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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 18.08.2010, Az.: 2 StR 231/10
Abänderung eines Strafausspruchs wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge unter Bildung einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe wegen Anwendbarkeit des § 54 Abs. 2 S. 2 Strafgesetzbuch (StGB); Ausgleich im Falle einer Unmöglichkeit der Heranziehung einer früheren Strafe zu einer Gesamtstrafenbildung wegen bereits erfolgter Vollstreckung dieser Strafe
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 18.08.2010
Referenz: JurionRS 2010, 23822
Aktenzeichen: 2 StR 231/10
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Fulda - 23.12.2009

Verfahrensgegenstand:

Mord u. a.

BGH, 18.08.2010 - 2 StR 231/10

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf Antrag des Generalbundesanwalts und
nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 18. August 2010
gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1a Satz 2 StPO
beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Fulda vom 23. Dezember 2009 im Strafausspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt wird.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels sowie die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin trägt der Angeklagte; jedoch werden die Gebühr für das Revisionsverfahren um ein Viertel ermäßigt und der Staatskasse ein Viertel der in der Rechtsmittelinstanz entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten auferlegt.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zu einer Änderung des Strafausspruchs. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Nachdem der Angeklagte im Jahr 1988 den in diesem Verfahren abgeurteilten Mord begangen hatte, wurde gegen ihn im Jahre 1989 wegen anderer Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verhängt und vollständig vollstreckt. Das Landgericht konnte daher nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB keine neue Gesamtfreiheitsstrafe bilden. Den darin für den Angeklagten liegenden Nachteil hat die Strafkammer zwar berücksichtigt (UA 60 ff.). Bei der Verhängung der Freiheitsstrafe von 12 Jahren hat sie jedoch die ihr durch die Regelung des § 54 Abs. 2 Satz 2 StGB gezogenen Grenzen bewusst außer Acht gelassen, weil sie diese Vorschrift rechtsirrig nicht für anwendbar gehalten hat.

3

Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 StGB darf eine Gesamtfreiheitsstrafe 15 Jahre nicht übersteigen. Wären hinsichtlich der Verurteilung zu fünf Jahren Gesamtfreiheitsstrafe die Voraussetzungen des § 55 StGB noch gegeben gewesen, hätte das Landgericht unter Einbeziehung der in dieser Verurteilung verhängten Einzelstrafen demgemäß eine neue Gesamtfreiheitsstrafe bilden müssen und diese auf höchstens 15 Jahre bemessen dürfen. Durch die getrennte Aburteilung und die inzwischen durchgeführte Vollstreckung darf der Angeklagte nicht schlechter gestellt werden.

4

Kann eine frühere Strafe nicht mehr zur Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB herangezogen werden, weil sie bereits vollstreckt ist, so ist die darin liegende Härte bei der Bemessung der nunmehr zu verhängenden Strafe auszugleichen. Dies folgt aus dem Grundgedanken des § 55 StGB, dass Taten, die bei gemeinsamer Aburteilung nach §§ 53, 54 StGB behandelt worden wären, bei getrennter Aburteilung dieselbe Behandlung erfahren sollen. Der Täter soll im Endergebnis weder besser noch schlechter gestellt werden. Wie der Tatrichter diesen Härteausgleich im Einzelfall vornimmt, bleibt zwar ihm überlassen. Jedoch darf ein Angeklagter, wenn wie hier durch die getrennte Aburteilung eine gesetzliche Höchstgrenze für die Bestrafung gegenstandslos geworden ist, im Ergebnis nicht schlechter stehen (BGHSt 33, 131).

5

Die Strafkammer hätte zur Vermeidung einer solchen Schlechterstellung deshalb höchstens auf eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren (15 Jahre abzüglich der vollstreckten Strafe von fünf Jahren) erkennen dürfen (vgl. auch Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 55 Rn. 34; Fischer, StGB 57. Aufl., § 55 Rn. 23). Da sie unter ausdrücklicher Berücksichtigung der durch Vollstreckung erledigten Vorverurteilung eine Strafe von 12 Jahren für angemessen erachtet hat, kann der Senat ausschließen, dass sie bei zutreffender rechtlicher Beurteilung weniger als zehn Jahre Freiheitsstrafe verhängt hätte. Da die sonstigen Strafzumessungserwägungen einen Rechtsfehler nicht erkennen lassen, ändert der Senat den Strafausspruch auf Antrag des Generalbundesanwalts selbst ab.

Rissing-van Saan
Appl
Schmitt
Krehl
Ott

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