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Bundessozialgericht
Beschl. v. 01.09.2009, Az.: B 1 KR 1/09 D
Kostenentscheidung in einem Vergaberechtsverfahren nach Klagerücknahme
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 01.09.2009
Referenz: JurionRS 2009, 23966
Aktenzeichen: B 1 KR 1/09 D
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

OLG Düsseldorf - 16.06.2008 - AZ: VII-Verg 13/08

BSG, 01.09.2009 - B 1 KR 1/09 D

in dem Rechtsstreit

Az: B 1 KR 1/09 D

VII-Verg 13/08 (OLG Düsseldorf)

X ZB 25/08 (BGH)

....................................,

Antragstellerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigte: .................................,

g e g e n

1. AOK Baden-Württemberg - Die Gesundheitskasse,

Heilbronner Straße 184, 70191 Stuttgart,

2. AOK Bayern - Die Gesundheitskasse,

Carl-Wery-Straße 28, 81739 München,

3. AOK Berlin - Die Gesundheitskasse,

Wilhelmstraße 1, 10963 Berlin,

4. AOK Brandenburg - Die Gesundheitskasse,

Potsdamer Straße 20, 14513 Teltow,

5. AOK Bremen/Bremerhaven,

Bürgermeister-Smidt-Straße 95, 28195 Bremen,

6. AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen,

Kölner Straße 8, 65760 Eschborn,

7. AOK Mecklenburg-Vorpommern - Die Gesundheitskasse,

Am Grünen Tal 50, 19063 Schwerin,

8. AOK - Die Gesundheitskasse für Niedersachsen,

Hildesheimer Straße 273, 30519 Hannover,

9. AOK Rheinland/Hamburg - Die Gesundheitskasse,

Kasernenstraße 61, 40213 Düsseldorf,

10. AOK - Die Gesundheitskasse in Rheinland-Pfalz,

Virchowstraße 30, 67304 Eisenberg,

11. AOK - Die Gesundheitskasse im Saarland,

Halbergstraße 1, 66121 Saarbrücken,

12. AOK PLUS - Die Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen,

Sternplatz 7, 01067 Dresden,

13. AOK Sachsen-Anhalt - Die Gesundheitskasse,

Lüneburger Straße 4, 39106 Magdeburg,

14. AOK Schleswig-Holstein - Die Gesundheitskasse,

Edisonstraße 70, 24145 Kiel,

15. e n t f ä l l t : e h e m a l s A O K T h ü r i n g e n ,

16. AOK Westfalen-Lippe - Die Gesundheitskasse,

Nortkirchenstraße 103-105, 44263 Dortmund,

Antragsgegnerinnen und Beschwerdegegnerinnen,

Prozessbevollmächtigte zu 1. bis 16.: ..............................,

beigeladen:

1. .................................,

2. ..................................,

3. .................................,

Prozessbevollmächtigte zu 3.: ................................

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 1. September 2009 durch den Präsidenten M a s u c h sowie den Richter Dr. H a u c k und die Richterin Dr. B r a n d t s

beschlossen:

Tenor:

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3). Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird auf 2.500.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Antragsgegnerinnen sind 15 (vormals 16) Allgemeine Ortskrankenkassen (AOKn). Sie schrieben den Abschluss von Arzneimittel-Rabattverträgen gemäß § 130a Abs 8 SGB V aus (3.8.2007; Ende der Angebotsfrist: 3.9.2007). Die Antragstellerin gab ein Angebot für die Wirkstoffe Formoterol, Beclometason und Budesonid ab. Die Antragsgegnerinnen teilten der Antragstellerin mit, ihr Angebot könne wegen unzureichender Produktbreite nicht berücksichtigt werden (14.9.2007). Die Antragstellerin rügte gegenüber den Antragsgegnerinnen die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften und verlangte von ihnen die Erklärung, es künftig zu unterlassen, aufgrund des bisherigen Verfahrens Rabattverträge abzuschließen. Die Antragsgegnerinnen erwiderten (16.10.2007), wegen verschiedener Verfahren vor Vergabekammern (VKn) könnten derzeit Vertragsabschlüsse nicht erfolgen, die geforderte Erklärung ginge daher ins Leere. Die Antragsgegnerinnen schlossen am 5.11.2007 Verträge über die Wirkstoffe Formoterol und Beclometason ab. Den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 6.11.2007 wies die VK Baden-Württemberg als offensichtlich unzulässig zurück (Beschluss vom 7.11.2007). Die Antragstellerin legte deshalb sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe ein. Sie nahm aufgrund eines Hinweises des OLG ihren Nachprüfungsantrag zurück und stellte am 3.12.2007 einen Nachprüfungsantrag bei der VK bei der Bezirksregierung Düsseldorf. Hinsichtlich des Wirkstoffs Budesonid hoben die Antragsgegnerinnen das Auswahlverfahren mangels zuschlagsfähigen Angebots am 1.2.2008 auf, ohne dass die Antragstellerin dies beanstandete. Die Antragstellerin beantragte bei der VK,

1. festzustellen, dass das Ausschreibungsverfahren vom 3.8.2007 für Rabattvereinbarungen mit pharmazeutischen Unternehmen gemäß § 130a Abs 8 SGB V zum Wirkstoff Budesonid sie, die Antragstellerin, in ihren Rechten verletzt hat;

2. den Antragsgegnerinnen zu untersagen, für den Versorgungszeitraum 1.1.2008 bis 31.12.2009 Rabattverträge gemäß § 130a Abs 8 SGB V zu den Wirkstoffen Formoterol und/oder Beclometason in der Form zu schließen, wie sie in dem Schreiben der AOK Baden-Württemberg vom 3.8.2007 angekündigt wurden;

3. die Nichtigkeit der mit den Beigeladenen geschlossenen Verträge zu den Wirkstoffen Beclometason und Formoterol festzustellen;

4. die Antragsgegnerinnen zu verpflichten, Rabattverträge gemäß § 130a Abs 8 SGB V zu den Wirkstoffen Formoterol und/oder Beclometason und/oder Budesonid für alle oder einen Teil der deutschen AOKn künftig nur unter Berücksichtigung des Vergaberechts auszuschreiben und/oder abzuschließen.

Die Antragsgegnerinnen traten dem entgegen.

2

Am 6.2.2008 erhoben die AOKn (= hiesige Antragsgegnerinnen) vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage gegen die Bezirksregierung Düsseldorf, um dieser ua untersagen zu lassen, im Nachprüfungsverfahren ein Zuschlagsverbot zu verhängen oder sonstige für sie nachteilige Entscheidungen zu treffen; außerdem beantragten sie den Erlass entsprechender einstweiliger Anordnungen. Das SG untersagte der Bezirksregierung Düsseldorf, in diesem Nachprüfungsverfahren nachteilige Anordnungen gegenüber den AOKn zu treffen sowie etwaige weitere Nachprüfungsanträge von Pharmaunternehmen wegen der erfolgten Ausschreibung von Rabattverträgen den AOKn zuzustellen (Beschluss vom 11.2.2008). Am 14.2.2008 erhoben die AOKn gegen die Antragstellerin vor dem SG Klage auf Feststellung der Wirksamkeit der über die Wirkstoffe Beclometason und Formoterol geschlossenen Verträge. Das SG stellte auf Antrag der AOKn im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes fest, dass die Zustellung des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin kein gesetzliches Zuschlagsverbot nach § 115 Abs 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ausgelöst habe und ein solches Zuschlagsverbot daher auch nicht durch Einlegung der sofortigen Beschwerde beim OLG Düsseldorf verlängert werden könne; außerdem stellte das SG fest, dass auch die Zustellung weiterer Nachprüfungsanträge kein gesetzliches Zuschlagsverbot auslöse (Beschluss vom 25.2.2008).

3

Die VK bei der Bezirksregierung Düsseldorf verkürzte die - bereits verlängerte - Entscheidungsfrist auf den 14.2.2008 und traf (wie zuvor angekündigt) keine Entscheidung. Dagegen hat die Antragstellerin beim OLG Düsseldorf sofortige Beschwerde eingelegt, um die vor der VK gestellten Anträge weiter zu verfolgen. Das OLG hat ungeachtet des SG-Beschlusses "die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen die kraft Gesetzes fingierte Ablehnung des Nachprüfungsantrags durch die VK bei der Bezirksregierung Düsseldorf (VK 44/07) bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängert, soweit das Nachprüfungsverfahren die Vergabe der Wirkstoffe Formoterol und Beclometason betrifft" (Beschluss vom 19.3.2008, ergangen ohne Kostenentscheidung). Das OLG hat im Übrigen die Sache nach § 124 Abs 2 GWB dem Bundesgerichtshof (BGH) vorgelegt. Der BGH hat das Verfahren an das Bundessozialgericht (BSG) abgegeben, um dem Verfahrensübergang nach § 207 Satz 1 Fall 2 SGG (in der ab 18.12.2008 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV [GKV-OrgWG] vom 15.12.2008, BGBl I 2426) Rechnung zu tragen (BGH-Beschluss vom 18.12.2008). Die Antragstellerin hat ihre sofortige Beschwerde am 20.3.2009 durch Erklärung gegenüber dem BSG zurückgenommen.

4

Die Beigeladene zu 3) beantragt,

der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie des Verfahrens über den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 GWB und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3) aufzuerlegen und den Wert des Streitgegenstandes des Beschwerdeverfahrens sowie des Verfahrens über den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 GWB festzusetzen.

II

5

1. Der Senat ist aufgrund des Verfahrensübergangs nach § 207 Satz 1 Fall 2, § 142a Abs 2 SGG (beide idF durch das GKV-OrgWG) und anschließender Rücknahme der sofortigen Beschwerde zur Entscheidung über die Kosten ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter berufen.

6

a) Es kommt hierfür nicht darauf an, ob die Vorlage des OLG gemäß § 124 Abs 2 GWB zulässig war (anders wohl für die in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Verfahren: BGH, NZBau 2006, 392 f = WRP 2006, 375 f, juris: RdNr 3). Zwar hebt der BGH in seiner Rechtsprechung (ebenda) hervor, dass sich nach einer zulässigen Vorlage die Entscheidungskompetenz des BGH nicht nur auf die Divergenzfrage erstreckt, die Grund der Vorlage ist, sondern grundsätzlich auf das gesamte Nachprüfungsverfahren. Bei Rücknahme des Nachprüfungsantrags - so folgert er - tritt an die Stelle der Sachentscheidung die Kostenentscheidung durch den BGH. Für Verfahren, die nach § 207 Satz 1 Fall 2 SGG vom BGH auf das BSG übergegangen sind und sich anschließend erledigt haben, ist das BSG indes unabhängig davon zur Entscheidung über die Kosten berufen, ob die vorangegangene Vorlage des OLG an den BGH zulässig war.

7

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob das BSG bei Landessozialgerichts (LSG)-Vorlagen nach § 142a Abs 4 Satz 1 SGG in ähnlicher Weise generell jeweils deren Zulässigkeit vorab zu prüfen hat, wie es der BGH für § 124 Abs 2 GWB fordert (befürwortend zB Hauck in: Hennig, SGG, Stand August 2009, § 142a RdNr 75). Denn das vorliegende Verfahren ist jedenfalls kraft der Sonderregelung des § 207 Satz 1 Fall 2 SGG vom BGH auf das BSG übergegangen. Der Verfahrensübergang auf das BSG betrifft alle am 18.12.2008 beim BGH anhängig gewesenen Verfahren in den Fällen des § 124 Abs 2 Satz 1 GWB in Streitigkeiten über Entscheidungen von Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des SGB V betreffen und die sich nicht in der Hauptsache erledigt haben (vgl Hauck, aaO, § 207 RdNr 10). Diese Verfahren gehen in dem Stadium auf das BSG über, in dem sie sich befinden. Erledigen sie sich anschließend nach dem Verfahrensübergang in der Hauptsache, widerspräche eine Rückverweisung des Rechtsstreits an das zuständige LSG allein wegen einer noch zu treffenden Nebenentscheidung dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, wie es auch in § 207 Satz 2 SGG mit dem Prinzip "kein Verfahrensübergang bei in der Hauptsache erledigten Verfahren" zum Ausdruck kommt.

8

b) Der erkennende Senat hat entsprechend § 102 Abs 3 Satz 1 SGG wegen der wirksam erklärten Rücknahme der sofortigen Beschwerde über die Kosten zu entscheiden. In (das Vergaberecht betreffenden) Verfahren der sofortigen Beschwerde gelten grundsätzlich die Vorschriften des SGG, soweit nicht § 142a SGG speziell auf Regelungen des GWB verweist (vgl Hauck, aaO, § 142a RdNr 7). Zu den allgemeinen Vorschriften gehört auch die entsprechend anzuwendende Regelung über die Klagerücknahme nach § 102 SGG (aA, § 269 Abs 1 ZPO bevorzugend: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.1.2009 - L 11 WB 5971/08 - RdNr 125, VergabeR 2009, 452 ff = ZMGR 2009, 84 ff). § 102 SGG ist für selbstständige Beschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden (vgl Hauck in: Zeihe, SGG, Stand 1.7.2009, § 102 RdNr 3). Nach § 102 Abs 1 SGG kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache. Ist die Klage zurückgenommen, so stellt das Gericht gemäß § 102 Abs 3 SGG das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

9

2. Bei der Entscheidung über die Kosten ist zu unterscheiden zwischen den Kosten des gerichtlichen Verfahrens der sofortigen Beschwerde (dazu a) und denjenigen des Verfahrens vor der Vergabekammer (dazu b).

10

a) Die Antragstellerin hat die Kosten der sofortigen Beschwerde einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3) zu tragen.

11

aa) Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde beruht auf den allgemeinen Kostenregelungen des SGG. Danach hat die Antragstellerin die Kosten deshalb zu tragen, weil sie die von ihr eingelegte sofortige Beschwerde, also ein Rechtsmittel, zurückgenommen hat (§ 155 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]). Maßgeblich ist diese Regelung aus dem Kreise der §§ 154 bis 162 der VwGO, da im Rechtszug weder die Antragstellerin noch die Antragsgegnerinnen zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG).

12

Die Regelung des § 155 Abs 2 VwGO wird nach dem Rechtsgedanken des § 197a Abs 1 Satz 2 SGG nicht durch die Norm des § 161 Abs 2 VwGO verdrängt, obwohl die Rücknahme der sofortigen Beschwerde den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (§ 102 Abs 1 Satz 2 SGG): § 161 Abs 2 VwGO greift nur für den Fall übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten ein (vgl Hauck in: Zeihe, aaO, Nach § 197a § 161 VwGO RdNr 8a). Nach § 197a Abs 1 Satz 2 SGG findet § 161 Abs 2 der VwGO nämlich keine Anwendung, wenn die Klage zurückgenommen wird (vgl dazu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/ders, SGG, 9. Aufl 2008 § 197a RdNr 25d; Hauck SGb 2004, 407, 409). Das gilt auch für den Fall der Zurücknahme einer sofortigen Beschwerde.

13

bb) Entgegen dem Hinweis, den der Vergabesenat des OLG Düsseldorf hier in einem Richterbrief vom 18.5.2009 in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung dieses Senats (trotz fehlender Zuständigkeit nach Abgabe des Verfahrens an den BGH und Übergang des Verfahrens auf das BSG) gegeben hat, ergeht über die Kosten des Eilverfahrens nach § 118 Abs 1 Satz 3 GWB keine gesonderte Kostenentscheidung. Über die Kosten dieses Verfahrensteils wegen Verlängerung der "aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen die kraft Gesetzes fingierte Ablehnung des Nachprüfungsantrags durch die VK bei der Bezirksregierung Düsseldorf (VK 44/07) ... bis zur Entscheidung über die Beschwerde" ist keine isolierte Kostenentscheidung veranlasst. Die Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs 1 Satz 3 GWB sind vielmehr Kosten des Beschwerdeverfahrens, über die einheitlich im Rahmen der Entscheidung über die Kosten der Hauptsache zu befinden ist (ohne Kostenentscheidung deshalb zB BSG, Beschluss vom 23.2.2009 - B 3 KR 2/09 D -; siehe auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.2.2009 - L 11 WB 381/09 -, juris RdNr 126, ZMGR 2009, 94 ff; BayObLG, Beschluss vom 15.4.2003 - Verg 5/03, juris RdNr 16, VergabeR 2003, 457; OLG München, Beschluss vom 24.5.2006 - Verg 12/06 -, juris RdNr 8, VergabeR 2006, 948 f; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.4.2008 - VII-Verg 22/08 -, juris RdNr 4; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 19.1.2009 - Verg W 2/09 -, juris RdNr 70, ZfBR 2009, 390 ff). Dementsprechend hat auch das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 19.3.2008 (betreffend die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen die fiktiv abgelehnte Nachprüfung durch die VK) keine eigene Kostenentscheidung getroffen.

14

cc) Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs 3 VwGO nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. So liegt es hier hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. Denn diese hat im Beschwerdeverfahren selbst Anträge gestellt, das Verfahren gefördert und dadurch ein eigenes Kostenrisiko auf sich genommen (vgl entsprechend zB BSG, Beschluss vom 19.7.2006 - B 6 KA 33/05 B -, RdNr 12; BSG, Beschluss vom 22.4.2009 - B 3 KR 2/09 D -, RdNr 35).

15

b) Über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat der erkennende Senat demgegenüber nicht zu entscheiden, da hierüber nur im statthaften Rechtszug innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit zu befinden ist.

16

Es bedarf hier keiner Vertiefung, ob und inwieweit in den Fällen der sofortigen Beschwerde gegen eine fiktive Ablehnung eines Nachprüfungsantrags (§ 116 Abs 2 GWB) generell über die Kosten des Verfahrens vor der VK zu entscheiden ist. Jedenfalls kommt eine solche Entscheidung im vorliegenden Verfahren von vornherein nicht in Betracht, weil andernfalls die Zuständigkeitsordnung der Gerichte missachtet würde. Es gehört zu den Fundamenten der rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes, dass in einem Rechtsstreit die bereits begründete anderweitige Rechtshängigkeit und erst recht ergangene Entscheidungen eines Gerichts von anderen ebenso mit dem Rechtsschutzbegehren befassten Gerichten beachtet werden. Die Rechtshängigkeit bei einem anderen Gericht sperrt die Möglichkeit, denselben Streitgegenstand bei einem anderen Gericht zulässig geltend zu machen. Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt - wie hier das SG (Beschlüsse vom 11. und 25.2.2008) -, sind andere Gerichte daher an diese Entscheidung gebunden und dürfen sich nicht durch eine gleichwohl ergehende eigene Entscheidung darüber hinwegsetzen (vgl § 17a Abs 1 Gerichtsverfassungsgesetz und hierzu BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 41 ff; das OLG Düsseldorf korrigierend ebenfalls BGH NJW 2008, 3222 ff, RdNr 17 f, juris). Nur bei einer zulässigen Rechtskontrolle - etwa im Instanzenzug oder bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in Fällen eines negativen Kompetenzkonflikts - kann die von einer gerichtlichen Entscheidung ausgehende Bindungswirkung durch ein anderes Gericht wieder beseitigt werden. Gegen diesen Grundsatz hat das OLG Düsseldorf verstoßen, indem es die Vorbefassung durch Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ignorierte. Hier war der - von der Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde verfolgte - Streitgegenstand durch die vor Einlegung der sofortigen Beschwerde erhobenen Klagen der AOKn beim SG nämlich bereits anderweitig rechtshängig, als das OLG damit befasst wurde. Nur in diesem anderen Rechtsstreit innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit könnte daher auch konform mit der gerichtlichen Zuständigkeitsordnung über die Kosten des Verfahrens vor der VK entschieden werden.

17

3. Der Gegenstandswert ist mit 2.500.000 Euro festzusetzen.

18

a) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss gemäß § 33 Abs 1 Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG, Art 3 des Gesetzes vom 5.5.2004, BGBl I 718, hier noch nicht anwendbar in der Fassung durch Art 5 des Gesetzes vom 6.7.2009, BGBl I 1696) - selbstständig fest. So liegt es hier. Zwar werden nach § 3 Abs 1 Satz 2 RVG in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) anzuwenden ist, die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Die Festsetzung des Streitwerts nach dem GKG setzt aber voraus, dass dort Gebühren geregelt sind, die sich nach dem Streitwert richten (vgl § 63 Abs 1 GKG). Daran fehlt es. Abgesehen vom Gebührentatbestand 7504 der Anlage 1 zum GKG können Gerichtsgebühren für sofortige Beschwerden nach § 142a SGG nicht erhoben werden, weil dafür eine gesetzliche Grundlage im GKG fehlt und eine analoge Anwendung anderer Kostenvorschriften zu Lasten der Beteiligten ausscheidet (vgl entsprechend BGH NJW-RR 2007, 1148). § 1 GKG betont ausdrücklich den abschließenden Charakter der Regelung. Entsprechend dem Vorbehalt des Gesetzes sind sämtliche gerichtlichen Handlungen kostenfrei, für die das GKG einschließlich des zugehörigen Kostenverzeichnisses nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (vgl auch BGH NJW-RR 2007, 1148 mwN).

19

b) Nach § 23 Abs 2 Satz 1 RVG ist in Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren sich - wie hier - nicht nach dem Wert richten, der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Abs 3 Satz 2 der Regelung zu bestimmen, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. § 23 Abs 3 Satz 2 RVG regelt, dass der Gegenstandswert - soweit er sich aus zuvor zitierten Vorschriften der Kostenordnung nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht - nach billigem Ermessen zu bestimmen ist; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 4.000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 Euro anzunehmen.

20

c) Auf dieser Grundlage ist von einem Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit von 2.500.000 Euro auszugehen. Bei vermögensrechtlichen Gegenständen ist billiges Ermessen - falls möglich - anhand einer auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhenden Schätzung auszuüben. Die Wertfestsetzung ist in diesem Fall nicht nach § 23 Abs 3 Satz 2 RVG auf einen Höchstbetrag begrenzt. Fehlt es dagegen an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung, ist auch bei vermögensrechtlichen - wie bei nichtvermögensrechtlichen - Gegenständen unter Beachtung der Höchstgrenze von 500.000 Euro zu verfahren (vgl ähnlich bereits zur Vorgängerregelung in § 8 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung: Bundesarbeitsgericht, NZA 2005, 70). Tatsächliche Anhaltspunkte für den Wert ergeben sich hier in Anlehnung an § 50 Abs 2 und § 52 Abs 4 GKG. Danach beträgt der Streitwert in Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 116 GWB) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 115 Abs 2 Satz 2 und 3, § 118 Abs 1 Satz 3 und nach § 121 GWB 5 % der Bruttoauftragssumme. Der Schätzung der Antragsgegnerinnen zufolge, auf die sich die Antragstellerin bezieht, betrug die Auftragssumme nach diesem Maßstab bereits für die zwei Wirkstoffe Formoterol und Beclometason 3.445.208 Euro sowie 560.946 Euro unter Berücksichtigung der 27 Monate dauernden Vertragslaufzeit bei Ausübung der Verlängerungsoption. Nach dem auch hier anwendbaren Rechtsgedanken des § 52 Abs 4 GKG darf indes der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht über 2.500.000 Euro angenommen werden.

Masuch
Dr. Hauck
Dr. Brandts

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