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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 21.07.2016, Az.: V ZB 42/16
Feststellung der Rechtswidrigkeit des Haftanordnungsbeschlusses ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 21.07.2016
Referenz: JurionRS 2016, 23668
Aktenzeichen: V ZB 42/16
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:210716BVZB42.16.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Paderborn - 23.12.2015 - AZ: 11 XIV 40/15

LG Paderborn - 18.02.2016 - AZ: 5 T 48/16

BGH, 21.07.2016 - V ZB 42/16

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juli 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und Dr. Göbel

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 18. Februar 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens vor dem Landgericht, an das Amtsgericht Paderborn zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 23. Dezember 2015, dem Betroffenen am 7. Januar 2016 zugestellt, die bereits zuvor verhängte Sicherungshaft bis zum 19. Februar 2016 verlängert. Mit einem am 12. Februar 2016 bei dem Amtsgericht eingegangen Schreiben vom 11. Februar 2016 hat der Betroffene einen "Antrag auf Aufhebung der Abschiebehaft" gestellt und gleichzeitig darum gebeten, "die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen". Das Amtsgericht hat dem "als Beschwerde auszulegenden Aufhebungsantrag" nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht vorgelegt. Dieses hat "die Beschwerde des Betroffenen vom 11. Februar 2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts" als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er nach Ablauf der angeordneten Haftdauer die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung für den Zeitraum vom 12. Februar 2016 bis zum 19. Februar 2016 feststellen lassen will.

II.

2

Das Beschwerdegericht meint, die Beschwerde sei als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Auch der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft habe keine Aussicht auf Erfolg. Wenn der Betroffene die Frist zur Einlegung der Beschwerde verstreichen lasse, könne er nicht mehr anstelle des ausgeschlossenen Rechtsmittels die Feststellung beantragen, dass er durch die amtsgerichtliche Entscheidung in seinen Rechten verletzt sei.

III.

3

Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG statthafte und auch im übrige zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

4

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann bereits deshalb keinen Bestand haben, weil es eine Beschwerde des Betroffenen vom 11. Februar 2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 23. Dezember 2015 nicht gibt. Das Schreiben vom 11. Februar 2016 enthält nach seinem eindeutigen Wortlaut (nur) einen Antrag auf Aufhebung der Haft, über den gemäß § 426 Abs. 2 Satz 2 FamFG das Amtsgericht zu entscheiden hat. Allein ein solcher Antrag war interessegerecht, weil im Zeitpunkt des Eingangs des Schreibens die einmonatige Frist zur Einlegung einer Beschwerde gegen den Haftanordnungsbeschluss bereits abgelaufen war (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - V ZB 30/15, InfAuslR 2015, 439 Rn. 6 ff.). In dem Haftaufhebungsverfahren ist auch eine Feststellung der Rechtswidrigkeit des Haftanordnungsbeschlusses (ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags) möglich, wenn - wie hier - vor Eingang des Aufhebungsantrags bei dem Amtsgericht noch keine Erledigung eingetreten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 24. September 2015 - V ZB 3/15, InfAuslR 2016, 56 Rn. 8 ff.).

IV.

5

Die angefochtene Entscheidung ist gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Weil das Amtsgericht bislang nur eine Abhilfeentscheidung getroffen hat, ist die Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszuges geboten (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG), das sich mit dem Feststellungsantrag des Betroffenen auch unter Berücksichtigung der Rechtsbeschwerdebegründung zu befassen hat.

Stresemann

Schmidt-Räntsch

Czub

Kazele

Göbel

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