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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 30.06.2015, Az.: 3 StR 179/15
Anforderungen an die Benennung der einer Einziehung unterliegenden Gegenstände im Rahmen von Betäubungsmitteldelikten
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 30.06.2015
Referenz: JurionRS 2015, 20730
Aktenzeichen: 3 StR 179/15
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Mönchengladbach - 01.12.2014

Verfahrensgegenstand:

Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

BGH, 30.06.2015 - 3 StR 179/15

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 1. Dezember 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

    1. a)

      im Schuldspruch in den Fällen II. 1 (Fälle 1, 2, 28 bis 34, 177 bis 179 der Anklage), II. 2 (Fälle 3 bis 27, 35 bis 171, 176 der Anklage) und II. 3 der Urteilsgründe (Fall 175 der Anklage),

    2. b)

      im gesamten Strafausspruch sowie

    3. c)

      im Ausspruch über die Einziehung von "Marihuana aus Plastikdose".

  2. 2.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  3. 3.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 34 weiteren Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt, den Verfall von Wertersatz in Höhe von 830 € angeordnet sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf mehrere Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Schuldspruch in den Fällen II. 1 bis II. 3 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Dies führt zur Aufhebung auch des gesamten Strafausspruchs. Zudem bedarf die Einziehungsentscheidung der teilweisen Korrektur. Der Generalbundesanwalt hat insoweit in seiner Antragsschrift ausgeführt:

"§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO verlangt eine in sich geschlossene Darstellung der vom erkennenden Gericht zur Urteilsgrundlage gemachten Feststellungen. Die Urteilsgründe müssen klar, geschlossen, erschöpfend und aus sich heraus verständlich sein. Von den Sonderfällen des § 267 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 StPO abgesehen sind daher Verweisungen oder Bezugnahmen auf Schriftstücke oder anderer Erkenntnisquellen außerhalb des [...] Urteils unzulässig, sofern dadurch die gebotene eigene Sachdarstellung ersetzt werden soll. Dies gilt auch für Bezugnahmen auf die Anklageschrift und die Sitzungsniederschrift (jeweils Kuckein in KK-StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 3 mwN).

Diesen Anforderungen wird das Urteil in Bezug auf die Fälle II. 1 und 2 nicht gerecht. Aus den einführenden Bemerkungen zum festgestellten Handel des Angeklagten mit Marihuana und der Führung von Aufzeichnungen darüber (UA S. 5 f.) sowie den diese Aufzeichnungen aufgreifenden Anmerkungen zu den Angaben des Zeugen M. und den Ergebnissen einzelner Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen (UA S. 19 bis 25) ergibt sich nicht in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise, wie im Einzelnen und ob insoweit frei von Rechtsfehlern das Landgericht zur Annahme von 59 selbständigen Taten gelangt ist. Hierzu hätte es vielmehr einer Übernahme der Aufzeichnungen in Form von Abschriften oder Ablichtungen in die Urteilsgründe oder zumindest einer in sich geschlossenen und durchgehend nachvollziehbaren Darstellung der für den Schuldspruch maßgeblichen Eintragungen bedurft. Hinweise auf die Fundstellen der Aufzeichnungen außerhalb der Urteilsgründe vermögen nach dem oben Gesagten diese Darstellungslücken nicht zu füllen.

In Bezug auf Fall II. 3 erschließt sich nicht, warum das Landgericht hier - im Gegensatz zu seiner sonstigen rechtlich zutreffenden Einordnung der Verkaufsfälle in Bewertungseinheiten - ausnahmsweise von einer selbständigen Tat ausgegangen ist, obwohl nahe liegt, dass der Verkauf von 25 Gramm Marihuana an den Zeugen M. am 1. Oktober 2013 aus einer der in den Fällen II. 1 und 2 behandelten Vorratsmengen erfolgt ist.

(...)

Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen II. 1 bis 3 hat die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs zur Folge, denn das Landgericht hat auch in den Fällen II. 4 a) und b) sowie II. 5 die Vielzahl der Taten und die Länge des Tatzeitraums, damit aber auch die Verurteilung in den Fällen II. 1 bis 3, strafschärfend gewichtet. Im Übrigen erscheint die umfassende Aufhebung des Strafausspruchs geboten, um dem neuen Tatrichter eine insgesamt stimmige Strafzumessung zu ermöglichen.

(...)

die Einziehungsanordnung (ist) insoweit rechtsfehlerhaft, als sie 'Marihuana aus Plastikdose (Bl. 122, Nr. 1)' betrifft. Der Ausspruch über die Anordnung einer Einziehung hat die einzuziehenden Gegenstände so genau zu kennzeichnen, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; im Falle von Betäubungsmitteln gehört dazu die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor ergeben muss; die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis oder andere Aktenfundstellen genügt dagegen nicht (vgl. nur BGH, Beschluss vom 5. November 2014 - 2 StR 418/14 mwN)."

3

Dem schließt sich der Senat an und bemerkt ergänzend: Gegenüber einer wörtlichen Übernahme der Aufzeichnungen in Form von Abschriften oder Ablichtungen in die Urteilsgründe erscheint eine eigene, nachvollziehbare Sachdarstellung des Tatgerichts, aus der sich die Merkmale des gesetzlichen Tatbestands ergeben, vorzugswürdig. Die Abfassung der Urteilsgründe gibt dem Senat im Übrigen - erneut - Anlass zu folgenden Bemerkungen:

4

Die Beweiswürdigung soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist deshalb regelmäßig untunlich, den Inhalt der überwachten Telekommunikation wörtlich (hier UA S. 11 bis 18, 20 bis 24, 26 bis 39 und 41 bis 45) oder auch nur in einer ausführlichen Inhaltsangabe wiederzugeben (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 31. März 2015 - 3 StR 630/14, [...] Rn. 10 mwN; s. auch Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 350 mwN).

5

2. Der weitergehenden Revision des Angeklagten bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen der Erfolg versagt.

Becker

Pfister

Hubert

Mayer

Gericke

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