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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 14.07.2016, Az.: IX ZB 63/15
Kosten für das Gläubigerinformationssystem als notwendige Masseverbindlichkeiten i.R.d. Vergütung eines Insolvenzverwalters
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 14.07.2016
Referenz: JurionRS 2016, 20786
Aktenzeichen: IX ZB 63/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:140716BIXZB63.15.0

Verfahrensgang:

vorgehend:

AG Chemnitz - 23.03.2015 - AZ: 1202 IN 1312/07

LG Chemnitz - 21.07.2015 - AZ: 3 T 237/15

Rechtsgrundlagen:

§ 4 Abs. 1 S. 3 InsVV

§ 8 Abs. 2 InsVV

BGH, 14.07.2016 - IX ZB 63/15

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Grupp und Dr. Schoppmeyer
am 14. Juli 2016
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 21. Juli 2015 wird auf Kosten des Insolvenzverwalters zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 428,40 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Am 13. Juni 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des R. G. (nachfolgend: Schuldner) eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Als Verwalter richtete er für die Insolvenzgläubiger dieses Verfahrens ein Gläubigerinformationssystem ein. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhielten die Gläubiger durch die S. AG (nachfolgend: S. ) einen individuellen PIN-Code. Die Gläubiger konnten sich damit in der Folge jederzeit über den Stand des Verfahrens, insbesondere die Prüfung ihrer Forderungen, den Grund des Bestreitens, die Feststellung für den Ausfall und die Quotenaussicht informieren.

2

Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, Teile der Verfahrensakte, insbesondere Sachstandsberichte des Verwalters, den Gläubigern für die elektronische Einsichtnahme freizugeben. Für die Bereitstellung des Informationssystems wurde von der S. bis zur Verfahrensaufhebung jährlich ein dem Verfahren zuordenbarer Betrag in Rechnung gestellt. Bis zur Schlussrechnungslegung sind vom Verwalter 428,40 € aus der Masse beglichen worden.

3

Auf Antrag des Verwalters hat das Amtsgericht dessen Vergütung auf 4.414,51 € und die Auslagen auf 1.405,55 € festgesetzt, jeweils zuzüglich 19 v.H. Umsatzsteuer (zusammen 1.105,81 €), insgesamt 6.925,87 €. Hiervon hat es den für das Gläubigerinformationssystem aufgewandten Betrag von 428,40 € abgezogen. Die gegen diesen Abzug eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde bekämpft der Verwalter weiter diesen Abzug von seiner Vergütung.

II.

4

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat richtig entschieden.

5

1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, es sei umstritten, ob die streitigen Kosten Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 InsO oder Auslagen gemäß § 8 Abs. 3 InsVV seien. Die Kosten seien jedenfalls nur dann erstattungsfähig, wenn die Gläubiger, in deren Interesse sie angefallen seien, ihre Zustimmung hierzu erteilt hätten. Das sei nicht ersichtlich.

6

Bei den Kosten für das Gläubigerinformationssystem handele es sich nicht um notwendige Masseverbindlichkeiten. Der Verwalter habe über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus gegenüber den einzelnen Gläubigern keine Auskunftspflicht. Dann dürfe er ohne deren Zustimmung der Masse keine weitergehenden Kosten auferlegen. Das Insolvenzgericht habe die Kosten deshalb zutreffend in Abzug gebracht.

7

2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.

8

a) Damit überprüft werden kann, ob nach § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV abgeschlossene Verträge in Wahrheit nicht "allgemeine Geschäfte" betrafen und die aus der Masse entnommenen Beträge eine zusätzliche, nicht gerechtfertigte Vergütung des Verwalters darstellen, muss der Vergütungsfestsetzungsantrag die zur Überprüfung erforderlichen Angaben enthalten (§ 8 Abs. 2 InsVV). Kommt das Insolvenzgericht zu dem Ergebnis, dass keine "besonderen Aufgaben" vorlagen, dass insbesondere die kostenträchtige Einschaltung Externer nicht erforderlich war, kann es die festgesetzte Vergütung um den zu Unrecht aus der Masse entnommenen Betrag kürzen (BGH, Beschluss vom 11. November 2004 - IX ZB 48/04, ZIP 2005, 36, 37; vom 19. April 2012 - IX ZB 23/11, ZInsO 2012, 928 Rn. 20; vom 10. Oktober 2013 - IX ZB 38/11, ZIP 2013, 2164 Rn. 27).

9

b) Das Beschwerdegericht hat hiernach den für das Gläubigerinformationssystem aufgewandten Betrag zu Recht von der Vergütung abgezogen. Wie der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage in der Parallelsache IX ZB 62/15 entschieden hat, in der der Rechtsbeschwerdeführer ebenfalls Rechtsbeschwerdeführer war, sind die Kosten für ein Gläubigerinformationssystem auch dann, wenn sie dem einzelnen Verfahren zuordenbar sind, nicht zusätzlich zur Vergütung des Verwalters aus der Masse aufzubringen. Auf die genannte Entscheidung wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Kayser

Gehrlein

Vill

Grupp

Schoppmeyer

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