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Bundessozialgericht
Beschl. v. 26.03.2015, Az.: B 12 KR 75/14 B
Weitere Bescheidung eines Widerspruchs; Begriff des Verfahrensmangels; Fehler im Widerspruchsverfahren
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 26.03.2015
Referenz: JurionRS 2015, 14591
Aktenzeichen: B 12 KR 75/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Baden-Württemberg - 27.05.2014 - AZ: L 11 KR 253/13

SG Freiburg - AZ: S 11 KR 3794/12

BSG, 26.03.2015 - B 12 KR 75/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.

2. Mit einer geltend gemachten - vermeintlich - "fehlerhaften Anwendung" des § 86 SGG wird kein Verfahrensmangel i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG gerügt.

3. Denn § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG erfasst nur Verstöße des LSG im Rahmen seines prozessualen Vorgehens auf dem Weg zum Urteil ("error in procedendo").

4. Ein Verfahrensmangel in diesem Sinne ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt; § 86 SGG betrifft jedoch das Widerspruchsverfahren.

in dem Rechtsstreit

Az: B 12 KR 75/14 B

L 11 KR 253/13 (LSG Baden-Württemberg)

S 11 KR 3794/12 (SG Freiburg)

....................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: ........................................,

gegen

actimonda Krankenkasse,

Hüttenstraße 1, 52068 Aachen,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 26. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. K r e t s c h m e r sowie die Richter Dr. K a l t e n s t e i n und Dr. M e c k e

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Verpflichtung der Beklagten zu einer (weiteren) Bescheidung eines Widerspruchs des Klägers. Eine solche Verpflichtung hat das LSG im Urteil vom 27.5.2014 verneint. Zu Recht habe das SG die Untätigkeitsklage abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid vom 10.4.2012 beinhalte eine vollumfängliche Entscheidung der Beklagten über den Widerspruch bzw die Widersprüche des Klägers gegen den Bescheid vom 13.1.2012. Eine Untätigkeit der Beklagten liege nicht vor.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil des LSG Baden-Württemberg ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

4

Der Kläger beruft sich in seiner Beschwerdebegründung vom 4.9.2014 ausschließlich auf einen Verfahrensmangel.

5

1. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSGE 2, 81, 82; BSGE 15, 169, 172 [BSG 24.10.1961 - 6 RKa 19/60] = SozR Nr 3 zu § 52 SGG; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 16a mwN). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (BSG SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.

6

Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung des Klägers schon im Ansatz nicht. Mit der von ihm geltend gemachten - vermeintlich - "fehlerhaften Anwendung" des § 86 SGG rügt der Kläger keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Denn § 160 Abs 2 Nr 3 SGG erfasst - wie oben bereits ausgeführt - nur Verstöße des LSG im Rahmen seines prozessualen Vorgehens auf dem Weg zum Urteil ("error in procedendo"). Ein Verfahrensmangel in diesem Sinne ist also ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. § 86 SGG betrifft jedoch das Widerspruchsverfahren.

7

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

8

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dr. Kretschmer
Dr. Kaltenstein
Dr. Mecke

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