Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Beschl. v. 25.08.2016, Az.: 1 StR 290/16
Nachweis der Herbeiführung einer Zahlungsunfähigkeit im Rahmen einer Strafbarkeit wegen Bankrotts
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 25.08.2016
Referenz: JurionRS 2016, 24932
Aktenzeichen: 1 StR 290/16
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:250816B1STR290.16.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Mannheim - 01.12.2015

Fundstellen:

InsbürO 2017, 33-34

StV 2017, 107

WiJ 2017, 8-9

ZInsO 2016, 2032-2033

Verfahrensgegenstand:

Bankrott

BGH, 25.08.2016 - 1 StR 290/16

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Ein Urteil, dass lediglich die Beweisaufnahme dokumentiert, indem die Angaben des Angeklagten, die Aussagen von Zeugen und der Inhalt von Urkunden mitgeteilt werden, ohne dass eine Auseinandersetzung mit der umfangreichen Einlassung des Angeklagten aufgeführt ist, genügt nicht den Anforderungen an die Darstellung der Beweiswürdigung.

  2. 2.

    Bei der Beweiswürdigung im Rahemn der Prüfung des Bankrotts gem. § 283 Abs. 2 StGB bedarf es entweder einer stichtagsbezogenen Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits oder einer Bewertung wirtschaftskriminalistischer Anzeichen.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. August 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 1. Dezember 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vier Fällen des Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

2

1. Die Feststellungen tragen den Schluss der Kammer, der Angeklagte habe im Sinne von § 283 Abs. 2 StGB durch vier Auszahlungen in Höhe von je 500.000 Euro jeweils die Zahlungsunfähigkeit der A. GmbH herbeigeführt, nicht. Weder enthalten die Feststellungen ein Rechenwerk, das die Auswirkungen dieser Abflüsse auf die Zahlungsunfähigkeit der später in Insolvenz geratenen GmbH konkret belegt, noch kann dies den Urteilsgründen im Übrigen entnommen werden. Im Gegenteil stellt die Kammer an anderer Stelle fest, dass von diesen ausgekehrten Beträgen über 1,5 Mio. Euro unmittelbar wieder an die Gesellschaft zurückgeflossen sind.

3

2. Die Beweiswürdigung hält in zweierlei Hinsicht revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand:

4

a) Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, genügt das Urteil den Anforderungen der Rechtsprechung an die Darstellung der Beweiswürdigung nicht. Anstatt eine zusammenfassende Beweiswürdigung vorzunehmen, dokumentiert das Urteil lediglich die Beweisaufnahme, indem die Angaben des Angeklagten, die Aussagen von Zeugen und der Inhalt von Urkunden mitgeteilt werden. Es fehlt insbesondere an einer Auseinandersetzung mit der umfangreichen Einlassung des Angeklagten. Dieser hat eine Reihe entlastender Gesichtspunkte vorgebracht, die von der Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung weder aufgegriffen noch sonst abgehandelt werden.

5

b) Die Feststellung der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit ist nicht rechtsfehlerfrei beweiswürdigend belegt.

6

In Fällen wie dem vorliegenden verlangt die Rechtsprechung hierfür entweder eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits oder eine Bewertung sog. wirtschaftskriminalistischer Anzeichen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 21. August 2013 - 1 StR 665/12, NStZ 2014, 107 mwN). Wird eine Gegenüberstellung gewählt, muss die Darstellung der Liquiditätslage zu ausgewählten Stichtagen so aussagekräftig sein, dass dem Revisionsgericht die Kontrolle möglich ist, ob das Landgericht von zutreffenden Voraussetzungen ausgegangen und einen nachvollziehbaren Rechenweg gewählt hat (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2226 mwN).

7

Vorliegend korrespondiert die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit lediglich mit Angaben des Zeugen Rechtsanwalt Hirte, der nur im Ergebnis eine Unterdeckungsquote zu verschiedenen Stichtagen berichtet hat (UA S. 70). Die sachverständige Zeugin F. hingegen, Sachbearbeiterin für Buchprüfung beim Landeskriminalamt, konnte aufgrund der mangelhaften Buchhaltung zu den hier entscheidenden Stichtagen keinen Liquiditätsstatus berechnen (UA S. 67). Eine konkrete stichtagsbezogene Gegenüberstellung im o.g. Sinne fehlt mithin.

Raum

Jäger

Cirener

Mosbacher

Bär

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.