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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 18.03.2015, Az.: 3 StR 7/15
Voraussetzungen für die Annahme eines minder schweren Falls des Totschlags
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 18.03.2015
Referenz: JurionRS 2015, 14481
Aktenzeichen: 3 StR 7/15
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Oldenburg - 21.08.2014

Fundstellen:

StRR 2015, 163

ZAP EN-Nr. 519/2015

ZAP 2015, 654-655

Verfahrensgegenstand:

Versuchter Totschlag u.a.

BGH, 18.03.2015 - 3 StR 7/15

Redaktioneller Leitsatz:

  1. 1.

    Nach Ablehnung eines minder schweren Falles aus allgemeinen Strafzumessungsgründen ist zunächst weitergehend zu prüfen, ob die allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte im Zusammenwirken mit einem gegebenen vertypten Milderungsgrund zur Annahme eines minder schweren Falles führen.

  2. 2.

    Erst wenn auch mit Blick hierauf weiterhin die Bejahung eines minder schweren Falles nicht für angemessen gehalten wird, darf der Strafzumessung der wegen des vertypten Milderungsgrundes gemilderten Strafrahmen des § 49 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt werden.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 18. März 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 21. August 2014 im Strafausspruch aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

  2. 2.

    Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

Die Strafkammer hat die Strafe dem nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten, von zwei Jahren bis zu elf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommen. Einen minder schweren Fall des Totschlags, der einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe aufweist, hat es nach Abwägung der allgemeinen bestimmenden Strafzumessungsgründe verneint und zur Begründung weiter ausgeführt, die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB sowie des § 46a StGB seien nicht gegeben. Dies lässt für sich genommen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Landgericht hat jedoch nicht bedacht, dass nach Ablehnung eines minder schweren Falles aus diesen Gründen zunächst weitergehend zu prüfen gewesen wäre, ob die allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte im Zusammenwirken mit dem vertypten Milderungsgrund des Versuchs zur Annahme eines minder schweren Falles führen. Erst wenn es auch mit Blick hierauf weiterhin die Bejahung eines minder schweren Falles nicht für angemessen gehalten hätte, hätte es seiner Strafzumessung den nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen zugrunde legen dürfen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. Juli 2014 - 3 StR 276/14, Rn. 4).

3

Auf diesem Rechtsfehler beruht der Strafausspruch; denn es ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass das Landgericht einen minder schweren Fall angenommen und eine mildere Strafe verhängt hätte, hätte es den aufgezeigten Rechtsfehler nicht begangen.

4

Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden durch den Rechtsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.

5

Der Senat weist vor dem Hintergrund, dass die Strafkammer es strafschärfend berücksichtigt hat, durch die Tat seien die Brautleute finanziell und die Eltern der Braut in ihrem Ansehen geschädigt worden, darauf hin, dass derartige Auswirkungen der Tat dem Täter nur dann straferschwerend angelastet werden können, wenn sie von ihm nach Art und Gewicht im Wesentlichen vorausgesehen werden konnten und ihm vorwerfbar sind (Fischer, StGB, 62. Aufl., § 46 Rn. 34 mwN).

Becker

Pfister

Schäfer

Gericke

Spaniol

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