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Bundessozialgericht
Beschl. v. 30.01.2015, Az.: B 8 SO 91/14 B
Klärungsfähigkeit und Rechtserheblichkeit einer Rechtsfrage; Konkret-individuelle Sachentscheidung
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.01.2015
Referenz: JurionRS 2015, 10916
Aktenzeichen: B 8 SO 91/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Rheinland-Pfalz - 25.09.2014 - AZ: L 1 SO 67/11

SG Trier - AZ: S 6 SO 48/08

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

BSG, 30.01.2015 - B 8 SO 91/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist.

2. Über die aufgeworfenen Rechtsfragen müsste das Revisionsgericht also - in Ergänzung zur abstrakten Klärungsfähigkeit - konkret-individuell sachlich entscheiden müssen.

3. Dies erfordert es, dass der Beschwerdeführer den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und damit insbesondere den Schritt darlegt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht.

in dem Rechtsstreit

Az: B 8 SO 91/14 B

L 1 SO 67/11 (LSG Rheinland-Pfalz)

S 6 SO 48/08 (SG Trier)

................................................................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigter: ....................................................,

gegen

Oberbürgermeister der Stadt Trier,

Am Augustinerhof 3, 54290 Trier,

Beklagter und Beschwerdegegner,

beigeladen:

BARMER GEK,

Axel-Springer-Straße 44, 10969 Berlin.

Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat am 30. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter E i c h e r sowie die Richterinnen K r a u ß und S i e f e r t

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. September 2014 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Im Streit sind Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für "ergänzende Fördermaßnahmen in den Schulferien für behinderte Kinder".

2

Die Klage war erst- und zweitinstanzlich ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Trier vom 10.8.2011; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Rheinland-Pfalz vom 25.9.2014).

3

Der Kläger macht mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG die grundsätzliche Bedeutung folgender Rechtsfragen geltend:

4

"1. Können für Kinder und Jugendliche, die eine Förderschule mit ganzheitlichem Förderauftrag besuchen, Fördermaßnahmen, die in den Schulferien von Dritten durchgeführt werden mit dem Ziel, die allgemeine Teilhabe am sozialen Leben zu fördern und dabei insbesondere auch solche Fähigkeiten zu fördern, die für den Schulbesuch wesentliche Voraussetzungen darstellen - wie Konzentrationsfähigkeit, Motivation zur Teilhabe am sozialen Geschehen im aktuellen Umfeld, Feinmotorik und allgemeine Körperbeherrschung -, als Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII iVm § 55 SGB IX und § 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII iVm EingliederungshilfeVO § 12 Nr 1 angeboten werden?

5

2. Sind auch Maßnahmen, die nach dieser Rechtsfrage Nr 1 solche der Eingliederungshilfe sein können, erforderlich im Sinne von § 54 SGB XII iVm § 55 SGB IX und § 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII iVm EingliederungshilfeVO § 12 Nr 1, wenn es durch diese Maßnahme einerseits objektivierbare Fortschritte für die betroffenen Kinder und Jugendlichen gibt, diese Wirkung jedoch andererseits nicht nachhaltig ist, da die Maßnahme während der Schulzeit nicht fortgeführt wird und die Effekte nach 2-3 Monaten abklingen, so dass die Förderwirkung jeweils in den Schulferien durch die Wiederholung der Maßnahme neu erreicht werden muss?

6

3. Reicht für die Anspruchsbegründung in den Fällen nach Ziffer 2 der Nachweis des objektivierbaren Fortschritts während der Maßnahme aus oder bedarf es ggf des Nachweises, dass ohne die Maßnahme den Kindern und Jugendlichen die Teilnahme am Unterricht nach den Schulferien deutlich erschwert sein würde?"

7

Die Beantwortung dieser Fragen sei von allgemeiner Bedeutung; das Urteil des LSG beruhe auch im Wesentlichen auf der negativen Beantwortung dieser Rechtsfragen.

II

8

Die Beschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG entscheiden.

9

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

10

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Denn es fehlt bereits an der ausreichenden Darlegung der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 31). Über die aufgeworfenen Rechtsfragen müsste das Revisionsgericht also - in Ergänzung zur abstrakten Klärungsfähigkeit - konkret-individuell sachlich entscheiden müssen (BSG SozR 1500 § 160 Nr 39 und § 160a Nr 31). Dies erfordert es, dass der Beschwerdeführer den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und damit insbesondere den Schritt darlegt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Voraussetzungen genügt die Beschwerdebegründung in keiner Weise, denn es fehlt bereits an der hinreichenden Darlegung des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Die Sachverhaltsdarstellung des Klägers erschöpft sich in der abstrakten Umschreibung der Rechtsfragen; es wird nicht einmal mitgeteilt, inwieweit die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe beim Kläger überhaupt erfüllt sind, um welche konkrete Maßnahme es geht und in welcher Höhe Kosten dafür angefallen sind. Es ist aber nicht Aufgabe des Senats, Streitgegenstand und Sachverhalt selbst den Akten zu entnehmen und die Klärungsfähigkeit ohne entsprechenden Vortrag zu prüfen. Soweit die Beschwerdebegründung dahin zu verstehen ist, dass die Entscheidung des LSG inhaltlich falsch sein soll, vermag dies die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen. Denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Eicher
Krauß
Siefert

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