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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 17.10.2011, Az.: BLw 6/11
Voraussetzungen für das Vorliegen einer Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG a.F.
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 17.10.2011
Referenz: JurionRS 2011, 29009
Aktenzeichen: BLw 6/11
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Meiningen - 16.03.2006 - AZ: Lw 70/01

OLG Jena - 23.10.2006 - AZ: Lw U 284/06

BGH - 23.11.2007 - AZ: BLw 26/06

OLG Jena - 24.03.2011 - AZ: Lw U 284/06

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG a.F.

§ 138 Abs. 1 ZPO

BGH, 17.10.2011 - BLw 6/11

Redaktioneller Leitsatz:

In Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit darf der Richter davon ausgehen, dass ein Beteiligter die ihm vorteilhaften Umstände von sich aus vorträgt.

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 17. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter -beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Senats für Landwirtschaftssachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 24. März 2011 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1, die der Beteiligten zu 2 auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 8.911,24 €.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte zu 1 macht als Erbin gegen die Beteiligte zu 2 einen Anspruch auf eine bare Zuzahlung (§ 28 Abs. 2 LwAnpG) in Höhe von 8.911,24 € zzgl. Zinsen geltend. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat dem Antrag in Höhe von 4.029,81 € stattgegeben. Das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - hat - nach Aufhebung seiner dem Antrag in vollem Umfang stattgebenden Entscheidung durch den Beschluss des Senats vom 23. November 2007 (veröffentlicht in NL-BzAR 2008, 75 ff.) - den Antrag nach Beweisaufnahme insgesamt zurückgewiesen. Mit der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihren Antrag weiter.

II.

2

Nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sind auf das Rechtsmittel die bis zum 1. September 2009 geltenden Vorschriften über die Rechtsbeschwerde in den §§ 24 ff. LwVG anzuwenden. Danach ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG aF) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG aF nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG aF zulässig. Daran fehlt es jedoch.

3

1. Eine Divergenz in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Beschwerdegericht in einem seiner Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz (Obersatz) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1983 - V BLw 18/83, BGHZ 89, 149, 151). Der Rechtsbeschwerdeführer muss in der Begründung der Abweichungsrechtsbeschwerde die von der angezogenen und von der angefochtenen Entscheidung verschieden beantwortete Rechtsfrage bezeichnen sowie weiter darlegen, inwieweit beide Entscheidungen die gleiche Rechtsfrage verschieden beantworten und dass die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (Senat, Beschlüsse vom 5. Oktober 1954 - V BLw 45/54, BGHZ 15, 5, 9 f. und vom 1. Dezember 1983 - V BLw 18/83, BGHZ 89, 149, 151).

4

2. Daran fehlt es.

5

a) Die von der Rechtsbeschwerde genannten Rechtssätze in der Entscheidung des Senats vom 9. Juni 1993 - BLw 44/92, WM 1993, 1644, 1645 und in dem angefochtenen Beschluss betreffen verschiedene Gegenstände.

6

aa) Die Rechtsbeschwerde entnimmt dem zitierten Beschluss des Senats zwar zutreffend einen abstrakten Rechtssatz zur Vortragslast der Beteiligten in den Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. In diesen Verfahren darf der Richter davon ausgehen, dass ein Beteiligter die ihm vorteilhaften Umstände von sich aus vorträgt. Er darf daher erwarten, dass ein auf Zahlung eines Abfindungsanspruchs nach § 44 LwAnpG in Anspruch genommenes landwirtschaftliches Unternehmen (LPG oder Nachfolgeunternehmen), wenn die maßgebliche Bilanz das zur Befriedigung des geltend gemachten Abfindungsanspruchs erforderliche Eigenkapital nicht ausweist, das auch vorbringt.

7

Der von der Rechtsbeschwerde genannte, angeblich davon abweichende Rechtssatz in der angefochtenen Entscheidung betrifft jedoch nicht die Vortrags-, sondern die Feststellungslast. Der zitierte Rechtssatz entscheidet die Rechtsfrage, zu wessen Lasten es geht, wenn die für die Berechnung des Anspruchs maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen (hier infolge einer Vernichtung von Unterlagen nach Ablauf der in § 257 Abs. 4 HGB bestimmten Aufbewahrungsfristen) nicht mehr ermittelt werden können. Vortrags- und Feststellungslast sind jedoch voneinander zu unterscheiden (vgl. nur Keidel/Sternal, FamFG, 17. Auflage, § 27 Rn. 3 ff. [zur Informationslast] und § 29 Rn. 39 ff. [zur Feststellungslast]).

8

b) Im Übrigen fehlt es bereits an einem Vortrag voneinander abweichender Rechtssätze zu derselben Rechtsfrage. Der von der Rechtsbeschwerde erwähnte Satz aus dem angefochtenen Beschluss, zur Feststellung eines Anspruchs auf bare Zuzahlung bedürfe es einer Gesamtpersonifizierung, betrifft die tatsächlichen Grundlagen für die Berechnung eines Anspruchs nach § 28 Abs. 2 LwAnpG. Der in den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (u.a. BGH, Urteil vom 20. Januar 1961 - I ZR 79/59, NJW 1961, 826, 828 [BGH 20.01.1961 - I ZR 79/59]) aufgestellte Rechtssatz dazu, wann eine Pflicht des Beklagten zu einem substantiierten Bestreiten der von dem Kläger vorgetragenen, den Anspruch begründenden Tatsachen besteht, betrifft demgegenüber eine Verfahrensvorschrift des Zivilprozessrechts (§ 138 Abs. 1 ZPO). Eine Divergenz liegt nicht vor, weil beide Rechtssätze in derselben Entscheidung nebeneinander stehen können.

9

Soweit die Rechtsbeschwerde meint, dass der angefochtene Beschluss dennoch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 138 Abs. 1 ZPO widerspreche, weil das Beschwerdegericht den Umstand, dass die Beteiligte zu 2 die Höhe des Eigenkapitals der LPGen und die Werte der Beteiligungen der Mitglieder nicht dargelegt habe, nicht zu deren Lasten berücksichtigt habe, stellt dies nur einen Hinweis auf einen möglichen Rechtsfehler im Einzelfall dar, auf den eine Abweichungsrechtsbeschwerde jedoch nicht gestützt werden kann (std. Rspr., vgl. schon Senat, Beschluss vom 1. Juni 1977 - V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328; Beschluss vom 19. Februar 2004 - BLw 24/03, NL-BzAR 2004, 192, 193).

III.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

Krüger

Lemke

Czub

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