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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 27.10.2011, Az.: VII ZR 229/10
Beschränkung der Revisionszulassung auf die Rechtsfrage der Billigkeit eines Frischwassermaßstabes für die Abwasserkalkulation
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 27.10.2011
Referenz: JurionRS 2011, 29406
Aktenzeichen: VII ZR 229/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Peine - 29.10.2008 - AZ: 16 C 262/08

LG Hildesheim - 16.04.2010 - AZ: 7 S 242/08

Rechtsgrundlage:

§ 315 Abs. 3 BGB

BGH, 27.10.2011 - VII ZR 229/10

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Auch wenn ein Berufungsgericht im Tenor die Revisionszulassung nicht eingeschränkt hat, so kann sich auch bei uneingeschränkter Zulassung des Rechtsmittels im Tenor eine wirksame Beschränkung aus den Entscheidungsgründen ergeben. Das bedeutet allerdings nicht, dass stets allein aus der Begründung der Rechtsmittelzulassung eine Beschränkung auf den Bereich der mitgeteilten Gründe entnommen werden kann. Eine Zulassungsbeschränkung kann vielmehr nur angenommen werden, wenn aus den Gründen hinreichend klar hervorgeht, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisionsverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte.

2.

Zwar ist eine Revisionszulassung hinsichtlich einer bestimmten Rechtsfrage unzulässig. Die Zulassung der Revision kann jedoch auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, den Richter Dr. Kuffer, die Richterin Safari Chabestari, den Richter Halfmeier und den Richter Prof. Leupertz beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Hildesheim vom 16. April 2010 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gegenstandswert: 1.143,20 €

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein Wasserverband, macht gegen den Beklagten Schmutzwasserentgelte und Grundentgelte für die Abwasserentsorgung in Höhe von 1.226,94 € nebst Zinsen geltend. Der Beklagte verweigert die Zahlung unter Hinweis auf die Unbilligkeit der Entgeltbestimmung durch den Kläger.

2

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Der dagegen gerichteten Berufung des Klägers hat das Landgericht im Wesentlichen stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 1.143,20 € nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe hinsichtlich der Schmutzwasserentgelte ein Anspruch auf Zahlung von 941,20 € zu. Die Überprüfung der Billigkeit der durch den Kläger vorgenommenen Entgelterhöhungen gemäß § 315 Abs. 3 BGB sei auf die Erhöhungen der Arbeitspreise über einen Betrag von 4,55 €/m3 hinaus beschränkt. In Höhe von 4,55 €/m3 liege zwischen den Parteien - da der Beklagte diese Preisgestaltung widerspruchslos hingenommen habe - eine Preisvereinbarung vor, die einer Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB entzogen sei. Die über den Arbeitspreis von 4,55 €/m3 hinausgehenden Entgelterhöhungen seien wegen des zugrunde gelegten Frischwassermaßstabes unbillig und damit unwirksam. Weiterhin stehe dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der Grundentgelte in Höhe von 202 € zu. Das Landgericht hat die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte den Antrag auf Klageabweisung weiter.

II.

3

Die Revision des Beklagten ist nach § 552 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Sie ist von der Zulassung durch das Berufungsgericht nicht umfasst.

4

Das Berufungsgericht hat - wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt - die Revision im Hinblick auf die Rechtsfrage der Billigkeit eines Frischwassermaßstabes für die Abwasserkalkulation zugelassen. Darin liegt eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung.

5

1.

Zwar hat das Berufungsgericht im Tenor die Revisionszulassung nicht eingeschränkt. Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sich auch bei uneingeschränkter Zulassung des Rechtsmittels im Tenor eine wirksame Beschränkung aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10, NJW 2011, 1228; BGH, Beschluss vom 10. September 2009 - VII ZR 153/08, NJW-RR 2010, 572 f.; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351 f., jeweils m.w.N.). Das bedeutet allerdings nicht, dass stets allein aus der Begründung der Rechtsmittelzulassung eine Beschränkung auf den Bereich der mitgeteilten Gründe entnommen werden kann. Eine Zulassungsbeschränkung kann vielmehr nur angenommen werden, wenn aus den Gründen hinreichend klar hervorgeht, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisionsverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351, 2352).

6

Dies ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat in den Entscheidungsgründen darauf hingewiesen, dass es der Sache im Hinblick auf die Rechtsfrage der Billigkeit eines Frischwassermaßstabes für die Abwasserkalkulation grundsätzliche Bedeutung beimisst. Damit hat es deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es keine vollumfängliche Überprüfung seiner Entscheidung in der Revisionsinstanz ermöglichen wollte. Die Revisionszulassung bezog sich allein auf den Teil der Entscheidung, in dem das Berufungsgericht die Erhöhungen der Schmutzwasserentgelte durch den Kläger nach § 315 Abs. 3 BGB als unbillig bewertet und die Klage abgewiesen hat, nicht jedoch auf die Entscheidung hinsichtlich der nach Ansicht des Berufungsgerichts zwischen den Parteien bestehenden Preisabsprache (4,55 €/m3) sowie der Grundentgelte.

7

2.

Eine Beschränkung mit diesem Inhalt ist zulässig. Zwar ist eine Revisionszulassung hinsichtlich einer bestimmten Rechtsfrage unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision jedoch auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10, NJW 2011, 1228; BGH, Beschluss vom 10. September 2009 - VII ZR 153/08, NJW-RR 2010, 572, 573; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351, 2352, jeweils m.w.N.). Letzteres ist hier der Fall.

III.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka

Kuffer

Safari Chabestari

Halfmeier

Leupertz

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