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Bundessozialgericht
Beschl. v. 17.02.2015, Az.: B 14 AS 303/14 B
Geltendmachung eines Verfahrensmangels; Anhörung eines bestimmten Arztes; Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 17.02.2015
Referenz: JurionRS 2015, 11790
Aktenzeichen: B 14 AS 303/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Baden-Württemberg - 27.10.2014 - AZ: L 3 AS 2839/14

SG Ulm - AZ: S 8 AS 3912/13

BSG, 17.02.2015 - B 14 AS 303/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Soweit eine Verletzung des § 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) geltend gemacht wird, kann die Rüge eines Verfahrensmangels darauf jedenfalls nicht gestützt werden; dies gilt ausnahmslos für jede in Betracht kommende Verletzung dieser Vorschrift.

2. Es liegt auch kein Verfahrensmangel darin, wenn das LSG gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden hat, sofern die Anhörung ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

3. Die Beteiligten müssen nicht zustimmen, sondern das Gericht kann auch dann durch Beschluss entscheiden, wenn ausdrücklich eine weitere mündliche Verhandlung verlangt wird.

in dem Rechtsstreit

Az: B 14 AS 303/14 B

L 3 AS 2839/14 (LSG Baden-Württemberg)

S 8 AS 3912/13 (SG Ulm)

........................................,

Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer,

gegen

Jobcenter Alb-Donau,

Wilhelmstraße 22, 89073 Ulm,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat am 17. Februar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. V o e l z k e sowie den Richter Prof. Dr. B e c k e r und die Richterin H a n n a p p e l

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Oktober 2014 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Oktober 2014 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen den eingangs genannten Beschluss ist abzulehnen. Ungeachtet der Frage der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Sozialgerichtsgesetz [SGG] iVm § 114 Zivilprozessordnung). Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die von dem Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

2

Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - zugelassen werden. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das Landessozialgericht (LSG) in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Der Kläger begründet seinen Antrag auf PKH zunächst damit, dass die Sach- und Rechtslage nicht geklärt sei und wendet sich gegen verschiedene Feststellungen, die teils in einem Erörterungstermin oder in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes getroffen wurden und die aus seiner Sicht nicht richtig erfasst seien. Insbesondere sei ignoriert worden, dass er eine Schweigepflichtentbindung seiner italienischen Ärzte übersandt habe, da alle deutschen behandelnden Fachärzte seinen Gesundheitszustand zu seinen Lasten falsch darstellten. Im Übrigen wendet er sich gegen die getroffene Entscheidung durch Beschluss, die Tatsache, dass er mitgeteilt habe, zu einer mündlichen Verhandlung nicht erscheinen zu können, bedeute nicht, dass er auf eine solche verzichtet habe. Aus dem Vortrag des Klägers unter Heranziehung der übrigen Gerichtsakten ist das Vorliegen eines der in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe für die Zulassung der Revision bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffs nicht zu erkennen.

3

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zu, denn es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig wäre (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 63 ff).

4

Die Entscheidung des LSG lässt auch nicht erkennen, dass es Rechtssätze aufgestellt hat, die von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweichen und auf dieser Abweichung beruhen, weshalb auch eine Zulassung wegen Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht in Betracht kommt.

5

Schließlich ist kein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) ersichtlich, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte.

6

Soweit der Kläger eine nicht ausreichende Sachverhaltsermittlung beanstandet, sind keine Tatsachen ersichtlich, die den Mangel begründen könnten. Die vom Kläger aufgezeigten Beanstandungspunkte zeigen vielmehr, dass es um Einschätzungen des Klägers geht, die im Gegensatz zu den Feststellungen des LSG stehen. Im Übrigen kämen ohnehin nur Mängel des Verfahrens vor dem LSG für eine Zulassung der Revision in Betracht und nicht solche vor dem Sozialgericht (SG) oder im Verwaltungsverfahren (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 89 mwN).

7

Soweit eine Verletzung des § 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) im Raum steht, kann die Rüge eines Verfahrensmangels darauf jedenfalls nicht gestützt werden. Dies gilt ausnahmslos für jede in Betracht kommende Verletzung dieser Vorschrift (vgl nur BSG SozR 1500 § 160 Nr 34; SozR 4-1500 § 160 Nr 9).

8

Es liegt auch kein Verfahrensmangel darin, dass das LSG gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss entschieden hat. Der Anspruch des Klägers auf eine mündliche Verhandlung ist dadurch gewahrt worden, dass das SG eine solche am 28.5.2014 durchgeführt hat. Die Ladungsverfügung stammt vom 2.4.2014 und stellt dem Kläger frei, zu der Verhandlung zu erscheinen oder sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Weiterhin ist der Hinweis gegeben, dass auch im Falle des Ausbleibens eines Beteiligten bzw des Bevollmächtigten verhandelt und entschieden werden kann. Der Kläger hat einen Tag vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, er werde den Termin aufgrund von Rückenschmerzen nicht "verfolgen" können, ein Attest könne er wegen des diskriminierenden Verhaltens aller Ärzte des Bezirks nicht vorlegen. Nach Einlegung der Berufung erfolgte durch das LSG eine ordnungsgemäße Anhörung zu einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG mit Schreiben vom 25.9.2014 und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20.10.2014. Die Entscheidung in der angekündigten Verfahrensweise vom 27.10.2014 ist verfahrensmäßig nicht zu beanstanden. Es reicht aus, dass die Anhörung ordnungsgemäß durchgeführt wurde, die Beteiligten müssen nicht zustimmen, sondern das Gericht kann auch dann durch Beschluss entscheiden, wenn ausdrücklich eine mündliche Verhandlung verlangt wird (s Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 153 RdNr 14). Vorliegend hatte der Kläger jedenfalls mitgeteilt, dass er "gern eine mündliche Verhandlung unter Hinzuziehung eines Dolmetschers beantragen würde", aber wegen seines Bandscheibenvorfalls nicht erscheinen könne. Aus dieser Einlassung ergeben sich keine Gründe, die eine mündliche Verhandlung im vorliegenden Fall zwingend geboten erscheinen lassen.

9

Dass das LSG in dem Beschluss vom 27.10.2014 auch über den PKH-Antrag des Klägers entschieden hat, ist ebenfalls nicht geeignet, eine durchgreifende Verfahrensrüge zu begründen (vgl BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 9).

10

Die gleichzeitig mit dem Antrag auf PKH von dem Kläger persönlich erhobene Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht von einem beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist (§ 73 Abs 4, § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG). Auf dieses Erfordernis ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung zu dem Beschluss des LSG und nochmals durch Schreiben des BSG vom 12.11.2014 hingewiesen worden.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Prof. Dr. Voelzke
Prof. Dr. Becker
Hannappel

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