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Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.03.2016, Az.: VIII ZR 326/14
Änderung einer vertraglichen Vereinbarung über die Abrechnung von Nebenkosten in einem bestehenden Mietverhältnis; Voraussetzungen für das Unterbleiben einer nochmaligen Vernehmung eines Zeugen; Vertraglicher Anspruch der Mieter auf Ersatz von absprachegemäß getätigten Aufwendungen
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 16.03.2016
Referenz: JurionRS 2016, 14867
Aktenzeichen: VIII ZR 326/14
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:160316UVIIIZR326.14.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Berlin-Schöneberg - 29.08.2012 - AZ: 14 C 255/11

LG Berlin - 02.12.2014 - AZ: 63 S 460/12

Fundstellen:

MietRB 2016, 225-226

MK 2016, 151

WuM 2016, 353-357

ZMR 2016, 11

ZMR 2016, 519-521

BGH, 16.03.2016 - VIII ZR 326/14

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel, sowie die Richter Dr. Schneider, Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin vom 2. Dezember 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagten zur Zahlung von Nebenkosten verurteilt worden sind und bei der Entscheidung über die Aufrechnung mit Ersatzansprüchen wegen Aufwendungen in Höhe von 16.880,43 € zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde und des Revisionsverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hatte den Beklagten im Zeitraum von Mai 1996 bis April 2010 eine Wohnung in Berlin vermietet, für die ausweislich des Mietvertrages vom 17. Mai 1996 eine Nettokaltmiete von 3.546 DM (1.812,54 €) zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 656,65 DM (345,44 €) zu zahlen waren. Zunächst wurden den Beklagten auch Nebenkostenabrechnungen erteilt, zuletzt für das Jahr 2003 durch den für den Zeitraum vom 28. Januar 2002 bis 28. Dezember 2004 bestellten Zwangsverwalter. Das Mietverhältnis endete am 15. April 2010.

2

Nachdem den Beklagten im Juli 2008 bezüglich der Miete ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der B. AG zugestellt worden war, erbrachten sie bis zum Ende des Mietverhältnisses keine Zahlungen mehr an die Klägerin; an die Pfändungsgläubigerin zahlten sie im Jahr 2008 und 2009 insgesamt einen Betrag von 7.551,75 €. Der Pfändungsund Überweisungsbeschluss wurde im Mai 2009 wieder aufgehoben.

3

In Absprache mit der Klägerin verauslagten die Beklagten im Oktober 2008 für eine Heizöllieferung 4.328,70 €.

4

Mit ihrer Klage hat die Klägerin zunächst die Zahlung der Mieten für den Zeitraum von August 2008 bis zum 15. April 2010 (20,5 Monate) in Höhe von 44.238,59 € nebst Zinsen begehrt, mithin eine Nettomiete in Höhe von 37.157,07 € sowie Nebenkosten in Höhe von 7.081,52 €. Hinsichtlich der Nebenkosten hat sie behauptet, ihr Geschäftsführer habe im März 2003 mit dem beklagten Ehemann anlässlich eines Gesprächs im Treppenhaus vereinbart, die Nebenkosten nicht mehr abzurechnen, sondern die bisherigen Vorauszahlungen als Pauschale zu behandeln.

5

Die Klägerin hat die Klage wegen der Zahlungen an die Pfändungsgläubigerin (7.551,75 €) sowie der Aufrechnung mit der Heizölrechnung aus Oktober 2008 (4.328,70 €) einseitig in der Hauptsache für erledigt erklärt und daneben zuletzt noch Zahlung von 33.112,79 € und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, begehrt. Die Beklagten haben der Klageforderung Aufwendungen für eine Reparatur der Dusche (1.067,43 €) sowie weitere Aufwendungen auf das Mietobjekt in Höhe von insgesamt 15.813 € entgegen gehalten. Daneben haben sie mit einem von ihnen erhobenen Anspruch auf Rückzahlung der Nebenkosten für die Jahre 2004 bis 2007 die Aufrechnung erklärt und im Wege der Widerklage Zahlung von 4.125,28 € nebst Zinsen (Rückzahlung der für das Jahr 2008 gezahlten Nebenkosten) sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten begehrt.

6

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin unter Abweisung der weitergehenden Widerklage zur Zahlung von 3.108,96 € nebst Zinsen sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.878,30 € verurteilt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagten unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts zur Zahlung von 32.358,14 € und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, verurteilt, die teilweise Erledigung des Rechtsstreit in der Hauptsache (wegen der übrigen Mieten) festgestellt und die Widerklage abgewiesen. Der Senat hat die Revision zugelassen, soweit bezüglich der Klage auf Zahlung von Nebenkosten und der Entscheidung über die Aufrechnung mit Aufwendungsersatzansprüchen in Höhe von 16.881,43 € [richtig: 16.880,43 €] zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. In diesem Umfang verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat Erfolg.

I.

8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

9

Der Klägerin stehe ein Anspruch aus § 535 Abs. 2 BGB in Höhe von 32.358,14 € zu. Die Klägerin sei aktivlegitimiert, da der Pfändungsbeschluss aufgehoben worden sei. Sie könne die gesamte Miete ohne vorherige Abrechnung über die Nebenkosten beanspruchen, weil die Parteien die ursprüngliche Vorauszahlungsvereinbarung in eine Nebenkostenpauschale abgeändert hätten. Denn aufgrund der nochmaligen Vernehmung des Zeugen M. in der Berufungsinstanz stehe fest, dass der Beklagte zu 1 und die Klägerin im März 2003 eine Vereinbarung getroffen hätten, über die Nebenkosten nicht mehr abzurechnen, sondern diese als mit dem Vorschuss abgegolten anzusehen. Diese Vereinbarung sei zwar nicht sogleich wirksam geworden, weil die Beklagte zu 2 nicht beteiligt gewesen und die Klägerin aufgrund der damaligen Zwangsverwaltung nicht verfügungsbefugt gewesen sei. Die Parteien hätten das Mietverhältnis aber nach Aufhebung der Zwangsverwaltung einvernehmlich im Sinne der im März 2003 getroffenen Vereinbarung fortgeführt und damit die Vereinbarung über die Änderung der Nebenkosten jedenfalls konkludent bestätigt beziehungsweise genehmigt.

10

Die Aufrechnung wegen der Kosten für die Duschreparatur führe nicht zum Erlöschen der Forderung. Das Amtsgericht habe zutreffend dargestellt, dass die Beklagten die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 536a Abs. 2 BGB nicht hinreichend dargetan hätten. In zweiter Instanz sei das weitere Vorbringen nicht mehr zu berücksichtigen (§ 531 Abs. 2 ZPO).

11

Soweit die Beklagten sich weiterer Ansprüche wegen weiterer Zahlungen an Dritte berühmten, hätten sie diese nicht im Wege der Aufrechnung der Klageforderung entgegengehalten.

II.

12

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann weder ein Anspruch auf Zahlung von Nebenkosten bejaht noch die Aufrechnung mit Gegenansprüchen in Höhe von 16.880,43 € verneint werden.

13

1. Noch zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Nebenkosten nicht darauf stützen kann, dass im ursprünglichen Mietvertrag entsprechende Vorauszahlungen vereinbart waren. Denn Vorauszahlungen stehen dem Vermieter als solche nicht mehr zu, wenn - wie hier - bereits Abrechnungsreife eingetreten ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 258/09, NZM 2010, 736 Rn. 22). Allenfalls hätte die Klägerin Nebenkosten - bis zur Höhe der geschuldeten Vorauszahlungen - insoweit noch beanspruchen können, als sie durch (gegebenenfalls auch nachträglich) erteilte Nebenkostenabrechnungen gerechtfertigt wären (vgl. Senatsurteile vom 22. September 2010 - VIII ZR 285/09, NJW 2011, 143 Rn. 44 f.; vom 31. Juli 2007 - VIII ZR 261/06, NJW 2008, 142 Rn. 25; vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04, NJW 2005, 1499 unter II 5 c). Insoweit macht die Revisionserwiderung zwar geltend, dass die Klägerin nachträglich Nebenkostenabrechnungen erstellt und im Prozess vorgelegt habe, aus denen sich Kosten in einer die vereinbarten Vorauszahlungen übersteigenden Höhe ergäben. Zu der formellen und materiellen Richtigkeit dieser Abrechnung hat das Berufungsgericht indes keine Feststellungen getroffen.

14

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der begehrten Nebenkosten auch nicht aus einer vertraglichen Änderung der Nebenkostenvereinbarung dahingehend, dass die vereinbarten Zahlungen nunmehr als Pauschale geschuldet sein sollten.

15

Die Annahme des Berufungsgerichts, der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagte zu 1 hätten Ende März 2003 bei einem Gespräch im Treppenhaus zur Wohnung der Beklagten vereinbart, die Nebenkosten nicht mehr abzurechnen, sondern als Pauschale zu behandeln, beruht auf einer - das rechtliche Gehör der Beklagten verletzenden - unvollständigen Tatsachenfeststellung. Auch die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 hätte diese Vereinbarung stillschweigend genehmigt, weil sie in der Folgezeit keine Abrechnung verlangt habe, ist von durchgreifenden Rechtsfehlern beeinflusst. Entsprechendes gilt für die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Vereinbarung über die Umwandlung der Vorauszahlungen in eine Pauschale sei jedenfalls durch eine "Bestätigung" wirksam geworden, die darin liege, dass die Klägerin nach dem Ende der Zwangsverwaltung keine Nebenkostenabrechnung mehr erstellt und die Beklagten dies auch nicht beanstandet hätten.

16

a) Das Amtsgericht hat die von der Klägerin behauptete Vereinbarung, in Zukunft auf eine Abrechnung über die Nebenkostenvorauszahlungen zu verzichten und diese als Pauschale zu behandeln, nach Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen M. und des von den Beklagten benannten (Gegen-)Zeugen L. als nicht bewiesen erachtet; dabei hat es seine Zweifel an der Aussage des Zeugen M. unter anderem darauf gestützt, dass dieser angegeben habe, auch mit dem Mieter einer anderen Wohnung, dem schon vor den Beklagten ausgezogenen Zeugen L. sei eine pauschale Abgeltung der Nebenkosten vereinbart worden; diese Aussage stand aber in Widerspruch zu den Angaben des - vom Amtsgericht als neutral und glaubwürdig eingeschätzten - Zeugen L. der bekundet hat, dass mit ihm eine derartige Abrede nicht getroffen worden sei und er bis zu seinem Auszug Ende 2003 Nebenkostenabrechnungen erhalten habe, zuletzt für das Jahr 2003.

17

aa) Das Berufungsgericht hat demgegenüber unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO allein aufgrund der erneuten Vernehmung des Zeugen M. eine Nebenkostenpauschalierung für erwiesen erachtet, ohne sich auch nur mit der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen L. auseinanderzusetzen, die das Amtsgericht mit dazu veranlasst hatte, an der Aussage des Zeugen M. zu zweifeln. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht, wie die Revision zutreffend geltend macht, gegen § 398 ZPO verstoßen, indem es den Zeugen L. nicht erneut vernommen hat. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss das Berufungsgericht einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut vernehmen, wenn es dessen protokollierte Aussage anders verstehen oder ihr ein anderes Gewicht beimessen will als die Vorinstanz (BGH, Urteile vom 28. November 1995 - XI ZR 37/97, NJW 1996, 663, [BGH 28.11.1995 - XI ZR 37/95] unter III 3; vom 8. Dezember 1999 - VIII ZR 340/98, NJW 2000, 1199, unter II 2 a; vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 343/08, WuM 2010, 235 Rn. 19, st. Rspr.). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (BGH, Urteile vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, NJW 1991, 3285, unter II 2 b aa; vom 10. März 1998 VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, unter II 1 b; vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 343/08, aaO). Stützt das erstinstanzliche Gericht seine Würdigung auf die Vernehmung mehrerer Zeugen, bedarf es der erneuten Vernehmung sämtlicher Zeugen (Senatsurteil vom 8. Dezember 1999 - VIII ZR 340/98, aaO).

18

So liegen die Dinge hier, denn das Amtsgericht hat die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen L. und M. dahin gewürdigt, dass die behauptete Vereinbarung damit nicht bewiesen sei, während das Berufungsgericht den Beweis allein aufgrund der erneuten Vernehmung des Zeugen M. als erbracht angesehen hat. Zu dieser Würdigung hätte es nur nach erneuter Vernehmung beider vom Amtsgericht gehörten Zeugen kommen dürfen.

19

bb) Ohne Erfolg wendet die Revisionserwiderung demgegenüber ein, auf die Angaben des Zeugen L. sei es nicht mehr angekommen, weil der Zeuge M. bei seiner erneuten Vernehmung in der Berufungsinstanz eingeräumt habe, dass er sich möglicherweise darüber geirrt habe, dass das Mietverhältnis mit dem Zeugen L. nicht erst, wie in seiner ersten Vernehmung angegeben, im Jahr 2006, sondern bereits im Jahr 2003 geendet habe. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil diese Korrektur der Aussage des Zeugen M. nichts daran ändert, dass ein Widerspruch zur Aussage des Zeugen L. besteht. Denn nach der Darstellung des Zeugen M. soll auch mit dem Mieter L. eine Nebenkostenpauschale vereinbart worden sein, was der unbeteiligte Zeuge L. für seine Person gerade in Abrede gestellt hat.

20

b) Zudem hat das Berufungsgericht es - unter erneutem Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO - versäumt, auch den Zeugen Mü. zu vernehmen, den die Beklagten bereits in der ersten Instanz als Zeugen dafür benannt hatten, dass das vom Zeugen M. geschilderte Gespräch mit dem Beklagten zu 1 über die Nebenkosten nicht stattgefunden haben kann, weil der Beklagte zu 1 zu dem vom Zeugen angegebenen Zeitraum (Ende März 2003) durchgehend Geschäftstermine als Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens, vom 21. bis 25. März 2003 sogar im Ausland, wahrgenommen habe, was im Einzelnen aus seinem damaligen Terminkalender ersichtlich sei; bei dem Zeugen handele es sich um einen Mitgesellschafter des Beklagten zu 1, der mit ihm zusammen einen wechselseitig einsehbaren Terminkalender führe und an den Geschäftsterminen teilweise selbst teilgenommen habe. Das Amtsgericht hatte zur Vernehmung dieses Zeugen keine Veranlassung, weil es die Behauptung der Klägerin nach Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen und eines der von den Beklagten benannten Gegenzeugen nicht als erwiesen ansah. Von der Vernehmung weiterer gegenbeweislich benannter Zeugen hat das Amtsgericht daher - folgerichtig - abgesehen.

21

Das Berufungsgericht durfte aber den von der Klägerin zu führenden Beweis nicht als erbracht ansehen, ohne sämtliche Gegenzeugen gehört zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten auf den Zeugen Mü. verzichtet hätten, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegenteil haben die Beklagten in der Berufungsbegründung ausdrücklich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen einschließlich der dortigen Beweisantritte ergänzend Bezug genommen und damit unmissverständlich klargestellt, dass sie die erstinstanzlichen Beweisantritte auch zum Gegenstand der Berufungsinstanz machen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1986 - IV ZR 37/85, FamRZ 1986, 1085). Anders als die Revisionserwiderung meint, gereicht es den Beklagten auch nicht zum Nachteil, dass sie nach der Vernehmung des Zeugen M. in der Berufungsinstanz ihren Antrag auf Vernehmung des Zeugen Mü. nicht ausdrücklich wiederholt oder diesbezüglich eine Verfahrensrüge erhoben haben. Denn in der unterbliebenen Vernehmung des gegenbeweislich benannten Zeugen Mü. liegt nur deshalb ein Verfahrensfehler, weil das Berufungsgericht - anders als das Amtsgericht - der Aussage des Hauptzeugen gefolgt ist und die Vereinbarung einer Pauschale als wirksam angesehen hat; dies ist indes erst durch das Berufungsurteil offenbar geworden.

22

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war die Vernehmung des Zeugen Mü. nicht deshalb entbehrlich, weil das Gespräch nach der Aussage des Zeugen M. "wenige Tage nach dem 22.3., jedenfalls binnen innerhalb derselben Woche" stattgefunden habe, es deshalb nicht auszuschließen sei, dass das Gespräch erst am 29. März 2003 stattgefunden habe, der Beklagte aber keine Angaben zu seinem Aufenthaltsort an diesem Tag gemacht habe. Zum einen übersieht die Revisionserwiderung dabei, dass die Klägerin selbst behauptet hatte, dass das Gespräch am 23. März 2003, nämlich unmittelbar nach der Geschäftsübernahme durch die neue Gesellschafterstruktur, stattgefunden habe; zum anderen ist der Vortrag des Beklagten zu 1 bei verständiger Würdigung dahin zu verstehen, dass er in dem gesamten Zeitraum, der für das Gespräch in Frage kam, sich anderweit aufgehalten habe. Auch der weitere Einwand der Revisionserwiderung, es handele sich bei dem Zeugen um ein ungeeignetes Beweismittel, weil auszuschließen sei, dass der Zeuge angesichts des Zeitablaufs überhaupt noch Angaben machen könne, ist unberechtigt. Denn es ist keineswegs auszuschließen, dass der Zeuge sich an Geschäftstermine und Geschäftsreisen erinnert, insbesondere auf Vorhalt des damaligen Terminkalenders.

23

c) Auch die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, die mangels Beteiligung der Beklagten zu 2 zunächst unwirksame Vereinbarung über die Nebenkosten sei später "konkludent bestätigt beziehungsweise genehmigt worden" und jedenfalls dadurch wirksam geworden, ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Denn die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen seine Würdigung nicht, dass die Parteien durch ihr Verhalten in den folgenden Jahren die Vereinbarung über die Änderung der Nebenkosten "konkludent bestätigt beziehungsweise genehmigt" hätten.

24

aa) Noch zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass eine Änderung des Mietvertrags nur unter Beteiligung sämtlicher Vertragspartner (hier also der beiden Beklagten auf Mieterseite) wirksam vereinbart werden kann, so dass allein eine Vereinbarung zwischen dem Zeugen M. und dem Beklagten zu 1 eine Änderung des Mietvertrags nicht bewirken konnte, sondern es einer Mitwirkung der Beklagten zu 2 an der Vertragsänderung bedurft hätte. Hierfür hat das Berufungsgericht aber keine ausreichenden Feststellungen getroffen, sondern seine Beurteilung allein auf den Umstand gestützt, dass die Klägerin in der Folgezeit keine Nebenkostenabrechnung erstellt und die Beklagten dies auch nicht beanstandet hätten. Dass der Beklagte zu 1 auch im Namen der Beklagten zu 2 aufgetreten ist, hat das Berufungsgericht ebenso wenig festgestellt wie eine Kenntnis der Beklagten zu 2 von der (angeblichen) Pauschalabrede des Beklagten zu 1 mit dem Zeugen M. , ohne die eine stillschweigende Genehmigung der Beklagten zu 2 von vornherein nicht in Betracht kam.

25

bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war die Mitwirkung der Beklagten zu 2 an der Änderung des Mietvertrages nicht deshalb entbehrlich, weil sie nach § 1357 BGB wirksam vom Beklagten zu 1 vertreten worden wäre. Denn bei der Änderung einer vertraglichen Vereinbarung über die Abrechnung von Nebenkosten in einem bestehenden Mietverhältnis handelt es sich nicht um ein Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs. Im Gegenteil ist der Wohnbedarf durch das bestehende Mietverhältnis gedeckt.

26

cc) Auch die vom Berufungsgericht offenbar zusätzlich in Betracht gezogene "Bestätigung" einer Pauschalierung der Nebenkosten entbehrt jeder Grundlage. Die bloße Nichtabrechnung von Nebenkostenvorauszahlungen durch den Vermieter kann - aus der maßgeblichen Empfängersicht des Mieters - regelmäßig schon nicht als Angebot einer Änderung der mietvertraglichen Umlagevereinbarung oder des Verzichts auf eine Abrechnung angesehen werden (Senatsurteil vom 13. Februar 2008 - VIII ZR 14/06, NJW 2008, 1302 Rn. 10). Besondere Umstände, die aus Sicht der Beklagten dafür hätten sprechen können, dass die Klägerin ihnen mit der Nichtabrechnung der Betriebskosten ein Angebot zu einer Vertragsänderung hätte unterbreiten wollen, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich.

27

dd) Da die (angebliche) Pauschalvereinbarung somit schon wegen der erforderlichen Beteiligung der Beklagten zu 2 unwirksam ist, kann es auf sich beruhen, ob der Wirksamkeit dieser Abrede zusätzlich entgegensteht, dass der Klägerin wegen der Zwangsverwaltung die Verfügungsbefugnis fehlte oder ob - wie die Revisionserwiderung meint - sich daraus lediglich eine schwebende Unwirksamkeit ergibt und eine Heilung durch nachträgliche Genehmigung analog § 177 BGB in Betracht kommt. Aus demselben Grund kann dahinstehen, ob der streitige Abrechnungsverzicht - wie der Zeuge M. bekundet hat - sofort gelten sollte oder die Vereinbarung - wie die Revisionserwiderung meint dahin auszulegen ist, dass lediglich für die Zeit ab Beendigung der Zwangsverwaltung nicht mehr abgerechnet werden sollte.

28

2. Schließlich kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung auch eine wirksame Aufrechnung der Beklagten mit Gegenforderungen auf Ersatz von Aufwendungen für eine Duschreparatur in Höhe von 1.067,43 € und weiteren Aufwendungen von 15.813 € (über den vom Berufungsgericht berücksichtigten unstreitigen Betrag von 4.328,70 € für eine Heizöllieferung im Oktober 2008 hinaus) nicht verneint werden.

29

a) Die Beklagten haben, wie die Revision unter Bezugnahme auf deren Schriftsätze in den Tatsacheninstanzen zutreffend geltend macht, schon in der ersten Instanz vorgetragen, dass sie in dieser Höhe weitere im einzelnen aufgeführte Rechnungen beglichen hätten, bei denen es sich jeweils um konkret bezeichnete Aufwendungen für das Mietobjekt (im Wesentlichen Energielieferungen, Reparaturen) gehandelt habe und bezüglich derer die Zahlung durch die Beklagten mit der hierzu bevollmächtigten Mitarbeiterin der Klägerin, der Zeugin T. , jeweils vereinbart gewesen sei. Damit haben die Beklagten einen vertraglichen Anspruch auf Ersatz der absprachegemäß getätigten Aufwendungen schlüssig dargetan (§ 670 BGB).

30

Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts bezog sich das auch auf die Kosten für die Reparatur der Dusche. Soweit die Beklagten in der Berufungsinstanz vorgetragen haben, dass die betreffende Absprache mit der Zeugin bereits vor der Erteilung des diesbezüglichen Reparaturauftrags getroffen worden sei, handelt es sich somit nicht um einen neuen Vortrag, sondern lediglich um eine Ergänzung oder Präzisierung des bereits erstinstanzlich gehaltenen schlüssigen Vortrags; diesen durfte das Berufungsgericht nicht - wie geschehen - nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 21 mwN).

31

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war das Vorbringen der Beklagten zur Aufrechnung mit Gegenforderungen in Höhe von 15.813 € nicht deswegen unbeachtlich, weil die Beklagten keine "weiteren Umstände zu den Auslagen" vorgetragen und sich nur auf Zeugenbeweis berufen und "kaum Belege vorgelegt" hätten. Dies hat - anders als die Revisionserwiderung offenbar meint - ebenso wenig wie der weitere von ihr angeführte Umstand, dass die Beklagten in einigen Schriftsätzen noch höhere Gegenforderungen geltend gemacht haben, zur Folge, dass der Vortrag zu einer Aufrechnung mit Gegenforderungen in Höhe von 15.813 € nicht schlüssig vorgetragen oder aus sonstigen Gründen unbeachtlich wäre. Vielmehr hätte das Berufungsgericht die von den Beklagten angebotenen Beweise erheben müssen.

32

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der Sachvortrag der Beklagten zu ihren Gegenansprüchen auch nicht deshalb unerheblich, weil es an einer Aufrechnungserklärung gefehlt hätte und deshalb ein Erlöschen der Klageforderung nach § 389 BGB nicht hätte eintreten können.

33

Die Aufrechnung kann - wie jede Willenserklärung - auch stillschweigend erklärt werden (siehe nur BGH, Urteil vom 26. Januar 2009 - II ZR 217/07, BGHZ 179, 285 Rn. 6 mwN). Das Berufungsgericht hätte sich daher nicht auf die Feststellung beschränken dürfen, dass die Beklagten keine ausdrückliche Aufrechnungserklärung abgegeben beziehungsweise nicht den Ausdruck "Aufrechnung" benutzt haben. Vielmehr hätte das Berufungsgericht im Wege der Auslegung prüfen müssen, ob dem Verteidigungsvorbringen der Beklagten der Wille, eine Aufrechnung zu erklären, zu entnehmen war (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2009, aaO). Diese - vom Berufungsgericht unterlassene - Auslegung kann der Senat nunmehr selbst vornehmen, da die hierzu erforderlichen Feststellungen getroffen und weitere tatrichterliche Feststellungen nicht zu erwarten sind. Darin, dass die Beklagten sich zur Verteidigung gegen die Klageforderung auf die von ihnen geltend gemachten und im einzelnen dargelegten Gegenforderungen bezogen und diese sogar explizit von der Klageforderung abgezogen haben, liegt - offensichtlich - eine konkludente Aufrechnungserklärung. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung geht es insoweit nicht um eine - mangels Tatbestandsberichtigungsantrag bindende - tatsächliche Feststellung des Berufungsgerichts, sondern um einen revisiblen Rechtsfehler, der - wie ausgeführt - darin liegt, dass das Berufungsgericht verkannt hat, dass eine Aufrechnungserklärung nicht ausdrücklich erklärt werden muss, sondern sich auch aus den Umständen ergeben kann.

III.

34

Nach alledem kann das Berufungsurteil im Umfang der Anfechtung keinen Bestand haben und ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

Dr. Milger

Dr. Hessel

Dr. Schneider

Dr. Bünger

Kosziol

Von Rechts wegen

Verkündet am: 16. März 2016

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