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Bundessozialgericht
Beschl. v. 17.02.2015, Az.: B 13 R 27/14 B
Darlegungen zur Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage; Wiedergabe von Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 17.02.2015
Referenz: JurionRS 2015, 12175
Aktenzeichen: B 13 R 27/14 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Thüringen - 13.11.2013 - AZ: L 3 R 1974/12

SG Nordhausen - AZ: S 3 R 4488/11

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

BSG, 17.02.2015 - B 13 R 27/14 B

Redaktioneller Leitsatz:

1. Nicht ausreichend sind Darlegungen zur Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage in einem Rechtsstreit, wenn lediglich ausgeführt wird, bei Bejahung der genannten Rechtsfrage müsse auf der Grundlage der Tatsachenfeststellung des LSG die Entscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers ausfallen.

2. Erforderlich wäre weiter, die maßgeblichen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts wiederzugeben.

in dem Rechtsstreit

Az: B 13 R 27/14 B

L 3 R 1974/12 (Thüringer LSG)

S 3 R 4488/11 (SG Nordhausen)

....................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigte: DGB Rechtsschutz GmbH,

Gewerkschaftliches Centrum für Revision

und Europäisches Recht,

Rechtssekretäre Bertold Brücher u.a.,

Spohrstraße 6 - 8, 34117 Kassel,

gegen

Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland,

Kranichfelder Straße 3, 99097 Erfurt,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat am 17. Februar 2015 durch den Richter G a s s e r als Vorsitzenden, den Richter Dr. F i c h t e und die Richterin Dr. O p p e r m a n n

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 13. November 2013 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

Das Thüringer LSG hat im Urteil vom 13.11.2013 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Monate Dezember 2009 bis Februar 2010 verneint.

2

Das SG Nordhausen hatte ihr zuvor mit Urteil vom 7.8.2012 Rente wegen Erwerbsminderung für den Zeitraum von Januar 2009 bis Februar 2010 zugesprochen. Der beklagte Rentenversicherungsträger hat aber gegen das SG-Urteil insoweit Rechtsmittel eingelegt, als er darin unter Berufung auf die Regelung in § 100 Abs 3 S 2 SGB VI zur Rentenzahlung auch noch für einen Zeitraum von drei Kalendermonaten verurteilt worden war, der sich an den erfolgreichen Abschluss einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation mit Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin anschloss (sog "Schonrente"). Nach Ansicht der Beklagten, die das LSG geteilt hat, kann die Regelung zur Schonrente in § 100 Abs 3 S 2 SGB VI nur zur Anwendung kommen, wenn zuvor bereits eine Rente bewilligt war, die auf der Grundlage von § 48 SGB X an geänderte Verhältnisse anzupassen sei. Hieran fehle es, wenn sich - wie im Fall der Klägerin - im Verlauf eines Gerichtsverfahrens herausstelle, dass für zurückliegende Zeiträume erstmals Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren sei. Unstreitig sei durch die am 20.11.2009 beendete Maßnahme der medizinischen Rehabilitation die Erwerbsfähigkeit der Klägerin derart wiederhergestellt worden, dass sie von da an wieder sechs Stunden und mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig habe sein können.

3

Die Klägerin macht mit ihrer beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem LSG-Urteil eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

II

4

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom 2.4.2014 genügt der vorgeschriebenen Form nicht, weil sie nicht ordnungsgemäß dargelegt hat, dass in ihrem Fall über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist (§ 160 Abs 2 Nr 1 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

5

Zur formgerechten Darlegung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und schlüssig aufzuzeigen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 19, Nr 22 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff, Nr 9 RdNr 4 - jeweils mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Diese Anforderungen, die allerdings nicht überspannt werden dürfen, sind verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG [Kammer] SozR 4-1500 § 160a Nr 12 RdNr 3 f, Nr 16 RdNr 4 f, Nr 24 RdNr 5 ff).

6

Das Vorbringen der Klägerin wird diesen Anforderungen nicht in jeder Hinsicht gerecht. Sie benennt folgende Frage als klärungsbedürftig:

"Begründet § 100 Abs. 3 S. 2 SGB VI einen Anspruch auf Bewilligung und Zahlung einer Schonrente auch dann, wenn ein erst im gerichtlichen Verfahren festgestellter Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung bei ebenfalls erst im gerichtlichen Verfahren festgestellter wesentlicher Besserung infolge einer durchgeführten Rehabilitationsleistung nachträglich zur Auszahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung führt?"

7

Hierbei handelt es sich um eine Rechtsfrage zum Anwendungsbereich der Regelung in § 100 Abs 3 S 2 SGB VI. Die Klägerin hat auch insoweit bestehenden oberstgerichtlichen Klärungsbedarf in Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur hinreichend aufgezeigt.

8

Nicht ausreichend sind jedoch ihre Darlegungen zur Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage im vorliegenden Rechtsstreit. Insoweit führt sie lediglich an (Beschwerdebegründung S 9 f unter 3.), bei Bejahung der genannten Rechtsfrage müsse auf der Grundlage der Tatsachenfeststellung des LSG die Entscheidung zu ihren Gunsten ausfallen, zumal keine anderen Normen ersichtlich seien, welche die Beklagte zur Versagung der Rentenzahlung für die streitbefangenen drei Monate berechtigen könnten. Sie versäumt es jedoch, die maßgeblichen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts wiederzugeben. Zudem unterlässt die Klägerin die in derartigen Konstellationen notwendige Prüfung, ob in ihrem Fall ein von der Regelung in § 100 Abs 3 S 2 SGB VI abweichender Endzeitpunkt der Zahlung von Rente wegen Erwerbsminderung in Betracht kommt, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen in § 100 Abs 3 S 3 SGB VI erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift endet die Rentenzahlung "nach Satz 2" - also einer Schonrente - mit Beginn eines dem vierten Kalendermonat vorangehenden Monats, wenn zu dessen Beginn eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird, die mehr als geringfügig ist (vgl hierzu Schmidt in juris-PK SGB VI, 2. Aufl 2013, § 100 RdNr 22: "von der Ausnahme des Absatzes 3 Satz 2 eine Ausnahme"). Nach den von ihr in Bezug genommenen Feststellungen des LSG hat die Klägerin aber "bis Januar 2010 als Sortiererin" gearbeitet (Urteilsumdruck S 2 Abs 2). Unter diesen Umständen hätte sie zur Darlegung der Klärungsfähigkeit der von ihr benannten Rechtsfrage zum Anwendungsbereich des § 100 Abs 3 S 2 SGB VI aufzeigen müssen, weshalb die Gegenausnahme in S 3 aaO in ihrem Fall nicht wirksam wird. Dies ist jedoch nicht geschehen (s aber die Erwiderung der Beklagten vom 3.4.2014, die Klägerin habe im Dezember 2009 ein Bruttoarbeitsentgelt iHv 1631,81 Euro erzielt).

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Gasser
Dr. Fichte
Dr. Oppermann

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