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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 19.03.2013, Az.: 3 StR 26/13
Verwendung einer durch eine Verhörsperson angefertigten Niederschrift zum ergänzenden Urkundenbeweis bei Erinnerungsmängeln
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 19.03.2013
Referenz: JurionRS 2013, 34490
Aktenzeichen: 3 StR 26/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Kleve - 10.10.2012

Fundstellen:

NStZ 2013, 6

NStZ 2013, 479

RÜ 2013, 379

StraFo 2013, 286

StRR 2013, 162

StRR 2013, 217-218

StV 2013, 545

Verfahrensgegenstand:

Schwere räuberische Erpressung

BGH, 19.03.2013 - 3 StR 26/13

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. März 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 10. Oktober 2012, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten führt bereits aufgrund einer Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils; auf eine weitere Verfahrensrüge und die Sachrüge kommt es daher nicht an.

2

Die Rüge, die Verlesung der polizeilichen Vernehmung des Mitangeklagten sei nach § 253 Abs. 1, § 254 Abs. 1 StPO unzulässig gewesen, hat Erfolg. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

"Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auf den Inhalt des Protokolls der polizeilichen Vernehmung des seinerzeitigen Beschuldigten (Verurteilten) C. L. gestützt, der in der Hauptverhandlung von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat (UA S. 5). Der Angeklagte hat den gegen ihn erhobenen Tatvorwurf in der Hauptverhandlung bestritten (UA S. 5). Das Protokoll der polizeilichen Vernehmung vom 21. November 2008, in der der Verurteilte C. L. die Tat gestanden und seinen Bruder, den Angeklagten, als Mittäter benannt hatte, wurde dem Vernehmungsbeamten, [...] der an den Inhalt der Vernehmung keine Erinnerung mehr hatte, gemäß § 253 Abs. 1 StPO zur Stütze des Gedächtnisses vollständig vorgehalten.

Diese Verfahrensweise begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Erklärt ein Vernehmungsbeamter, er könne sich an den Inhalt der Vernehmung nicht erinnern, kommt eine Verlesung der von ihm gefertigten polizeilichen Vernehmungsniederschrift gemäß § 253 Abs. 1 StPO nicht in Betracht. Diese Vorschrift gilt nicht im Rahmen der Vernehmung von Verhörspersonen, die in der Hauptverhandlung über Bekundungen aussagen, die andere vor ihnen gemacht haben (vgl. BGH StV 1994, 637). Die Vorschrift ist nur anwendbar, wenn es sich bei dem Zeugen, dessen Gedächtnis unterstützt werden soll, um dieselbe Person handelt, deren Aussage in dem zu verlesenden Protokoll festgestellt wurde (BGH NStZ 1984, 17). Ein Anwendungsfall des § 253 StPO liegt deshalb hier nicht vor. Verhörspersonen können die darüber aufgenommenen Niederschriften zwar vorgehalten werden, sie dürfen aber nicht, wie hier, zum ergänzenden Urkundenbeweis bei Erinnerungsmängeln benutzt werden (vgl. BGH NStZ 1984, 17; Diemer in KK StPO, 6. Aufl. § 253 Rdn. 3). Da sich die Überzeugung des Landgerichts von der Täterschaft des Angeklagten maßgeblich auf die polizeiliche Beschuldigtenvernehmung des Verurteilten C. L. gründet, beruht das Urteil auch auf dem Verfahrensverstoß (§ 337 Abs. 1 StPO)."

3

Dem schließt sich der Senat an.

Tolksdorf

Pfister

Schäfer

Mayer

Gericke

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