Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Beschl. v. 16.10.2012, Az.: II ZB 6/09
Gerichtskostentragung in einem Musterverfahren
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 16.10.2012
Referenz: JurionRS 2012, 28914
Aktenzeichen: II ZB 6/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG Berlin - 28.11.2006 - AZ: 10a O 119/05

KG Berlin - 03.03.2009 - AZ: 4 SCH 2/06 KapMuG

BGH - 13.12.2011 - AZ: II ZB 6/09

BGH - 27.03.2012 - AZ: II ZB 6/09

Fundstellen:

AG 2013, 91-92

AGS 2013, 85-86

JurBüro 2013, 212

JZ 2013, 101

MDR 2013, 306

MDR 2013, 421-422

NZG 2013, 76-77

RENOpraxis 2013, 33

RVGreport 2013, 115-116

WM 2013, 23-24

ZBB 2013, 69

ZIP 2013, 92-93

BGH, 16.10.2012 - II ZB 6/09

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born

beschlossen:

Tenor:

Die Erinnerung des Beigeladenen zu 293 gegen den Ansatz der Gerichtskosten vom 11. Juli 2012 (Kassenzeichen: 780012129442) wird zurückgewiesen.

Gründe

1

1. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 (II ZB 6/09, ZIP 2012, 117) hat der erkennende Senat dem Erinnerungsführer als Beigeladenem in einem Musterverfahren 0,29 % der Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens auferlegt.

2

Gegen den Ansatz der Gerichtskosten mit Kostenrechnung vom 11. Juli 2012 (Kassenzeichen: 780012129442) hat sich der Beigeladene, vertreten durch seine Betreuerin für den Aufgabenbereich Vermögensvorsorge, schriftlich gewandt. Der Kostenbeamte hat die Beanstandung als Erinnerung nach § 66 GKG gewertet und dieser nicht abgeholfen.

3

2. Die zulässige, insbesondere statthafte (§ 66 Abs. 1 GKG) Erinnerung ist unbegründet.

4

a) Über die Erinnerung hat nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 139 Abs. 1 GVG der Senat zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 IV ZR 247/10, [...] Rn. 2; Beschluss vom 20. September 2007 IX ZB 35/07, JurBüro 2008, 43; Beschluss vom 13. Januar 2005 V ZR 218/04, NJW-RR 2005, 584).

5

Der Erinnerungsführer beruft sich auf einen im Aufgabenbereich Vermögensvorsorge angeordneten Einwilligungsvorbehalt. Einem Beitritt zu einem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof sei durch die Betreuerin nicht zugestimmt worden. Dieser Einwand, der darauf abzielt, dass die durch den Einwilligungsvorbehalt im Geschäftskreis Vermögensvorsorge bewirkte Prozessunfähigkeit des Erinnerungsführers nicht erkannt wurde, kann im Erinnerungsverfahren keine Berücksichtigung finden. Der Rechtsbehelf der Erinnerung nach § 66 GKG kann sich nur gegen die Verletzung des Kostenrechts und nicht gegen die Kostenbelastung der Partei als solche richten (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 IV ZR 247/10, [...] Rn. 3; Beschluss vom 17. August 2010 I ZB 7/10, [...] Rn. 2; Beschluss vom 20. September 2007 IX ZB 35/07, JurBüro 2008, 43; Beschluss vom 29. November 2004 VI ZB 2/04, [...]). An die im Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2011 ausgesprochene Kostenpflicht ist sowohl der Kostenbeamte als auch - wegen der Rechtskraft der Entscheidung - der Senat selbst gebunden (vgl. BFH, Beschluss vom 20. Dezember 2006 III E 7/06, [...] Rn. 5).

6

b) Im Übrigen ist der nach Nr. 1821 der Anlage 1 zum GKG erfolgte Kostenansatz nicht zu beanstanden. Anzusetzen waren 5,0 Gebühren aus einem Streitwert von 30.000.000 €, mithin 457.280 €. Hiervon hat der Beigeladene zu 293 0,29 %, mithin 1.326,11 € zu tragen.

7

Die Quote ist nicht den aus dem persönlichen Streitwert errechneten Gerichtsgebühren zu entnehmen, die die Obergrenze der Inanspruchnahme des Musterklägers und der auf seiner Seite Beigeladenen bilden. Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung ist die Pflicht des Musterklägers und der auf seiner Seite Beigeladenen zur Tragung der Gerichtsgebühren in der Höhe begrenzt auf die in der Kostengrundentscheidung ausgewiesene Quote aus den nach ihrem persönlichen Streitwert errechneten Gerichtsgebühren (so Riedel in Vorwerk/Wolff, KapMuG, § 19 Rn. 16 f.). Diese Auffassung beruht auf einem Fehlverständnis des § 51a Abs. 2 GKG. Durch diese Regelung soll zwar ebenso wie mit § 19 Abs. 5 KapMuG - das Kostenrisiko des Musterklägers und der auf seiner Seite Beigeladenen begrenzt werden. Das wirtschaftliche Interesse eines Klägers im Musterverfahren kann nie höher sein als in seinem Hauptsacheprozess. Deshalb sieht § 51a Abs. 2 GKG vor, dass der Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen nur für Gerichtsgebühren aus den ihnen jeweils zurechenbaren Teilen des Gesamtstreitwerts haften. Diese Teile bestimmen sich nach der Höhe der von ihnen im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Ansprüche, soweit diese Gegenstand des Musterverfahrens sind, sowie der persönlichen Beschwer im Rechtsbeschwerdeverfahren (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren, BT-Drucks. 15/5091, S. 35). Durch diese Regelung wird zum Schutz des Musterklägers und der auf seiner Seite Beigeladenen eine Obergrenze eingezogen, die bewirkt, dass diese für Gerichtsgebühren maximal in der Höhe in Anspruch genommen werden können, die sich aus ihrem persönlichen Streitwert ergibt (Kruis in KK-KapMuG, § 19 Anh. I § 51a GKG Rn. 14). Dies entspricht beim Beigeladenen zu 293 bei einer Beteiligung im Hauptsacheprozess mit einem Streitwert von 209.660,15 € einem Betrag von 8.030 €. Diese Kostengrenze ist in der beanstandeten Kostenrechnung nicht überschritten.

8

Die Regelung des § 51a Abs. 2 GKG dient demgegenüber nicht dazu, den Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen auf Kosten des Musterbeklagten in einem Maß zu entlasten, das ihrem persönlichen Interesse an dem Rechtsstreit nicht mehr entspricht. Dies wäre aber der Fall, wenn die nach dem persönlichen Streitwert errechnete Obergrenze anhand der in der Kostengrundentscheidung ausgewiesenen Quote gekürzt würde. Dies hätte für den Erinnerungsführer zur Folge, dass er maximal 0,29 % aus 8.030 €, mithin 23,29 € Gerichtsgebühren zu tragen hätte. Sinn und Zweck des § 51a Abs. 2 GKG ist es, für die am Musterverfahren auf Seite des Klägers Beteiligten die Entstehung unzumutbarer Kostenrisiken zu verhindern, die dann eintreten können, wenn der persönliche Streitwert und damit das persönliche Interesse des einzelnen Klägers wesentlich niedriger liegt, als der Gesamtstreitwert im Sinne von § 51a Abs. 1 GKG. Bis zur Höhe der Gerichtsgebühren aus seinem persönlichen Streitwert ist ihm die Kostentragung zumutbar. Für eine nochmalige anteilige Kürzung dieser Obergrenze besteht kein Grund (vgl. Kruis in KK-KapMuG, § 19 Rn. 28 f.).

Bergmann

Strohn

Reichart

Drescher

Born

Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet.