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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 30.08.2016, Az.: I ZB 10/15
Wirksamkeit der vor der Stellung des Ablehnungsantrags vorgenommenen Amtshandlungen eines später mit Erfolg abgelehnten Richters
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.08.2016
Referenz: JurionRS 2016, 25608
Aktenzeichen: I ZB 10/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:300816BIZB10.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Hamburg - 27.09.2011 - AZ: 416 HKO 69/11

OLG Hamburg - 29.01.2015 - AZ: 5 U 245/11

Rechtsgrundlage:

§ 321a ZPO

BGH, 30.08.2016 - I ZB 10/15

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. August 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen
beschlossen:

Tenor:

Die Ablehnungsgesuche der Beschwerdeführer gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Büscher, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Koch und Dr. Löffler, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schwonke und den Richter am Bundesgerichtshof Feddersen werden als unzulässig verworfen.

Die Anhörungsrügen, die Gegenvorstellung und die als Gegenvorstellung zu wertende Streitwertbeschwerde gegen den Beschluss des Senats vom 8. Oktober 2015 werden auf Kosten der Beschwerdeführer als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 29. Januar 2015 eine Beschwerde und weitere Anträge der Beschwerdeführer zurückgewiesen, die diese gegen einen Streitwertbeschluss des Oberlandesgerichts erhoben hatten. Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 29. Januar 2015 haben die Beschwerdeführer "Beschwerde und Gegenvorstellung" eingelegt. Der Senat hat die Beschwerde der Beschwerdeführer mit Beschluss vom 8. Oktober 2015 als unzulässig verworfen, weil gemäß § 66 Abs. 3 Satz 3, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statthaft ist (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2015 - I ZB 10/15, ). Die Beschwerdeführerin zu 2, die als Rechtsanwältin die Beschwerdeführer vertritt, hat mit Schriftsatz vom 1. November 2015 gegen den Beschluss des Senats vom 8. Oktober 2015 Gegenvorstellung sowie Beschwerde und mit Schriftsatz vom 4. November 2015 Streitwertbeschwerde eingelegt sowie eine Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO erhoben. Die Beschwerdeführer haben außerdem die an dem Beschluss vom 8. Oktober 2015 mitwirkenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die abgelehnten Richter haben sich zu dem Gesuch geäußert; die dienstlichen Erklärungen sind den Beschwerdeführern mitgeteilt worden. Diese sind ferner über die Personen der Richter, die über ihr Gesuch befinden, unterrichtet worden.

2

II. Der Ablehnungsantrag der Beschwerdeführer ist unzulässig, weil die Beschwerdeinstanz durch den Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2015 beendet ist. Das Ablehnungsrecht der Beschwerdeführer ist durch die von ihnen erhobenen Rechtsbehelfe der Anhörungsrüge, der Gegenvorstellung und der im vorliegenden Fall als Gegenvorstellung auszulegenden Streitwertbeschwerde nicht wieder aufgelebt, weil diese Rechtsbehelfe unzulässig sind und damit nicht zu einer erneuten Sachprüfung durch den Senat führen können.

3

1. Einen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richter trifft erst mit der Stellung (Anbringung) des Ablehnungsantrags die Amtspflicht, Amtshandlungen, die nicht unaufschiebbar sind, zu unterlassen. Vor Stellung des Ablehnungsantrags vorgenommene Amtshandlungen eines später mit Erfolg abgelehnten Richters bleiben wirksam (BGH, Urteil vom 8. Februar 2001 - II ZR 45/00, NJW 2001, 1502, 1503 [BGH 08.02.2001 - III ZR 45/00] mwN). Nach vollständigem Abschluss einer Instanz ist ein Ablehnungsgesuch grundsätzlich nicht mehr zulässig, weil damit die beteiligten Richter ihre richterliche Tätigkeit im konkreten Verfahren beendet haben; die getroffene Entscheidung kann von dem Gericht, dem die im Anschluss daran abgelehnten Richter angehören, nicht mehr geändert werden (BGH, Beschluss vom 11. Juli 2007 - IV ZB 38/06, NJW-RR 2007, 1653 Rn. 5; Beschluss vom 29. Mai 2013 - IX ZB 7/13, Rn. 3).

4

2. Aus diesen Gründen führt eine von vornherein unzulässige Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) nicht dazu, dass das durch eine abschließende Entscheidung untergegangene Ablehnungsrecht wieder auflebt. Bei einem unzulässigen Rechtsbehelf scheidet ein Eintritt in eine erneute Sachprüfung aus (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2013 - IX ZB 7/13, Rn. 3, 5).

5

Die im vorliegenden Verfahren von der Beschwerdeführerin zu 2 erhobene Anhörungsrüge ist mangels Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) unzulässig (vgl. zur Anhörungsrüge im Rechtsbeschwerdeverfahren BGH, Beschluss vom 18. Mai 2005 - VIII ZB 3/05, NJW 2005, 2017; Beschluss vom 29. Mai 2013 - IX ZB 7/13, Rn. 5; Beschluss vom 12. Januar 2016 - I ZB 95/15, Rn. 1). Die Anhörungsrüge gibt deshalb keinen Anlass für eine Fortführung des mit Beschluss vom 8. Oktober 2015 beendeten Beschwerdeverfahrens. Das damit verbundene Ablehnungsgesuch erweist sich damit ebenfalls als unzulässig.

6

3. Diese Grundsätze gelten entsprechend im Hinblick auf die von den Beschwerdeführern erhobene Gegenvorstellung. Auch eine gesetzlich nicht geregelte Gegenvorstellung lässt das durch eine verfahrensabschließende Entscheidung bereits untergegangene Ablehnungsrecht nicht wieder aufleben (vgl. BGH, Beschluss vom 6. August 1993 - 3 StR 277/93, NStZ 1993, 600). Der Antrag auf Gegenvorstellung unterliegt als Prozesshandlung zudem dem im Streitfall nicht eingehaltenen Anwaltszwang gemäß § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO.

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4. Das durch die verfahrensabschließende Entscheidung des Senats vom 8. Oktober 2015 untergegangene Ablehnungsrecht lebt ferner nicht durch die gegen die Festsetzung des Beschwerdewertes durch den Senat erhobene Streitwertbeschwerde wieder auf. Diese Beschwerde ist als Gegenvorstellung gegen die Streitwertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2015 auszulegen, weil nach § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG eine Streitwertbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2015 - I ZR 171/10, WRP 2015, 1237 Rn. 1). Der Rechtsbehelf ist nach den unter II 3 ausgeführten Grundsätzen ebenfalls unzulässig.

8

III. Aus den vorstehend dargelegten Gründen sind die Anhörungsrügen, die Gegenvorstellung und die als Gegenvorstellung zu wertende Streitwertbeschwerde gegen den Beschluss vom 8. Oktober 2015 als unzulässig zu verwerfen.

Büscher

Koch

Löffler

Schwonke

Feddersen

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