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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 19.11.2013, Az.: 1 StR 498/13
Anforderungen an eine nachvollziehbare Steuerberechnung anhand festgestellter Besteuerungsgrundlagen
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 19.11.2013
Referenz: JurionRS 2013, 50218
Aktenzeichen: 1 StR 498/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Stuttgart - 20.02.2013

Rechtsgrundlage:

§ 353 Abs. 2 StPO

Fundstellen:

AO-StB 2014, 119

wistra 2014, 102-103

Verfahrensgegenstand:

Steuerhinterziehung

BGH, 19.11.2013 - 1 StR 498/13

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. November 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Umsatzsteuerhinterziehung in 5 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Gewerbe- und Einkommensteuerhinterziehung" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

2

2. Die Revision des Angeklagten hat entsprechend dem umfassenden Aufhebungsantrag des Generalbundesanwalts mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrügen (vgl. hierzu die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts) nicht ankommt.

3

a) Das Landgericht hat Folgendes festgestellt: Der Angeklagte betrieb u.a. in den Jahren 2002 bis 2006 als Einzelunternehmer einen Pizza-Lieferservice mit mehreren Filialen sowie zusätzlich noch zwei Kellerbars ("Pubs"). Einen Teil seiner Einkäufe erfasste er nicht in seiner Buchhaltung; die getätigten Umsätze wurden ebenfalls nur unvollständig verbucht, um die Höhe der erzielten Gewinne zu verschleiern (sog. "Parallelverkürzung"). In den jeweils gleichzeitig abgegebenen Erklärungen zur Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuer der Jahre 2002 bis 2006 machte der Angeklagte jeweils falsche Erklärungen zur Höhe der getätigten Umsätze und des erzielten Gewinns, wodurch es zu Steuerverkürzungen in Höhe von insgesamt 1.713.650,14 Euro kam.

4

b) Das Landgericht hat zwar nachvollziehbar Einkaufsmengen an Kartonage und Mehl, deren Verwendung in den Betrieben des Angeklagten sowie bestimmte Durchschnittspreise der abgegebenen Speisen festgestellt. Zudem hat es anhand von Leergutrücknahmen auf bestimmte Jahresumsätze pro "Pub" geschlossen. Wie sich im Einzelnen die für die Jahre 2002 bis 2006 angenommenen Nettogesamtumsätze (UA S. 48) berechnen, hat das Landgericht hingegen nicht dargelegt. Die angenommenen Summen lassen sich - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - auch nicht auf der Grundlage der mitgeteilten Einzelparameter nachvollziehen. Für das Revisionsgericht ist demnach nicht nachprüfbar, wie sich die Mehrumsätze errechnen, hinsichtlich derer der Angeklagte in den Jahren 2002 bis 2006 Umsatzsteuer hinterzogen haben soll.

5

Zudem legt das Landgericht nicht dar, wie es die in den Jahren 2002 bis 2006 erzielten Mehrgewinne errechnet, die Grundlage des Vorwurfs der mehrfachen Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung sind. Hinzu kommt, dass die festgestellten Mehrumsätze in den Jahren 2002, 2004 und 2005 niedriger sein sollen als die in diesen Jahren festgestellten Mehrgewinne, was bereits denkgesetzlich ausgeschlossen ist.

6

c) Den Anforderungen an eine nachvollziehbare Steuerberechnung anhand der festgestellten Besteuerungsgrundlagen (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, NStZ 2009, 639; vgl. auch Senat, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 StR 643/09, NStZ 2011, 233) werden die Urteilsgrundlagen demnach nicht gerecht. Angesichts des in sich widersprüchlichen Zahlenwerks können die Schuldsprüche insgesamt nicht bestehen bleiben. Von dem dargelegten Mangel sind sämtliche Feststellungen zu Umsätzen und Gewinnen betroffen (§ 353 Abs. 2 StPO). Um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen, hebt der Senat - dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend - die Feststellungen insgesamt auf.

7

3. Für das weitere Verfahren verweist der Senat auf die abschließenden Anmerkungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts.

Wahl

Rothfuß

Cirener

Radtke

Mosbacher

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