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Bundessozialgericht
Beschl. v. 17.12.2014, Az.: B 3 KR 7/14 B
Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung; Klärungsbedürftigkeit einer höchstrichterlich entschiedenen Rechtsfrage; Bedenken anderer Gerichte und in der Literatur
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 17.12.2014
Referenz: JurionRS 2014, 30248
Aktenzeichen: B 3 KR 7/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Bayern - 10.10.2013 - AZ: L 4 KR 266/11

SG Würzburg - AZ: S 17 KR 40/10

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

BSG, 17.12.2014 - B 3 KR 7/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Zur Darlegung des Revisionszulassungsgrundes, die angegriffene Entscheidung betreffe eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), ist es erforderlich, die Rechtsfrage klar zu formulieren und aufzuzeigen, dass sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt und dass sie klärungsbedürftig sowie klärungsfähig ist, im Falle der Revisionszulassung also entscheidungserheblich wäre.

2. In der Regel fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage, wenn diese höchstrichterlich bereits entschieden ist oder sich ihre Beantwortung eindeutig aus dem Gesetz ergibt.

3. Hat aber das BSG eine Rechtsfrage bereits entschieden, ist die Klärungsbedürftigkeit nur dann formgerecht dargelegt, wenn aufgezeigt wird, dass im Schrifttum oder in der Rechtsprechung anderer Gerichte ernsthafte Bedenken gegen die Rechtauffassung des BSG geäußert worden sind oder der konkrete Fall eine Sachverhaltsvariante aufweist, die vom BSG bisher nicht bedacht worden ist und bei der die Anwendung des vom BSG entwickelten Rechtssatzes möglicherweise zu einem unbilligen Ergebnis führen würde.

in dem Rechtsstreit

Az: B 3 KR 7/14 B

L 4 KR 266/11 (Bayerisches LSG)

S 17 KR 40/10 (SG Würzburg)

.................................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigter: ...........................................,

gegen

AOK Bayern - Die Gesundheitskasse,

Carl-Wery-Straße 28, 81739 München,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

beigeladen:

1. Pflegekasse bei der AOK Bayern - Die Gesundheitskasse,

Carl-Wery-Straße 28, 81739 München,

2. ...................................... .

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat am 17. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. W e n n e r sowie den Richter S c h r i e v e r und die Richterin Dr. W a ß e r

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Oktober 2013 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Es ist streitig, in welchem Umfang sich die beklagte Krankenkasse im Rahmen der von ihr zu leistenden häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) an den Kosten der rund um die Uhr erforderlichen ambulanten Pflege und Versorgung der Klägerin zu beteiligen hat. Grundanliegen der Klägerin ist es, die monatlichen Pflegekosten so weitgehend der Beklagten aufzuerlegen, dass unter Hinzurechnung des Sachleistungshöchstbetrages der zu 1. beigeladenen Pflegekasse aus der sozialen Pflegeversicherung keine Finanzierungslücke verbleibt, die durch eigene Mittel oder hilfsweise durch Sozialhilfeleistungen des zu 2. beigeladenen Landkreises als Sozialhilfeträger geschlossen werden müsste. Der Rechtsstreit betrifft die Pflegekosten für den Monat Dezember 2009.

2

Die im Jahre 1943 geborene Klägerin ist als Folge einer Schädel-Hirn-Operation (22.5.2009) schwerstpflegebedürftig. Sie ist tracheotomiert, muss durchgehend beatmet werden (mit 24-stündiger Monitorüberwachung) und wird über eine PEG-Sonde ernährt. Seit dem 1.12.2009 wird sie durch Mitarbeiter eines Pflegedienstes in ihrer Wohnung, in der sie mit ihrem Ehemann lebt, rund um die Uhr betreut und gepflegt. Anwesend ist jeweils eine Pflegekraft, die alle erforderlichen Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege (Beatmungspflege, Beobachtungs- und sonstige Behandlungspflege) und der Gebrechlichkeitspflege (Grundpflege und Teile der Hauswirtschaft) durchführt und dann nach zwölf Stunden von einer anderen Pflegekraft abgelöst wird. Von der Beigeladenen zu 1. ist die Klägerin seit dem 1.12.2009 der Pflegestufe III zugeordnet, wobei ihr bis zum 31.1.2011 die Vorteile der Härtefallregelung des § 36 Abs 4 SGB XI zuerkannt worden waren (Bescheid vom 19.1.2010, Vergleich vom 29.12.2009 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 3 KR 398/09 ER).

3

Der behandelnde Arzt verordnete am 19.11.2009 für den Monat Dezember 2009 häusliche Krankenpflege als Behandlungssicherungspflege (§ 37 Abs 2 SGB V) für 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche (Intensivpflege). Nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) bewilligte die Beklagte jedoch nur täglich 19 Stunden häusliche Krankenpflege (3 Stunden Behandlungspflege zu je 31 Euro, 16 Stunden Betreuungs- und Beobachtungszeit zu je 24,50 Euro). Die restlichen fünf Stunden rechnete sie der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung zu und verwies insoweit auf die Leistungszuständigkeit der Pflegekasse (Bescheid vom 26.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 22.1.2010). Dabei orientierte sich die Beklagte an einem Berechnungsmodus zur Aufteilung der Kosten bei gleichzeitiger Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege (§ 37 SGB V) und der Grundpflege (§ 36 SGB XI) durch dieselbe Pflegekraft, den der Senat im Urteil vom 28.1.1999 (B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1) entwickelt hatte. Nachdem der Senat durch Urteil vom 17.6.2010 (B 3 KR 7/09 R - BSGE 106, 173 = SozR 4-2500 § 37 Nr 11) für die Zeit ab 1.1.2004 infolge einer Gesetzesänderung einen neuen Berechnungsmodus für diese Fälle eingeführt hatte, bewilligte die Beklagte rückwirkend zum 1.12.2009 pro Tag weitere 2,5 Stunden Betreuungs- und Beobachtungszeit, sodass nunmehr 21,5 Stunden an täglicher häuslicher Krankenpflege von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) finanziert wurden (angenommenes Teilanerkenntnis vom 2.12.2010). Zudem hatte sich die Beklagte bereits durch den gerichtlichen Vergleich vom 29.12.2009 verpflichtet, für die Zeit vom 1.12.2009 bis zum 31.1.2011 über die damals bereits bewilligten 19 Stunden häusliche Krankenpflege hinaus täglich drei weitere Stunden Beobachtungspflege zu gewähren. Durch die mit dem Teilanerkenntnis bewirkte reguläre Erhöhung auf 21,5 Stunden verbleiben aus dem Vergleich somit nur noch zusätzlich 0,5 Stunden. Die in dem Vergleich ebenfalls enthaltene Zusage der Klägerin, sich an den Kosten der drei Stunden zusätzlicher Beobachtungspflege mit monatlich 500 Euro zu beteiligen, ist von der Beklagten nicht in Anspruch genommen worden.

4

Die Klägerin hat am 9.2.2010 Klage erhoben mit dem Ziel, die Beklagte zur Kostenübernahme für 24 Stunden täglicher häuslicher Krankenpflege (statt nur 19 bzw 21,5 Stunden) zu verpflichten, weil der Anspruch auf diese - vertragsärztlich auch so verordnete - Leistung durch den gleichzeitigen Bezug von Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI nicht berührt werde (§ 13 Abs 2 SGB XI), und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - der Mitarbeiter des beauftragten Pflegedienstes gleichzeitig für die Krankenkasse und die Pflegekasse tätig werde. Dazu hat die Klägerin beantragt, den Bewilligungsbescheid vom 26.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.1.2010 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für den Monat Dezember 2009 häusliche Krankenpflege über die bereits anerkannten 21,5 Stunden hinaus für weitere 2,5 Stunden täglich an sieben Tagen pro Woche ohne Anrechnung von Zeiten, die auf die Grundpflege entfallen und/oder Leistungen der sozialen Pflegeversicherung sind, zu genehmigen und sie von den dadurch entstandenen oder entstehenden Kosten freizustellen.

5

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.5.2011). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 10.10.2013). Es hat ausgeführt, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig, soweit es um den Antrag auf Kostenfreistellung gehe. Die Klägerin sei weder im Monat Dezember 2009 noch in der Folgezeit auf Beteiligung an den Pflegekosten in Anspruch genommen worden. Der Pflegedienst habe die erbrachten Leistungen ausnahmslos mit der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. abgerechnet. Die angefallenen Kosten seien in voller Höhe nach dem Sachleistungsprinzip (§ 2 Abs 2 SGB V, § 4 Abs 1 SGB XI) aufgebracht worden, und zwar zum größten Teil von der Beklagten nach § 37 Abs 2 SGB V und der Rest von der Beigeladenen zu 1. mit dem Sachleistungshöchstbetrag nach § 36 Abs 4 SGB XI. Der Antrag auf nachträgliche Bewilligung von zusätzlich 2,5 Stunden Behandlungspflege pro Tag, der dem Ziel diene, diesen Modus auch künftigen Abrechnungen zwischen den Beteiligten zugrunde zu legen, sei zwar zulässig, aber unbegründet. Der im Urteil des BSG vom 17.6.2010 (B 3 KR 7/09 R - BSGE 106, 173 = SozR 4-2500 § 37 Nr 11) entwickelte neue Berechnungsmodus bei gleichzeitiger Erbringung von häuslicher Krankenpflege und Grundpflege durch dieselbe Pflegekraft sei gesetzeskonform, berücksichtige das Leistungsverbot der Krankenkassen nach § 37 Abs 2 Satz 6 SGB V und diene der Vermeidung von Doppelleistungen.

6

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Sie macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.

II

7

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch die §§ 160 Abs 2, 160a Abs 2 SGG normierten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG).

8

1. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 5.4.2014 eine unbeschränkte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 10.10.2013 erhoben, sodass sowohl die Abweisung des Kostenfreistellungsantrags als auch die Abweisung des Leistungsbewilligungsantrags von dem Rechtsmittel erfasst waren. Die Beschwerdebegründung vom 6.6.2014 beschäftigt sich indes ausschließlich mit der begehrten Bewilligung von häuslicher Krankenpflege im Umfang von 24 Stunden (statt der zuerkannten 21,5 Stunden). Der vom LSG als unzulässig erachtete Kostenfreistellungsantrag ist von der Klägerin nicht wieder aufgegriffen worden. Sie hat nicht die Feststellung des LSG in Abrede gestellt, die Kosten der von den Mitarbeitern des Pflegedienstes erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 Abs 2 SGB V) sowie der Grundpflege und eines Teils der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 36 Abs 1 und 4 SGB XI) seien von Anfang an in voller Höhe durch die Beklagte und die Beigeladene zu 1. aufgebracht worden; der Pflegedienst habe zu keinem Zeitpunkt sie selbst bzw den Beigeladenen zu 2. als Sozialhilfeträger wegen eines verbliebenen Restbetrages in Anspruch nehmen müssen. Daher fehlt es an einer Beschwerdebegründung zum Kostenfreistellungsbegehren. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist insoweit schon mangels Begründung unzulässig.

9

2. Die Beschwerde ist aber auch unzulässig, soweit sie den Leistungsbewilligungsantrag betrifft, über den das LSG - allerdings ohne dies ausdrücklich so zu benennen und § 131 Abs 1 Satz 3 SGG zu zitieren - als Fortsetzungsfeststellungsbegehren entschieden hat. Dies war sachgerecht, weil das Rechtsschutzinteresse für den Leistungsbewilligungsantrag spätestens mit der Abrechnung der Kosten für den betroffenen Monat Dezember 2009 im März 2010 entfallen war.

10

a) Zur Darlegung des Revisionszulassungsgrundes, die angegriffene Entscheidung betreffe eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), ist es erforderlich, die Rechtsfrage klar zu formulieren und aufzuzeigen, dass sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (BSGE 40, 158 [BSG 22.08.1975 - 11 BA 8/75] = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39) und dass sie klärungsbedürftig sowie klärungsfähig ist (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 7 RdNr 4), im Falle der Revisionszulassung also entscheidungserheblich wäre (BSG SozR 1500 § 160a Nr 54). In der Regel fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage, wenn diese höchstrichterlich bereits entschieden ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8) oder sich ihre Beantwortung eindeutig aus dem Gesetz ergibt (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap RdNr 66 mwN). Diese Erfordernisse betreffen die gesetzliche Form des § 169 Satz 1 SGG (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 48). Deren Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

11

b) Die Klägerin hat folgende Rechtsfrage formuliert: "Wird der Sachleistungsanspruch eines auf die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege im Umfang von 24 Stunden täglich angewiesenen Versicherten gegen die Krankenkasse dadurch eingeschränkt, dass er zugleich Leistungen der Pflegeversicherung durch dieselbe Pflegeperson erhält?"

12

c) Damit hat die Klägerin zwar eine konkrete Rechtsfrage aufgeworfen, es fehlt aber an der Darlegung ihrer Klärungsbedürftigkeit im vorliegenden Rechtsstreit.

13

Die Klägerin weist selbst darauf hin, dass der erkennende Senat in der bereits erwähnten Entscheidung vom 17.6.2010 - B 3 KR 7/09 R - grundlegende Ausführungen zu der gestellten Rechtsfrage gemacht und ein detailliertes Berechnungsmodell entwickelt hat, das hier von der Beklagten und den Vorinstanzen auch angewandt und umgesetzt worden ist. Hat aber das BSG eine Rechtsfrage bereits entschieden, ist die Klärungsbedürftigkeit nur dann formgerecht dargelegt, wenn aufgezeigt wird, dass im Schrifttum oder in der Rechtsprechung anderer Gerichte ernsthafte Bedenken gegen die Rechtauffassung des BSG geäußert worden sind (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 8b mwN) oder der konkrete Fall eine Sachverhaltsvariante aufweist, die vom BSG bisher nicht bedacht worden ist und bei der die Anwendung des vom BSG entwickelten Rechtssatzes möglicherweise zu einem unbilligen Ergebnis führen würde. Beides ist hier nicht der Fall.

14

aa) Die Klägerin zeigt nicht auf, dass das Berechnungsmodell des erkennenden Senats aus dem Urteil vom 17.6.2010 im Schrifttum oder in Entscheidungen anderer Gerichte auf Skepsis oder gar Widerspruch gestoßen ist. Sie vertritt lediglich eine andere Rechtsauffassung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage. Dies reicht aber zur Darlegung einer erneuten oder fortbestehenden Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht aus. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin ihre abweichende Rechtsansicht allein auf die Regelung des - vom Senat ebenfalls berücksichtigten - § 13 Abs 2 SGB XI stützt, wonach im Falle der Leistungsberechtigung wegen Pflegebedürftigkeit die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V unberührt bleiben, sie sich aber nicht dazu äußert, wie ihre Rechtansicht mit der Regelung des § 37 Abs 2 Satz 6 SGB V zu vereinbaren ist, wonach die Krankenkasse bei der Behandlungssicherungspflege Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht erbringen darf, sobald der Versicherte pflegebedürftig iS der §§ 14, 15 SGB XI ist. Letzteres ist aber der Fall, wenn eine Pflegekraft zugleich die häusliche Krankenpflege und die Grundpflege durchführt und der beauftragte Pflegedienst einen einheitlichen oder jedenfalls einen annähernd gleichen Stundensatz für alle Leistungsarten berechnet, sodass die Krankenkasse als Leistungsträgerin der häuslichen Krankenpflege letztlich auch die Grundpflege finanzieren würde.

15

bb) Die Klägerin legt auch nicht dar, dass nach den Gegebenheiten des vorliegenden Falles die Rechtauffassung des erkennenden Senats aus dem Urteil vom 17.6.2010 zu einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Nachteil im Vergleich zu der von ihr bevorzugten Rechtsauffassung führt und deshalb Klärungsbedürftigkeit bestehen könnte. Die Beklagte hat den Anspruch auf häusliche Krankenpflege zwar formell auf 21,5 Stunden pro Tag beschränkt, tatsächlich ist die häusliche Krankenpflege aber rund um die Uhr geleistet worden, und während dieser Zeit ist zugleich die Grundpflege und ein Teil der hauswirtschaftlichen Versorgung geleistet worden, und zwar in der Zeit der Härtefallregelung (§ 36 Abs 4 SGB XI) im Umfang von mindestens sechs Stunden Grundpflege (vgl die Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Anwendung der Härtefallregelungen - Härtefall-Richtlinien - vom 10.7.1995 idF des Beschlusses vom 28.10.2005, Ziffer 4) und seit dem 1.2.2011 gemäß der Pflegestufe III im Umfang von mindestens vier Stunden Grundpflege (§ 15 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB XI). Die Klägerin ist weder im Dezember 2009 noch in der Folgezeit auch nur einmal zu einem Kostenbeitrag herangezogen worden; denn sämtliche vom Pflegedienst in Rechnung gestellten Kosten sind stets von der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. getragen worden. Die Beigeladene zu 1. hat bestätigt, dass der Bescheid vom 19.1.2010 zur Anwendung der Härtefallregelung, der von der Klägerin wiederholt als "nur vorläufig" bezeichnet worden ist, ebenso als endgültig anzusehen ist wie die Zuerkennung der Pflegestufe III (ohne Härtefallregelung) ab 1.2.2011 und Erstattungsansprüche gegen die Klägerin nicht in Betracht kommen (Schreiben vom 22.10.2014); denn die auf der gleichzeitigen Durchführung der Leistungen der Pflegeversicherung beruhenden Mehrkosten sind ausnahmslos durch eine von der Beigeladenen zu 1. an den Pflegedienst gezahlte Kostenpauschale in Höhe des jeweiligen Sachleistungshöchstbetrags (1.12.2009 bis 31.1.2011 monatlich 1918 Euro, 1.2.2011 bis 31.12.2011 monatlich 1510 Euro, ab 1.1.2012 monatlich 1550 Euro gemäß § 36 Abs 3 und 4 SGB XI) vollständig abgedeckt worden (vgl zB Rechnung vom 10.3.2010 für Dezember 2009).

16

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Prof. Dr. Wenner
Schriever
Dr. Waßer

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