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Bundessozialgericht
Beschl. v. 21.10.2015, Az.: B 14 AS 73/15 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 21.10.2015
Referenz: JurionRS 2015, 29667
Aktenzeichen: B 14 AS 73/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Schleswig-Holstein - 23.01.2015 - AZ: L 3 AS 54/12

SG Itzehoe - AZ: S 13 AS 607/09

BSG, 21.10.2015 - B 14 AS 73/15 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 14 AS 73/15 B

L 3 AS 54/12 (Schleswig-Holsteinisches LSG)

S 13 AS 607/09 (SG Itzehoe)

1. .......................,

2. .......................,

Kläger und Beschwerdegegner,

Prozessbevollmächtigte zu 1. und 2.: .............................................,

gegen

Jobcenter Dithmarschen,

Rungholtstraße 1, 25746 Heide,

Beklagter und Beschwerdeführer.

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat am 21. Oktober 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. V o e l z k e sowie den Richter Prof. Dr. B e c k e r und die Richterin H a n n a p p e l

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 23. Januar 2015 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, denn der Beklagte hat keinen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abschließend aufgeführten Zulassungsgründe - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - in der erforderlichen Weise schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde war daher ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160 Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG).

2

Es fehlt zunächst an der ausreichenden Darlegung des vorrangig geltend gemachten Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung ist einer Rechtssache nur dann beizumessen, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSGE 40, 158 [BSG 22.08.1975 - 11 BA 8/75] = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Nach den sich aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ergebenden Anforderungen muss ein Beschwerdeführer anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf der Literatur aufzeigen, welche Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage erwarten lässt (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 63 ff).

3

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Beklagte hat folgende, von ihm als grundsätzlich bedeutsam angesehene Rechtsfrage formuliert:

"Kann der Wert angemessener Unterkunftskosten bestimmt werden, indem der Wert aus einem schlüssigen Konzept entsprechend dem allgemeinen Verbraucherpreisindex (für zwei Jahre) zurückgerechnet wird?"

4

Es fehlt bereits an der Formulierung einer abstrakten, über den Einzelfall hinausgehenden Fragestellung. Ob ein schlüssiges Konzept im Sinne der in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aufgestellten Anforderungen an die realitätsgerechte Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten iS von § 22 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch vorliegt, bleibt eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall, auch wenn sie sich in einem Landkreis in einer größeren Zahl von Fällen einheitlich stellt. An der Einzelfallbezogenheit ändert sich auch dadurch nichts, dass - wie der Beklagte angibt - das beauftragte Unternehmen nach eigenen Angaben für über 70 Jobcenter Konzepte erstellt hat. Zudem setzt die Entscheidungserheblichkeit und Klärungsfähigkeit der Frage voraus, dass das "Konzept" des Beklagten ab 1.1.2012 die Voraussetzungen für ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG erfüllt. Ausführungen dazu sind der Beschwerdebegründung jedoch nicht zu entnehmen.

5

Der Beklagte hat auch den von ihm geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht ausreichend dargelegt. Divergenz liegt vor, wenn das Landessozialgericht (LSG) einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 13 ff; Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 194 ff). Eine Abweichung liegt demnach erst dann vor, wenn das LSG den vom BSG aufgestellten Kriterien widersprochen und eigene, andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung (Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 196 mwN). Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass die angefochtene Entscheidung auf der Abweichung beruht.

6

Die genannten Voraussetzungen sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Zwar wird auf das Urteil des BSG vom 10.9.2013 (B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70) Bezug genommen und erklärt, das BSG habe die Frage der Zulässigkeit der Rückrechnung nach dem allgemeinen Preisindex zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten für zumindest zwei Jahre bereits mit "Ja" beantwortet. Es ist aber nicht ausgeführt, wo sich der bezeichnete Rechtssatz im Urteil des BSG befindet, insbesondere ist nicht dargelegt, dass und inwiefern sich das BSG in diesem Urteil überhaupt zur Zulässigkeit einer Rückrechnung geäußert hat. Darüber hinaus ist auch ein konkreter Rechtssatz, mit dem das LSG vom BSG abgewichen sein soll, nicht bezeichnet, vielmehr fasst der Beklagte lediglich in indirekter Rede aus seiner Sicht eine angebliche Aussage des LSG zusammen.

7

Nichts anderes gilt für die behauptete Abweichung des LSG von der Rechtsprechung des BSG zur Festlegung eines Vergleichsraums. Insoweit hat sich der Beklagte zwar auf die Entscheidungen des BSG vom 11.12.2012 (B 4 AS 44/12 R - RdNr 17) und vom 14.2.2013 (B 14 AS 61/12 R - RdNr 22) berufen, er hat aber weder dargelegt, inwieweit und an welcher Stelle das LSG eine Festlegung des Vergleichsraums offengelassen hat, wenn ein solcher im 20-km-Radius um den Wohnort S gezogen worden ist, noch ist ausgeführt, inwieweit die vom LSG geäußerten Zweifel hinsichtlich des gesamten Kreisgebiets D als Vergleichsraum vorliegend als tragender abstrakter Rechtssatz in das Urteil eingeflossen sein können, von dem abgewichen worden ist.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Prof. Dr. Voelzke
Prof. Dr. Becker
Hannappel

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