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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 21.10.2010, Az.: IX ZR 50/08
Voraussetzungen für eine Bindung des Gerichts an die übereinstimmenden Rechtsansichten der Prozessparteien i.R.v. Art. 103 Abs. 1 GG; Grundsätze für die Annahme der Zurechenbarkeit des Verschuldens eines Prozessbevollmächtigten
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 21.10.2010
Referenz: JurionRS 2010, 27432
Aktenzeichen: IX ZR 50/08
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Lübeck - 25.01.2007 - AZ: 11 O 143/05

OLG Schleswig - 14.02.2008 - AZ: 11 U 25/07

Rechtsgrundlage:

Art. 103 Abs. 1 GG

Fundstelle:

BRAK-Mitt 2011, 76

BGH, 21.10.2010 - IX ZR 50/08

Redaktioneller Leitsatz:

Art. 103 Abs. 1 GG bindet die Gerichte nicht an übereinstimmende Rechtsansichten der Parteien.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter,
die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill,
die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 21. Oktober 2010
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 14. Februar 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 57.251,82 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet, weil sie keinen Zulassungsgrund aufdeckt (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Einheitlichkeitssicherung erfordert nicht die Zulassung der Revision.

2

Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich keine Bindung der Gerichte an übereinstimmende Rechtsansichten der Parteien. Ein Mitverschulden des Klägers gemäß §§ 254, 278 BGB wegen eines anzurechnenden Verschuldens seines Prozessbevollmächtigten in den Vorinstanzen scheidet aus, weil er sich dieses Anwalts nicht bedient hatte, um die Folgen der von den Beklagten begangenen Fehler zu beseitigen, sondern um diese auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH, Urt. v. 17. November 2005 - IX ZR 8/04, WM 2006, 592, 595). Dies gilt erst Recht, weil dem Kläger lediglich die Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten, nicht auch Ansprüche gegen Rechtsanwalt W. abgetreten waren. Der Zurechnungszusammenhang ist durch die Einschaltung des Instanzanwalts des Klägers nicht unterbrochen worden.

3

Die Grundsätze der Sekundärhaftung hat das Berufungsgericht nicht verkannt. Es hat lediglich eine auch vom Senat bereits wiederholt verwendete verkürzte Ausdrucksweise (vgl. etwa BGH, Urt. v. 29. Juni 2006 - IX ZR 227/02, GI aktuell 2008, 14 Rn. 8) verwandt. Richtig ist allerdings, dass es der Mandant infolge des fehlenden Hinweises versäumt haben muss, den Eintritt der Verjährung des Primäranspruchs abzuwenden. Hiervon wird jedoch nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises ausgegangen (BGH, Urt. v. 12. Dezember 2002 - IX ZR 99/02, NJW 2003, 822, 823; Zugehör in Zugehör/Fischer/ Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl. Rn. 1401). Diesen Anscheinsbeweis haben die Beklagten nicht entkräftet. Das klageabweisende Urteil im Vorprozess hat den Beklagten hinreichenden Anlass geboten zu prüfen, ob sie die Zedenten geschädigt haben.

4

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Ganter
Gehrlein
Vill
Lohmann
Fischer

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