraus, dass das Gericht Kenntnis von den eine Aussetzung (möglicherweise) gebietenden Umständen hat. Dass dem LSG die Klage gegen den Kontenklärungsbescheid der Beklagten bekannt gewesen ist, hat die Klägerin aber nicht vorgetragen.

25

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

26

Der am 30.3.2015 eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom 27.3.2015 ist nicht zu berücksichtigen. Die Beschwerdebegründungsfrist ist am 19.2.2015 abgelaufen. Ein "Nachschieben von Gründen" nach Ablauf der Begründungsfrist ist nicht möglich (BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4 mwN; Leitherer, aaO, § 160a RdNr 13b mwN).

27

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Dr. Berchtold
Dr. Günniker
Dr. Koloczek

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