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Bundessozialgericht
Beschl. v. 08.10.2009, Az.: B 8 SO 35/09 B
Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumnis vor Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.10.2009
Referenz: JurionRS 2009, 28660
Aktenzeichen: B 8 SO 35/09 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Rheinland-Pfalz - 28.05.2009 - AZ: L 1 SO 40/07

SG Speyer - 28.05.2009 - AZ: S 16 SO 22/06

Fundstellen:

ZAP EN-Nr. 162/2010

ZAP EN-Nr. 0/2010

BSG, 08.10.2009 - B 8 SO 35/09 B

Redaktioneller Leitsatz:

Ein Verfahrensbeteiligter ist bis zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Verschulden verhindert, gesetzliche Verfahrensfristen einzuhalten, wenn er nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen außerstande ist, Prozesshandlungen formgerecht durch zugelassene Prozessbevollmächtigte vorzunehmen und wenn er zumindest all das getan hat, was ihm zumutbar war. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat
am 8.10.2009
durch
den Vorsitzenden Richter Eicher
sowie die Richter Dr. Koloczek und Coseriu
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28.5.2009 wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Prozessbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Im Streit ist die Erstattung der Kosten für eine in der Zeit vom 21.7. bis zum 12.10.2005 durchgeführte Hippotherapie sowie für Emser Nasenspülsalz.

2

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Übernahme der Kosten für die genannte Therapie (Bescheid vom 24.10.2005; Widerspruchsbescheid vom 14.6.2006) und das Nasenspülsalz (Bescheid vom 21.10.2005, Widerspruchsbescheid vom 27.12.2005; Bescheide vom 6.3.2006 und vom 14.3.2006, Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006) ab. Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 23.8.2007; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Rheinland-Pfalz vom 28.5.2009, zugestellt am 14.7.2009).

3

Am 27.7.2009 beantragte die Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen. Aus der Anlage zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergab sich, dass die Klägerin Mitglied des Sozialverbandes VdK ist. Nach Hinweis, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) PKH wegen des bestehenden Rechtsschutzes nicht bewilligt werden könne, legte der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin (Sozialverband VdK) am 19.8.2009 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG ein und beantragte am 20.8.2009 wegen Versäumung der Beschwerdeeinlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Klägerin sei ohne Verschulden gehindert gewesen, die Frist einzuhalten; denn sie sei auf Grund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage gewesen, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Erst mit der Zustellung des Hinweises des BSG sei das Hindernis, die gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, entfallen.

II

4

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG ist abzulehnen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 67 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Ist ein Verfahrensbeteiligter nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen außerstande, Prozesshandlungen formgerecht durch zugelassene Prozessbevollmächtigte vorzunehmen, so ist er bis zur Bewilligung von PKH iS des § 67 Abs 1 SGG ohne Verschulden verhindert, gesetzliche Verfahrensfristen einzuhalten, wenn er zumindest all das getan hat, was ihm zumutbar war.

5

Die Klägerin war jedoch als Mitglied des VdK gehalten, ihre satzungsmäßigen Rechte auf kostenlose Prozessvertretung auszuschöpfen; einen Anspruch auf PKH konnte sie erst erwerben, wenn der Verband Rechtsschutz ablehnt (vgl BSG SozR 3-1500 § 73a Nr 4 S 4 f). Die Klägerin hätte sich daher unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt innerhalb der Frist zur Einlegung der Beschwerde zunächst an ihren Verband wenden müssen, der schließlich auch die Vertretung übernommen hat und (verspätet) die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat. Es kann dahinstehen, ob diese Verspätung die Klägerin oder der VdK zu vertreten hat; wäre Letzteres der Fall, müsste sie sich dessen Fehlverhalten zurechnen lassen (§ 278 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Beschwerde ist deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht ohne Verschulden der Klägerin erst nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 160a Abs 1 Satz 2, § 64 Abs 2 und 3, § 63 Abs 2 SGG) eingelegt worden ist.

6

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist ebenfalls abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist hier - wie oben dargelegt - nicht der Fall.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Eicher
Dr. Koloczek
Coseriu

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