Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundessozialgericht
Beschl. v. 08.03.2016, Az.: B 1 KR 70/15 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 08.03.2016
Referenz: JurionRS 2016, 18164
Aktenzeichen: B 1 KR 70/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Baden-Württemberg - 19.06.2015 - AZ: L 4 KR 2019/13

SG Karlsruhe - AZ: S 9 KR 333/11

BSG, 08.03.2016 - B 1 KR 70/15 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 1 KR 70/15 B

L 4 KR 2019/13 (LSG Baden-Württemberg)

S 9 KR 333/11 (SG Karlsruhe)

......................................................,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigte: ...........................................,

gegen

Novitas BKK,

Schifferstraße 92 - 100, 47059 Duisburg,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

Prozessbevollmächtigter: .............................................. .

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 8. März 2016 durch den Richter Prof. Dr. H a u c k als Vorsitzenden, die Richter C o s e r i u und Dr. E s t e l m a n n sowie die ehrenamtliche Richterin R o t h - B l e c k w e h l und den ehrenamtlichen Richter Dr. B a t z

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für das selbst beschaffte Arzneimittel Iscador M (Iscador).

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin erkrankte an einem Zungengrundkarzinom, das im September 2009 erfolgreich operativ entfernt wurde. Die Klägerin erhielt im Anschluss im Krankenhaus eine Therapie mit dem apothekenpflichtigen nicht verschreibungspflichtigen anthroposophischen Mistelpräparat Iscador. Die Klägerin beantragte, die von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. L. befürwortete adjuvante Iscador-Therapie zu übernehmen (18.3.2010). Die Beklagte lehnte dies ab: Die Tumorbehandlung mit Mistelpräparaten zu Lasten der KK sei auf die palliative Behandlung beschränkt (Bescheid vom 28.10.2010; Widerspruchsbescheid vom 8.12.2010). Die Klägerin hat sich deshalb schrittweise (ab September 2011 bis Mai 2015) Iscador aufgrund privatärztlicher Verordnung für insgesamt 1062,38 Euro selbst verschafft. Ihre Klage auf Kostenerstattung ist ohne Erfolg geblieben (SG-Urteil vom 12.3.2013). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V lägen nicht vor. Die Verordnung von Mistelpräparaten unterliege Anwendungsbeschränkungen (§ 34 Abs 1 S 1 und 2 SGB V, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V iVm § 12 Abs 6 und der Anlage I zum Abschnitt F der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses [GBA] über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Arzneimittel-Richtlinie [AM-RL]). Mistelpräparate seien danach zu Lasten der KK nicht im Rahmen einer adjuvanten, sondern nur einer palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität verordnungsfähig. Das habe auch schon vor der klarstellenden Änderung des § 12 Abs 6 S 1 AM-RL mWv 21.6.2012 gegolten (Urteil vom 19.6.2015).

3

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

II

4

Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Die als Zulassungsgrund geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist zwar in einer den gesetzlichen Anforderungen an die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechenden Weise dargelegt, jedoch ist mit dem Urteil des erkennenden Senats vom 15.12.2015 (B 1 KR 30/15 R - Juris, vorgesehen für BSGE und SozR 4-2500 § 34 Nr 18) die grundsätzliche Bedeutung der von der Klägerin formulierten Rechtsfragen entfallen (dazu 1.). Im Übrigen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht die für die Zulässigkeit der Beschwerde maßgeblichen Darlegungsvoraussetzungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Soweit die Klägerin die Beschwerde auch auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) stützt, legt sie die hierfür notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar (dazu 2.).

5

1. Um dem Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zu entsprechen, muss die aufgeworfene Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sein (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Rechtssache kommt gemessen an diesen Kriterien keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu, weil Fragen, die - wie hier - ohne Weiteres bereits mittels höchstrichterlicher Rechtsprechung zu beantworten sind, grundsätzlich nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig sind (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6 und § 160a Nr 21 S 38 mwN).

6

Die Klägerin formuliert die Fragen,

"A. Ob § 12 Abs. 6 AM-RL in der am 20.06.2012 im Bundesanzeiger veröffentlichten Fassung (unter Einschluss der Worte 'und Anwendungsvoraussetzungen') mit dem gesetzlichen Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs. 1 S. 3 SGB V) sowie mit dem gesetzlichen Gebot, bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen (§ 34 Abs. 3 S. 2 SGB V) vereinbar ist oder nicht.

B. Ob § 12 Abs. 6 AM-RL in der (mindestens) bis zum 20.06.2012 geltenden Fassung (ohne die Worte 'und Anwendungsvoraussetzungen') so auszulegen ist, dass sich der dort enthaltene Verweis auf die 'Indikationsgebiete' der Anlage I nur auf die dort genannten schwerwiegenden Erkrankungen beschränkt (z.B. bei Ziff. 32 Anlage I AM-RL: 'maligne Tumoren') oder ob der Verweis auch die in der Anlage I ggf. zusätzlich genannten weiteren Anwendungsvoraussetzungen (z.B. bei Ziff. 32 Anlage I AM-RL: 'in der palliativen Therapie ...') mit umfasst.

C. Ob der Beschluss des GBA vom 19.04.2012 (veröffentlicht im Bundesanzeiger am 20.06.2012) rechtmäßig ist oder schon in formeller Hinsicht im Hinblick darauf rechtswidrig und nichtig ist, weil der Beschluss a) nicht den aktuell gültigen § 12 Abs. 6 AM-RL ändert, sondern die 'Bekanntmachung' eines durch die Neufassung der AM-RL 2009 erledigten, nicht mehr existenten Beschluss des GBA vom 21.12.2004 zur Änderung des damaligen Ziff. 16.5 AMR zum Gegenstand hat und der Beschluss b) überdies ohne ein (erneutes) Stellungnahmeverfahren nach § 92 Abs. 3a SGB V, insbesondere ohne Einräumung einer Stellungnahmemöglichkeit der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD) und ohne Einräumung einer mündlichen Stellungnahmemöglichkeit nach § 91 Abs. 9 SGB V gefasst wurde und somit an einem schwerwiegenden Verfahrensfehler leidet, der zur Nichtigkeit führt."

7

Der erkennende Senat lässt offen, ob die Klägerin damit auch hinsichtlich der dritten Frage eine Rechtsfrage klar formuliert und deren grundsätzliche Bedeutung in einer den gesetzlichen Anforderungen an die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechenden Weise dargelegt hat. Alle Rechtsfragen sind jedenfalls nicht länger von grundsätzlicher Bedeutung. Denn der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 15.12.2015 (B 1 KR 30/15 R - Juris, vorgesehen für BSGE und SozR) nach Zulassung der Revision in einem gleichgelagerten Rechtsstreit, in dem die Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch die dortige Klägerin vertreten und mit denselben Rechtsfragen und einer im Wesentlichen gleichen Begründung die Zulassung der Revision beantragt hatten, diese Rechtsfragen (mit-)beantwortet:

8

Danach setzt der Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs 3 S 1 SGB V voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Das anthroposophische Arzneimittel Iscador ist als nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel nicht vom Leistungskatalog des SGB V umfasst. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind gemäß § 34 Abs 1 S 1 SGB V von der Versorgung nach § 31 SGB V grundsätzlich ausgeschlossen. Der GBA legt zwar in Richtlinien fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Der GBA hat in Anlage I Nr 32 der AM-RL (OTC-Übersicht) Mistel-Präparate als ausnahmsweise verordnungsfähige Arzneimittel aber nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität aufgeführt. Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL herleiten. Soweit § 12 Abs 6 AM-RL die Anwendung eines anthroposophischen Arzneimittels für die in Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete als Ausnahme ermöglicht, erstreckt sich diese Bezugnahme bei anthroposophischen Mistelpräparaten auch auf die Anwendungsvoraussetzungen - hier in der palliativen Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 12 Abs 6 AM-RL. In der medizinischen Wissenschaft bezeichnet der Begriff "Indikation" bei einem Arzneimittel die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung. Die Anwendungsbezogenheit eines Arzneimittels zeigt sich auch bei der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Regelungsintention des § 12 Abs 6 AM-RL war es, mit dem Begriff des Indikationsgebietes nicht nur das Anwendungsgebiet, sondern auch die in der OTC-Übersicht festgelegten Anwendungsbedingungen zum zweckbestimmten Einsatz der Wirkstoffe zu umfassen. Aus dem Gebot, der besonderen Wirkungsweise homöopathischer, phytotherapeutischer und anthroposophischer Arzneimittel Rechnung zu tragen, folgt keine Freistellung dieser Arzneimittel von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen. Der Gesetzgeber hat mit der von ihm bezweckten formalen Gleichstellung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen mit allopathischen Arzneimitteln keine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen verbunden. Eine privilegierte Sonderstellung im Sinne einer Generalklausel würde dem generellen Ausschluss von nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln nach § 34 Abs 1 S 1 SGB V zuwiderlaufen. Mit der Einfügung der Worte "und Anwendungsvoraussetzungen" in § 12 Abs 6 AM-RL mit Wirkung vom 21.6.2012 hat sich die Rechtslage nicht geändert. Die Einfügung diente lediglich der Klarstellung der Verordnungsvoraussetzungen für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen. Es kann deshalb offenbleiben, ob die vorgenommene Änderung des § 12 Abs 6 AM-RL verfahrensfehlerhaft zustande kam. Der GBA verfügt über eine hinreichende demokratische Legitimation zum Erlass von Richtlinien zur Konkretisierung des sich aus § 34 Abs 1 SGB V ergebenden Regelungsprogramms. Im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung fordert das demokratische Prinzip nicht, dass eine lückenlose personelle Legitimationskette vom Volk zum Entscheidungsträger vorliegen muss. Es ist vielmehr ausreichend, dass Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe gesetzlich ausreichend vorherbestimmt sind, ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell legitimierter Amtswalter unterliegt und die Wahrung der Interessen der Betroffenen gewährleistet ist. Der GBA besitzt deshalb eine hinreichende demokratische Legitimation für eine Richtlinie, wenn sie zum Beispiel nur an der Regelsetzung Beteiligte mit geringer Intensität trifft, während sie für eine andere seiner Normen fehlen kann, wenn sie zum Beispiel mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht haben mitwirken können. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der GBA für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist. Diesen Anforderungen wird die Ermächtigung zur Bestimmung von Ausnahmen vom Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gerecht. Der GBA unterliegt beim Erlass der AM-RL der Aufsicht personell demokratisch legitimierter Amtswalter. Das SGB V regelt detailliert und umfassend die staatliche Aufsicht über den GBA und speziell beim Erlass von Richtlinien. Die erforderliche Beteiligtenpartizipation wird durch § 92 Abs 3a SGB V gewahrt. Der GBA ist auch inhaltlich hinreichend normdicht für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Welche Arzneimittel nach dem gesetzlichen Normprogramm "apothekenpflichtig", aber "nicht verschreibungspflichtig" sind, ist präzise durch die Regelung des § 48 Arzneimittelgesetz iVm der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln bestimmt. Die Begriffe der "Behandlung schwerwiegender Erkrankungen" und "als Therapiestandard" sind jedenfalls durch die Rechtsprechung des BSG so präzisiert, dass dem GBA kein nennenswerter Auslegungsspielraum verbleibt. Auch bei der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse zur Operationalisierung der genannten Rechtsbegriffe unterliegt der GBA weitgehender gerichtlicher Kontrolle. Der Gesetzgeber wählte diese Ausgestaltung der Ausnahmeentscheidung durch den GBA, um die Qualität der Leistungserbringung zu sichern, eine Gleichbehandlung der Versicherten zu erreichen und um die Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit auszurichten. Dies gewährleistet, dass die betroffenen Pharmakotherapien auf ihren therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Ausnahmeentscheidungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Ein solches Vorgehen darf dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt sein (vgl entsprechend BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 19).

9

Die Eingriffsintensität der Richtlinien zu Ausnahmen vom generellen Ausschluss von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist gering. Nichtärztliche Leistungserbringer sind durch die Richtlinien nicht betroffen. Betroffen von Änderungen des Leistungsrechts sind in erster Linie Versicherte, zudem Ärzte in ihrer ärztlichen Therapiefreiheit (vgl zur Bedeutung als dienende Freiheit Hauck, SGb 2014, 8 f mwN). Zur Beurteilung der Eingriffsintensität ist zunächst die vom Bundesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Entscheidung in den Blick zu nehmen, nicht verschreibungspflichtige Medikamente generell aus dem Leistungskatalog auszuschließen. In diesem gesetzlichen Ausschluss liegt die eigentliche Belastung Betroffener. Die Ermächtigung des GBA, hiervon in Richtlinien unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen Ausnahmen zu machen, benachteiligt den betroffenen Personenkreis nicht.

10

2. Wer sich - wie hier die Klägerin - auch auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - Juris RdNr 6) und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - Juris RdNr 9). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). Dabei ist der jeweils aktuelle Stand der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde maßgebend (BSG SozR 1500 § 160 Nr 61; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

11

Soweit die Klägerin eine Abweichung von dem Urteil des 14a. BSG-Senats vom 8.9.1993 (14a RKa 7/92 - BSGE 73, 66 [BSG 08.09.1993 - 14a RKa 7/92] = SozR 3-2500 § 2 Nr 2) geltend macht, bezeichnet sie damit keine entscheidungstragenden, voneinander abweichenden abstrakten Rechtssätze des damals kurzzeitig für das Kassenzahnarztrecht zuständigen 14a. BSG-Senats und des LSG. Die Klägerin weist selbst darauf hin, dass das BSG-Urteil vom 8.9.1993 nicht zum Verhältnis von § 34 Abs 1 S 2 zu S 3 SGB V, sondern zu dem Verhältnis von § 2 Abs 1 S 2 zu S 3 SGB V ergangenen ist. Sie legt auch im Übrigen nicht dar, dass die Entscheidung des LSG auf der behaupteten Abweichung beruht. Hierzu hätte sie darlegen müssen, dass der vom 14a. Senat des BSG aufgestellte Rechtssatz, der allgemeine Therapiestandard könne nur "therapie-immanent" ermittelt werden, auch heute noch Geltung beansprucht und nicht überholt ist, also diese Rechtsprechung weder ausdrücklich oder stillschweigend (teilweise) aufgegeben worden ist noch der GmSOGB oder das BVerfG zur gleichen Rechtsfrage inzwischen abweichende Entscheidungen getroffen hat (BSG SozR 1500 § 160 Nr 61; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1). Hierzu bestand schon deshalb Anlass, weil der erkennende Senat bereits zum Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) ausgeführt hat, dass diesem Gebot nur entsprochen wird, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (stRspr; vgl BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 29 mwN; vgl auch BSGE 95, 132 [BSG 27.09.2005 - B 1 KR 6/04 R] RdNr 18 f = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 f und hierauf Bezug nehmend BSG Urteil vom 6.5.2009 - B 6 KA 3/08 R - Juris RdNr 17). Hiermit setzt sich die Klägerin nicht auseinander.

12

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

13

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Prof. Dr. Hauck
Coseriu
Dr. Estelmann
Roth-Bleckwehl
Dr. Batz

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.