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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 28.02.2012, Az.: VIII ZR 267/11
Klärungsbedürftigkeit der Einordnung der Errichtung einer Parallelleitung zu einer bestehenden Anschlussleitung als eine vom Netzbetreiber i.R.d. EEG geschuldeten Netzverstärkung; Vorliegen einer Netzverstärkung im Sinne eines qualitativen Netzausbaus
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.02.2012
Referenz: JurionRS 2012, 15380
Aktenzeichen: VIII ZR 267/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Arnsberg - 07.10.2010 - AZ: 4 O 72/10

OLG Hamm - 14.06.2011 - AZ: I-21 U 163/10

Rechtsgrundlagen:

§ 5 Abs. 1 S. 1 EEG

§ 5 Abs. 3 EEG

Fundstelle:

ZNER 2012, 396

BGH, 28.02.2012 - VIII ZR 267/11

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor, wenn die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

2.

Die Errichtung einer Parallelleitung zu einer bestehenden Anschlussleitung stellt eine vom Netzbetreiber im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geschuldete Netzverstärkung im Sinne eines qualitativen Netzausbaus dar.

3.

Auf die Rechtsfrage, wie eine Norm auszulegen ist, kommt es nicht an, wenn es an geeignetem Tatsachenvortrag fehlt.

4.

Orientiert sich die Entscheidung eines Berufungsgerichts an den höchstrichterlich geprägten Rechtsgrundsätzen, lässt das Urteil keinen Rechtsfehler erkennen.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter Dr. Bünger

beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

2

a) Durch die Rechtsprechung des Senats ist bereits geklärt, dass die Errichtung einer Parallelleitung zu einer bestehenden Anschlussleitung eine vom Netzbetreiber im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geschuldete Netzverstärkung im Sinne eines qualitativen Netzausbaus darstellt (Senatsurteile vom 10. November 2004 - VIII ZR 391/03, NJW-RR 2005, 565 [BGH 10.11.2004 - VIII ZR 391/03] unter II 2 b bb zu § 3 Abs. 1 Satz 3 EEG 2000; vom 7. Februar 2007 - VIII ZR 225/05, WM 2007, 1227 Rn. 17 [BGH 07.02.2007 - VIII ZR 225/05] zu § 4 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004). Der vorliegende Fall weist keinen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf auf.

3

b) Auf die Rechtsfrage, ob die in § 5 Abs. 1 Satz 1 EEG enthaltene Formulierung "wenn nicht ein anderes Netz einen technisch und wirtschaftlich günstigeren Verknüpfungspunkt aufweist" entsprechend der Vorgängerregelung in § 4 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 dahingehend auszulegen ist, dass der gesamtwirtschaftlich günstigste Punkt auch in dem gleichen Netz des primär anschlusspflichtigen Netzbetreibers liegen kann, kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Die Beklagte hat -wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt -schon nicht dargelegt, dass ein Anschluss an dem Verknüpfungspunkt "I. 32" günstiger war als es eine Verbindung am Hausanschluss des Klägers gewesen wäre.

4

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Ersatz der ihm durch die entgegen § 5 Abs. 1, 4 EEG erfolgte Verweisung auf den Verknüpfungspunkt "I. 32" im Vergleich zu einem Anschluss der Photovoltaikanlage an seinem Hausanschluss "I. 41" entstandenen Mehrkosten sowie der hierdurch entstehenden Leitungsverluste.

5

Die hiergegen von der Revision vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

6

a) Entgegen der Auffassung der Revision lässt die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei im Rahmen des von ihr nach § 5 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EEG geschuldeten qualitativen Netzausbaus zur Verlegung einer Erdleitung parallel zu der bestehenden Freileitung zwischen dem Verknüpfungspunkt "I. 32" und dem Hausanschluss des Klägers "I. 41" verpflichtet gewesen, keinen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht orientiert sich an der Senatsrechtsprechung zur alten Rechtslage (Urteile vom 10. November 2004 - VIII ZR 391/03, aaO; vom 7. Februar 2007 - VIII ZR 225/05, aaO), überträgt diese zu Recht auf § 9 Abs. 1 EEG (vgl. Reshöft/ Bönnig, EEG, 3. Aufl., § 9 Rn. 29) und trifft unter Würdigung der im Urteil wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen eine eigene rechtliche Würdigung. Dabei geht es zutreffend davon aus, dass es sich bei dem vorhandenen Hausanschluss des Klägers - wie auch § 5 Abs. 1 EEG zeigt - um einen Teil des vorhandenen Netzes und damit um einen Netzverknüpfungspunkt im Sinne des § 5 EEG handelt.

7

b) Ohne Erfolg bleibt die Revision auch mit ihrem Einwand, die Beklagte habe entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hinreichend dargelegt, dass es sich bei dem Verknüpfungspunkt "I. 32" um einen im Vergleich zum Hausanschluss des Klägers günstigeren Verknüpfungspunkt handele. Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Revision hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

8

c) Die Revision macht weiter geltend, die Beklagte habe schon deshalb eine möglicherweise am Punkt "I. 41" bestehende Anschlusspflicht nicht schuldhaft verletzt, weil die Beklagte als Netzbetreiberin nach § 5 Abs. 3 EEG berechtigt sei, dem Kläger einen von § 5 Abs. 1 und 2 EEG abweichenden Verknüpfungspunkt zuzuweisen. Es sei denkgesetzlich ausgeschlossen, ein Verhalten, das durch § 5 Abs. 3 EEG legitimiert sei, als Pflichtverletzung anzusehen.

9

Dieser Einwand bleibt bereits deshalb erfolglos, weil die Revision nicht geltend macht, dass die Beklagte das ihr nach § 5 Abs. 3 EEG zustehende Wahlrecht auch tatsächlich ausgeübt habe. § 5 Abs. 3 EEG begründet ein Zuweisungsrecht des Netzbetreibers. Dieses muss er aber nicht ausüben; er kann es auch bei der gesetzlichen Ausgangsregelung des § 5 Abs. 1, 4 EEG belassen mit der Folge, dass der Anschlussbetreiber einen Anspruch auf Anschluss an diesem Punkt hat (Reshöft/Bönning, aaO, § 5 Rn. 37; vgl. auch Frenz/ Müggenborg/Cosack, EEG, 2010, § 5 Rn. 68). Dass die Beklagte berechtigt gewesen wäre, dem Kläger - gegen Erstattung der entsprechenden Mehrkosten, § 13 Abs. 2 EEG - den Punkt zuzuweisen, den sie irrtümlich für den nach § 5 Abs. 1 EEG geschuldeten gehalten hat, vermag nichts daran zu ändern, dass die Verweisung auf diesen Verknüpfungspunkt ohne Ausübung des Zuweisungsrechts nach § 5 Abs. 3 EEG eine schuldhafte Pflichtverletzung darstellte.

10

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Ball

Dr. Milger

Dr. Achilles

Dr. Fetzer

Dr. Bünger

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 24. April 2012 erledigt worden.

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