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Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.02.2010, Az.: 1 StR 623/09
Bestechlichkeit und Untreue eines als Aufsichtsperson für eine Spielbank eingesetzten Mitarbeiters eines Finanzamts durch Entnahme von steuerverhafteten Automatengeldern
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 23.02.2010
Referenz: JurionRS 2010, 11629
Aktenzeichen: 1 StR 623/09
ECLI: [keine Angabe]

Fundstelle:

wistra 2010, 185-186

Verfahrensgegenstand:

Bestechlichkeit u.a.

BGH, 23.02.2010 - 1 StR 623/09

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
in der Sitzung vom 23. Februar 2010,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Nack und
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Wahl, Hebenstreit, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 6. April 2009 wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die durch dieses dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

1

1.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in 140 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt und hiervon sechs Monate als vollstreckt erklärt. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 26. November 2009 zutreffend ausgeführt hat - wirksam auf die Einzelstrafen in den Fällen der Bestechlichkeit sowie die Gesamtstrafe beschränkt. Das allein auf die Sachrüge gestützte, vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel bleibt erfolglos.

2

2.

Der überwiegend geständige, bislang nicht bestrafte Angeklagte war im Tatzeitraum (Oktober 2003 bis Ende August 2005) als Aufsichtsperson des Finanzamtes H. in der Spielbank Ha. eingesetzt. Nach den Feststellungen wirkte er unter Missachtung dieser Aufgabe mit mehreren Mitarbeitern der Spielbank bei der manipulativen Entnahme von - nach dem niedersächsischen Spielbankengesetz steuerverhafteten - Geldern aus Spielautomaten zusammen. Hierfür erhielt er regelmäßig ein Fünftel des entnommenen Betrages, d.h. pro Tat zumeist 200,-- Euro und insgesamt gut 32.000,-- Euro.

3

3.

In den Fällen der Bestechlichkeit hat das Landgericht zwar das Regelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB als verwirklicht angesehen, dessen Indizwirkung aber verneint und seiner Strafzumessung wegen der tateinheitlich - ebenfalls gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande - begangenen Beihilfe zur Untreue (§ 266 Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 3 Nr. 1, § 27 StGB) unter Beachtung des § 52 Abs. 2 Satz 2 StGB jeweils einen von sechs Monaten bis sieben Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen zugrunde gelegt. Hiergegen bestehen im Ergebnis keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

4

4.

Die Beschwerdeführerin beanstandet allerdings, das Landgericht hätte den Strafrahmen des § 335 StGB und nicht denjenigen des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB anwenden müssen. Sie meint, die vom Landgericht herangezogenen Gründe für die Widerlegung der Indizwirkung des Regelbeispiels des § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB seien nicht tragfähig, zudem habe das Landgericht die Systematik der drei für Bestechlichkeit vorgesehenen Strafrahmen verkannt. Beides trifft aber, wie der Generalbundesanwalt bereits in seiner Antragsschrift vom 26. November 2009 dargelegt hat, nicht zu. Der Senat hebt ergänzend lediglich Folgendes hervor:

5

Die Indizwirkung eines verwirklichten Regelbeispiels kann durch entlastende Faktoren beseitigt werden. Die insofern gebotene Gesamtwürdigung hat das Landgericht vorgenommen und sich hierbei auf insgesamt tragfähige Milderungsgründe gestützt.

6

Das Landgericht hat die vom Angeklagten in jedem Einzelfall erzielten Vorteile vertretbar als "eher gering" eingestuft, nicht aber - worauf die Revision abhebt - als "geringwertig". Auf die etwa für § 248a StGB maßgebliche Geringwertigkeitsgrenze kommt es daher nicht an. Gleiches gilt für von der Revision als relevant angesehene Bestimmungen niedersächsischen Beamtenrechts, weil dieses lediglich Grenzen für die Annahme von Zuwendungen in generell erlaubter oder jedenfalls genehmigungsfähiger Höhe vorsieht.

7

Den erheblichen Zeitraum zwischen den Taten und deren Verurteilung durfte das Landgericht als der Indizwirkung des Regelbeispiels widerstreitenden Gesichtspunkt heranziehen.

8

Schließlich erweist sich auch die Bildung der Gesamtstrafe als rechtsfehlerfrei.

Nack
Wahl
Hebenstreit
Jäger
Sander

Von Rechts wegen

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