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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 28.01.2010, Az.: 5StR 169/09
Mangelhaft protokolliertes Selbstleseverfahren; Einfhrung von Urkunden in eine Hauptverhandlung im Wege eines Selbstleseverfahrens
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.01.2010
Referenz: JurionRS 2010, 10750
Aktenzeichen: 5StR 169/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Hamburg - 16.10.2008 -

Verfahrensgegenstand:

Betrug u. a.

BGH, 28.01.2010 - 5StR 169/09

Amtlicher Leitsatz:

Mangelhaft protokolliertes Selbstleseverfahren.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 28. Januar 2010
beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten O. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2008, soweit es diesen Angeklagten betrifft, gem  349 Abs. 4 StPO mit den zugehrigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch ber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurckverwiesen.

G r n d e

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue unter Einbeziehung der durch Urteil des Landgerichts Lbeck vom 14. Dezember 2004 verhngten Einzelstrafen und Auflsung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Auf die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe hat das Landgericht fr erbrachte Bewhrungsauflagen drei Monate angerechnet. Das Landgericht hat den Angeklagten ferner wegen Beihilfe zur Untreue in zwei Fllen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rgt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrge Erfolg.

2

1.

Gegenstand der Verurteilung sind Kreditaufnahmen im Interesse des Angeklagten fr Grundstcksgeschfte zum Nachteil des Kreditgebers, der V. L. (Elbe) eG, im Fall 1. tateinheitlich mit einem als Betrug ausgeurteilten Verkauf eines Grundstcks. Das Landgericht hat seine Beweise in groem Umfang durch Urkunden im Selbstleseverfahren erhoben (vgl. auch Senatsbeschluss vom heutigen Tage hinsichtlich des Mitangeklagten Ba. O. ). Die vom Angeklagten wegen Verletzung der  249 Abs. 2 Satz 1 und 3,  261 StPO erhobene Inbegriffsrge greift hinsichtlich zahlreicher Urkunden aus der "Urkundenliste 3" durch.

3

2.

Der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer hat in der Hauptverhandlung vom 1. Juli 2008 angeordnet, dass mit den Tatvorwrfen gegen den Angeklagten im Zusammenhang stehende 162 Urkunden der Urkundenliste 3 gem  249 Abs. 2 StPO im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingefhrt werden. Das Hauptverhandlungsprotokoll enthlt keinen Eintrag ber den Abschluss des Selbstleseverfahrens. Eine nach Eingang der Revisionsbegrndung vom Vorsitzenden erstrebte Berichtigung des Protokolls hinsichtlich des von ihm sicher erinnerten, indes nicht protokollierten Abschlusses des Selbstleseverfahrens am 8. Juli 2008 kam nicht zustande, weil sich die Protokollfhrerin daran nicht mehr erinnert hat (S. 2 der dienstlichen Erklrung des Vorsitzenden vom 3. Mrz 2009; Sachakte Bl. 8723).

4

3.

Bei dieser Sachlage bleibt das unberichtigt gebliebene Protokoll fr die Entscheidung des Senats mageblich (BGHR StPO  249 Abs. 2 Selbstleseverfahren 2; BGH wistra 2010, 31, 32). Es ist davon auszugehen, dass nicht, wie fr eine Verwertung der Urkunden gem  261 StPO erforderlich, in der Hauptverhandlung festgestellt worden ist, dass Berufsrichter und Schffen von dem Wortlaut der 162 Urkunden der Urkundenliste 3 Kenntnis genommen haben. Eine Widersprchlichkeit des Protokolls, die gestattet htte, hiervon nach Freibeweis abzuweichen, liegt nicht vor. Hierzu brauchte insbesondere die Revision nichts Weitergehendes vorzutragen ( 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

5

a)

Das vom Groen Senat fr Strafsachen des Bundesgerichtshofs in BGHSt 51, 298 im Wege verfassungsgerichtlich gebilligter Rechtsfortbildung (BVerfG NJW 2009, 1469) eingefhrte Protokollberichtigungsverfahren, das geeignet ist, einer auf den Inhalt des Protokolls gegrndeten Verfahrensrge nach Revisionseinlegung die Erfolgsaussicht zu entziehen, htte auch die hier vom Vorsitzenden erstrebte Protokollberichtigung hinsichtlich des Abschlusses des Selbstleseverfahrens erfasst. Leitstze und Grnde des Beschlusses des Groen Senats fr Strafsachen und der dessen Rechtsauffassung billigende Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts enthalten keine Einschrnkungen auf bestimmte Fallkonstellationen. Der Groe Senat stellt vielmehr auf die Vorteile des neuen Protokollberichtigungsverfahrens ab (aaO S. 308Tz. 37), wozu gerade auch eine Begrenzung der bisherigen immer strker ausgeweiteten Rechtsprechung zur Lckenhaftigkeit des Protokolls gehre, der - jedenfalls in Grenzfllen - hinreichend klare und verlssliche Konturen fehlen (aaO S. 313f. Tz. 56). Ferner sei eine Beibehaltung der bisherigen Rechtsprechung unter dem Aspekt, die Tatgerichte zum Einhalten der Vorschriften ber die Protokollfhrung anzuhalten, nicht geboten (aaO S. 314Tz. 57). Diese Erwgungen gelten ersichtlich fr alle Varianten einer Protokollberichtigung. Der - nicht tragend geuerten - Rechtsauffassung des 2. Strafsenats, eine Protokollberichtigung sei hinsichtlich des Selbstleseverfahrens gem  249 Abs. 2 StPO ausgeschlossen (NJW 2009, 2836, 2837, zur Aufnahme in BGHSt bestimmt), ist lediglich zu entnehmen, dass die als Abschluss des Selbstleseverfahrens vorgeschriebene Feststellung der Kenntnisnahme vom Wortlaut der Urkunden auf diesem Wege nicht nachholbar ist. Hinsichtlich der tatschlich erfolgten entsprechenden Feststellung des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung, die lediglich versehentlich nicht protokolliert wurde, bleibt die Protokollberichtigung zulssig.

6

b)

Der Senat entnimmt dem Beschluss des Groen Senats fr Strafsachen (BGHSt aaO) eine substantielle nderung des Strafverfahrensrechts dahingehend, dass Protokollmngel in erster Linie im Protokollberichtigungsverfahren zu beseitigen sind (vgl. auch BVerfG aaO S. 1472). So hat der Groe Senat betont, dass auch die Revisionsgerichte dem Prinzip der Wahrheit verpflichtet seien und ihrer Kognition den wahren Sachverhalt zugrunde zu legen haben (aaO S. 309Tz. 42). Dessen Ermittlung setze besonders hohe Anforderungen an die Sorgfalt bei der hier infrage stehenden Berichtigung voraus (aaO S. 315Tz. 59), wobei eine rechtlich verbindliche Form der Protokollberichtigung (aaO S. 316f. Tz. 61 bis 65) eine zustzliche Gewhr fr die Richtigkeit der nachtrglichen nderung der Sitzungsniederschrift biete, was der Sicherung der Effektivitt des Rechtsmittels der Revision diene (aaO S. 315Tz. 60). Grundlage der Berichtigung sei die sichere Erinnerung der Urkundspersonen (aaO S. 316Tz. 62; vgl. auch BVerfG aaO S. 1471).

7

Aus diesen grundlegenden Erwgungen hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar nicht den Schluss gezogen, dass aus der Lckenhaftigkeit des Protokolls dessen teilweise gegebene Unverbindlichkeit - mit der Folge mglichen Freibeweisverfahrens ber den Verfahrensablauf unter geringeren Anforderungen als im die Verfahrenswahrheit sichernden Protokollberichtigungsverfahren (vgl. BGH StV 2004, 297, 298 m.w.N.) - nicht weiter gefolgert werden knne (vgl. BGH GS aaO S. 313f. Tz. 56; BGH wistra 2010, 31, 32 und BGH, Beschluss vom 11. November 2009 - 5 StR 460/08 Tz. 6; vgl. auch BVerfG NJW 2009, 1469, 1471 f.). Indes hat der Strafkammervorsitzende hier zu Recht das Protokollberichtigungsverfahren nach Eingang einer hierauf bezogenen Revisionsbegrndung durch Nachfrage bei der verantwortlichen Protokollfhrerin eingeleitet; es ist wegen Erinnerungsmangels dieser Urkundsperson nicht weiter durchfhrbar. Daneben drfte eine offensichtliche Lckenhaftigkeit des Protokolls, die abweichende Feststellungen im Freibeweisverfahren zuliee, nunmehr lediglich in Fllen krasser Widersprchlichkeit des Protokollinhalts in sich angenommen werden.

8

Die Grundlage und die Erfolgsaussicht der Verfahrensrge des Angeklagten sind - vor der Entscheidung des Revisionsgerichts - einem neu geschaffenen Zwischenverfahren unter Beteiligung des Angeklagten berantwortet (vgl. BGH GS aaO S. 316f. Tz. 61 bis 65). Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob die Position des Angeklagten in diesem Verfahren durch einen die Protokollberichtigung ablehnenden Gerichtsbeschluss oder bereits dadurch besttigt worden ist, dass - wie hier - schon die weitere Durchfhrung des Berichtigungsverfahrens wegen fehlender Erinnerung einer Urkundsperson an den im Protokoll vermissten Verfahrensvorgang scheitert. Damit ist fr das Revisionsgericht der unvernderte Protokollinhalt grundstzlich verbindlich. Nur die Grnde einer Berichtigungsentscheidung - nicht aber deren Versagung - unterlgen im Rahmen der erhobenen Verfahrensrge der Prfung durch das Revisionsgericht (BGH GS aaO S. 317Tz. 65). Fr eine weitergehende Schmlerung der Position des Angeklagten im Protokollberichtigungsverfahren besteht keine Rechtfertigung (vgl. BVerfG NJW 2009, 1469, 1470, 1472).

9

c)

Zwar hat das Landgericht zwei von Verteidigern gestellte Beweisantrge mit Beschlssen vom 7. August 2008 mit dem Hinweis auf die Einfhrung der Urkunden, deren Verlesung begehrt worden ist, zurckgewiesen. Dieser Umstand begrndet im Fall gescheiterter Protokollberichtigung - wie hier - aber keine offensichtliche Lcke des Protokolls, die das Revisionsgericht berechtigt, im Freibeweisverfahren auf dienstliche Erklrungen der Berufsrichter und Schffen hinsichtlich des Abschlusses des Selbstleseverfahrens zurckzugreifen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2009 - 5 StR 460/08 Tz. 6 m.w.N.). Das Landgericht nimmt in den Beschlssen nmlich nicht auf ein tatschliches - indes nicht protokolliertes - Verfahrensgeschehen Bezug, sondern auf seine eigene Wertung, dass das Selbstleseverfahren durchgefhrt worden sei. Dies beinhaltet wegen der Zweistufigkeit jenes Verfahrens aber noch keinen Hinweis im Ausma der Offensichtlichkeit auch auf den tatschlich erklrten Abschluss des Selbstleseverfahrens (vgl. auch BGHR StPO  249 Abs. 2 Selbstleseverfahren 2). Nach alledem war die Revision auch nicht etwa verpflichtet, diese Vorgnge vorzutragen (vgl. BVerfGE 112, 185, 213).

10

4.

Auf dem zulssig gergten Verfahrensversto beruht auch das angefochtene Urteil.

11

a)

Das Landgericht hat seine berzeugung auf Urkunden gesttzt, die es - schon nach dem Inhalt des Urteils - aufgrund des Selbstleseverfahrens eingefhrt hat (vgl. BGH NStZ 2004, 279 [BGH 17.07.2003 - 1 StR 34/03]). So fhrt das Landgericht zum Fall 2 beweiswrdigend aus: "Die Feststellungen der Kammer zum Verkauf der Grundstcke in Hannover und Ahrensburg und zu der Einbindung des Angeklagten O. in die Finanzierung W. s werden demgegenber von den glaubhaften Angaben des Zeugen W. , die durch den Inhalt von im Wege der Selbstlesung eingefhrten Urkunden besttigt werden, getragen" (UA S. 291). "... die Angaben des Zeugen W. werden durch den Inhalt der im Wege der Selbstlesung eingefhrten Urkunden besttigt. Hiernach hat der Zeuge W. den Kreditantrag bei der V. L. erst am 25.10.2004 und damit nach Abschluss des Kaufvertrages unterschrieben" (UA S. 292). "In Bezug auf den Anlass der Darlehensvereinbarung zwischen W. und dem Angeklagten im Oktober 2005 werden die Angaben W. s durch die Kontostnde der GGS und O. s, die ber die Selbstlesung der Kontounterlagen zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden sind, besttigt. Hiernach wurde der Vertrag just in dem Moment abgeschlossen, in dem O. einen unabweisbaren Liquidittsbedarf hatte" (UA S. 293).

12

b)

Das Landgericht hat ferner Urkunden verwertet, zu denen es beweiswrdigend festgestellt hat, dass diese nicht im Wege des Vorhalts und der Erklrung der vernommenen Person hierzu eingefhrt worden sein knnen (vgl. BGHR StPO  249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1). Hierbei handelt es sich um die Urkunden Nr. 57, 58 und 96 der Urkundenliste Nr. 3, die die Kontenentwicklungen des Mitangeklagten P. und des Grundstckskufers B. - den Fall 1 betreffend - zum Gegenstand haben. Das Landgericht hat hierzu im Zusammenhang mit einer Tuschungshandlung zum Nachteil B. s ausgefhrt: "... Hinsichtlich der tatschlich erzielten monatlichen Einnahmen aus den erworbenen Grundstcken hat der Angeklagte P. zunchst ohne nhere Erluterung lediglich pauschal angegeben, diese htten tatschlich bei 15.000 EUR gelegen und dementsprechend die monatliche Belastung aus der Darlehensaufnahme abgedeckt. Auf Vorhalt der Kontounterlagen P. s und B. s, denen zufolge keine entsprechenden Einnahmen erzielt wurden und P. stattdessen monatlich 7.500 EUR, die aus anderen Quellen stammten, an B. berwies, hat der Angeklagte P. erklrt, hierber nichts zu wissen. Nach kurzer berlegung hat er dann ergnzt, er habe hinsichtlich der Mieteinnahmen einfach 'keine Erinnerung mehr'" (UA S. 274). "Dafr, dass B. s Irrtum ber die Ertragskraft des Grundstcks durch die geschilderten uerungen P. s verursacht wurde, spricht auch, dass P. zunchst auch in seiner Einlassung behauptet hat, aus dem Grundstck tatschliche monatliche Einnahmen in Hhe von 15.000 EUR erzielt zu haben. Erst auf Vorhalt der entgegenstehenden Kontounterlagen hat der Angeklagte dann wenig berzeugend erklrt, doch keine genaue Erinnerung mehr zu haben. Dafr, dass P. zumindest nach dem Kaufvertragsschluss sehr wohl noch in Erinnerung hatte, den Geschdigten B. mit angeblich zu erzielenden Einnahmen in Hhe von 15.000 EUR in die Irre gefhrt zu haben, sprechen vor allem auch seine in der Folge des Vertragsschlusses vorgenommenen monatlichen berweisungen in Hhe von jeweils 7.500 EUR, durch die bei B. die Fehlvorstellung erzeugt wurde, alles sei in Ordnung" (UA S. 286).

13

Gleiches gilt fr einen Kreditantrag des Zeugen B. vom 11. November 2004 (Urkunde Nr. 99). Hierzu hat das Landgericht ausgefhrt: "Gegen die Glaubhaftigkeit der entscheidenden Angaben B. s sprach auch nicht, dass er nach Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages am 01.11.2004 an der weiteren Durchfhrung des Kaufvertrages mitwirkte, insbesondere, indem er am 11.11.2004 zu einem Banktermin bei der V. L. erschien, um einen Kreditantrag zu unterzeichnen, und indem er darber hinaus auch einer spteren nderung des notariellen Vertrages im Hinblick auf die bernahme von Grundpfandrechten zustimmte.

Zwar hat der Zeuge B. auf den Vorhalt dieses Verhaltens nach Ansicht der Kammer wenig berzeugend und ausweichend geantwortet. Hinsichtlich seiner Unterschrift bei der Bank hat er ohne weitere Begrndung erklrt, seiner Ansicht nach noch keinen verbindlichen Kreditantrag gestellt zu haben. Zur nderung des notariellen Vertrages hat er monoton geuert, er habe zugestimmt, um seine Ruhe zu haben" (UA S. 288).

14

Hinsichtlich der Bewilligung und Valutierung einer Grundschuld ber 2 Mio. EUR hat das Landgericht (UA S. 138, 141 und 184) einen Vermgensnachteil der Kreditgeberin betreffende Wertungen getroffen und hierzu (UA S. 275) beweiswrdigend ausgefhrt: "O. s Behauptung, er sei hinsichtlich des P. -Kredites von Beginn an von einer ordnungsgemen Sicherung ausgegangen, lsst sich nicht mit den von ihm nicht in Abrede genommenen objektiven Umstnden vereinbaren, wonach die Bewilligung der Grundschuld in Hhe von 2 Mio. EUR auf dem Grundstck Hannover-Ahlem durch die P. (August 2004) erst nach Beginn der Valutierung (Juli 2004) erfolgte, bzw. der Antrag auf Eintragung der Grundschuld sogar erst drei Monate danach gestellt wurde und keine Sicherungszweckerklrung in Bezug auf den P. -Kredit vorlag. Der Angeklagte hat hierzu gar keine Stellung genommen und sich stereotyp darauf zurckgezogen, als Kreditnehmer sei die Besicherung letztlich nicht seine Sache gewesen". Hieraus folgt, dass weder P. noch der Angeklagte insoweit Erklrungen abgegeben haben.

15

c)

Durch den Revisionsvortrag (Schriftsatz des Verteidigers Rechtsanwalt L. S. 183 bis 218) ist ferner bewiesen, dass im Fall 3 die Unterzeichnung eines vorausgefllten berweisungsformulars ber die volle Kreditsumme in Hhe von 800.000 EUR durch N. nur durch Verwertung dieser Urkunde belegt sein kann. Die hierzu in der Hauptverhandlung - bereinstimmend nach Revisionsvortrag und Urteil - vernommene Verhrsperson konnte Gegenteiliges nicht bekundet haben, weil N. in jener Vernehmung keine Erinnerung an die Hhe des berwiesenen Betrages hatte. Das Landgericht hat hierzu ausgefhrt: "Neben der Unterzeichnung des Kreditantrags leistete N. auf Gehei O. s am 14.03.2005 noch eine zweite Unterschrift, die fr das Gelingen von O. s Plan von entscheidender Bedeutung war: N. unterschrieb ein vorausgeflltes berweisungsformular ber die volle Kreditsumme in Hhe von 800.000 EUR, demzufolge die V. L. angewiesen wurde, den Geldbetrag - im Widerspruch zu den im Kaufvertrag vereinbarten Modalitten - direkt auf das bei der V. L. eingerichtete Konto der A. O. zu transferieren" (UA S. 198).

16

d)

Das Landgericht hat zur Bonitt des Angeklagten, der von ihm beherrschten Gesellschaften G. und P. und zur Einkommenssituation des Angeklagten Feststellungen getroffen und hierbei auf den Einkommensteuerbescheid 1998, der einer "nheren Analyse" unterzogen worden sei (UA S. 114), abgestellt und ferner auf - wie die Revision vortrgt - umfassende Einkommensteuererklrungen (UA S. 136). Die Vermgenslage der Gesellschaften des Angeklagten wird hinsichtlich zahlreicher Einzelheiten "ausweislich" deren Jahresabschlsse fr die Jahre 2002 und 2003 dargestellt (UA S. 136f.). Diese komplexen Urkunden sind schon - jenseits des Revisionsvortrags, dass sie niemandem vorgehalten worden seien - fr eine Einfhrung in die Hauptverhandlung durch Erklrung auf einen Vorhalt ungeeignet (vgl. BGHR StPO  249 Abs. 2 Selbstleseverfahren 2 m.w.N.).

17

e)

Das Landgericht hat schlielich auch in seiner Gesamtwrdigung dem Urkundenbeweis einen hohen Wert zugemessen (UA S. 302). Der Senat sieht sich deshalb - im Gegensatz zur Auffassung des Generalbundesanwalts - gehindert, ein Beruhen des Urteils auf - weitgehend dem Urteil selbst zu entnehmenden - Schlssen aus Urkunden auszuschlieen, deren Einfhrung in die Hauptverhandlung an verfahrensrechtlichen Defiziten krankte (vgl. BGH NJW 2009, 2836, 2837).

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